ADB:Bellermann, Johann Joachim

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Artikel „Bellermann, Johann Joachim“ von Heinrich Bellermann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 2 (1875), S. 307–310, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bellermann,_Johann_Joachim&oldid=- (Version vom 28. März 2024, 23:36 Uhr UTC)
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Bellermann: Johann Joachim B., Director des Gymnasiums zum Grauen Kloster in Berlin und Professor an der Universität, geb. zu Erfurt, wo sein Vater Wollwaarenfabrikant war, am 23. September 1754, † zu Berlin am 25. October 1842. Seine erste Schulbildung erhielt er auf der evangelischen Schule der Barfüßer-Kirche und besuchte dann von Ostern 1768 bis Michaelis 1772 das Gymnasium im Augustinerkloster. Hierauf bezog er die Universität seiner Vaterstadt, auf welcher er bis Ostern 1775 sich philosophischen und theologischen Studien widmete. Er hörte besonders Vorlesungen bei Froriep (arabisch und hebräisch), Meusel (Staatengeschichte), Lossius (Philosophie, Logik u. s. w.), Hamilton (Physik). – Ostern 1775 ging er nach Göttingen, um bei Heyne, Eyring und Glandorf classische Philologie zu studiren und unter Walch, Michaelis, Peter Miller, Meiners u. A. seine theologischen und orientalischen Studien fortzusetzen. Im letzten Jahre daselbst war er Hausgenosse bei Pet. Miller, mit dem er befreundet später in lebhaftem Briefwechsel stand. Außer den genannten bezeichnet B. in seinem Lebensabriß („Das graue Kloster in Berlin“, viertes Stück, 1826) als seine Lehrer: Leß, Schlözer, Koppe, Gatterer, Feder, Kästner, Erxleben, Blumenbach u. A. Ostern 1778 verließ er die Universität, nachdem er bereits 1776 vor dem geistlichen Ministerium zu Erfurt die Prüfung als Candidat des Predigtamtes bestanden hatte. Der Wunsch, eine bedeutendere Reise zu machen, bestimmte ihn, eine Hofmeisterstelle in Rußland anzunehmen. Er reiste über Lübeck nach Travemünde und von dort zur See nach Reval. Von Johannis 1778 bis Michaelis 1781 lebte er als Erzieher bei dem Baron Clodt von Jürgensburg theils in Reval, theils auf dessen Gütern und unternahm mehrmals kleinere Reisen durch Estland. Zum Winter 1781 ging er [308] nach Petersburg, um dort zu privatisiren. Ende Januar rüstete er sich zur Rückreise nach Deutschland, welche zu Lande über Pernau, Riga, Mitau, Königsberg, Danzig, Küstrin, Berlin, Potsdam und Dessau geschah. Am 13. April 1782 kam er nach Erfurt zurück. 1783 wurde B. Magister legens in Erfurt, 13. Februar 1784 ebendaselbst Professor am evangelischen Gymnasium und zu Ostern auch außerordentlicher Professor der Philosophie an der Universität und Mitglied der Akademie der nützlichen Wissenschaften, 1790 zweiter ordentlicher Professor der Theologie, 1792 beständiger Secretär der Akademie, 1794 Director des evangelischen Gymnasiums und 1801 ordentlicher Professor der philosophischen Facultät. Als Secretär der Akademie stand B. mit K. Th. von Dalberg in näherer Verbindung, welcher seine orientalischen Studien durch werthvolle Geschenke morgenländischer Handschriften u. dgl. unterstützte. Als Dalberg 1801 Erfurt verließ, vermachte er seine aus 4000 Bänden bestehende Bibliothek den beiden Gymnasien, dem evangelischen und katholischen, und übertrug B. und dem Professor Dominikus (später kgl. preuß. Regierungsrath in Coblenz) die gleiche Theilung. 1803 erhielt B. den Antrag zur ordentlichen Professur der Kirchengeschichte und der theologischen Litteratur an der Universität Dorpat. Während der Unterhandlung kam noch vor seiner Zusage die förmliche Vocation vom 25. Juli 1803 nebst Reisegeld an, auch war sein Name schon in den Lectionskatalog der Dorpat’schen Professoren aufgenommen worden Um dieselbe Zeit wurde ihm vom Berliner Magistrat das Directorat des vereinigten Berlinisch-Kölnischen Gymnasiums angetragen. So vortheilhaft jene Vocation nach Dorpat war, so entschied sich doch B. für Berlin und siedelte im Februar 1804 dorthin über. Hier hatte er das unschätzbare Glück mit Vorgesetzten und Amtsgenossen in das schönste Verhältniß zu treten. Fünfundzwanzig Jahre wirkte er nun an derselben Stelle als Erhalter und Förderer einer Anstalt, die noch heute die Folgen seiner segensreichen Thätigkeit dankbar empfindet. Während dieser Zeit wurde er 1816 zugleich Professor extraord. in der theologischen Facultät der Berliner Universität, nachdem er schon seit Gründung derselben 1810 Vorlesungen als Privatdocent gehalten hatte, 1818 Consistorialrath, 1819 Mitglied der kaiserl. Universität zu Kasan und dann Mitglied verschiedener naturforschender Gesellschaften, denn neben seinen philologischen, philosophischen und theologischen Arbeiten zog ihn besonders das Studium der Naturwissenschaften an, deren Förderung auf den Schulen er sich schon in Erfurt angelegen sein ließ. Ein ebenso reges Interesse hatte er für die Musik, so daß es seinen Bemühungen gelang, den Gesangunterricht auf den preußischen Gymnasien als Unterrichtsgegenstand wieder eingeführt zu sehen. (Vergl. „Graues Kloster, 4. Stück“.) – Michaelis 1828 legte B. noch bei rüstiger Körperkraft das Directorat am Grauen Kloster nieder, während er seine Vorlesungen an der Universität mit wenigen Unterbrechungen bis 1842 fortsetzte. Er lebte nun ganz seinen Lieblingsneigungen und seiner Familie, in deren Kreise er 1840 seine goldene Hochzeit feierte und zwei Jahre darauf im 89. Lebensjahre starb. Er hinterließ zwei Söhne, Christian Friedrich und Joh. Friedrich B. (s. d.), und eine Tochter, Friederike B., vermählt seit 1822 mit dem Mediciner und Anatom Dr. August Sigismund Schultze[WS 1] zu Freiburg im Breisgau, später in Greifswald. Bellermann’s Schriften sind folgende: „Specimen animadversionum in novi foederis libros ex Homeri Iliadis Rhapsodia A.“ 1784. Progr. – „Handbuch der biblischen Litteratur, enth. bibl. Archäologie und Geographie“, 4 Thle., 1787–89, die bibl. Archäologie in verbesserter Ausgabe, 1796. – „Bemerkungen über Rußland in Rücksicht auf Wissenschaft, Kunst, Religion“ (ohne Namen des Verf.) 2 Thle. 1788; der 2. Theil besonders: „Abriß der russischen Kirche nach ihren Gesetzen, Glaubenslehren und Kirchengebräuchen“, 1788. – „Ueber die ehstnischen [309] und russischen Bäder“, in Wieland’s Teutsch. Merkur, 1789. – „Heiraths- und Hochzeitsgebräuche in Ehstland“, im Neuen Magazin für Frauenzimmer, Strasburg 1789. – „Jagdvergnügungen in Ehstland“, ebend. 1791. – „Skizzen über Rußland“, ebend. 1793. – „Rede bei der 400jährigen Jubelfeier der Universität Erfurt“, 1792. – „De libro Jobi, utrum sit historia an fictio?“ 1792. – „De libri Jobi indole et artificiosa designatione“, 1793 (die beiden letzten sind Universitäts-Fest-Progr.). – „Ueber die alte Sitte, Steine zu salben“, 1793, auch in den „Actis Academiae, quae Erfurti est“, 1793. – „De inscriptionibus hebraicis Erfordiae repertis“, P. I–IV, 1793–94. – „De duodecim lapidibus in Jordanis alveo erectis“, 1795. – „De emendatione Gymnasii Erf. recentissima“, 1795. – „De ratione et methodo auctores classicos legendi“, 1795. – „De aenigmatibus hebraicis“, P. I–IV, 1796–1800, stehen auch verbessert in „Sylloge commentationum theol. ed. a Pott.“ Vol. VIII, 1807. – „Ueber die allegorische, metaphor. und mystische Darstellungsweise“, 1796, auch in den Actis. Acad. Erf. 1796. – „Einladung zur Mitwirkung zu einer nützlichen Anstalt im Rathsgymnasium“, 1796. – „Von dem Werthe des Studims der Naturwissenschaften auf Gymnasien“, 1794. – „Ueber die Entstehung der Bibliotheken, Naturalien und Kunstsammlungen in Erfurt“, St. I, II, III, 1797–99. – „De bibliothecis et museis Erfordiensibus“ P. IV–X. 1799–1803. „Abhandlungen ökonomischen, naturwissenschaftlichen Inhaltes“, 1798. – „Versuche mit Gartenbohnen und über die mannigfachen Abarten derselben“, im Taschenkalender für Gartenfreunde, Tübingen 1802. – „Denkschrift auf den Director Frank“, 1802, auch in den Nov. Act. Acad. Erf. T. III.„Friderico Wilh. III cum conjuge Luisa Erfordiam ingredienti vota etc.“, 1803. – „Uebersicht der neuesten Fortschritte, Entdeckungen etc. in den speculativen und praktischen Wissenschaften“, 6 Bände, 1802–7, dazu Register Band 7. – „Der Theologe oder encyclopädische Zusammenstellung des Wissenswürdigsten und Neuesten im Gebiete der theolog. Wissenschaft“, 8 Thle., 1803–12. – Schulausgabe des Phaedrus, Cornelius, der Ovidii Metamorph., des Terentius, der Orationes duodecim selectae Ciceronis. Erf. 1802–12, spätere Auflagen 1810–20. – „De usu Palaeographiae hebraicae ad explicanda Biblia sacra, cum tribus tabulis aeri incisis“, 1804 (theolog. Doctor-Dissertation). – Die folgenden Abhandlungen sind Programme des Berlinischen Gymnasiums: Antrittsrede als Einleitung zum Osterexamen 1804. – „Ueber das Erhabene des Sittlichen“, 1804. – „Ueber den Anbau der Einbildungskraft und Phantasie in pädagogischer Hinsicht“, 1805. – „Versuche einer Erklärung der punischen Stellen im Pönulus des Plautus“, 3 Stücke, 1806–1808. – „Phoeniciae linguae vestigiorum in Melitensi specimen“, 1809. – „De Phoenicum et Poenorum Inscriptionibus cum duarum explicationis periculo“, 1810. – „Vom jetzigen Zustande des Berliner Gymnasiums“, 1811. – „Bemerkungen über phönicische und punische Münzen“, 4 Stücke 1812–16. – „Rede bei der Einweihung der neuen Lehrzimmer in der Köllnischen Schule“, 1813. – „Ueber den kunstvollen Plan im Buche Hiob“, 1813. – „Ueber die Gemmen der Alten mit dem Abraxas-Bilde“, 3 Stücke 1817–19. – „Ueber die Scarabäen-Gemmen“, Stück I und II, 1820, 21. – „Das graue Kloster in Berlin mit seinen alten Denkmälern, 4 Stücke 1823–26. - Die Wohlthäterfestprogramme von 1804, 5, 7, 10, 13, 15, 17, 19, 21, 23, 25, 27. – „Das graue Kloster, Stück V oder Rückblicke auf die letzten 25 Jahre“, 1828. – Ferner schrieb er noch: „Versuch einer Metrik der Hebräer“, 1813 – „Bemerkungen über die Tulpen“, im Magazin der Gesellschaft naturf. Freunde, 7. Jahrgang, 1. Quartal. – „Versuch einer gleichförmigen systematischen Aufstellung der Konchylien“, ebend. 7. Jahrg. 2. Quartal. – „Versuch einer Erklärung einiger morgenländischer Talismane (4 Inschriften auf Echiniten-Steinen)“, 1817; auch [310] in den Nov. Act. Acad. Erf. Tom. V. – „Ueber das Dasein des Rattenkönigs“, 1820. – „Geschichtliche Nachrichten aus dem Alterthum über Essäer und Therapeuten“, 1821. – „Die Urim und Thummin, die ältesten Gemmen, ein Beitrag zur Alterthumskunde“, 1824. – „Neustadt-Eberswalde mit seinen Fabriken, Alterthümern, Heilquellen etc.“, 1829.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Karl August Sigismund Schultze (1795-1877); siehe Wikipedia.