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ADB:Hardenberg, Georg Ludwig von

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Artikel „Hardenberg, Georg Ludwig von“ von Eduard Jacobs in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 10 (1879), S. 570–572, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Hardenberg,_Georg_Ludwig_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 03:24 Uhr UTC)
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Hardenberg: Georg Ludwig v. H., Hymnologe, geb. am 8. Juni 1720 zu Wolfenbüttel, † am 28. Mai 1786 zu Halberstadt. Die äußeren Lebensumstände dieses einzigen Sohnes des Domherrn Philipp Adam v. H. in Magdeburg waren ziemlich unglückliche. Da sein Vater auf einem zu hohen Fuße lebte, auch der Druck des siebenjährigen Krieges schwer auf den ansehnlichen Gütern der Familie lastete, so kamen seine Vermögensverhältnisse ganz in Unordnung und er selbst vermochte bei seinem unpraktischen Wesen den Concurs der Gläubiger nicht zu verhüten. So ging ein Gut nach dem anderen verloren, zuletzt auch Frohburg, wo er noch im J. 1774 angesessen war. Dazu kam seine sehr unglückliche Ehe mit einer leichtsinnigen Dame, einer geb. v. Kornberg. Solches Mißgeschick war für ihn der Anlaß, daß er bei einem siechen Körper von einer krankhaften Abneigung gegen seine Familie und Standesgenossen erfüllt wurde. Von diesen natürlichen Banden losgelöst, fand sein für Freundschaft und Glauben empfängliches Herz und sein Schaffenstrieb in Halberstadt eine reiche Befriedigung und eine Stätte unermüdlicher Thätigkeit. Schon im J. 1742 trat er eine Minorpräbende in Halberstadt an, 1751 war er der sechszehnte unter den Majorpräbendaten, 1779 Subsenior. Als aber am 22. Mai 1785 der Freiherr Ernst Ludwig v. Spiegel gestorben war, wurde er am 22. Juni d. J. als dessen Nachfolger zum Domdechanten erwählt, welche Würde ihm freilich noch nicht ein volles Jahr zu versehen beschieden war. Besonders in der kurzen Zeit seines Decanats gab er sich sowohl einer unermüdlichen Amtsthätigkeit als einem eifrigen freundschaftlich-geselligen Verkehre hin. Die litterarische Gesellschaft erwählte ihn zu einem ihrer Directoren und auf seine Veranlassung und Aufforderung hin gab dieselbe die „Halberstädter Gemeinnützigen Blätter zum Besten [571] der Armen“ heraus, die von 1785–91 erschienen und wozu H. selbst mehrere poetische Beiträge lieferte. Den Pflichten seiner Amtsthätigkeit, besonders für Kirche und Schule, lag er mit dem größten Eifer ob und sie beschäftigten ihn noch in seinen letzten Fieberträumen. Aber die Arbeit, bei welcher sich seine überaus große Beharrlichkeit und rastlose Thätigkeit mit seiner warmen Liebe zum Christenthum und heiliger Wissenschaft vereinigte, und die ihm auch ein dauerndes Gedächtniß sichert, ist sein großes hymnologisches Registerwerk. Seit den zwanziger Jahren des Jahrhunderts hatte Graf Christian Ernst zu Stolberg in Wernigerode eine Gesangbuchs- und geistliche Liedersammlung begründet, die an Reichthum schon zu Hardenberg’s Zeit ihres Gleichen suchte. Des Grafen Sohn und Enkel, Heinrich Ernst und Christian Friedrich traten als Domherren zu Halberstadt mit ihm in sehr nahe freundschaftliche Beziehung und so konnte denn H. aus den Schätzen der wernigerödischen Bibliothek seinem großen Plane gemäß ein alphabetisches Verzeichniß sämmtlicher erreichbaren evangelischen geistlichen und Kirchenlieder zusammenstellen. Dabei wurde er aufs kräftigste unterstützt durch den ausgedehnten Briefwechsel, den die Grafen Christian Ernst und Heinrich Ernst zu Stolberg um die Mitte des 18. Jahrhunderts behufs Feststellung der Liederverfasser mit Geistlichen und Hymnologen, wie Hofprediger Wetzel in Römhild, S. H. Grischow[WS 1], v. Bogatzky, Allendorf, Professor Francke in Halle, F. Burg in Breslau, Justizrath Gebauer in Göttingen, Sigm. Basch[WS 2] in Sorau u. A. führten. So entstand ein Werk, das wegen des darauf verwandten unermüdlichen Bienenfleißes und seines Umfangs unsere Bewunderung erregt und auf diesem Felde unübertroffen dasteht. Es sind von seiner sehr lesbaren, niedlichen Hand geschrieben insgesammt 22 Quartbände davon erhalten, 14 in der Bibliothek des Domgymnasiums zu Halberstadt, 8 in der gräflichen Bibliothek zu Wernigerode. Zu Halberstadt befindet sich in zwei Exemplaren, wovon das eine als Reinschrift des anderen zu betrachten ist, die vollständigste Gestalt dieses Liederlexikons, nämlich zu je fünf Bänden. Die Gesammtzahl der darin niedergelegten besonderen Liederanfänge beträgt 72,732. Dazu kommen zwei Bände, die Dichter alphabetisch mit den Anfängen ihrer Lieder verzeichnend, ein Band mit kurzen biographischen Nachrichten über die Dichter, endlich ein Band mit eigenen Gedichten. Die acht zu Wernigerode befindlichen Bände enthalten das Liederverzeichniß in drei Redactionen von verschiedener Vollständigkeit zu zweimal drei und einmal zwei Bänden. Die Quellenwerke für die verschiedenen Angaben sind immer am Schluß des Verzeichnisses numeriert zusammengestellt. Die zweibändige Redaction muß schon zu Hardenberg’s Lebzeiten nach Wern. geschenkt sein, da sie das Bibliothekzeichen des im J. 1778 verstorbenen Grafen Heinrich Ernst enthält. Die beiden anderen überweist er nach eigenhändiger Einschreibung (nach seinem Gott gebe seligen Tode) an die Reichsgräflich Stolberg’sche Bibliothek zu Wernigerode. Die vollständigste unter diesen drei Handschriften enthält nur 32,955 Liederanfänge. Hardenberg’s Liederlexikon enthält zwar manche Unrichtigkeiten und ist von der späteren hymnologischen Forschung längst überboten, aber für die Geschichte der Hymnologie ist dieses umfassende Werk von keinem geringen Interesse. Von seinen eigenen Liedern, deren er 118 in seinem Verzeichnisse anführt, dachte er sehr bescheiden: „Altmodisch ist mein Lied, verstimmet meine Leyer“ sagt er von dem Eröffnungsgedicht der Halberstädter gemeinnützigen Blätter; er nennt es ein bereimtes Blatt, das keine Schönheit schmücke und nur Empfindung habe. Doch fehlt es auch seinen weltlichen Gedichten nicht an Witz und einzelne bessere Lieder wurden in Sammlungen gedruckt, so vier bei G. E. Waldau[WS 3] Geistl. noch ungedr. Lieder, Nürnberg 1781, darunter das Auferstehungslied: „Deine Todten werden leben.“ In dem seit 1767 aufgelegten neuen Lüneburger Gesangbuche steht sein Lied [572] „Von dem hohen Werthe der Religion in der wahren Kirche: Du heiligstes von allen Dingen.“

Außer den Nachrichten bei Heerwagen, A. J. Rambach (Anthol. 3, S. 5) u. a. m. seine Handschriften zu Wernigerode und Halberstadt, Halberstädt. gemeinnützige Nachrichten Jahrg. 1 u. 2. Im achten Stück des letzteren, das auch besonders abgedruckte Hardenberg’s Denkmal, 16 S. Königl. Staats-Archiv zu Magdeburg und Familiennachrichten mitgeth. von Fräul. Sophie v. H. in Berlin. Die Angaben bei Wolf, Gesch. des Geschl. v. H. 2, 240 vgl. 244[WS 4] sind ungenau.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Grischow, Johann Heinrich (1678/85–1754), Theologe, welcher beim Bibeldruck der Waisenbuchhandlung innerhalb der Franckeschen Stiftung tätig war
  2. Basch, Sigmund (1700–1771), Theologe und Herausgeber Geistlicher Werke wie das Hildburghäusische Gesangbuch, z. B. in 5. Aufl. von 1768
  3. Waldau, Georg Ernst (1745–1817), Prediger in Nürnberg, Historiker
  4. Göttingen 1823, 2 Teile