Zum Inhalt springen

ADB:Host, Johannes

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Host, Johannes“ von Carl Krafft in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 102–104, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Host,_Johannes&oldid=- (Version vom 22. November 2024, 08:04 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Romanus
Nächster>>>
Romberg
Band 29 (1889), S. 102–104 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Kein Wikipedia-Artikel
(Stand Juli 2009, suchen)
Johannes Host in Wikidata
GND-Nummer 100255515
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|102|104|Host, Johannes|Carl Krafft|ADB:Host, Johannes}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=100255515}}    

Romberch: Johann R. (Kierspensis), Dominicaner zu Köln, zu Anfang der reformatorischen Bewegungen eifriger Gegner derselben, Mitglied des Inquisitionsgerichtes daselbst, und besonders thätig als Schriftsteller und als Gegner des in Köln 1529 hingerichteten Märtyrers der evangelischen Kirche, Adolph Clarenbach.

R. wurde geboren auf dem Hofe Romberch bei Kierspe, einem Flecken in Westfalen, nahe an der Grenze des ehemaligen Herzogthums Berg, in rauher, gebirgiger Gegend. Sein Vater hieß Horst; den Namen R. sowie Kierspensis nahm er von seinen Heimathsorten an. Die Zeit seiner Geburt läßt sich nicht genau bestimmen, jedenfalls fand dieselbe nicht später als 1485 statt, da er um 1505 oder 1506 in den Dominicanerorden zu Köln eingetreten ist. Dieser stand damals unter dem überwiegenden Einfluß des bekannten Jacob Hochstraten. Auch R. wie seine schon früher in den Orden getretenen Genossen Bernhard v. Lutzenburg und Tilman Smeling von Siegburg, wurde der Schildträger Hochstraten’s, namentlich in dem großen und langwierigen Processe des Letzteren gegen Reuchlin. So wurde R. 1514 von Hochstraten nach Speier geschickt, um dort vor Gericht seine Sache zu vertreten, aber wegen ungenügender Vollmachten abgewiesen. [103] Auf dem Generalcapitel des Dominicanerordens zu Neapel zu Pfingsten 1515 wurde beschlossen, daß R. sich zum theologischen Lehrer an der Universität zu Köln ausbilden solle. Aber vorher ging er in Angelegenheiten seines Priors Hochstraten nach Rom, wo er mit Letzterem eine Zeitlang auf den Ausgang des Processes wartete. In dem Palast des einflußreichen Cardinals Grimani zu Rom, wo der deutsche Mönch tagelang auf Audienz warten mußte, faßte R. den Plan zur Herausgabe einer Mnemonik. Auch kam R. mit dem späteren Gegner Luther’s, mit Sylvester Prierias, und anderen Männern in Berührung. Der Ordensgeneral bestimmte hierauf, daß R. in Bologna Theologie studire, wo derselbe auch drei Jahre, vermuthlich von 1516–1519, verblieb. In Bologna trat R. zunächst aus Noth als Schriftsteller auf, indem die für das Studium bewilligten Gelder ausblieben. Im J. 1520 ging er nach Venedig, dem damaligen Mittelpunkte der italienischen Typographie, um einige größere Werke, namentlich seine Mnemonik, sowie einen Commentar seines Ordensgenossen Albert des Großen zu Aristoteles’ Ethik, den Commentar des Thomas von Aquin zum Brief an die Römer und eine geographische Arbeit des Dominicaners Borchard über Palästina herauszugeben. Im Laufe des Jahres 1520 wurde er von dem Provinzial seines Ordens, dem bekannten Eberhard v. Cleve, welcher zu Frankfurt a. M. seinen Sitz hatte, nach Deutschland zurückgerufen, wir finden ihn aber erst im J. 1523 in der Matrikel der Kölner Universität inscribirt. Vielleicht war er während dieser Zeit in Paris, wo er nach einer ziemlich gleichzeitigen Notiz magister noster geworden ist. Doch ist letztere Nachricht wohl dahin zu beschränken, daß er bloß zur Licentiatenwürde gelangt ist. In Köln wurde er hauptsächlich gebraucht, um den evangelischen Bestrebungen in dieser Stadt, sowie überhaupt am Niederrhein und in Westfalen entgegenzutreten, und er gab sich dieser Wirksamkeit mit großer Anstrengung hin. Als akademischer Docent, als Prediger auf der Kanzel, als Schriftsteller und als Agent der Kölner Theologen an verschiedenen Orten hat er eine erstaunliche Thätigkeit entwickelt. Der Feuereifer Romberch’s richtete sich übrigens nicht bloß gegen Luther und dessen Anhänger – gegen Luther selbst tritt R. litterarisch zuerst nur mit Schüchternheit auf, indem er sagt, er wolle noch nicht mit diesem Riesen anbinden – sondern auch gegen die zügellose und unwürdige Geistlichkeit der römisch-katholischen Kirche.

Schon der Titel einer von Hochstraten verfaßten und von R. bald nach seiner Rückkehr aus Italien herausgegebenen und mit einem Gedicht eingeleiteten Schrift ist sehr charakteristisch (De presbyteris publica fornicatione notatis etc.). Außerdem gab er viele gleichzeitig erschienene Schriften der Gegner der Reformation mit Vorreden und Inhaltsanzeigen heraus, wie z. B. Schriften von Johann Fischer, dem später durch Heinrich VIII. hingerichteten Bischof von Rochester in England, den Malleus haereticorum und die antilogias Lutheri von Johann Faber, das Enchiridion von Eck, Schriften des Ordensgenossen Johann Mensing, des Frankfurter Professors Konrad Wimpina von Buchen, sowie des Dionysius Rickel, des Mystikers aus dem Karthäuserorden. Gegen Carlstadt veröffentlichte er eine Schrift Hamomilla über den Cölibat, er gab mehrere in Köln gehaltene akademische Reden heraus, eine lateinische Anweisung zur Beichte (in Blomevenna’s Enchiridion 1532) und eine ähnliche deutsche Schrift, sowie das Buch „De idoneo verbi Dei ministro“ 1532. 8). Außerdem hat er gegen die evangelischen Prediger zu Soest, gegen die Münsterschen Prädicanten und gegen Klarenbach geschrieben. Eine Anzahl seiner lateinisch abgefaßten Schriften gab er für das Volk in deutscher Sprache heraus.

Bei der außerordentlichen Rührigkeit, die R. als Prediger, als akademischer Docent bei Vorträgen und Disputationen entwickelte, wurde er auch zu den [104] Thätigkeiten der kölnischen Inquisition herangezogen. Im J. 1526 finden wir ihn im Auftrag der Inquisitoren zu Lippstadt, wo er die, durch die evangelischen, von Wittenberg zurückgekehrten Augustiner, Westermann und Koiten, veranlaßten Bewegungen unterdrücken soll. R. predigte am 16. März 1526 zu Lippstadt und sprach seine Meinung in 21 Sätzen aus, welche er in lateinischer und deutscher Sprache publicirte. Aber es gelang ihm in Lippstadt ebenso wenig wie später in Soest, die alte Weise zurückzuführen. Eine besonders lebhafte Thätigkeit entwickelte R. in dem langwierigen und verwickelten Ketzerprocesse gegen den bekannten evangelischen Märtyrer Adolph Klarenbach (s. A. D. B. XVI, 61), in welchem er als Beisitzer unter den von bischöflicher und päpstlicher Seite als Richter ernannten Theologen Arnold von Tongern und Konrad Cöllin fungirte. Am Schlusse des Hauptverhörs des von der Stadt Köln gefangen genommenen Reformators erbot sich R. zu Specialverhandlungen mit demselben, worin es sich hauptsächlich um einen Eid handelte, den Klarenbach zu leisten sich geweigert hatte. Wir besitzen über diese Weigerung eine lateinische aus dem Gefängniß der jetzt niedergelegten Ehrenpforte zu Köln, von Klarenbach an R. gerichtete Schrift, worin der standhafte Reformator seine Bereitwilligkeit zum Tode erklärte, der übrigens erst nach einem vollen Jahre durch Verbrennung am 28. Septbr. 1529 vollzogen wurde. Leider ist die Schrift Romberch’s, in welcher die ganze Tragödie über die Gefangenschaft, Untersuchung, Verurtheilung und die Ursachen des Todes Adolph Klarenbach’s und Peter Flysteden’s erzählt wird (an den Prälaten zu Xanten, Johann Ingenwinkel gerichtet) vor der Hand nicht wieder aufzufinden. Es wäre dies die einzige Schrift, die wir aus der Hand der Gegner Klarenbachs hätten. Es waltet übrigens darüber kein Zweifel, daß R. die Verbrennung der beiden Märtyrer entschieden gebilligt hat. „Ich habe mich nicht gescheut“, so spricht sich R. in einer seiner späteren Schriften aus, „zu behaupten, sowohl vom Predigtstuhle aus wie in den Schulen, daß die christliche Lehre nach der Interpretation der Rechtgläubigen und der Gewohnheit der Kirche zu bewahren sei, auch wenn sie mit Feuer und Schwert müsse vertheidigt werden.“ Um so auffallender ist es bei diesem Feuereifer Romberch’s, daß sein Name im Index librorum prohibitorum als Lutheranus damnatae memoriae erscheint, während in seinen Werken keine Stelle sich befindet, die ihn entfernt als der Reformation Luther’s sich annähernd zeigte. Das Auffallende wird dadurch verstärkt, daß sein Ausgang völlig im Unklaren liegt, während der Tod sämmtlicher anderen Mitglieder des Ketzergerichtes urkundlich feststeht. Man hat daher die Vermuthung ausgesprochen, daß R. am Schlusse seines Lebens vielleicht in der Erinnerung an den heldenmüthigen, auf dem Scheiterhaufen stattgefundenen Tod seines Gegners dessen Glaubensstandpunkt getheilt habe und infolge dessen in das Ketzerverzeichniß gekommen sei. Möglich ist es aber auch, daß der Titel seiner im J. 1532 erschienenen Schrift „De idoneo verbi Dei ministro“ den Verfertigern des Index von vornherein zu evangelisch lautete, und sie den Verfasser, ohne das Buch gelesen zu haben, ohne Weiteres zu den Lutheranern rechneten. Ueber das Jahr 1533 scheint das Leben des vielbeschäftigten und angestrengten Mannes nicht hinausgekommen zu sein.

Krafft, Geschichte der beiden Märtyrer Clarenbach und Flysteden. Elberfeld 1886, Zeitschrift des bergischen Geschichtsvereins, Bd. IX, 1873. – Ueber die Thätigkeit Romberch’s in Soest: Jostes, Daniel v. Soest, Paderborn 1888.