Miliarense (μιλιαρήσιον), spätrömische Silbermünze, zuerst literarisch auftretend im Traktat des Epiphanios, geschrieben 392 n. Chr. (Hultsch Metrol. Script. I 266, 22 und 269, 17); über sie sagen die Glossae nomicae aus frühbyzantinischer Zeit (vgl. zu ihnen Kubitschek Num. Ztschr. XLII 61 f.) folgendes, Hultsch I 307, 20–24: Μιλιαρίσιον, τὸ χιλιοστὸν τῆς τοῦ χρυσοῦ λίτρας ... ὥστε καὶ τὸ νόμισμα λαγχάνει μιλιαρήσια ιδ’, also: 1 Mil. = 1/1000 Goldpfund, 14 M. = 1 Solidus (νόμισμα), da nämlich der Sol. (s. u. Bd. III A S. 920ff.) = 1/72 Goldpfund war (1000 : 72 = 13,88, abgerundet = 14). Von der kleineren Silbermünze, der Siliqua (s. u. Bd. III A S. 61ff.; dort steht infolge Irrtums des damaligen Herausgebers auf S. 65–68 nochmals ein von Seeck herrührender, veralteter Artikel S.!), gehen also, da sie 1/24 des Sol. ist, 13/4 auf das M. (genauer 1,728; 24 ✕ 72 : 1000), wie dieselben Glossen S. 309, 2 auch ausdrücklich sagen: ἐξ ἀργυρίων λεπτῶν ... καὶ μιλιαρησίων καλουμένων. ἔχει δὲ ἕκαστον τῶν τοιούτων λεπτῶν ἀργυρίων κεράτιον (= Siliqua) ἐν ἥμισου τέταρτον. Wir erblicken das M. – unter der Menge der verschiedenartigen und im Gewicht sehr schwankenden Silbermünzen des 4. Jhdts. – in der Sorte mit virtus exercitus, stehender Kaiser als Krieger mit Schild und Lanze, die von Constantinus I., Constans I., Constantius II., Iulianus, Valentinianus I., Valens, Gratianus, Valentinianus II., Theodosius I., Magnus Maximus, Eugenius, Arcadius, Honorius geprägt worden ist, dann aber verschwindet; deren Gewicht ist trotz starker Schwankungen nach oben und unten einheitlich und scheint auf 4,55 g zu führen, d. h. 72 auf das Pfund Silber (wie 72 Solidi auf das Pfund Gold gehen), wie schon Mommsen RMW 790 erkannt hat. Siehe die Münzverzeichnisse bei Gnecchi Medaglioni romani 1912 I 59–83 bis Honorius; Arcadius bei Tolstoi Monnaies byzantines 1912, 29. – Später hat das M. eine Veränderung erfahren: Es heißt in jenen Glossae nomicae S. 309, 3–5: ’a noiovoi xeQÖtia oirf xai voiftuovs &, f/xoi 31QOS XO VVV xQaxovv /ti-XtaQT/ota q&' xal vovftuov; &' καὶ νούμμους θ’, ἤτοι πρὸς τὸ νῦν κρατοῦν μιλιαρήσια ρθ’ καὶ νούμμους θ’, also eine Gleichung 2183/4 Siliquae = 1093/4 (lies: 3/8) M., also 1 M. = 2 Sil., die ausdrücklich als die damals gültige bezeichnet ist, also im Gegensatze zn einer älteren
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Gleichung steht, offenbar eben der oben besprochenen : 1 M. = 13/4 Sil. Und diese neue Gleichung finden wir wieder in einer Randnotiz im sog. βιβλίον ἐπαρχικόν (unter Leo VI, 886-912, gesetzt) eines Genfer Papyrus: τὸ γὰρ ἀκέραιον νόμισμα ἔχει μιλλιαρήσια δώδεκα ἤγουν κεράτια κδ’ (Kubitschek Num. Ztschr. XLIV 185; vgl. dort S. 191f. über die weiteren Schicksale des M. in spätbyzantinischer Zeit) und in dem Auftreten eines Wortes δικέρατον (zuerst unter Leo III., 717–741), s. o. Bd. V S. 580 u. III A S. 63; und danach emendiert man auch im Stichwort μιλιαρήσιον bei Suidas (Hultsch I 339, 17) jetzt das τὸ τοῦ νομίσματος δέκατον in δώδεκατον (als Haplographie). Die in den Edikten von 397 (Cod. Theod. XIII 2, 1 = Cod. Iust. X 76, 1), wonach 5 Solidi = 1 Pfund Silber sein sollen – vgl. dazu das Soldatengeschenk Iulians schon im J. 361 (Amm. Marcell. XX 4,18: quinos omnibus aureos argentique singula pondo promisit) –, und von 422 (Cod. Theod. VIII 4, 27), wonach damals ,wie bisher‚‘ 4 Solidi = 1 Pfund Silber sind, genannten Gleichungen stellen natürlich nur den Richtpreis dar, zu dem die Kassen vorgewogenes Silber statt gemünzter Solidi nahmen, und betreffen nicht das Ausmünzungsverhältnis der Silbermünzen: denn diese Ziffern würden, wenn die Gleichung 1 M. = 2 Siliquae = 1/12 Solidus schon damals bestand (dazu s. u. Bd. III A S. 64), auf ein Gewicht des M. von 5,46 g = 1/60 Pfund (wenn 5 Sol. = 1 Pfund Silber sind), bzw. 6,82 g = 1/48 Pfund (wenn 4 Sol. = 1 Pfund Silber sind) führen, Gewichtsstufen, die von 361 n. Chr. bis Iustinianus nicht vorkommen: vielmehr wiegen diejenigen Silbermünzen dieser Zeit, in denen man nach der Analogie des Typus: stehender Kaiser (teils ganz wie bisher mit Schild und Lanze, teils mit erhobener Hand und Globus, teils mit Zepter und Globus), jetzt mit gloria Romanorum, das M. zu erblicken hat, ziemlich regellos 4–5 g (die Münzen s. bei Tolstoi S. 27. 77. 125. 149. 182. 233. 301–303; Gewichte auch bei Babelon Traité I 570; die Kaiser sind: Arcadius, Theodosius II., Marcianus [Unikum in Berlin 4,04 g, gelocht], Leo [hier glor(ia) orvis terrar.], Zeno, Anastasius, Iustinus I. , Iustinianus I.); das zeigt, daß sie Kreditmünzen sind, die hinter dem jeweiligen Richtpreis weit zurückstanden; vgl. auch Luschin von Ebengreuth Denar der lex Salica, S.-Ber. Akad. Wien 163, 4. Abh. S. 17f. – Mommsen RMW 787–792. 833–834, Babelon Traité des monn. gr. et rom. I 566-739. Seeck Ztschr. für Num. XVII 63–71. Evans Num. chron. 1915, 453–463, bes. 463, 34. Brambach Mitt. f. Münzsammler 1925 S. 171f. Mattingly Roman coins 1928, 228–230. v. Schrötter Münzwörterbuch 1930, 390; die Arbeiten von Dattari Rivista ital. di num. 1918, 209ff., Naville Rev. suisse de num. XXII 46–51 – über diese beiden s. u. Bd. III A S. 64f. –, Pridik Num. Ztschr. LXII 64–68 bedeuten keine Förderung. – Das Scrinium a miliarensibus war, vgl. u. Bd. II A S. 903, ein unter dem Comes sacrarum largitionum (= Finanzminister) stehendes Büro zur Verrechnung des gemünzten Silbers in Parallele zu dem scr. ab argento, dem Büro zur Verrechnung des ungemünzten Silbers.