Zum Inhalt springen

ADB:Holck, Henrik Graf

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Holk, Heinrich Graf“ von Hermann Hallwich in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 12 (1880), S. 735–744, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Holck,_Henrik_Graf&oldid=- (Version vom 25. November 2024, 07:07 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Holdheim, Samuel
Nächster>>>
Holl, Elias
Band 12 (1880), S. 735–744 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich von Holk in der Wikipedia
Heinrich von Holk in Wikidata
GND-Nummer 118835297
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|12|735|744|Holk, Heinrich Graf|Hermann Hallwich|ADB:Holck, Henrik Graf}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=118835297}}    

Holk: Heinrich Graf H., königl. dänischer Oberst und kaiserlicher Feldmarschall. Einer der tüchtigsten, zugleich aber bestverleumdeten Heerführer der Zeit des „großen Krieges“ in Deutschland. Ein Sohn dieser Zeit im strengsten Sinne des Wortes, will er als solcher beurtheilt werden. Wenn bei irgend Einem, wird unter diesem Gesichtspunkt just bei ihm die Biographie zur Apologie. – Wahrscheinlich auf der Insel Fühnen (nach Anderen auf Alsen) im selben Jahre wie sein späterer Kampfgenosse Octavio Piccolomini (1599) geboren, trat H., der Sohn Detlev Holk’s[WS 1] auf Eskildstrup, Befehlshabers von Kronborg, [736] frühzeitig in dänische Dienste. Schon bei Ausbruch des niedersächsisch-dänischen Krieges erscheint er neben Baudissin, Ranzau u. A. m. als Regimentscommandant und drang er mit den Genannten 1626 bis nach Schlesien vor, woselbst er an der Eroberung der Städte Kosel, Leobschütz, Jägerndorf etc. lebhaften Antheil nahm. Das Erscheinen Wallenstein’s in Schlesien im Juni 1627 zwang die Dänen zu allmählichem Rückzuge. Unter dem Oberbefehle Mitzlaff’s vereinigt, hatten dieselben aber kaum die Neumark gewonnen, als sie (Juli d. J.) bei Bernstein, hart an der pommer’schen Grenze, von den Kaiserlichen unter Oberst Pechmann zur Nachtzeit überfallen und gänzlich geschlagen und zersprengt wurden. Hierbei war H., wie zuverlässig berichtet wird, der einzige dänische Führer, welcher den Gegnern geordneten Widerstand leistete, so zwar daß die Angreifer bedeutende Verluste erlitten und Pechmann selbst getödtet wurde, während jedoch H., von den Croaten Isolano’s vollständig umringt, in Gefangenschaft gerieth. Beinahe ein Jahr lang in Prag internirt, erlangte er gegen eine Ranzion von 4000 Thaler an Isolano seine Freiheit und ging nach Kopenhagen, um von König Christian IV. sofort zu einer neuen, sehr wichtigen Unternehmung verwendet zu werden. Mit mehreren schottischen und deutschen Compagnien dänischer Hilfstruppen traf er am 4. Juni 1628 in dem von Wallenstein hart belagerten Stralsund ein, dessen Vertheidigung er sich aufs Eifrigste und mit dem besten Erfolge nach Innen und Außen angelegen sein ließ. In Wort und Schrift wußte er wiederholt die rathlosen Räthe der Stadt in ihrem Widerstande zu bestärken und zugleich sich und seines Königs Absichten gegen allerhand „schändliche Calumnien und Diffamationen“ der häufig schwankenden Bürgerschaft energisch zu vertreten, sowie er zahlreiche und heftige Stürme der erbitterten Belagerer immer mit glücklicher Waffe zurückschlug. Das hinderte ihn aber nicht, inmitten der Belagerung auf wenige Tage nach Dänemark zu segeln, um daselbst mit Hilleborg, Tochter Christoph Krase’s zu Ergholm und Dorte Banér’s, seine Hochzeit zu feiern, zu welcher die Bürgerschaft Stralsunds ihm einen mit Gold gefüllten Pokal verehrte. Mit neuen ansehnlichen Verstärkungen noch vor Ende Juli’s nach Stralsund zurückgekehrt, kam er eben zurecht, um einen von der Mehrheit des Stadtrathes bereits acceptirten Accord mit den Kaiserlichen zu hintertreiben und durch erneuten kräftigen Widerstand, sowie durch öftere wohlgeleitete Ausfälle die Letzteren endlich zur völligen Aufhebung der überlangen Belagerung (3. August) zu zwingen.

Der 22. Mai des J. 1629 machte bekanntlich zu Lübeck Friede zwischen Dänemark und dem Kaiser. Kaum ein Jahr später finden wir H. im Lager seiner bisherigen Gegner. Das kann und darf bei den Eigenthümlichkeiten in den Wandlungen des dreißigjährigen Krieges hinsichtlich der Parteistellung des Einzelnen nicht Wunder nehmen. Man denke an Georg von Braunschweig-Lüneburg, Hans Georg v. Arnim, Franz Albrecht von Sachsen-Lauenburg, Ernst von Anhalt und zahllose Andere, welche meist im Laufe weniger Jahre mehr als einmal den Kriegsherrn wechselten. Am 26. März 1630 erhielt H. von Kaiser Ferdinand II. in Würdigung seiner „besonderen Geschicklichkeit und bekannten Kriegserfahrenheit“ die Bestallung als kaiserlicher Oberst eines 3000 Mann starken Regimentes „hochdeutscher Knechte“ zu Fuß. Als solcher besetzte er im Sommer d. J. die Stadt Halle und operirte er alsdann mit mehreren Regimentern von Aschersleben, später von Gardelegen und Stendal und wieder von Aschersleben aus gegen das wichtige Magdeburg, zunächst mit wechselndem Glück; ein größeres Gefecht bei Germersleben (September) blieb ohne Entscheidung.

Damals war Wallenstein vom Oberbefehl der kaiserlichen Armee zurückgetreten – nicht freiwillig, wie man weiß. Wie jeder tüchtige Officier dieses Heeres empfand auch H. die ganze Bedeutung des ärgsten und verhängnißvollsten Mißgriffes der gänzlich unselbständigen Politik eines Ferdinand II. Die Zerfahrenheit [737] in der Kriegsleitung der Kaiserlichen, die Gehässigkeit und die Scheelsucht der vielen Befehlshaber unter einander war H. unerträglich. In dieser und anderer Richtung höchst charakteristisch ist ein Schreiben Holk’s an Wallenstein aus dem Ende Octobers 1630, worin es u. A. heißt: „Mir schwant, es seyen Etliche, die gerne meine Regimenter hätten, aber sie werden sich sehr betrügen; denn ob ich zwar mir für die höchste Gnade halte, Ihrer kaiserl. Majestät geringster Diener zu seyn, so kann ich doch wol auch, Gott sey gelobt, sonder Regimenter meinen Stand führen. Die Herren gebrauchen das Interregnum und segnen sich mit dem Kreuze, weil sie es haben. Ich besorge, daß ich sonder Unglück schwerlich aus dieser Gesellschaft gerathe; die Leute sind so plump eigennützig. Ich habe die Hardiesse genommen, meine Noth zu klagen! Ihrer fürstl. Gn. von Eggenberg; denn daß Jeder mich soll commandiren und auch daneben nichts verstehen, ist mir ungelegen.“ …

Sein Unstern unterstellte H. zu Beginn des J. 1631 unmittelbar den Befehlen des total unfähigen kaiserlichen Generals Savelli, mit dem er (25. Febr.) nach kurzem Widerstande das feste Demmin an Gustav Adolf übergeben mußte. Zwei Monate später lag er bereits wieder vor Magdeburg, an dessen Erstürmung und gräulicher Zerstörung er persönlich Theil nahm. – Nach langem, vergeblichem Hin- und Herziehen Tilly’s von diesem gegen Gustav Adolfs feste Stellung bei Werben detachirt, erlitt H. mit seinen Gefährten bei Wollmirstedt eine empfindliche Schlappe. In der Nacht zum 28. Juli von den Schweden plötzlich überfallen, ergriffen die meisten ligistisch-kaiserlichen Führer die eiligste Flucht, während H. im Dorfe Angern, wie früher bei Bernstein, den Feind in Schlachtordnung erwartete und nur nach langem, hartnäckigem, ja „fast unglaublichem“ Widerstande sich vor der Uebermacht zurückzog. So zeichnete sich H. bei jeder Gelegenheit, in Glück und Unglück, durch die größte persönliche Tapferkeit aus.

Er stand mit Tilly im Lager von Angermünde, von wo er durch wiederholte Ausfälle und Streifzüge den Gegnern vielfachen Abbruch that. Mit dem größten Theil des ligistisch-kaiserlichen Heeres kam er im September nach Sachsen. Hier bethätigte er zum ersten Male seine Belagerungskunst an den Wällen von Leipzig, das diese Kunst in kurzer Zeit noch zweimal erproben sollte. An der Breitenfelder Schlacht nahm er keinen Theil; während derselben stand er bei Naumburg, um den im Anmarsch begriffenen Generalen Aldringen und Fugger die Hand zu reichen. Wir finden ihn erst im November, und zwar in Mittelfranken, wieder, wo er, den Befehlen Aldringen’s unterstellt, sich der Städte Altdorf, Lauf, Hersbruck u. A. m. bemächtigte. Durch Aldringen’s Verwendung unter Gallas im December nach Böhmen beordert, fand er gegen die sächsischen Truppen, welche einen großen Theil des Landes besetzt hielten, ein ausgedehntes Feld unermüdlicher Thätigkeit. Durch die mit vieler Bravour ausgeführte Eroberung von Rakonitz verschaffte er sich eine feste Stellung, die er alsbald bedeutend erweiterte. Seine außergewöhnliche Verwendbarkeit zog in Kürze die besondere Aufmerksamkeit des neuen kaiserlichen Generalissimus, Wallenstein’s, auf ihn. Auf dessen Empfehlung erhob ihn Ferdinand II. am 21. Februar 1632 zum Generalwachtmeister. Im Laufe eines und desselben Jahres sollte er fast alle weiteren Grade des Generalranges durchlaufen. Noch im März erhielt er den Auftrag zur Errichtung eines zweiten, und zwar eines Kürassier-Regimentes, das er in wenigen Tagen zusammenbrachte. Diese „Holk’schen Reiter“ kamen zu rascher Berühmtheit. Er besetzte die Städte Saaz, Kralowitz und Jechnitz, während sich Gallas in Pilsen festsetzte. Die Verhandlungen Wallenstein’s mit Arnim brachten eine Art Waffenstillstand, der jedoch H. nicht abhielt, die sächsischen Besatzungen in Elbogen und Eger aufs Aeußerste zu bedrängen. Aber erst im Juni konnte er die regelrechte Belagerung dieser beiden wichtigen Waffenplätze [738] beginnen. Am 20. d. M. fiel Eger, vier Tage später Elbogen in seine Hände. Die Chronisten rühmen die „strenge Mannszucht“, welche H. bei dieser Gelegenheit bewährte, sowie die „seltene Gewissenhaftigkeit“, mit welcher die von ihm eingegangenen Accorde thatsächlich auch gehalten wurden. Ueber Elbogen und Eger aber bewerkstelligte Wallenstein seine Vereinigung mit Maximilian von Baiern, um Gustav Adolf vor Nürnberg entgegen zu marschiren.

Im Lager von Altenberg und der „Alten Veste“, unter den Augen Wallenstein’s, verstand es H. in so hohem Grade, sich auf jede Weise hervorzuthun, daß er von nun an im kaiserlichen Heere als der ausgesprochene Günstling des Höchstcommandirenden betrachtet wurde. Er bewahrte sich diese Gunst bis zum Tode. Sein ganzes Leben ist nunmehr ein Stück Geschichte seines Herrn und Meisters. In den ersten Tagen des Augusts betraute ihn Wallenstein mit der Mission, bei Forchheim, in der Flanke der schwedischen Aufstellung, ein eigenes festes Lager zu beziehen, um einerseits den Bewegungen der Seinen entsprechend zu secundiren, andererseits den Weg gegen Böhmen offen zu halten. Ein sächsisches Heer unter Arnim war nach der Lausitz aufgebrochen, in der offenbaren Absicht, neuerdings entweder in Böhmen einzufallen, für welches Land der schwache Marradas nur sehr geringe Garantien bot, oder nach Schlesien zu gehen, für dessen Sicherheit Wallenstein schon um seiner eigenen schlesischen Besitzungen willen, der Fürstenthümer Sagan und Großglogau, die größte Sorge trug. Besonders Glogau, das erst wenige Monate zuvor dem Herzog-General zugesprochen worden war, schien demselben am Herzen zu liegen. Wiederholt empfahl er dem dortigen Commandanten Götz die möglichste Schonung der Bewohner, „weil dieselben sowol der lang ausgestandenen Kriegspressuren als des erlittenen Brandschadens halber fast ganz ruinirt.“ Landesverweser und Bürgermeister erhielten zahlreiche Befehle, dem Wiederaufbau der Stadt, der Herstellung von Wasserleitungen etc. alle Sorgfalt zuzuwenden. Inmitten seiner vielen Entwürfe zum Wohle des Fürstenthums erhielt Wallenstein die Nachricht, daß Arnim sowol Sagan als Großglogau mit der Gewalt der Waffen erobert und förmlich in Besitz genommen habe. Man muß dies Factum in Erwägung ziehen, um die folgenden Maßnahmen des kaiserlichen Oberfeldherrn ganz zu verstehen. Am 10. August, dem Tage, an welchem Wallenstein den Fall Großglogau’s vernahm, empfing H. in Person den Befehl zu einem Verheerungszuge gegen Sachsen mit den Worten, „eine Diversion zu machen, das Land mit Plündern, Brennen, Vieh-Wegtreiben und sonsten zu ruiniren und dadurch den Kurfürsten zur Raison zu bringen, weil Ihrer kaiserlichen Majestät er in der Güte sich nit bequemen, sondern dieselbe vielmehr durch falsche Tractate hintergehen wolle.“ Es ist in der Folge eine stereotype Ordonnanz an H., „dem Kurfürsten ohne einiges Nachlassen solche Exercitia zu machen und ihn dergestalt zu bedrängen, daß er Ihrer kaiserlichen Majestät Lande zu vergessen und sich der Seinigen anzunehmen unumgänglich Ursach haben möge“. – Man hat die Vollstreckung dieses Befehls dem Vollstrecker als schwere Sünde, gleichsam als unauslöschliche Schmach angerechnet; nach gewissenhafter Forschung mit vielem Unrecht.

H. mußte den Auftrag, den er von Wallenstein empfing, als einen neuen, deutlichen Beweis ganz besonderen Vertrauens, als eine der höchsten Auszeichnungen betrachten, die ihm überhaupt vom Generalissimus zugedacht werden konnte, um so mehr, als mit der betreffenden Ordonnanz die Beförderung Holk’s zum Feldmarschall-Lieutenant verbunden war; der Kaiser bestätigte diese Rangerhöhung am 25. August. Er könne, erklärte H. gegen Wallenstein, die empfangene große Gnade nicht anders als mit seinem Blute verschulden, obgleich er wisse, daß ihm dadurch „nur noch mehr Neider verursacht“ werden; sollte er aber seiner Aufgabe nicht gewachsen sein, fügte er bescheiden hinzu, so habe er „keine [739] gründliche Zuversicht“ als eben seinen Auftraggeber. Kennzeichnend wie diese Worte ist ein Regimentsbefehl an die ihm unterstellten kaiserlichen Obersten am Abend seines Ausmarsches von Forchheim. Mit scharfen Drohungen verbot er „samentlicher Soldatesca“ alles „unnöthige Ausreiten, Auslaufen, Streifen und Plündern“, sowie jedweden, wie immer gearteten Exceß und machte er wiederholt „für Erhaltung Kriegsdisciplin und guter Ordre“ die Regimentsinhaber verantwortlich; bei der erschreckenden Zügellosigkeit des aus aller Herren Ländern zusammengewürfelten Volkes allerdings eine schwierige, kaum ausführbare Verantwortung. Den größten Theil des Holk’schen Corps bildeten irreguläre croatische Reiter unter der Führung von Männern, wie Marcus Corpus, Batthyanyi u. A. m., nach deren Praxis Rauben, Plündern und Morden nicht unter den Begriff „Excesse“ gehörten. Die gesammte Expedition wurde keineswegs in einer einzelnen geschlossenen Colonne, sondern gleichzeitig von mehreren Seiten, unter verschiedenen Commandanten, durchgeführt; die Entartung Einzelner aber wurde dem Einen zur Last gelegt; und doch war es selbst diesem Einen schon deshalb unendlich schwer, wenn nicht unmöglich, Disciplin zu halten, weil die Verpflegung des ganzen Corps, zunächst von Böhmen her dem Commissär Wrtby anvertraut, Alles zu wünschen übrig ließ. „Graf Wrtby ist in Allem sehr nachlässig“, klagt H. Dazu kam, daß der Feind, der gegenüber stand, die ärgsten Excesse zweifellos geradezu provocirte. Voigtland und Meißen waren von regulären Truppen beinahe ganz entblößt; mit beispielloser Nachlässigkeit ward das arme Land von dem berufenen Schutzherrn seinem Schicksal überlassen: allem Wehgeschrei der bedrängten Bevölkerung zum Trotz, blieb Arnim mit seiner Armee in Schlesien, um die dortigen wohlfeilen Eroberungen zu behaupten. In der Angst des Herzens griff der Bürger und Bauer zur Selbsthilfe und reizte dadurch doch wieder nur den Angreifer zu desto rücksichtsloserem Gebahren. „Sonst ist fast kein so geringes Dorf“, schrieb H. an Wallenstein, „das nicht, wiewol mit schlechtem Vortheil, zumal sehr viele Bauern darüber niedergehauen werden, sich zu wehren unterstünde.“ …

Am 15. August von Forchheim aufgebrochen, nahm H. im Laufe kaum einer Woche die Städte Schneeberg, Annaberg, Marienberg, Zschopau, Wolkenstein und Stolberg fast ohne Widerstand. Oberst Corpus streifte gleichzeitig sengend und brennend bis in die Vorstädte von Dresden. Ein anderes Streifcorps überfiel die schöne Augustusburg, des Kurfürsten Johann Georg „irdisches Paradies“, das H. vergeblich zu retten suchte. Es wurde, als er sich eben anschickte persönlich eine „Salva Guardia“ dahin zu führen, „von den Dragonern und Croaten liederlich einbekommen“ und nach seinen eigenen Worten „barbarisch darauf gehaust.“ Die Bewohner von Oelsnitz wagten verzweifelte Gegenwehr. Die Stadt ward im Sturm genommen und furchtbar gezüchtigt (23. August). „Die Stadt Oelsnitz“, klagt Johann Georg, „hat der Feind ganz in die Asche gelegt und darin viel hundert Menschen, Edle und Bürger, jung und alt, Manns- und Weibspersonen, durch Schwert und Feuer erbärmlicher und tyrannischer Weise ums Leben gebracht und ärger als zu Magdeburg gehaust.“ Am selben Tage fiel Plauen, dann Reichenbach und (28. August) Zwickau. Alles Land ringsum unterwarf sich; nur Freiberg hielt stand. „Wenn ich die Wahrheit soll schreiben“, berichtet H. an Wallenstein aus dem Lager vor Freiberg (5. September), „wird Eurer fürstl. Gnaden Befehl oft mit Grausamkeit, Brand, Mord und Raub überschritten; dannenhero wir auch keine Menschen als Alte und Krüppel, die nicht entweichen können, antreffen, ausgenommen, die sich in Devotion ergeben haben.“ Und dieser „Mord, Brand und Raub“ war allerdings demjenigen ein Gräuel, unter dessen Namen gebrannt, gemordet und geraubt [740] wurde … „Ich halte inne mit Brennen“, so schreibt nunmehr H., „befürchtend desgleichen um Sagan und andere Oerter.“ … „Gott wolle“, so fügt er hinzu, „ich hätte die Gnade gehabt, in der guten Gesellschaft bei Nürnberg, wär’s auch nur für mein Regiment allein gewest, eher aufzuwarten als hier unter diesem irresolvirten Volke … meine Zeit zu verlieren!“ – Der eigentliche Zweck der Expedition aber wurde, wie bemerkt, nicht erreicht; Arnim blieb unbeweglich in Schlesien. Dagegen sah sich Wallenstein selbst genöthigt, eine Anzahl Regimenter von H. abzuberufen, der dadurch seinerseits auf die Defensive angewiesen war und über das Gebirge nach Leitmeritz und Teplitz ging, um von hier aus sogar auch an den sehr bedrängten Marrades in Schlesien Hilfstruppen abzusenden und erst am 10. October bei Chemnitz sich mit Gallas zu verbinden, den Wallenstein, im Begriffe, nun selbst nach Sachsen aufzubrechen, dahin vorausgesendet hatte, nicht ohne vorher H. um Rath zu fragen, welchen Weg er mit seiner Armee zu gehen habe, und diesen Rath auch Schritt für Schritt zu befolgen. Noch am 28. September hatte Wallenstein’s Ordonnanz gelautet: „Jetzunder müssen die Herren den Kurfürsten (von Sachsen) mit Ernst angreifen und seines Landes sich auf alle Weise bemächtigen“; zwei Tage später erging an Gallas der höchst merkwürdige Befehl des kaiserlichen Generalissimus: da dessen Intention „nicht mehr auf eine bloße Diversion“ gegen Kursachsen, sondern „auf Occupirung seines Landes“ gerichtet, dieser „jetzigen Intention zufolge in gedachtes Kurfürsten Land einen beständigen Fuß zu setzen, dasselbe zu conserviren, die vorhin angestellten Diversionsmittel mit Plündern, Brennen, Viehwegtreiben und anderem zufügenden Schaden gänzlich abzustellen und es in Ihrer kaiserlichen Majestät Devotion zu nehmen und zu erhalten.“

Es wurde schon anderwärts gezeigt (vgl. A. d. B. VIII. 324), wie Gallas diesem Befehle nachkam; seine unerhörten Grausamkeiten schrieb man nur wieder auf Rechnung der Holk’schen Reiter. Zum größten Nachtheile für die kaiserlichen Waffen ging Gallas nicht mit gehörigem Nachdruck auf die weiteren Pläne Holk’s ein, die in der Hauptsache dahin gingen, Dresden und Königstein zu blockiren und sich der Stadt Meißen und der dortigen Elbebrücke zu bemächtigen. Nach gemeinschaftlicher Einnahme Freibergs (14. October) erging sich Gallas in fortgesetzten zwecklosen Plünderungen und Zerstörungen, während H., dessen sehnlichste Bitte an Wallenstein es war, „bei einer Feldschlacht nicht vergessen zu werden“, zur Conjunction mit dem Oberfeldherrn nach dem Voigtlande zurückmarschirte, woselbst er denn auch am 22. October (in Brunn bei Reichenbach) zu Wallenstein stieß. Er geleitete diesen über Zwickau, Altenburg, Borna und Grimma in das Herz von Sachsen. Vor Wurzen erkrankte der Generalissimus und detachirte deshalb H. (29. October.) zur Unterwerfung der Städte im westlichen Sachsen. Nach zweimal 24 Stunden konnte dieser unter den Mauern Leipzigs bereits melden: „Naumburg, Weißenfels, Zeitz, Merseburg und Eilenburg haben sich ergeben itzo; hier wehren sie sich zu Leipzig.“ Und einen Tag später: „Die Stadt hat sich ergeben. … Unser Volk ist gegen Tag in den Graben kommen, was sie eilen gemacht hat zum Accord – wie nicht weniger die Feuerkugeln.“ Alsbald capitulirte auch die Pleißenburg. So war mit Ausnahme kaum dreier fester Plätze ganz Kursachsen in Wallenstein’s Hand, und er durfte daran denken seine Winterquartiere daselbst aufzuschlagen. Gustav Adolf aber war sich der Tragweite dessen wohlbewußt; der schwankende Bundesgenosse mußte um jeden Preis gehalten, die kaiserliche Armee aus Sachsen geworfen werden. Mit dem Blick des Genies ersah er den geeigneten Moment zum Angriff. Aldringen stand in Baiern, dessen Kurfürst nicht zu bewegen war, ihn von seiner Seite zu lassen; Gallas, nach Schlesien entsendet, war auf dem Wege dahin bereits in Böhmen eingetroffen; und soeben war auch Pappenheim, von der Weser her über Erfurt [741] zu Wallenstein gelangt, von diesem wieder zur Eroberung Halle’s ausgesendet worden: als sich der König mit gesammter Heeresmacht von Weißenfels gegen das Feld von Lützen in Bewegung setzte (15. November). – Die Feldschlacht, die H. so sehnlich gewünscht hatte, war angeboten; allerdings unter den denkbar ungünstigsten Bedingungen. Desto größer war eben für H. die Gelegenheit, sich zu bewähren. Da keiner der Feldmarschälle Wallenstein’s zur Hand war, mußte H. eines solchen Stelle vertreten. Ihm vertraute Wallenstein die Ordnung der Schlachthaufen, die inmitten der Nacht bei Fackelschein vollzogen wurde. Die Führung des rechten Flügels übernahm der Herzog-Generalissimus, die des linken wurde H. angewiesen; es war die bei Weitem schwächere Seite der kaiserlichen Schlachtreihe. Hier sollte Pappenheim, an welchen gleichzeitig Wallenstein und H. dringende Forderungen sofortiger Umkehr ergehen ließen – beide Papiere, von Blut durchtränkt, sind noch vorhanden – in der Stunde der Entscheidung secundiren. Man kennt den Verlauf der Schlacht. Es konnte sich H. keinen größeren Gegner wünschen, als er ihn wirklich fand. Den schwedischen rechten Flügel commandirte Gustav Adolf selbst. Der König fiel. Holk’s Regiment nahm die Ehre in Anspruch, ihn gefällt zu haben. H. ward verwundet; die Seinen wankten. Piccolomini, Brenner und Rudolf Colloredo wurden als todt von der Wahlstatt getragen; Berthold v. Waldstein, Pallant v. Moriamez, Schönberg und nicht weniger als acht andere Oberste und Oberstlieutenants blieben. Pappenheim erschien mit vier Reiterregimentern und stellte die Schlacht wieder her. Auch Pappenheim fiel. Bis zur Entkräftung focht H., der Wunden ungeachtet, an der Spitze seiner Truppen und behauptete das Feld. Wallenstein’s eigener Bericht an den Kaiser sagt von ihm u. A.: „Der Feldmarschall-Lieutenant Holk unterließ nicht, mit dem gewöhnlichen Valor und Wachsamkeit alle Mängel zu ersetzen und allerorten zu Hilf zu kommen, zu erkennen gebend, mit was Eifer er Ihrer kaiserl. Majestät begehrte zu dienen, und trachtete nach größeren Ehren.“ Erst die Nacht machte dem Blutbad ein Ende. Beide Theile vindicirten sich den Sieg. Mangel an Proviant, sowie das Erscheinen der sächsischen Armee in Wallenstein’s Rücken nöthigte diesen zum Rückzug nach Leipzig und endlich nach Böhmen. Wieder war es H., der hierbei das wichtigste Commando führte. Ihm dankte das Patent eines kaiserlichen Feldmarschalls, datirt vom 31. December 1632. Schon vorher war ihm die Würde eines kaiserlichen Kämmerers verliehen worden. In den meisten feindlichen Berichten über den Tag von Lützen ausdrücklich zu den Todten gezählt, lebte er sehr bald in seiner Weise wieder auf.

Der Winter 1632–33 war für Wallenstein eine Zeit der Sammlung, der Rüstung zu neuen großen Kämpfen auf militärischem wie diplomatischem Felde. In seinen königlichen Prager Palast zurückgezogen, war er persönlich durch Monate unnahbar fast für alle Welt, bis auf H., der allein zu jeder Zeit in seiner Nähe verweilen durfte, zum nicht geringen Verdrusse einer Menge antichambrirender Agenten und Gesandten der verschiedensten Potentaten. „Der Holk ist Factotum“, klagte der Eine; „er ist der Mann, der Alles und Alles mit ihm thun darf“, beschwerte sich der Andere. Er leitete unmittelbar die ausgedehnten Arsenale, die der Feldherr nun für den bevorstehenden Feldzug in Prag etablirte; er war das „Capo der Reiterjustiz“ und präsidirte als solches dem Kriegsgericht, nach dessen Spruche die Feldflüchtigen der jüngsten Schlacht auf dem Altstädter Markte zu Prag den Henkertod erlitten. Durch seine Hand gingen gleichzeitig die Intercessionsschreiben seines Königs Christian IV. an Wallenstein und den Kaiser zum Zwecke eines friedlichen Ausgleiches der kriegführenden Parteien. Auch sonst bediente sich Christian nach wie vor zur Erledigung privater Angelegenheiten der Vermittlung „seines Obersten“ H. Die eminente Verwendbarkeit des tüchtigen [742] Mannes fand auch an allerhöchster Stelle gebührende Würdigung. Mit Diplom vom 6. April 1633 erhob ihn Kaiser Ferdinand II. in den Grafenstand mit dem Titel „Hoch- und Wohlgeboren“ und der bemerkenswerthen Motivirung – das sind die kaiserlichen Worte des „Grafenbriefes“ – daß „Wir uns nicht allein gutermaßen wohl zu erinnern, sondern solches auch in Werken und in der That selbst in viel Wege erfahren und in kaiserlichen Gnaden angesehen und erkennet haben die fürtrefflichen ritterlichen Tugenden, darunter verspürte, gleichsam angeborne hohe Vernunft und Verstand, insonderheit aber in Kriegssachen erlangte große Erfahrenheit, damit der Wohlgeborne Unser besonders lieber Heinrich H., Herr zu Eskildstrup, in Eegholm und Ravnhold, Unser Kämmerer, Feldmarschall und bestellter Oberster, von Gott, dem Allmächtigen, vor vielen anderen, auch tapferen Helden begabt; dazu das uralte, edel- und ritterliche Herkommen und Stand, darin erstgedachter von H. und seine Voreltern von vielen hundert Jahren hero begriffen gewest und noch seyn; sonderlich aber die Uns als Römischem Kaiser und höchstem Haupt der Christenheit geleistete angenehme, tapfere, allgemein nützliche, getreueste Dienste, welche von ihm Uns, dem Heil. Röm. Reiche, auch Unserm höchstgeehrten Erzhause Oesterreich, zumal bei gegenwärtigen schweren Kriegszeiten, geleistet und erwiesen worden … mit Auf- und Zusammenbringung zweier, meistentheils auf seine eigenen Unkosten geworbenen, wohl ausgerüsteten Regimenter“, als Generalwachtmeister und selbständiger Commandant „über ein absonderliches Corpo Unserer kaiserl. Armada“, endlich als Feldmarschall, als der er sich „unsterblichen Ruhm“ erworben, wie „aller Welt kundig“ etc. – Kein Wunder, wenn dem noch jungen Manne bei so vielem Erfolge unter seinen eigenen Kriegsgefährten mehr als ein Neider erstand, wie denn notorisch die älteren Feldmarschälle Aldringen und Gallas, die nichts so sehr besorgten, als daß der „dänische Günstling“ ihnen als Generallieutenant werde vorgesetzt werden, ihm ebenso eifersüchtig und gehässig gegenüberstanden, wie seine nunmehrigen Untergebenen und Altersgenossen Piccolomini und Rudolf Colloredo. Ohne Zweifel hätte H. das höchste Ziel seiner Wünsche erreicht – wäre ihm selbst und seinem geheimnißvollen Protector ein längeres Lebensziel gesteckt gewesen.

Während Wallenstein im Frühjahr 1633 nach Schlesien gegen Arnim und Thurn marschirte, um dort entweder mit Waffengewalt oder durch Unterhandlungen den Krieg zu entscheiden, wurde H. die Aufgabe zu Theil, mit einem Corps von 25,000 Mann bei Eger Stellung zu nehmen, um so den meistbedrohten Westen der kaiserlichen Erblande zu decken und andererseits dem in Baiern operirenden Aldringen im Falle der Noth Beistand zu leisten, endlich eventuell den Sachsen und Schweden in Schlesien den Rückzug abzuschneiden, unter allen Umständen aber „nichts zu hazardiren“ und ohne ausdrückliche Ordonnanz des Generalissimus nicht vom Platze zu weichen. Die Mission hatte nach zwei Seiten ihre Schwierigkeiten. Wol verstand es H., den wiederholten Angriffen der verschiedensten Feinde gegen seine Stellung erfolgreich die Stirn zu bieten; den unaufhörlichen, vom Kaiser selbst unterstützten Aufforderungen und Verlockungen von Seite des Kurfürsten von Baiern, der ihn sehr gern für seine Sonderabsichten benutzt hätte, konnte er nicht in gleichem Maße widerstehen. Er ließ sich verleiten, zur Deckung einer Diversion der Aldringen’schen Armee bis gegen Amberg vorzurücken, was er mit einer strengen, empfindlichen Verwarnung büßte, die er, im Gegensatz zu Aldringen, ohne nachträglichen Groll entschuldigend hinnahm, um künftig keinen Augenblick zu wanken, trotz „Ihrer kurfürstl. Durchlaucht in Baiern Disgusto und übler Nachred am kaiserl. Hofe.“ Das ungestörte intime Einvernehmen mit Wallenstein wird dadurch documentirt, daß dieser ihn nach wie vor in seine geheimsten Verhandlungen, und zwar nun [743] nicht mehr allein mit Dänemark, sondern auch mit Sachsen und Schweden, zum Vertrauten machte. Der Inhalt dieser Relationen liegt selbstverständlich außerhalb des Rahmens vorliegender Skizze. Aber auch der Kriegsmann H. sollte, wie gesagt, bald wieder Verwendung finden. Wallenstein’s Friedensanträge gegen Sachsen bedurften eines ausgiebigen Nachdruckes; ihn mußte H. in schon gewohnter kräftiger Weise geben. Am 11. August empfing er Befehl, neuerlich in Voigtland und Meißen einzubrechen. Drei Tage später führte er von Joachimsthal auf drei verschiedenen Punkten 20,000 Mann über die sächsische Grenze. Nach kaum acht Tagen hatte er Hof, Oelsnitz, Plauen, Reichenbach, Schneeberg, Annaberg, Marienberg, Zwickau, Ronneburg, Gera, Altenburg und viele andere offene und feste Plätze abermals genommen, nachdem sie erst kurz vorher wieder verloren worden waren. Bis Eilenburg und Wurzen auf der einen, bis Halle und Merseburg, ja bis Naumburg auf der anderen Seite von Leipzig streiften seine Parteien und trieben ungeheuere Contributionen ein. Am 22. August hielt H. seine letzte „Leipziger Messe“; zum dritten Male mußte sich ihm Leipzig ergeben und löste sich mit 70,000 Thaler von allgemeiner Plünderung. Der Abschluß eines Waffenstillstandes zwischen Wallenstein und Arnim vom Tage des Falles von Leipzig zwang H. zur Rückkehr nach Böhmen.

Er sah es nicht wieder. Auf seinem Marsche bis Greiz gekommen, begab er sich auf Wallensteins Weisung nach Gera, um dort mit Arnim und dessen Genossen der Friedensbedingungen wegen zu conferiren. „Ich habe mit großer Gefahr dies Gespräch gehalten“, schrieb er von dort aus an Hatzfeld; „es seyn ungesunde Leute“. In Gera grassirte die Pest. H. erkrankte; er glaubte nicht anders, als Arnim oder Bernhard von Weimar habe ihm Gift reichen lassen – gewiß eine schlagende Widerlegung mehrseitiger Behauptung, als hätte H. in sträflichem, hochverrätherischem Einvernehmen mit jenen Feinden des Kaisers gestanden; zugleich die vollständige Beseitigung der Fabel, er hätte sich den Tod „bei seiner Dame“ geholt. Mit geringer Begleitung – fast seine ganze Dienerschaft starb unterwegs – in einem Wagen bis in die Nähe von Plauen gebracht, übergab er dem Feldmarschall-Lieutenant Hatzfeld die Führung seiner Truppen. „Der Herr ziehe nur fort – ich bin gar krank“, waren seine Worte. Am 9. September 1633, zwei Uhr nach Mitternacht, starb er zu Troschenreuth bei Adorf im Voigtland, kaum 34 Jahre alt. „Incertum“, sagt von ihm bedeutsam genug ein Zeitgenosse, „si supervixisset, Caesari an Waldsteinio magis fidus“. – Wallenstein empfing die Nachricht vom Tode Holk’s, wie er versichert, „mit höchsten Schmerzen“ – „zumal“, so fügt er bei, „Ihre kaiserl. Majestät einen hochverständigen, tapferen und um dero Erzhaus und das gemeine Wesen wohlverdienten Soldaten an ihm verloren.“ – Unwillkürlich wirft sich die Frage auf, ob nicht in dem großen Conflicte Wallenstein’s mit den ihm widerstreitenden Gewalten, deren Unermüdlichkeit nunmehr bereits zur Krise drängte, nächst dem offenen, geraden Pappenheim und dem biederen, versöhnlichen Ernest Montecuculi († am 3. August 1633) der ebenso wohlberechnende, wie energische und zielbewußte H. geeignet gewesen wäre eine Katastrophe hintanzuhalten. Männer wie Ilow, Trczka und Kinsky waren allerdings nicht vermögend, den schweren Verlust jener drei intimsten Freunde Wallenstein’s in dessen eigenem Heere zu ersetzen. Wie nach dem Tode jedes verdienten Officiers erwies nun aber eben Wallenstein neuerlich eine seiner schönsten Tugenden: die herzlichste, werkthätige Dankbarkeit. Mit geradezu rührender, unermüdlicher Sorgfalt nahm er sich der Hinterbliebenen seines Lieblings, wie der Habe desselben gegen allerhand räuberische Eingriffe von Hoch und Niedrig an und rettete, was zu retten war. Sein eigener tragischer Sturz konnte nicht hindern, daß der Familie die liegenden Besitzungen in Böhmen bald wieder verloren gingen. König Christian IV. von Dänemark [744] bemühte sich beinahe ein Jahr lang vergebens, vom Kurfürsten von Sachsen die Erlaubniß zur „freien, unbehinderten Durchverstattung der Holk’schen Leiche“ durch dessen Land zu erwirken. Erst am 19. August 1634 gab Johann Georg diese Zustimmung – „wiewohl nicht ohne“, so heißt es in dem betreffenden Consens, „daß uns und unsern getreuen Landen und Leuten von dem verstorbenen Heinrich H. bei dessen Lebzeiten vielfältige grausame Hostilitäten begegnet und unsäglicher Schade zugefügt worden, und wir dahero wol Ursach, uns diesfalls anders zu bezeigen.“ … Christian ließ den Leichnam mit außergewöhnlichem Pomp in Kopenhagen zur Erde bestatten. – Statt aller weiteren Charakteristik eine scheinbar nebensächliche Notiz. Die beiden Regimenter Holk’s führten zwei Fahnen; die eine zierte das Bild der Fortuna mit der Devise: „Audacter“, die andere aber ein gezückter Degen, von einer Schlange umwunden, inmitten der Rundschrift: „His ducibus sitis imperterriti“. So weit uns vergönnt, in das Innere des Mannes zu dringen, kann nicht geleugnet werden: Klugheit und Schneidigkeit waren ihm eigen – die Laune des Glückes lachte ihm allzu kurze Zeit. – Ihn überlebten unseres Wissens zwei Söhne, Christian Christoph und Heinrich Detlev. Nach Ersterem, welcher am 25. März 1676 als dänischer Graf naturalisirt wurde, zweigte sich der jüngere Stamm des Geschlechtes H. in drei Linien, deren jetzt lebende Sprossen sind: Gustav Carl Christian (geb. 1802), Rudolf (geb. 1818) und Harald Sophus (geb. 1848).

Nach Archivalien der kaiserl. Archive zu Wien, des königl. Hauptstaatsarchivs zu Dresden und des königl. Geheimen Arch. zu Kopenhagen, zum Theil benutzt bei Hallwich, Wallenstein’s Ende (Leipzig 1879, Duncker & Humblot). Vgl. u. A. auch Franz Chr. Khevenhüller, Annal. Ferd. (Conterfet, II. 257 ss.); Niels Slange (ed. J. H. Schlegel), Gesch. Christians IV., Bd. II. 360 ff.; G. Ph. A. Neubur, Gesch. d. dreißigjähr. Kr., 130 ff.; J. E. Heß, Biographien u. Autogr. zu Schiller’s Wallenstein, 21 ff.; Fr. Wittmann (im XIV. Bande der Schriften der histor.-statist. Section der k. k. mähr.-schles. Ges. für Landeskunde etc.), 92 ff.; F. v. Krogh, Dansk Adelskalender (Kopenhagen 1878).


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: DetlevHolk’s