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ADB:Eggenberg, Johann Ulrich Freiherr von

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Artikel „Eggenberg, Hans Ulrich Freiherr von“ von Franz von Krones in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 5 (1877), S. 663–666, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Eggenberg,_Johann_Ulrich_Freiherr_von&oldid=- (Version vom 18. Dezember 2024, 01:46 Uhr UTC)
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Eggenberg: Hans Ulrich, Freiherr, dann Fürst v. E., geb. 1568, † 18. Oct. 1634, Sohn Siegfrieds v. E. und der Benigna v. Galler, erwuchs im protestantischen Glauben, der an seinem Vater einen der entschiedensten Vertreter besaß. Die ersten Thatsachen seines glückbegünstigten Lebens knüpfen sich an die soldatische Laufbahn. Er trat in spanische Dienste und brachte es in den Niederlanden zum Hauptmann, ein Beweis, daß ihn schon bei dieser Berufswahl keinerlei confessionelle Rücksichten bestimmten. Deutlicher und greifbarer wird sein Lebensgang vom Schlusse des 16. Jahrhunderts an, indem er, seit 1597 etwa, eine dienstliche Stellung suchte, welche ihm, dem nicht sonderlich kräftigen Manne, dem Cavaliere von bedeutendem Vermögen, ja einem der reichsten Erben Deutschösterreichs, voll Talent und Geschick zum Gesellschafter und Diplomaten eines Fürstenhofes, dem liebenswürdigen und leutseligen Menschen im großen Weltverkehre, mit dem Ehrgeiz aber auch mit den biegsamen Grundsätzen einer vornehmen Natur – ganz anders behagen und unvergleichlich vortheilhafter erscheinen mußte. Er wurde als Mundschenk Erzherzogs Ferdinand II. bald dessen beliebtester Hofmann und vertrautester Günstling. Es war dies zu einer Zeit, in welcher der Sohn Erzherzogs Karl II., des Stifters der jüngeren innerösterreichischen Habsburgerlinie, die Regierung Steiermarks, Kärntens[WS 1], Krains, Italiens und der Südmarken antrat und den unabänderlichen Entschluß faßte, die katholische Gegenreformation in seinem Lande rücksichtslos durchzuführen. Zu den an Zahl nicht geringen Adelichen, welche den Uebertritt zum Katholicismus der Auswanderung vorzogen, gehörte auch Hans Ulrich v. E. und dieser Schritt eröffnete dem Convertiten die freie Bahn zu glänzenden Lebenszielen. Weniger tief an Geist, aber ungemein weltklug und findig, verstand er es, sich seinem Dienstherrn im geselligen Vergnügen so gut als im Ernste der Staatsgeschäfte unentbehrlich zu machen. Zudem war er eine in politischen und confessionellen Dingen gesund und mild denkende Natur, kein Freund von Ueberstürzungen und gewagten Staatsexperimenten. Schon am Schlusse des 16. Jahrhunderts Kammerpräsident, Obersthofmeister der ersten bairischen Gemahlin Ferdinands II., bekleidete er bald darauf (1602) die Krainer Landeshauptmannschaft. Die erste wichtige diplomatische Mission war (1605) die an den spanischen Hof im Auftrage K. Rudolfs II., zu einer Zeit, da dieser kränkliche unthätige und gegen seine Verwandtschaft äußerst mißtrauisch gewordene Herrscher beim Cabinete von Madrid äußerst schlecht angeschrieben erscheint. Auch Kaiser Matthias (1612, † 1619) verwandte den E. zu einer Sendung an K. Philipp III., dessen günstige Stimmung dem Wiener Hofe sehr wichtig war. Den entscheidendsten Schritt zur herrschenden und weithin einflußreichen Lebensstellung that E. mit dem J. 1615, in welchem er als Obersthofmeister Erzherzog Ferdinands II. Director des geheimen Rathes d. i. Premierminister und Statthalter ganz Innerösterreichs, die Seele der Grazer Regierung und das Factotum, der „Favorite“ seines Herrn wurde. Die Adoption Ferdinands II. durch K. Matthias und seine Thronfolge in Gesammtösterreich seit 1619, allerdings unter den schwierigsten Verhältnissen, eröffnete E. einen ungemein erweiterten Wirkungskreis. So finden wir bei einem der entscheidendsten Vorgänge im Leben Ferdinands, bei dessen Kaiserwahl zu Frankfurt, E. in hervorragender Weise thätig. Kein Freund der spanischen Politik erregte E. nicht geringe Verstimmung beim Cabinete von Madrid und dessen Botschafter am Hofe Kaiser Ferdinands II., als er dessen zweite Ehe mit Eleonore von Mantua aus dem Hause Gonzaga vermittelte, während Spanien für eine savoyische Prinzessin eintrat. Der vergebliche Versuch, den unbequemen Staatsmann zu stürzen, schloß mit der Einsicht des spanischen Hofes, den einflußreichsten Günstling Ferdinands II. lieber zu gewinnnen, und so erfolgte 6. August 1622 die Ordensverleihung des goldenen Vließes. Nichtsdestoweniger [664] vermied E. beharrlich, sich in das Schlepptau der spanischen Politik nehmen zu lassen. Ebenso vertrat er die Ansicht, daß der Kaiser sich von der selbstsüchtigen Hilfeleistung Baierns und der Liga emancipiren müsse. Schon bei der Belehnung Maximilians mit der Kurpfalz hatte E. einige Einschränkungen im Sinne, und der oberösterreichischen Bauernkrieg wider die bairische Pfandherrschaft (1626) veranlaßte ihn, bei dem Monarchen auf die möglichst beschleunigte Lösung dieses ungesunden Pfandschaftsverhältnisses einzuwirken. Als im J. 1625 der Waldstein oder Wallenstein mit dem Plane der Bildung einer kaiserlichen Armee hervortrat, fand er an E. einen wichtigen Gönner, nachdem dieser seinen ersten Widerwillen gegen diese abenteuerlichen Pläne überwunden hatte. In Bruck a. d. Lejtha überzeugte (1626, Nov.) Wallenstein den E. von der Berechtigung des Kaisers, die Quartiere seiner Armee über ganz Deutschland auszudehnen. Da könne man ohne Mühe 70000 Mann erhalten, die Feinde zum Frieden nöthigen und dem Kaiser wieder zur obersten Würde in der Christenheit verhelfen. E. bewies sich als Gönner und Sachwalter Wallenstein’s zur Zeit des Regensburger Conventes (Juni – November 1630), als die liguistische Partei, Baiern an der Spitze, gegen Wallenstein beim Kaiser Sturm lief und auf der Enthebung des „landverderbenden“ und „überflüssigen“ Generalissimus beharrte. E. und seine starke Partei, die Harrach, Werdenberg und Questenberg zunächst stemmten sich gegen diese verhängnißvolle Maßregel mit allen Kräften; dagegen zeigten sich der liguistischen Anschauung befreundet Eggenberg’s Neider und Rivalen, die alten kaiserlichen Räthe Meggau und Trautmannsdorf, hinter denen der einflußreiche Ordensmann der Gesellschaft Jesu und Beichtvater Ferdinands, Lämmermann (Lamormains), und die spanische Diplomatie standen. Allein es kam dennoch zur Entlassung Wallenstein’s, und ebenso wenig glückte E. die Realisirung des brennendsten Wunsches seines kaiserlichen Herrn, die Wahl des Erstgeborenen Ferdinands zum deutschen Könige, wie angelegentlich auch der dazumal gichtkranke Minister mit den Kurfürsten verhandelte. Etwas früher (1623–1624) war E. eine äußerst heikle diplomatische Action gelungen. Es galt die Einigung K. Ferdinands II. mit seinen Brüdern, den Erzherzogen Leopold und Karl, über die durch den Tod Erzh. Albrechts (des jüngsten Sohnes K. Maximilians II.), Gemahles der spanischen Infantin Clara Isabella Eugenia und Regentin der Niederlande, erledigten vorderösterreichischen Besitzungen, auf welche Spanien Ansprüche erhob; ferner die Bildung einer tirolischen Herrschaft und Habsburgerlinie durch den Uebertritt des Administrators der Bisthümer Straßburg und Passau, Erzherzog Leopolds, in den weltlichen Stand und dessen Heirath mit einer italienischen Prinzessin; endlich die genauere Regelung der deutschhabsburgischen Primogenitur und Senioratserbfolge. Mit Spanien mußte ziemlich lange unterhandelt werden, bevor es seine Ansprüche aufgab. Auch in dem mantuanischen Erbfolgestreite, der mit dem Frieden zu Chierasco schloß, gab es für E. nicht wenig zu thun, doch blieb in diesem Handel die französische Politik Siegerin. – Die Ahnung Eggenberg’s, man werde die Enthebung Wallenstein’s bald bitter zu bereuen haben, sollte schnell gerechtfertigt erscheinen. Schon nach dem ersten Schwedensiege über Tilly bei Leipzig oder Breitenfeld (1631) erhoben die Freunde Wallenstein’s bei Hofe die mahnende Stimme und nach der zweiten Niederlage Tilly’s und dem Tode des greisen Feldherrn (Frühj. 1632) galt es, Wallenstein um jeden Preis für ein zweites Generalat zu gewinnen. Die entscheidenden Unterhandlungen mit dem begreiflicherweise äußerst zähen Feldherrn führte E. in Znaim und brachte sie endlich zum Abschluß. Es waren unerhörte, verhängnißvolle Bedingungen, unter denen der Friedländer zum zweiten Male Capo und Generalissimus der kaiserlichen Armada wurde, aber er verkaufte um keinen niedrigeren Preis seine Dienste. Man darf daher dem Minister [665] Ferdinands II. angesichts der verzweifelten Lage des Kaisers und der Liga die Znaimer Artikel nicht zur Last legen, um so weniger, als selbst der Kurfürst von Baiern, Wallenstein’s Hauptgegner, sich die Demüthigung, dem Friedländer hilfeheischend zu begegnen, gefallen lassen mußte. Als nun aber Wallenstein auf Abwege gerieth und endlich ein förmlicher Bruch zwischen ihm und dem Kaiser eintrat, war E. so lange als möglich sein Vertheidiger, so daß der spanische Gesandte, Oñate, ein Hauptgegner Wallenstein’s, über die „Hartköpfigkeit“ des Kaisers und seines Ministers Klage führte. E. vertrat noch Mitte Januar 1634 die Ansicht, man könne durch eine Beschränkung der übergroßen Vollmacht des Feldherrn dem Uebel einen Damm setzen, aber die Gegengründe überwogen und die Ereignisse sollten den Gegnern Recht geben. Der Fall Wallenstein’s (Febr. 1634) bilden den entscheidenden Wendepunkt im Leben des Eggenberger’s. Klug genug, um zu wissen, daß ihm der Kaiser das frühere unbegrenzte Vertrauen nimmer schenken und ihn am alten Platze als Favorit und Minister belassen könne, nahm er Abschied vom Hof und starb in freiwilliger Verbannung zu Laibach, 4 Monate nach seinem Rücktritt, – den 18. Oktober 1634. Sein Leichnam ruht in der Grazer Minoritenkirche, jetzt Mariahilfer Pfarrkirche, in der Murvorstadt, die er erbauen ließ.

Es ist von Interesse die Aemter und Glücksgüter oder Besitzungen dieses historisch bedeutendsten Eggenberger’s zu überblicken. Von Hause aus reich gelangte er um so leichter dazu, diesen Reichthum zu mehren, und die Gunst seines Fürsten war nicht sparsam mit Würden und Geschenken. 6. Decbr. 1622 verlieh ihm K. Ferdinand II. die umfangreichste Herrschaft Böhmens, die Krumauer, einst den Rosenbergern, dann dem natürlichen Sohne K. Rudolfs II., Julius von Austria, gehörig, 16 □M. groß, mit 313 Ortschaften. Dazu kamen aber noch die großen Herrschaften Netolic und Prachatic, oder Winterberg. Es war eben nach der Schlacht am weißen Berge, derzufolge massenhafte Güter fiscalisirt und verfügbar wurden. 1623, den 21. August, gelangte er schon zur erblichen Reichsfürstenwürde, aber ohne Sitz und Stimme im Rathe der Reichsfürsten. Doch genossen erst seine Enkel diese Vorrechte thatsächlich. An die Uebertragung des Oberstlandmarschallamtes im Lande ob und unter der Enns knüpften sich wieder bedeutende Güterschenkungen. Zwei Jahre später (15. April 1625) erhob der Kaiser die Krumauer Herrschaft zu einem Herzogthum, erblich im Hause der Eggenberger. Damals führte er den Titel: „Herzog zu Crumau, des h. R. R. Fürst und Herr zu E., Graf zu Adelsberg (Krain), Herr zu Pettau, Ehrenhausen, Straß (Steiermark), Senftenberg (Nied.-Oe. Viertel O. M. B.) und Ober-Walsen (Ober-Oe. Mühlviertel), Obrister Erbmarschall in Oestereich, Oberister Erbkämmerer in Steyermark, Obrister Erbmundschenk in Crain und in der windischen Mark, Ritter des goldenen Vließes, geheimer Rath, Kämmerer, bevollmächtigter Gubernator der Innerösterreichischen Lande“ – „Unser Oheim und sunders lieber Fürst“, – es ist dies der glänzendste und huldreichste Titel, den je ein österreichischer Minister geführt hatte. Es hatte aber auch bisher kein Minister einen so langdauernden, ungetheilten Wirkungskreis und die bis zum letzten Augenblicke ausdauernde Huld seines Fürsten besessen. Sein Rath und Umgang war Ferdinand II. unentbehrlich. Gar oft mußten sich die geheimen Räthe in die Wohnung des Fürsten begeben, wenn denselben häufig wiederkehrende Gichtleiden ans Zimmer fesselten. Der Kaiser selbst stand nicht an, ihn sehr häufig zu besuchen, nicht blos zu Berathungen, für welchen Zweck ein eigener bedeckter Gang von der Hofburg zur Wohnung Eggenberg’s führte, sondern auch zur Erheiterung durch Spiel und Gespräch, in welchen Fällen die Kaiserin regelmäßig mit zu Gaste kam. Länger als ein Menschenalter behauptete der schöne Mann mit geistvollem Auge und edelgeformter Stirne, mit dem Gepräge des [666] vollendeten Welt- und Lebemannes, ohne Genialität, aber beweglichen, scharfen Blickes und reich an Erfahrungen, seinen Platz. Die venetianischen Relationen dieses Zeitraumes betonen wiederholt seinen herrschenden Einfluß und die Hofgeschichte zeigt, wie die Eggenbergische „Partei“ oder „Familie“ das Heft in den Händen hatte. Es spiegelt sich das auch in dem traditionellen Wortspiele, daß Oesterreich auf drei Bergen: Eggenberg, Questenberg, Werdenberg ruhe. Selbst der Wink, daß E. seine Rolle bei Hofe ausgespielt[WS 2] habe, wurde in der schonendsten Weise ertheilt, aber eben so feinfühlig verstanden. – Fürst E., der sich auf seinem wichtigsten Landsitze Eggenberg bei Graz durch den großartigen Schloßbau verewigte, welcher noch immer im Roccocostil jener Zeit sich erhält, übte wahrscheinlich als Inhaber der großen Herrschaft Krumau das von seinen Vorgängern, den Herrn von Rosenberg, geübte Münzrecht aus. In der Steiermark, dem Heimathlande seines Hauses, an dessen Landrechtsverbesserung er um 1622 als Mitglied einer Commission arbeitete, besaß er über 30 Herrschaften; in Krain den großen einst landesfürstlichen Besitz Adelsberg (Postojen), seinetwillen von K. Ferdinand II. zu einer Grafschaft erhoben, und weitere acht Herrschaften, darunter das große Gut Weissenfels. Am Anfang allerdings überwogen die böhmischen Gütererwerbungen, abgesehen von Krumau, die große Herrschaft Cheynow in Taborer und die weit größere Klingenberg-Worlik im Prachiner Kreise. An frommen Stiftungen namentlich in Graz, Görz, Fiume ließ er es nicht fehlen. In den beiden letztgenannten Orten wurde der Jesuitenorden mit Collegien (1614, 1627) bedacht. Der Fürst verstand es, die Macht und den Einfluß dieses Ordens abzuschätzen, ihm als Gönner sich zu empfehlen, ohne gerade sein Schleppträger zu werden. – Das Erwerben und Zusammenhalten einer so riesigen Gütermasse setzte in der Familie E. durchaus ökonomisches und finanzielles Talent voraus. So spiegelt sich auch die gewinnbringende Vielgeschäftigkeit in der Thatsache, daß Fürst Hanns Ulrich die Hauptmannschaft der Brixner Bisthumsherrschaft Veldes und das Capitaneat über die Uskokencolonie an der krainisch-kroatischen Grenze, Sichelburg oder Schumberk, bekleidete. Aus seiner Ehe mit Sidonia Maria Franziska Freiin von Thanhausen ist neben drei Töchtern ein Sohn Johann Anton zu Jahren gekommen, der gefürsteter Graf von Gradiska wurde.

Litteratur: Khevenhiller, Annales Ferd., II. Bd. Wißgrill, Schauplatz des landsäss. niederösterr. Adels 1794–1824. 2. Bd. S. 352, 354–358. Ersch-Gruber’s Encyklop. I. Section, 31. Thl. 1838. Art. Eggenberg, von Stramberg (S. 205–209). Wiener Jahrb. d. Litt. 108. Bd. A. Bl. S. 87. Winklern, Biographie denkw. Steiermärker. Steierm. Zeitschr. 6. Bd. Luschin, Die Münzen und Medaillen der Familie Eggenberg, i. d. Mitth. des hist. V. f. Steiermark (1866) 14. Heft. – Die venezianischen Relationen, herausg. v. Fiedler in 26. Bd. der Fontes rer. austr. I. Abth. h. v. d. Wiener Akad. der Wiss. – Hurter, Gesch. Ferd. II.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Kärtens
  2. Vorlage: ansgespielt