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um den Pol , wie früher. Nun sei die Grenze der grössten Neigung, die der kleinsten, deren Unterschied wir untersuchen wollen. Der Bogen des kleinen Kreises, werde gleich 21° 15′ genommen, und der Rest des Quadranten wird 68° 45′ sein. Der ganze Bogen ist nach der Berechnung 145° 24′[1] und der Rest = 76° 39′ [2]. Auf den Durchmesser werden und senkrecht gefällt. Die Bogen des grössten Kreises ist aus dem Unterschiede der Schiefen von Ptolemäus bis auf uns als 22′ 56″ bekannt. Nun ist die einer Graden ähnliche Linie die Hälfte der Sehne des Doppelten , oder gleich 932 Theilen, von denen als Durchmesser 2000 enthält, und von diesen Theilen enthält auch , als die Hälfte der Sehne des Doppelten 973. Hieraus ergiebt sich die ganze = 1905 Theilen, von denen 2000 enthält. Da aber 22′ 56″ enthält: so enthält nahe 24′ [3], als die Differenz zwischen der grössten und kleinsten Schiefe, welche wir gesucht haben. Hieraus geht hervor, dass die grösste Schiefe stattgefunden hat zwischen Timocharis und Ptolemäus zu vollen 23° 52′ [4], und dass sie sich jetzt der kleinsten, zu 23° 28′ [5], nähert. Und hiernach wird Alles, was die dazwischen liegenden Neigungen dieser Kreise betrifft, auf dieselbe Weise, welche wir bei der Präcession entwickelt haben, gefunden.

Capitel 11.
Ueber die Feststellung der Orte für die gleichmässigen Bewegungen der Nachtgleichen und der Anomalie.

Nachdem dies Alles so erledigt ist, bleibt noch übrig, dass wir die Orte der Bewegungen der Frühlingsnachtgleiche selbst feststellen, welche von Einigen Wurzeln genannt werden, von denen für eine jede beliebig gegebene Zeit die Rechnungen abgeleitet werden. Als äussersten Zeitpunkt stellte hierbei Ptolemäus den Anfang der Regierung Nabonassar’s, Königs der Chaldäer, fest, welchen die Meisten, getäuscht durch die Aehnlichkeit des Namens, für Nabuchodonassar gehalten haben, den aber die Zeitrechnung des Ptolemäus viel früher setzt, und dessen Zeit bei den Geschichtsschreibern mit derjenigen Salmanassars, des Königs der Chaldäer, zusammenfällt. Indem wir aber bekanntere Zeiten verfolgen, haben wir es für genügend befunden, wenn wir von der ersten Olympiade anfingen, über welche sich ergiebt, dass sie um 28 Jahre dem Nabonassar vorausgegangen ist, wobei die Sommersonnenwende den Anfang bildete, zu welcher Zeit den Griechen der Sirius (heliakisch) aufging und die olympischen Spiele gefeiert wurden, wie Censorinus und andere anerkannte Autoren angegeben haben. Nach genauerer Zeitrechnung, welche bei den Berechnungen der Himmelsbewegungen nothwendig ist, sind es von der ersten Olympiade, oder vom Mittage des ersten Tages des Monats Hekatombäon der Griechen, bis Nabonassar, oder bis zum Mittage des ersten Tages des Monats Thoth der Aegypter, 27 Jahre und 247 Tage[6]. Von da bis zu Alexanders Tode 424

Anmerkungen [des Übersetzers]

  1. [25] 132) Die Säc.-Ausg. hat hierfür 144° 4′, die Tafeln geben aber
    144° 40′ 15″ für 23 60 Jahre
    000° 44 01 149‴ 7
    zusammen 145° 24′ für 1387 Jahre wie die alten Ausgaben lesen.

    Aus den doppelten Anomalien, wie sich dieselben gegen das Ende der Anm. 131) ergeben haben, erhält man aber, als Differenz zwischen Ptolemäus und Copernicus 290° 36′, und dies halbirt, ergiebt die einfache Anomalie 145° 18′.

    Zu der einfachen Anomalie der Säc.-Ausg., also zu 144° 4′ kann man leicht mittelst der Tafeln die zugehörige Zeit berechnen, denn

    138° 22′ 51″ entsprechen 22 60 = 1320 Jahren
    005° 39 39 44 54
    138° 01 29 16 86 Tagen
    zusammen 144° 04′ 1375 Jahren 86 Tagen
    hierzu für Ptolemäus 139
    ergiebt das Jahr 1514 n. Chr.

    Im Cap. 2. des III Buches bezeichnet aber Copernicus seine Beobachtungen der Spica durch die Jahre 1515 und 1525 n. Chr. Die einfache Anomalie 144° 4′ passt also zu keinem dieser beiden Beobachtungsjahre. Man könnte nun meinen, Copernicus bezöge sich auf das Jahr 1515, welches dem Jahre 1514 nahe liegt; aber im Anfange des vorliegenden Cap. selbst ist der Zeitunterschied zwischen den Beobachtungen des Ptolemäus und Copernicus, auch in [26] der Säc.-Ausg. zu 1387 äg. Jahren angegeben, addirt man dazu 139, so erhält man 1526 äg. Jahre n. Chr., woraus erhellt, dass hier die Beobachtung des Copernicus vom Jahre 1525 n. Chr. gemeint ist. Aus allen diesen Gründen erscheint die Lesart der Säc.-Ausg. sachlich als nicht zu rechtfertigen, obleich dieselbe thatsächlich mit dem eigenhändigen Manuscripte des Copernicus übereinstimmt.

  2. [26] 134) In der Säc.-Ausg. ist mit der in Anm. 132) hervorgehobenen abweichenden Lesart weiter gerechnet, wodurch jene Ausg. = 75° 19′ liest, während die älteren Drucke auf Grund der Tafeln = 76° 39′ haben. So wird denn auch in der Säc.-Ausg. = = 967 statt 973, und also auch = 1899 statt 1905 der älteren Ausgaben. Beide Lesarten führen aber schliesslich, und ganz folgerichtig, auf dasselbe Resultat: = 24′.
  3. [26] 135)  : = 1904,98 : 2000 = 22′ 56″ : ergiebt = 24′ 4″,63.
  4. [26] 136) = 1000 — = 68, also  : = 68 : 2000 =  : 24′, ergiebt = 48″,96, dadurch wird die grösste Schiefe der Ekliptik = 23° 52′ 8″,96.
  5. [26] 137) = 1000 — = 27, also  : = 2000 : 27 = 24′ : , ergiebt = 19″,44, dadurch wird die kleinste Schiefe der Ekliptik = 23° 28′ 4″,56.
  6. [26] 138) Die Epoche des Anfangs der Olympiaden ist der athenienser Mittag des ersten Juli des 3938sten Jahres der julianischen Periode, oder des 776ten Jahres vor Chr. Vergl. Ideler, Handbuch I. pagg. 373 und 377.
    Seit Anfang der julianischen Periode waren also verflossen . . . . 1438170,5 Tage.
    Die Epoche der Nabonassarischen Aera ist der alexandrianer Mittag den 26ten Februar des 3967ten Jahres der julianischen Periode, oder des 747ten Jahres vor Chr. Vergl. Ideler, Handbuch I pag. 98.
    Seit Anfang der julianischen Periode waren also verflossen . . . . 1448637,5 Tage
    Differenz 0010467 Tage
    das sind 28a 247d ägyptisch, statt dessen haben alle Ausgaben, einschliesslich der Säcular-Ausgabe 27a 247d, was offenbar auf einem Irrthum beruht.
    Die Epoche der Aera nach Alexanders Tode ist der alexandriner Mittag des 12ten Novembers des 4390ten Jahres der julianischen Periode, oder des 324ten Jahres vor Chr. Vergl. Ideler, Handbuch I. pag. 107.
    Seit Anfang der julianischen Periode waren also verflossen . . . . 1603397,5 Tage
    davon ab 1448637,5
    Differenz 0154760 Tage,
    das sind 424a 0d ägyptisch, hiermit stimmen alle Ausgaben des Copernicus zusammen.
    Die Epoche der julianischen Aera ist die Mitternacht auf den 1ten Januar des 4669ten Jahres der julianischen Periode, oder das 45te Jahr vor Chr. Vergl. Ideler, Handbuch II. pagg. 131 und 173.
    Seit Anfang der julianischen Periode waren also verflossen . . . . 1704987 Tage,
    davon ab 1603397,5
    Differenz 0101589,5 Tage,
    das sind 278a 119d,5 ägyptisch, statt dessen hat die Säcular-Ausg. 178a 118d,5, was in Bezug auf die Anzahl der Jahre nur auf einem Druckfehler beruhen kann, da die älteren Drucke alle 278a haben, und über eine abweichende Lesart sich kein Vermerk in der Säc.-Ausg. findet. Die Anzahl der Tage ist aber in allen Ausgaben um einen Tag kleiner, als sich aus obiger Rechnung ergiebt.
    Die Epoche der Aera des Augustus ist der alexandriner Mittag am 31ten August des 4684ten julianischen Jahres, oder des 30ten Jahres vor Chr.
    Seit Anfang der julianischen Periode waren also verflossen . . . . 1710707,5 Tage
    davon ab 1704987
    Differenz 0005720,5 Tage,
    das sind 15a 245d,5 ägyptisch, hiergegen haben alle Ausgaben des Copernicus 246d,5.
    Die Epoche der Aera Christi ist die Mitternacht auf den 1ten Januar des 4714ten Jahres der julianischen Periode, oder des 1ten Jahres nach Chr. Vergl. Ideler, Handbuch I. pag. 106.
    Seit Anfang der julianischen Periode waren also verflossen . . . . 1721423 Tage
    davon ab 1710707,5
    Differenz 0010715,5 Tage,
    das sind 29a 130d,5, die Säc.-Ausg. hat dasselbe, in der Baseler Ausgabe fehlt 0,5 Tage.
    [27] Copernicus Buch II. Cap. 14. nimmt an, dass Ptolemäus die von ihm beobachteten Sternörter für den Mittag des 24ten Februars des 139ten Jahres nach Christus, oder des 4852ten Jahres der julianischen Periode, oder des 886ten Jahres Nabonassars, oder des 462ten Jahres nach Alexanders Tode, oder des 2ten Jahres des Aelius Antoninus, Pharmuthi 10, bestimmt habe.
    Seit Anfang der julianischen Periode waren also verflossen . . . . 1771881,5 Tage
    davon ab 1721423
    Differenz 0050458,5 Tage,

    das sind 138a 88d,5; in allen Ausgaben fehlt der halbe Tag.

    Freilich widerspricht der letztere Termin der eigenen Angabe des Ptolemäus, Alm. VII. 5, welcher den Anfang, also den 20ten Juli, der Regierung des Antoninus als die Zeit, für welche seine Beobachtungen gelten, angiebt.