8) Claudius Agathinus (CIG 6292. Kaibel epigr. gr. 558: Κλαύδιος ἰητὴρ Ἀγαθεῖνος) aus Sparta (Gal. XIX 353, vgl. Suet. Tib. 6), Arzt in der 2. Hälfte des 1. Jhdts. n. Chr., Schüler des Stoikers L. Annaeus Cornutus (Osann zu Cornut. de nat. deor. XVIII) und des Athenaeus, des Gründers der pneumatischen Schule (Gal. VIII 787), und Lehrer des berühmten Archigenes (Suid. s. Ἀρχιγένης). Indem aber A. von den strengen Grundsätzen seines Lehrers abwich und sich mit den Empirikern und Methodikern zu vereinigen suchte, wurde er der Stifter einer neuen Schule der Eklektiker oder Episynthetiker oder Hektiker (Gal. XIX 353). Er verfasste eine Schrift de helleboro (Cael. Aur. A. M. III 16, 169), in der er den Niesswurz gegen Wassersucht empfahl, ferner περὶ ἡμιτριταίων (Gal. XVII A 120. 942), worunter er verlängerte dreitägige Fieber verstand (Gal. VIII 367), endlich περὶ σφυγμῶν in mehreren Büchern (Gal. VII 749), seinem Schüler Herodot gewidmet (Gal. VII 753), in deren erstem Buch er trotz seiner Abneigung gegen Definitionen einen jeden in der Pulslehre vorkommenden Namen erklärte und mehrere eigene Definitionen gab (Gal. VII 749. 754. 786. 935f.). Aus welcher Schrift der von Oribasius (X 7, 394ff.) erhaltene Tractat περὶ θερμολουσίας καὶ ψυχρολουσίας stammt, in dem er nach dem Vorgange des Asklepiades kalte Bäder empfahl und genaue Vorschriften über den Gebrauch derselben gab, lässt sich nicht ausmachen. Mittel von ihm bei Gal. XIII 299. 830; vgl. K. Sprengel Gesch. der Arzneik. II 66f.
8) Die Lebenszeit des Claudius Agathinus fällt genauer in die Regierungszeit Neros (vgl. M. Wellmann Pneumatische Schule 8). In dem Hause des von Nero verbannten Stoikers Cornutus wurde mit ihm der jüngere Persius bekannt (Vita Persii Suet. rel. ed. Reiff. 74, wo Reifferscheid allerdings Claudii Agathemeri liest). Aus seiner Schrift περὶ σφυγμῶν hat Galen (VIII 748, 8ff.) einen grösseren Abschnitt erhalten, der beweist, dass Α., wie sein Lehrer Athenaios, doxographisches Interesse hatte (M. Wellmann a. a. O. 12, 8. 171). Ob der von Caelius Aurelianus (A. M. III 16, 135) erwähnte liber de helleboro eine Sonderschrift gewesen, bezw. ein Teil eines grösseren therapeutischen Werkes, mag dahingestellt bleiben. Sicher haben ihn seine Schüler Herodot (M. Wellmann a. a. O. 224, 1) und Archigenes benützt, der folgende Charakteristik von ihm giebt (Orib. II 158): πάντα ἀκριβὴς ὢν καὶ οὐ πιστεύων τῇ ἐκλογῇ, ἀλλὰ καὶ πείρας εἰς ἀσφάλειαν δεόμενος. Ein Bruchstück aus seiner Schrift über die Fieber ist, wie es scheint, auf dem Strassburger Papyrus gr. 1 (Anf. 4. Jhdts.) erhalten. Vgl. C. Kalbfleisch Papyri Argentoratenses graecae, Ind. lect. Rostock 1901, 8f. M. Wellmann a. a. O. 167.
Bruchstücke der Schrift περὶ ἡμιτριταίων, die in einem Straßburger Papyrus stehen, hat Kalbfleisch in einem Rostocker Index lectionum 1901 herausgegeben.