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ADB:Heinrich II. (Bischof von Konstanz)

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Artikel „Heinrich II., Bischof von Constanz“ von Georg von Wyß in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 11 (1880), S. 511–515, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Heinrich_II._(Bischof_von_Konstanz)&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 06:18 Uhr UTC)
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Heinrich II., Bischof von Constanz, † den 12. Sept. 1306, stammte aus dem im J. 1580 erloschenen ritterlichen Geschlechte Der von Klingenberg im Thurgau, dessen einstiger Stammsitz, Schloß Klingenberg unweit Steckborn, noch besteht. Ein Sohn Ritter Ulrichs, geboren um die Mitte des 13. Jahrhunderts, widmete sich H. dem geistlichen Stande, vermuthlich unter Leitung seines väterlichen Oheims Heinrich, Propstes in Zürich (1271–76), auch Propstes zu St. Johann und zu St. Stephan in Konstanz, zuletzt Dompropstes ebendaselbst (1275 bis † 1. Mai 1279), eines angesehenen und verdienten Mannes, der u. A. die Schule und die Statuten des Großmünsterstiftes in Zürich erneuert hatte. Im J. 1274 erscheint H. zuerst urkundlich genannt, neben seiner verwittweten Mutter Willibirg (aus einem konstanzischen Patriciergeschlechte) und sechs Geschwistern, vermuthlich wegen schon erhaltener geistlicher Weihen als erster unter den vier Söhnen des verstorbenen Ritters Ulrich aufgeführt. Er erwarb sich den Grad eines doctor decretorum, trat in die Kanzlei König Rudolfs, [512] wurde Protonotar (urkundlich zuerst am 1. Mai 1283 als solcher genannt), und gehörte in dieser Stellung – auch Vicekanzler und einmal auch Kanzler betitelt – bis zu Rudolfs Tode zu dessen vertrauten Geschäftsmännern und Räthen. Sowol die Aufträge, mit denen ihn der König bedachte, als dessen Bemühungen um Heinrichs Beförderung zu geistlichen Würden, bezeugen die Gunst, in der H. bei seinem Herrn stand. Schon 1283 hatte ein Theil der Freisinger Domherren H. zum Bischofe daselbst postulirt, war aber bei der Wahl in Minorität geblieben. Im Frühjahr 1285 empfahl ihn Rudolf selbst, freilich auch vergeblich, dem Domkapitel in Passau zur Berücksichtigung bei einer dortigen Bischofswahl. Im Sommer des gleichen Jahres sandte ihn der König zur Beglückwünschung des erwählten neuen Papstes Honorius IV. nach Rom und ließ im Februar 1286, als Bischof Heinrich von Basel als königlicher Bevollmächtigter dahin ging, sowol durch schriftliche Empfehlung an den Papst und an den Cardinal Benedict von St. Nicolaus in Carcere Tulliano, als durch des Bischofs Fürwort, Heinrichs Beförderung zu einem höheren geistlichen Amte bei Honorius IV. betreiben. Auch dies blieb ohne Erfolg, zumal der Papst schon am 3. April 1287 starb. Dagegen erhielt H. um diese Zeit die Propstei am Reichsstifte in Xanten, in deren Besitz er im Herbste 1288 genannt wird, und bald auch, wol ebenfalls durch den König, die Propstei in Aachen (März 1292). In diesen Würden stehend, vertrat H. neben dem Deutschordensmeister Burkhard den König im Frühjahr 1289 in Rom bei Papst Nicolaus IV. Nach Rudolfs Tode, in der Zeit der Verhandlungen um die Nachfolge im Reiche zwischen den Fürsten, dem Grafen Adolf von Nassau und Herzog Albrecht von Oesterreich, schloß sich seiner bisherigen Laufbahn und seiner Herkunft gemäß, mit der großen Mehrheit des Adels der oberen Lande, zunächst an Herzog Albrecht an. Er war bei demselben in Oesterreich, als Graf Eberhard von Katzenellenbogen mit Aufträgen des Erzbischofs Gerhard von Mainz im Frühjahr 1292 zu Albrecht kam. Nicht ohne des letzteren Wissen und Willen wird es geschehen sein, daß H. nach dem Ausgange der Königswahl doch bei Adolfs Krönung in Aachen erschien, wo des Königs Privilegium für die Krönungsstadt ihn, den Propst von Aachen, als einen der anwesenden Zeugen erwähnt (1. Juli 1294). H. war aber dem Hauptbeförderer von Adolfs Erhebung, dem Erzbischofe Gerhard, so wenig genehm, daß der neue König sich gegen letzteren zwei Mal verpflichten mußte, nicht ohne Gerhards ausdrückliche Einwilligung den gewesenen Protonotar seines Vorgängers auf dem Throne zum Rathe oder Diener anzunehmen (1. und 28. Juli 1292). Indessen änderten sich die Verhältnisse, als Herzog Albrecht den König anerkannte, ihm nach Hagenau entgegenkam, huldigte und die Reichsinsignien einhändigte (Mitte November 1292). Jetzt wurde H. auch Adolfs Rath, kam als solcher in dessen Gefolge nach Basel und nach Zürich, woselbst er von der Zeit seines Oheims her, auch als Verwandter der zürcherischen Fürstäbtissin Elisabeth von Wezikon als Inhaber einer Chorherrenpfründe an ihrer Abtei und der Kaplanei vor der Stadt viele persönliche Beziehungen hatte, und wenige Monate später erfolgte seine Erhebung zum Bischofe von Konstanz, als Bischof Rudolf von Habsburg-Laufenburg bei einem Besuche in Zürich (wo auch H. eben verweilte) am 3. April 1293 plötzlich starb. Zwar soll sich anfangs eine Mehrheit des Domkapitels für die Wahl Graf Friedrichs von Zollern, Dompropstes in Augsburg, erklärt haben. Allein dieser trat vor dem durch seine bisherige Laufbahn ausgezeichneten, durch die Gunst des Hauses Habsburg-Oesterreich und seine persönlichen Beziehungen zu Konstanz und dem umliegenden Lande unterstützten Klingenberger zurück und H. wurde am Sonntage Lätare (8. März) 1294 von Erzbischof Gerhard geweiht. In den drei Jahren des Friedens im Reiche, die noch folgten, wirkte H. zur Erhaltung [513] friedlicher Zustände, soweit es an ihm lag, kräftig mit. Gemeinsam mit König Adolfs Reichsvogte über Zürich, dem Grafen Eberhard von Katzenellenbogen, beförderte er insbesondere den Abschluß des nachbarlichen Verkommnisses, das der Landvogt der Herrschaft Oesterreich, der Freie Otto von Ochsenstein, am 22. Mai 1294 mit der Stadt Zürich schloß. Als aber Mitte 1296 unter dem Einflusse des Gegensatzes zwischen dem Könige und Herzog Albrecht des Letzteren erneuter Krieg gegen den Erzbischof von Salzburg und des Herzogs entschiedener Bruch mit König Adolf erfolgte, ging Bischof H. nach Oesterreich, blieb daselbst bis anfangs 1297, und kehrte, nach kurzem Besuche in der Heimath (März bis Mai 1297), wieder zu unbedingtem Anschlusse an den Herzog nach Wien zurück. Er nahm dort an der Fürstenversammlung Theil, in welcher die entscheidenden Verabredungen gegen den König getroffen wurden (9. Februar 1298), folgte Herzog Albrecht beim Aufbruche nach Schwaben und stand in dessen Heere im Breisgau, im Elsaß und bei Göllheim (2. Juli 1298). Hier fochten dreihundert Ritter unter des Bischofs Banner – unter ihnen Heinrichs Brüder Ulrich und Albrecht. Ihr Ansturm auf des Königs Heer wirkte zu Herzog Albrechts Siege wesentlich mit; sie erlitten aber auch schweren Verlust und alle ihre Streithengste, bis auf drei, wurden niedergestochen. Neben dem Bischofe von Straßburg, Konrad von Lichtenberg, gehörte Bischof H. so sehr zu Albrechts hervorragendsten Anhängern, daß König Adolfs Zorn aufs heftigste wider Beide entbrannt war und er geäußert haben soll, würde er den Herzog besiegen, so sollen mit demselben die beiden Bischöfe den Feuertod erleiden. Dem Sieger folgte nun aber, nach Adolfs Untergang, Bischof H. zur Königswahl und zur Krönung nach Aachen; in Albrechts Gefolge kam er rheinaufwärts in die Heimath zurück, und war auch in Nürnberg wieder bei dem König Albrecht, als daselbst nach Mitte November 1298 die Krönung von Albrechts Gemahlin Elisabeth, die Erneuerung des Reichslandfriedens und die Belehnung der Söhne des Königs mit den österreichischen Herzogthümern stattfand. Nach einem Aufenthalte in seinem Bisthum ging H. hierauf im Sommer 1299, begleitet von seinem Bruder Ritter Ulrich, als Albrechts Gesandter zu König Philipp dem Schönen von Frankreich, um Rücknahme von Grenzübergriffen desselben zu erzielen, war wol auch bei Abschluß des Verlobungstractates zwischen Albrechts Erstgeborenem, Herzog Rudolf, mit Philipps Tochter Blanca am französischen Hofe noch thätig (August 1299) und kehrte über Straßburg, woselbst er den König Albrecht fand und der Erhebung Friedrichs von Lichtenberg zum Bischof beiwohnte, nach Konstanz zurück. Vor der Abreise nach Frankreich hatte er hier sein Testament niedergelegt und ein Hospital an der Rheinbrücke für vierzehn Arme nebst Pfründe für einen Priester an demselben gestiftet. Ihm blieb auch ferner König Albrechts enges Vertrauen. Am Hoftage zu Ulm, in der Aussteuerungsurkunde für die Herzogin Blanca (5. Februar 1300) ist Bischof H. der erste Zeuge. Als im Oktober 1300 die rheinischen Kurfürsten sich wider den König verbündeten, trat H. ihm zur Seite und stand im Feldzug gegen Erzbischof Gerhard von Mainz im königlichen Lager vor Bingen und im Rheingau. Damals erwarb er dem streitbaren Abte von St. Gallen, Abt Wilhelm von Montfort, für den er einst in König Rudolfs Lager vor Herwartstein (September 1287) sich vergeblich verwandt hatte, Albrechts langversagte Huld (October 1300). In Mainz vermittelten der König und Bischof H. gemeinsam eine Verständigung zwischen dem Johanniterorden und den Erben des letzten Freiherrn von Wediswil am Zürichsee, der seine Stammherrschaft an den Orden verkauft hatte (17. Oct. 1300). Dagegen scheint Bischof H. an Albrechts Kriege gegen die Erzbischöfe von Köln und Trier im J. 1301 nicht mehr persönlichen Antheil genommen zu haben. Er brachte die letzten sechs Jahre seines Lebens – während deren [514] man ihn nur einmal außerhalb seines Bisthums, im April 1303 bei König Albrecht in Speier, findet – in der Verwaltung seiner Diöcese, sowie der ihm seit 1298 übergebenen Abtei Reichenau und in den Bestrebungen zu, die seinen Namen vorzüglich auf die Nachwelt brachten. Unter seinen zahlreichen Amtshandlungen aus dieser Zeit sind herauszuheben: die Weihe eines neuen Abtes von St. Gallen, nach Abt Wilhelms Tode, Heinrichs von Ramstein, der dafür die Herrschaft Conzenberg bei Tuttlingen an das Bisthum abtrat (October 1301); die Erbauung einer Kirche des h. Lorenz in Konstanz; besonders aber der Abschluß eines Verkommnisses mit Zürich am 27. November 1304, wodurch, in Anwesenheit und mit Willen und Siegel des Bischofs, die gesammte Geistlichkeit der Stadt mit der Obrigkeit und Bürgerschaft über die Rechte und Pflichten des Clerus gegenüber Jenen und die Handhabung der Gerichtsbarkeit zwischen Geistlichen und Laien übereinkam; ein Vertrag, der als sechstes Buch des „Richtebriefes der Burger von Zürich“ den städtischen Gesetzen beigeschrieben wurde. Dieser Stadt war Bischof H. besonders gewogen. Er und die Fürstäbtissin Elisabeth von Wezikon waren die Häupter jenes edeln Kreises von Männern und Frauen, in welchem in Zürich die Kunst des Gesanges Pflege fand und unter dem Adel der Umgegend, den Geistlichen beider Stifte und Mitgliedern städtischer Geschlechter die Manesse hervorragten; der Gesellschaft, die den Sänger Hadloub mit vorzüglichem Lobe Bischof Heinrichs, des weisen Fürsten und (deutschen) Gesanges kundigen Gönners der Kunst, feiert. Aber auch gelehrter Arbeiten pflag Bischof H. Nach dem Zeugnisse des Konstanzer Domherrn Manlius (um 1519) ist unzweifelhaft anzunehmen, daß H. eine Geschichte des habsburgischen Fürstenhauses geschrieben, und wenn die Nachrichten des Brusch (s. oben Bd. III. Brusch) und späterer Konstanzischer Gewährsmänner richtig sind, so beschäftigte sich Bischof H. auch mit theologischen und naturwissenschaftlichen Studien, schrieb einen Tractat über die Engel und galt für einen geschickten Nigromantiker. Von allen seinen Arbeiten ist indessen keine mehr vorhanden. Rieger hat wahrscheinlich gemacht, daß Heinrichs Geschichte der Habsburger, die Manlius noch besaß, von Schriftstellern des vierzehnten Jahrhunderts, wie z. B. von Matthias Neoburgensis und von Compilatoren konstanzischer und zürcherischer Chroniken des fünfzehnten Jahrhunderts benutzt wurde. Ob aber die Sage vom römischen Ursprung des Hauses Habsburg und ob gewisse Verse aus dem J. 1277 oder 1278 zu Ehren König Rudolfs und seiner Gemahlin und Kinder wirklich H. von Klingenberg zum Urheber haben, muß doch dahin gestellt bleiben. Diese Verse, die mit den Commendatitia auf König Rudolf von Konrad von Mure eine gewisse geistige Verwandtschaft zeigen, mögen aus des werdenden Protonotars H. Feder stammen, der, zur Zeit seines Oheims, des Propstes, Mure’s Schüler an der Stiftsschule in Zürich gewesen sein wird, und Brusch’s Angabe, H. habe seine Geschichte „in gratiam Rudolfi regis“ geschrieben, mag auf eine Dedication derselben durch H. an König Rudolf, und somit wirklich frühen Beginn des historischen Werkes von H. hinweisen. Indessen brachte wol erst des „Bischofs“ Name dasselbe, auch wenn es schon vor Heinrichs Erhebung seinen Abschluß fand, zu der Bedeutung, die es nachmals genoß.

Urkunden von 1274–1306; insbesondere königliche. – Ottokars Reimchronik. – Kuchimeister, Nüwe Casus Sct. Galli. – Manlius, Chron. Episc. Const. (in Pistorius SS. III. 751). – C. Bruschius, Magni Operis de omn. Germ. episcop. Epitomes, I. 44 v. 45. – Neugart, Episc. Const., Tom. I. pars II. (ed. Mone, Friburgi Brisg. 1862). – E. Kopp, Geschichte der Eidg. Bünde, I. u. II. 1, und Geschichtsblätter II. – Rieger, Heinrich von Klingenberg und die Geschichte des Hauses Habsburg (Archiv f. österreich. Geschichte, [515] Bd. XLVIII. S. 363 ff., Wien 1873). – O. Lorenz, Deutschlands Geschichtsquellen im Mittelalter, zweite Auflage, I. 64–66.