ADB:Neubauer, Franz Christoph
Gerber niedergeschrieben ist. Ein Böhme von Geburt und aus niederem Stande entsprossen (c. 1760), genoß er bei einem Schulrector eine gute wissenschaftliche Bildung, so daß ihm noch in späterer Zeit die lateinische Sprache geläufig war, auch muß er dort schon Musikstudien gemacht haben, denn wir treffen ihn dann in Prag, später in Wien, wo er bereits als Componist auftritt. Abt Vogler, der nicht so leicht zu befriedigen war, hörte einige seiner Werke und konnte ihnen nicht seine Bewunderung versagen. Zeitgenossen erzählen, daß sie ihn oft in Hausfluren und Tabagien componirend gefunden haben und in letzteren meist in angetrunkenem Zustande. 1785 erschienen zu Speier drei Violinquartette, 1788 in Zürich eine Hymne auf die Natur, für Chor und Orchester, ebendort eine Operette „Fernando und Yariko“ und 24 Gesänge „Beym Klaviere“; 1789 führte er zu Heilbronn „Coburgs Sieg über die Türken, in einem malenden Concert“ mit vielem Beifall auf, 1790 die Trauermusik auf den Tod Kaiser Josephs II. zu Coblenz und Speier, die ebenfalls von den Zeitgenossen sehr gerühmt wird. In demselben Jahre trat er als Capellmeister in die Dienste des Fürsten von Weilburg und als die Capelle durch den französischen Revolutionskrieg aufgelöst wurde, ging er nach Minden in Westfalen; auch beim Fürsten von Fürstenberg war er eine zeitlang Capellmeister. Nach mannigfachen Irrfahrten kam er endlich nach Bückeburg und führte unter dem Protectorate des Fürsten seine Compositionen auf; da aber Johann Christoph Friedrich Bach, der neunte Sohn Sebastian Bach’s, Capellmeister dort war, so entstanden zwischen ihnen arge Reibereien, weil sich Bach in seiner Stellung gefährdet sah und N. in nicht allzu zarter Weise Bach seine Ueberlegenheit zeigte. Vielleicht infolge der Kränkungen starb Bach bald darauf und N. rückte in dessen Stellung ein. Lange sollte er jedoch sich derselben nicht erfreuen, denn schon nach 9 Monaten folgte er Bach nach, nachdem er sich noch kurz vorher mit einer Bückeburgerin verheirathet hatte. Sein Todestag ist der 11. Octbr. 1795. – Gerber führt in seinem Lexikon 32 gedruckte Werke aus allen Fächern der Musik an, doch waren ihm schon damals, um 1810, nur einige wenige selbst zu Gesicht gekommen. Er urtheilt über dieselben: Genie, Feuer und Erfindungskraft kann man seinen Werken nicht absprechen. Wenn aber behauptet wird, in seinen Sinfonien solle seine größte Stärke liegen, so möchten diejenigen diesem Urtheile schwerlich beistimmen, deren Ohr und Herz durch die Haydn’schen erhabenen Meisterstücke dieser Art genährt sind, indem Neubauer’s Sinfonien gegen die Haydn’schen mehr im Divertissementstone und mehr des „Joli als des Beau“ gearbeitet zu sein scheinen. Darauf gesteht Gerber ein, daß er nur einige wenige seiner Sinfonien kennt und die übrigen Werke ihm ganz unbekannt sind. Heute sind seine Werke so selten, daß man deren Bekanntschaft nur einem glücklichen Zufalle zu danken hätte.
Neubauer: Franz Christoph N., fälschlich auch Christian in den Lexicis genannt, besaß ein Genie von Gottes Gnaden, aber ohne Fleiß, Kritik und geordneten Lebenswandel. Schade daß wir keine Memoiren von ihm besitzen, sie würden den interessantesten Roman bilden, so aber kennen wir nur stückweise seinen Lebenswandel, der besonders von