RE:Sentius 3

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
C. Statthalter von Makedonien, Anfang 1. Jh. v. Chr.
Band II A,2 (1923) S. 15091510
Gaius Sentius in Wikidata
Bildergalerie im Original
Register II A,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|II A,2|1509|1510|Sentius 3|[[REAutor]]|RE:Sentius 3}}        

3) C. Sentius. Ein Bündnis zwischen Rom und Tyrrheion in Akarnanien ist geschlossen im J. 660 = 94 στρατη[γο]ῦντος κατὰ πόλιν Γαΐου Σεντίου Γαΐου υἱοῦ (IG IX 1, 483 = Dittenberger Syll.3 732). Etwas später begegnet C. Sentius wiederum mit dem Titel Praetor als Statthalter von Makedonien. Die für die Zeitbestimmung wichtigen Zeugnisse sind folgende: Liv. ep. LXX unmittelbar nach dem ins J. 662 = 92 gehörigen Prozeß des P. Rutilius: C. Sentius praetor adversus Thraces infeliciter pugnavit; vgl. ep. LXXIV unmittelbar nach der Ermordung des A. Sempronius Asellio im J. 665 = 89: praeterea incursiones Thracum in Macedonia[m] populationesque continet. Oros. V 18, 30 nach den Ereignissen der J. 663 = 91 [1510] bis 665 = 89 in Italien: isdem temporibus rex Sothimus cum magnis Thracum auxiliis Graeciam ingressus cunctos Macedoniae fines depopulatus est tandemque a C. Sentio praetore superatus redire in regnum coactus est. Daraus folgt, daß Livius den Beginn der Kämpfe des S. gegen die Thraker noch von dem Ausbruch des Bundesgenossenkrieges und ihr Ende nach dessen Ausgang erzählte; daß sie also mindestens von 662 = 92 bis 665 = 89 dauerten. Noch tiefer hinab führt Plut. Sulla 11, 4 über die Eröffnung des Mithradatischen Krieges in Griechenland 666 = 88: ἐνταῦθα γὰρ αὐτῷ (dem Archelaos bei Chaironeia) Βρέττιος Σούρρας ἀπήντησε, πρεσβευτὴς μὲν ὢν Σεντίου. τοῦ στρατηγοῦ τῆς Μακεδονίας (vgl. ebd. 5 und Appian. Mithr. 29). Diese Angaben werden ergänzt durch mehrere andere, die für die Zeitbestimmung nichts Sicheres ergeben: Cicero Pis. 84 rühmt die Danthaleten (o. Bd. IV S. 2102, 18ff.): quae natio .... etiam in illa omnium barbarorum defectione Macedoniam C. Sentio praetore tutata est, und sagt Verr. III 217: modo C. Sentium vidimus, hominem vetere illa ac singulari innocentia praeditum, propter caritatem frumenti quae fuerat in Macedonia permagnam ex cibariis pecuniam deportare; Varro bei Plin. n. h. XIV 96 berichtet ein Beispiel von der einfachen Lebensweise früherer Zeiten, das mit der Charakteristik bei Cic. a. O. übereinstimmt: C. Sentius, quem praetorem vidimus, Chium vinum suam domum inlatum dicebat tum primum, cum sibi cardiaco medicus dedisset. Jener Q. Braetius Sura (o. Bd. III S. 915 Nr. 10, jetzt zu berichten besonders nach IG IX 2, 619; o. Suppl.-Bd. III S. 218, 15ff.) prägte Tetradrachmen in Makedonien als Legatus pro praetore schon unter der Statthalterschaft des L. Iulius Caesar (o. Bd. X S. 466, 28ff.) und setzte dies unter S. fort. Nun ergibt sich die Schwierigkeit, daß zwischen die Stadtpraetur des S. von 660 = 94 und seine Verwaltung Makedoniens, auch wenn man deren Grenzen noch so weit erstreckt, die Statthalterschaft Caesars von 661 = 93 tritt, und daß S. in seiner Provinzialstellung ebenfalls den Titel eines Praetors, nicht eines Propraetors oder Proconsuls führte, so daß eine einfache und unmittelbare Prorogation seines Imperiums nicht stattgefunden zu haben scheint. Eine Iteration der Praetur ist ebenfalls kaum anzunehmen, und zu einer Unterscheidung zweier Praetoren wird man sich auch schwer entschließen. Es liegt also wohl eine staatsrechtliche Anomalie vor. Die letzten Erörterungen über die Zeit und Dauer seiner makedonischen Statthalterschaft (Gäbler Ztschr. f. Numism. XXIII 170f. 175f.; Die antiken Münzen Nordgriechenlands III 1, 6. 10. 73f. A. J. Reinach Bull. hell. XXXIV 317f.) sind darauf nicht aufmerksam geworden, weil sie das Foedus Tyrrheum nicht beachtet haben. Die lange Dauer der Statthalterschaft des S. erklärt sich durch das Zusammenfallen mit dem italischen Bundesgenossenkriege und die Schwere des thrakischen Krieges, sowie der finanziellen und wirtschaftlichen Nöte in der Provinz. Die Sittenstrenge des S. (Cic. Varr., s. o.) war vorbildlich für seine Nachkommen (vgl. besonders Vell. II 92, 2ff. 105, 2 über Nr. 9).