10) A. von Kyme (Ἀντίδωρος ὁ Κυμαῖος; richtige Namensform wiedergewonnen von O. Immisch Jahrb. f. Philol. CXLI 1890, 695f., früher meist als Autodoros geführt; s. z. B. A. Gräfenhan Gesch. der klass. Philol. im Altertum I 1843, 340ff.), Grammatiker. An Zeugnissen liegen über ihn folgende Stellen vor, wo er entweder genannt oder doch unzweifelhaft gemeint ist:
1. Schol. in Dionys. Thrac. (Proleg. Vossiana) p. 3, 23ff. Hilg. τὸ πρότερον δὲ κριτικὴ ἐλέγετο (scil. ἡ γραμματικὴ) καὶ οἱ ταύτην μετιόντες κριτικοί· Ἀντίδωρος (N, Ἀντόδωρος LO) δέ τις Κυμαῖος, (LO, Κόμμεως N) συγγραψάμενος λέξιν ἐπέγραψεν ‚Ἀντιδώρου (N, Ἀνταγδώρου L, Ἀντοδώρου O) γραμματικοῦ λέξις‘ καὶ ἐκ τούτου ἡ ποτὲ κριτικὴ γραμματικὴ λέλεκται καὶ γραμματικοὶ οἱ ταύτην μετιόντες. 2. Ebd. p. 7, 23ff. Hilg. Γινώσκειν δὲ χρὴ ὅτι τὸ παλαιὸν ἡ γραμματικὴ κριτικὴ ἐκαλεῖτο παρὰ τὸ κρίνειν τὰ ποιήματα· Ἀντίδωρος (N, Ἀντόδωρος LO) δέ τις γραμματικὸς γραμματικὴν αὐτὴν ὠνόμασε παρὰ τὴν γνῶσιν τῶν γραμμάτων. 3. Scholia in Dionys. Thrac. art. (§ 1 p. 5, 1–3 Uhl.; Schol. Londin.) p. 448, 6 Hilg. Φασὶ δὲ Ἀντίδωρον (ἀντόδωρον AE, αὐτόδωρον A² in marg.) τὸν Κυμαῖον πρῶτον ἐπιγεγραφέναι αὑτὸν γραμματικὸν σύγγραμμα τι γράψαντα περὶ Ὁμήρου καὶ Ἡσιόδου. 4. Clem. Alex. Strom. I 16. 79, 3 p. 365 P.: φασὶ δὲ καὶ τοὺς κατὰ διατριβὴν λόγους καὶ τὰ ῥητορικὰ ἰδιώματα εὑρεῖν καὶ μισθοῦ συνηγορῆσαι πρῶτον δικανικὸν λόγον εἰς ἔκδοσιν γραψάμενον Ἀντιφῶντα ⟨Σω⟩φίλου Ῥαμνούσιον, ὥς φησι Διόδωρος, Ἀπολλόδωρος δὲ ὁ Κυμαῖος (κυμμαῖος Laur. 5, 3) πρῶτος ⟨τοῦ γραμματικοῦ ἀντί⟩ τοῦ κριτικοῦ εἰσηγήσατο τοὔνομα καὶ γραμματικὸς προσηγορεύθη, ἔνιοι δὲ Ἐρατοσθένη τὸν Κυρηναῖόν φασιν, ἐπειδὴ ἐξέδωκεν οὗτος βιβλία δύο ‚Γραμματικὰ‘ ἐπιγράψας. ὠνομάσθη δὲ γραμματικός, ὡς νῦν ὀνομάζομεν, πρῶτος Πραξιφάνης Διονυσοφάνους Μιτυληναῖος.
Durch diese Überlieferung ist seine Zeit im groben bestimmt auf etwa 300 v. Chr. oder wenig später. Die Antike hat zwar das ζήτημα: [122] wie hieß der erste γραμματικός? nicht entschieden, aber alle Spuren in unserem Material, namentlich die Nennung des Praxiphanes bei Clem. Alex. a. a. O. und die Tatsache, daß Hekataios von Abdera und Philetas beide in ihren Viten bei Suidas als γραμματικὸς ⟨καὶ?⟩ κριτικός bezeichnet werden, führen darauf, daß das Wort früherer Zeiten κριτικός zu Beginn der hellenistischen Zeit von dem Wort γραμματικός abgelöst wurde (vgl. die Darstellung über diese Dinge bei K. Lehrs Herodiani scripta tria emendatiora 1848, 377–401. F. Hoffmann Über die Entwicklung des Begriffs der Grammatik bei den Alten, Progr. d. Kgl. Friedrichs-Kollegiums in Königsberg i. Pr. 1891, 12ff. H. Usener bei F. Susemihl Gesch. d. griech. Lit. in d. Alexandrinerzeit II 1892, 663–665. A. Gudeman o. Bd. VII S. 1808ff.). Zu dieser chronologischen Festlegung paßt, was wir sonst aus den wenig inhaltreichen Angaben unserer Zeugnisse über ihn entnehmen können. Es stimmt zu der gelehrten Art jener Zeit, daß er περὶ Ὁμήρου καὶ Ἡσιόδου schrieb; von Hekataios von Abdera wird bei Suidas s. v. ein Werk περὶ τῆς ποιήσεως Ὁμήρου καὶ Ἡσιόδου genannt, von dem sich Bruchstücke nicht mehr nachweisen lassen: im Katalog der Schriften des Herakleides Pontikos bei Diog. Laert. V 87 erscheint als γραμματικὸν σύγγραμμα ein Werk in zwei Büchern περὶ τῆς Ὁμήρου καὶ Ἡσιόδου ἡλικίας αʹ βʹ vor einer Schrift περὶ Ἀρχιλόχου καὶ Ὁμήρου αʹ βʹ (s. Däbritz o. Bd. VIII S. 479–480). Aus Buchtiteln, der späteren, der alexandrinischen Zeit läßt sich eine solche Verbindung beider Namen in einer Überschrift, soweit ich bisher sehe, nicht erweisen, wenn auch die wissenschaftlichen Bemühungen der alexandrinischen Grammatiker neben Homer auch Hesiod, diesem freilich mit weit geringerer Intensität, gegolten haben. Ein Schluß oder eine Vermutung über den Inhalt dieser Schrift sind selbstverständlich unmöglich; immerhin darf aber erwähnt werden, daß seit Herodot (II 53) bis in die Zeit Aristarchs die Frage nach der Lebenszeit Hesiods und seinem zeitlichen Verhältnis zu Homer besonders lebhaft behandelt wurde (s. W. Schmid in W. v. Christs Gesch. d. griech. Lit.⁵ V 1, 1908. 106ff. Rzach o. Bd. VIII S. 1173ff. 1224ff.: vgl. auch zur Geschichte des Problems F. Jacoby Das Marmor Parium 1904, 152–158). Weiterhin wird eine von ihm verfaßte λέξις genannt, worin Immisch a. a. O. 696 und L. Cohn bei K. Brugmann-Thumb Griech. Gramm.⁴ 1913, 683 ein glossographisches Werk, ‚wahrscheinlich eine Sammlung von Erklärungen homerischer Ausdrücke‘, sehen wollen. Man wird durchaus zugeben können, daß diese Erklärung möglich ist, muß aber doch bedenken, daß von den Griechen als λέξις meist die Lehre vom Ausdruck, von der literarischen Darstellung bezeichnet wird, ‚ein Gebiet, auf dem sich der Rhetor vielfach mit dem Grammatiker berührt‘ (R. Volkmann Rhetorik der Griechen u. Römer² 1885, 393; s. zum Gebrauch von λέξις im 4. Jhdt. Bonitz Index Aristotelicus [Aristot. op. ed. acad. reg. Berol. V] 1870, 426 s. v. λέξις). In jenem Zeitalter schrieb Theophrast seine Bücher περὶ λέξεως, die sicher kein lexikographisches Werk der griechischen [123] Sprache waren. Ferner sind Buchtitel jener und späterer Zeit, die lexikographische Werke anzeigen, anders und schärfer formuliert; man vgl. z. B. Istros’ Ἀττικαὶ λέξεις (Eustath. Od. IX 239 p. 1627, 15), Moschos’ ἐξήγησις Ῥοδιακῶν λέξεων (Athen. XI 70 p. 485e), Krates’ περὶ τῆς Ἀττικῆς λέξεως oder περὶ τῆς Ἀττικῆς διαλέκτου (vgl. C. Wachsmuth De Cratete Mallota 1860, 33. 63f.), Didymos’ λέξις κωμική, λέξις τραγική (s. L. Cohn o. Bd. V S. 461–464), sowie auch das Material, das sich aus den Zusammenstellungen von L. Cohn bei Brugmann-Thumb a. a. O. 682ff. ergibt.
Als einziger Rest seiner Schriftstellerei ist Schol. cod. Venet. A zu Hom. Il. XXIII 638/9 aus einer Ausführung über die Molioniden die Bemerkung erhalten: Ἀντόδωρος μὲν οὖν ὁ Κυμαῖος τὴν μὲν φύσιν αὐτῶν οἵα τίς ποτέ ἐστιν, οὐ προσποιεῖται, τινὰς δέ φησι λέγειν ὅτι ἅρματα πλείονα καθῆκαν εἰς τὸν ἀγῶνα, οἷς ἐνεπόδιζον τὰ τῶν ἀντιπάλων, καὶ τοῦτο εἶναι τὸ πλήθει πρόσθε βαλόντες. Da keine entschiedene Sicherheit über den Inhalt des λέξις betitelten Werkes zu erlangen ist, wird man wohl im Gegensatz zu Immisch, der das Fragment diesem Werk zuweisen will, darauf verzichten, überhaupt eine Meinung über das Bruchstück aufzustellen, das ebensogut einem der bezeugten, wie auch einem anderen unbekannten Werk angehören kann.