Zum Inhalt springen

ADB:Rubenow, Heinrich (Jurist)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Rubenow, Heinrich“ von Theodor Pyl in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 417–423, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rubenow,_Heinrich_(Jurist)&oldid=- (Version vom 23. November 2024, 13:12 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Rubenow, Everhard
Nächster>>>
Rubens, Peter Paul
Band 29 (1889), S. 417–423 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Heinrich Rubenow in der Wikipedia
Heinrich Rubenow in Wikidata
GND-Nummer 122863119
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|417|423|Rubenow, Heinrich|Theodor Pyl|ADB:Rubenow, Heinrich (Jurist)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=122863119}}    

Rubenow: Heinrich R., Doctor der Rechte und Stifter der Universität Greifswald, war ein Sohn des Rathsherrn Arnold R. aus dessen Ehe mit Margarete Lüssow, einer Tochter des Magisters Heinrich Lüssow, aus einem ritterschaftlichen Geschlecht. Am Anfange des 15. Jahrhunderts geboren, verlebte er seine Jugend im Hause seines Großvaters, des Bürgermeisters Heinrich R. (Everhard Rubenow’s Sohn, s. den vorigen Artikel), welcher dasselbe (1394) von der Familie Dersekow erworben und mit dem Wappenemblem seines Geschlechtes, drei Windspielen auf einem Schrägebalken, verziert hatte. Seinen Unterricht empfing er wahrscheinlich in der Schule der Marienkirche, in deren Nähe das großväterliche Haus, an der Ecke der Brüggstraße und des Schuhhagens, belegen war; hier erwarb er eine elementare Bildung, welche in seiner regelmäßigen schönen Handschrift sichtbar ist, sowie eine Kenntniß des mittelalterlichen Lateins, welche er in den von ihm vollzogenen Urkunden und bei der Abfassung der Universitätsannalen mit Gewandtheit zur Anwendung brachte. Diese Befähigung genügte ihm jedoch nicht, vielmehr bestrebte er sich, nach dem Beispiele seines Urgroßvaters Everhard R. und seines Großvaters mütterlicher Seite Heinrich Lüssow, eine gelehrte Ausbildung zu erwerben, welche es ihm ermöglichte, seine Vaterstadt in Rechtsstreitigkeiten zu vertreten, und seinen pommerschen Landesherren als Rathgeber zur Seite zu stehen. Zu diesem Zweck besuchte er, obwohl er sich schon (1433) mit Katharina, einer Tochter des angesehenen und wohlhabenden Bürgermeisters Johannes Hilgeman († 1430) vermählt hatte, im J. 1435 die Universität Rostock, wo er sich nicht nur artistischen und juristischen Studien widmete, sondern auch mit der Mehrzahl der Professoren in eine persönliche Verbindung trat. Infolge dessen vermittelte R. denselben, als die Hochschule durch den vom Concil zu Basel (1435) über Rostock verhängten Bann genöthigt wurde, die Stadt zu verlassen, eine günstige Aufnahme in Greifswald. Hier wirkten nun die fremden Gelehrten, vierzehn an der Zahl, vom Jahre 1437–39 in derselben Weise, wie zuvor in Mecklenburg, immatriculirten neuaufgenommene Studenten, vollzogen die Rectorats- und Decanatswahlen, und ertheilten den in ihren Vorlesungen gebildeten Zuhörern die verschiedenen Grade der Promotion. Als dann aber (1440) der über Rostock verhängte Bann wieder aufgehoben wurde, verhandelten die Professoren mit dem dortigen Rathe über ihre Rückkehr, erlangten jedoch von demselben die Genehmigung nur unter der Bedingung, daß sie auf die früher von jenem empfangene jährliche Hebung von 800 Goldgulden verzichteten. Diese Mißgunst und Beeinträchtigung hatte zur Folge, daß nur ein Theil der älteren Gelehrten (1443) in die frühere Heimath zurückkehrte, die übrigen 6 Professoren, von denen sich Nik. Amsterdam, Barth. Segeberg und Joh. Lamside als Artisten, Bernh. Boddeker, Tideman Johannis und Wilken Bolen als Juristen auszeichneten, behielten ihren Wohnsitz in Greifswald, einer derselben, B. Segeberg, wirkte auch seit 1436 als Mitglied [418] des Rathes. Dieser Umstand erregte vielleicht schon damals in Rubenow’s Seele den Wunsch, nach dem Vorbilde von Rostock auch in Greifswald eine Universität zu begründen, jedoch verzögerte sich die Ausführung dieses Planes noch um längere Zeit, weil es umfangreicher Vorbereitungen bedurfte, um ein so großes Unternehmen in würdiger Weise zu vollenden. Als solche galten ihm einerseits die Erwerbung der höheren Promotionsgrade in der Rechtswissenschaft, andererseits die Erlangung eines entscheidenden Einflusses im Greifswalder Rathe, sowie einer günstigen Stimmung der Landesherren und der pommerschen Geistlichkeit, endlich fehlte ihm (1443) auch wohl noch die freie Disposition über das ihm später ohne Einschränkung zufallende großväterliche und mütterliche Vermögen. Bereits (1447) im Besitz der Würde eines Magisters in der Artistenfacultät und der eines Licentiaten des Römischen Rechts, begab er sich in demselben Jahre nach Erfurt, wo er von der dortigen Juristenfacultät zum Doctor des Römischen Rechtes promovirt wurde; alsdann in die Heimath zurückgekehrt, wirkte er anfangs als Syndicus des Rathes und Rechtsbeistand des Herzogs Wartislaw IX. und des früheren Königs Erich XIII., seitdem dieser den nordischen Kronen entsagte, und nach Bogislaw’s IX. Tode (1446) die Regierung von Hinterpommern führte, in welcher Stellung er bald mit dem Namen Rath (consiliarius), bald als Kanzler bezeichnet wird. Durch diese Thätigkeit erlangte er ein solches Ansehen, daß man ihn im J. 1449 nicht nur in den Rath wählte, sondern ihm auch zugleich die Bürgermeisterwürde übertrug. Als solcher richtete er zuerst seine Sorge auf die Verwaltung der Stadt, indem er (1451) für den Rath eine Verfassung in 17 Statuten entwarf, bei welcher er sich, damit solche auch den nicht gelehrten Mitgliedern verständlich sei, der niederdeutschen Sprache bediente. Von diesen Satzungen betreffen 1 bis 4 und 10 die Wahl der Bürgermeister und Rathsherren, sowie deren Pflichten, St. 5 bis 8 die Criminalgerichtsbarkeit des Vogtes, die Rechenschaft der Rathsämter, die Einziehung der Steuern und die Ertheilung des freien Geleits, St. 9 die Abgrenzung der städtischen Rechte gegen den Landesherrn, St. 11 bis 13 die Civilgerichtsbarkeit des Rathes, bei welcher er seinen Amtsgenossen die unparteiische Rechtspflege mit den Worten empfiehlt: „So wir andere Leute von Gottes Schickung richten sollen, so ist es auch billig, daß wir selbst Gerechtigkeit üben“; St. 14 bis 15 handeln von der Verpflichtung der Rathsmitglieder, Reisen zum Wohle der Stadt zu unternehmen und von dem Verbote, die Leistungen der städtischen Bauern und Diener, sowie die Pferde des Stadtstalles und das Holz des Bauhofes im eigennützigen Interesse zu verwenden, in St. 16 bestimmt R. die Feier dreier Dankmessen und die Haltung des althergebrachten Gerichts, welches den Namen Etting führte, durch den Vogt, und schließt endlich in St. 17 mit einer Ermahnung zur Eintracht, Gerechtigkeit und Unparteilichkeit, die den guten Rath des Feindes mit gleichem Eifer zu befolgen habe, wie sie dem schädlichen Einfluß des Freundes entgegenzutreten verpflichtet sei. Nachdem R. anscheinend zu derselben Zeit auch die Greifswalder Bursprake, welche die Vorschriften für den Markt, für Handel und Zoll, Gewerbe und Herbergen, Nachtwache und Feuerwehr, Straßen- und Bauordnung, Kleider- und Hochzeitsordnung, sowie eine Reihe privatrechtlicher Gesetze enthält, einer neuen Bearbeitung unterzogen hatte, wandte er endlich seine Aufmerksamkeit auf die von ihm schon früher beabsichtigte Stiftung einer pommerschen Hochschule. Für dieses Unternehmen hatten sich nämlich die äußeren und inneren Verhältnisse seit 1443 wesentlich günstiger gestaltet. In dem herzoglichen Hause waren Barnim VII. und VIII. (1449–51) ohne männliche Erben gestorben, so daß des ersteren Bruder Wartislaw IX. das ganze Land Wolgast diesseits der Swine unter seiner Herrschaft vereinigte, während zugleich seit 1449 der bischöfliche [419] Sitz zu Cammin von Henning Iven eingenommen wurde, welcher Energie des Charakters mit Sittenstrenge und geistiger Bildung verband. Beide, der weltliche wie der geistliche Herrscher, waren eifrig bemüht, Rubenow’s Plan zu unterstützen, jener, weil er während seiner Anwesenheit auf dem Concil zu Constanz mit Schmerz die Rüge des Kaisers Sigismund empfunden hatte, daß die Fürsten der gelehrten Bildung entbehrten, dieser, weil er hoffte, daß die neue Universität eine Pflanzschule für tüchtige Theologen und Priester seiner Diöcese werden, und im Zusammenhang mit dem bei der Nikolaikirche zu begründenden Domcapitel die Bedeutung seines Bisthums erhöhen möchte. Von den Mitgliedern des Rathes war der älteste Bürgermeister Heinr. Stilow, sowie Berthold Segeberg, Joh. Erich und Walter Kannegeter mit R. befreundet, Melchior Rubenow sein Vetter, Arnold Hilgeman, ein Vetter seiner Gattin und Henning Hennings, welcher mit deren Schwester Lutgart verheirathet war, sein Schwager. Ebenso war R. mit der Mehrzahl der städtischen Geistlichkeit, u. a. mit dem späteren Decan, Hermann Schlupwachter, und den Domherren Gerwin Ronnegarwe und Ludolph Burow durch Verwandtschaft, sowie mit den späteren Pröpsten Joh. Parleberg und Lorenz Bokholt, dem Decan Heinrich Racke, den Mar. und Jak. Plebanen Erasmus Volrat und Joh. Sadelkow, dem Priester Heinr. Witte und den Domherren Gottfried v. Zwina, Math. Wedel, Dietrich Zuckow, Georg Walter u. A. durch Freundschaft verbunden. Als Feinde Rubenow’s galten dagegen der zweite Bürgermeister Dietrich Lange, die Rathsherren Nikolaus v. d. Osten und Dietrich v. Dorpen mit seinem Sohne, dem späteren Priester Ludolph v. Dorpen, sowie der seit 1449 als Präpositus berufene Heinrich Bukow und die Professoren Joh. Wulf, Konr. Lost, der spätere Bischof von Schwerin, und Joh. Hane; doch scheinen dieselben nicht der Stiftung der Universität hinderlich gewesen zu sein, sondern ihre gegnerischen Bestrebungen nur gegen Rubenow’s Person gerichtet zu haben, insofern die Vereinigung seiner gelehrten Kenntnisse und hohen Aemter mit dem Einfluß auf den Herzog und Bischof, sowie auf den Rath und die Geistlichkeit, endlich auch die ungewöhnliche Fülle seines Reichthums ihre Eifersucht herausforderte. Auch in dieser letzteren Beziehung hatten sich Rubenow’s Verhältnisse (1447–51) gebessert, insofern, nach dem Tode seines Oheims, des Rathsherrn Heinrich Rubenow senior (1447) und seiner Mutter Margarete (1451), fast das ganze großväterliche Vermögen, mit Ausnahme des seinem Oheim Everhard zugefallenen Antheils, in seinen Besitz übergegangen war, sodaß er, wenn man die Mitgift seiner Gattin Katharina, welche die Hälfte des Hilgeman’schen Nachlasses umfaßte, hinzurechnet, alle seine Mitbürger an Gütern übertraf. Dazu kam, daß er seit 1451 das erwähnte großväterliche Haus bewohnte, welches durch seine Größe und Ausstattung, sowie durch den Schmuck seiner Wappenembleme auch äußerlich seine hervorragende Stellung anzudeuten vermochte. Zieht man nun in Betracht, daß seine Ehe kinderlos war, und daß im Fall seines Todes nur entfernte Verwandte ihn beerbt hätten, so erklärt es sich leicht, daß er die Fülle seiner Güter für einen edlen Zweck und zum Wohle seiner Vaterstadt und der pommerschen Heimath zu verwenden wünschte. Dieser Grund, im Zusammenhang mit den oben angeführten Motiven, liegt so nahe, daß es anderer Hypothesen gar nicht bedarf, auch beruhen die angeblichen Thatsachen, welche ältere Historiker, u. a. die Supplemente zu Bugenhagen’s Pomerania, Luc. Taccius, Aug. Balthasar und Barthold anführen, – daß er, zur Sühne für die über seinen angeblichen Schwestersohn, Raphael Letzenitz, verhängte Todesstrafe, die Hochschule gestiftet und das ihm angeblich vererbte Stammhaus des ausgestorbenen Geschlechtes zum Universitätsgebäude bestimmt habe, – wie schon Kosegarten in der Universitätsgeschichte nachwies, auf Irrthümern, Mißverständnissen und Verwechselungen. [420] Einerseits scheint nämlich der genannte Letzenitz mit dem Sohne des hingerichteten Rathsherrn Dietrich v. Dorpen, dem anfangs auch zur Todesstrafe bestimmten Ludolph v. Dorpen (dessen Mutter wahrscheinlich Katharina Petzkow hieß) verwechselt zu sein; andererseits war das Geschlecht Letzenitz (1456) keineswegs ausgestorben, vielmehr erwarben der Herzog Wartislaw IX., in Gemeinschaft mit R. und dem Greifswalder Rathe, das betreffende an der Stelle des jetzigen Universitätsgebäudes stehende Haus (1456–61) von Werner Letzenitz und den Erben seines Bruders Arnold Letzenitz durch Kauf. Dagegen läßt sich vielleicht ein anderer, bisher noch nicht erwähnter Grund für die Beschleunigung der Stiftung annehmen, d. h. die im J. 1451 ausgebrochene Pestepidemie, welche in Rostock, Stralsund und Greifswald zahlreiche Opfer forderte, und vielleicht auch den Tod der mit R. befreundeten Rostocker Professoren Nik. Amsterdam, Bernh. Boddeker, Tideman Johannis und Wilken Bolen zur Folge hatte. Dieser Verlust und zugleich die Besorgniß, daß noch andere geistige Kräfte der von ihm geplanten Stiftung durch ähnliche Schicksale entzogen werden könnten, ließ ihn ohne Zweifel mit vermehrtem Eifer dem edlen Ziele zustreben und alle Mittel in Bewegung setzen, dasselbe zu erreichen. Während er selbst mit Berth. Segeberg die Geldmittel beschaffte und vom Herzoge und Rathe sowie von den Aebten von Eldena, Neuenkamp, Pudagla und Stolpe an der Peene, die Zusicherung zahlreicher Präbenden und Patronate für die Stiftung empfing, wirkte der Colberger Dompropst Nik. Bruckmann als Stellvert1eter des Bischofs von Cammin im Auftrage Rubenow’s und des Herzogs in Rom, um den Papst Calixtus III. und dessen Umgebung günstig für die Gründung der Greifswalder Hochschule und Collegiatkirche zu stimmen, wobei er manche Widerstandsversuche der Herzoge von Mecklenburg und der dortigen Gelehrten zu überwinden hatte, da diese von der nahebelegenen Universität eine Concurrenz für Rostock befürchteten. Der Papst forderte jedoch von dem Bischof Stephan von Brandenburg (1455) einen Bericht über die pommerschen Verhältnisse, welcher, gestützt auf das Zeugniß der oben genannten Aebte und in Verbindung mit dem Gutachten des von Bruckmann gewonnenen Bischofs Joh. von Pavia, einen so günstigen Einfluß ausübte, daß Calixtus am 29. Mai 1456 die Stiftungsbulle der Universität vollzog und auch die Erhebung der Nikolaikirche zu einer ecclesia collegiata mit einem Domcapitel genehmigte; zugleich ernannte er den Bischof von Cammin zum geistlichen Oberhaupt (Cancellarius) und den Bischof von Brandenburg zum Beschützer (Conservator) der Hochschule. Nach diesem günstigen Erfolge begann R., der vom Bischof von Cammin zum beständigen Vicekanzler und vom Herzoge zu dessen Stellvertreter (Vicedominus) erhoben war, mit großem Eifer die Ausführung seiner Stiftung, berief namhafte Gelehrte zu allen vier Facultäten, aus welchen ein Concil gebildet wurde, richtete drei Collegienhäuser für die Vorlesungen ein, sorgte für Anfertigung mehrerer Siegel zum Gebrauch für den Rector und die vier Decane, und entwarf, nach dem Muster der von ihm (1451) ausgearbeiteten städtischen Verfassung, eine ähnliche, welche den Namen „Concordia“ trägt, und in 25 Abschnitten die Rechte der drei Corporationen, der Universität, des Domcapitels und des Rathes ordnet, indem er dieselben theils unter sich abgrenzte, theils aber, namentlich durch die Wahl eines gemeinsamen Syndicus, zur gegenseitigen Unterstützung vereinigte. Nach diesen Vorbereitungen vollzog Bischof Henning von Cammin am 17. October 1456 die Stiftung, indem er, vor einer zahlreichen Versammlung von geistlichen und weltlichen Würdenträgern, in der Nikolaikirche die päpstliche Bulle verlas, während Herzog Wartislaw IX. zwei silberne Scepter, welche noch jetzt bei den Universitätsfeierlichkeiten getragen werden, als Opfer (pro offertorio) auf den Altar niederlegte. Am folgenden Tage wurde R., welcher in Anerkennung [421] seiner Verdienste zugleich das erste Rectorat erhielt, von Konr. Lost zum Doctor des canonischen Rechtes promovirt, während Barthold Segeberg das erste Decanat der Artisten führte und Hermann Schlupwachter den Bischof von Brandenburg als Subconservator vertrat. Um diese Ereignisse der Nachwelt in der Erinnerung zu bewahren, beschloß R. die Anlage mehrerer Universitätsbücher: der Annalen, in denen er die Geschichte der Universität beschrieb, eines Diplomatars, in welchem er die betreffenden Urkunden in Abschriften verzeichnete, und des Albums oder der Matrikel, in welches die Namen der aufgenommenen Studenten eingetragen wurden. Auch empfing jede Facultät ein Decanatbuch, von denen das der Artisten noch erhalten ist. Aus diesen urkundlichen Zeugnissen ersehen wir, daß die neue Hochschule sich schon in den ersten Zeiten ihres Bestehens einer günstigen Entwicklung erfreute. Nicht allein aus der nächsten Umgebung und den benachbarten Städten Norddeutschlands, sondern auch aus den Ostseeprovinzen und den nordischen Reichen wurden Studirende durch den Ruf der neuen Universität angezogen, sodaß R. während seines halbjährigen Rectorats, vom 19. October 1456 bis zum Mai des folgenden Jahres, 173 Personen immatriculirte, unter denen sich viele Priester und Klostergeistliche, sowie promovirte Gelehrte befanden. Auch verlieh er, als erster Decan der Juristenfacultät, an 4 Candidaten den Grad eines Baccalars, während B. Segeberg in der Artistenfacultät 19 Baccalare und 10 Magister promovirte, bei deren Prüfung R. gleichfalls betheiligt war. Die Errichtung des Domcapitels, die sich bis zum 12. Juni 1457 verzögerte, geschah in der Weise, daß Heinrich Bukow die Präpositur behielt, Joh. Wulf zum Decan, Lor. Bokholt zum Thesaurarius, Heinr. Racke zum Cantor und der frühere Rostocker Professor Joh. Lamside zum Scholasticus, sowie außerdem 23 Domherren erwählt wurden, deren Mehrzahl mit der geistlichen Würde auch ein Universitätsamt vereinigte. Da denselben die Hebung von 24 größeren und 4 kleineren Präbenden zustand, so war auf diese Art auch ihre äußere Lebenslage gesichert. Zu diesem Zweck begründete R. selbst (1458–61) sechs Präbenden und wußte auch seine Freunde zu gleichen Stiftungen zu vermögen, denen sich auch der Präpositus Heinr. Bukow mit einer ähnlichen Gabe anschloß. Außerdem bestimmte R. der Universität nach seinem Tode seine sämmtlichen handschriftlichen Bücher, welche sich jedoch nicht mehr erhalten haben, und stellte die Schule der Nikolaikirche, sowie deren Rector und Lehrer unter die Aufsicht des Scholasticus Joh. Lamside. Dieses erfreuliche Emporblühen der Hochschule wurde jedoch schon bald durch den Tod des Herzogs Wartislaw IX. (17. April 1457) beeinträchtigt; sein Nachfolger Erich II. gerieth nämlich mit R. in Streit, weil er in Horst, welches Dorf mehreren Greifswaldern und Stralsundern verpfändet war, ohne deren Genehmigung eine Jagd veranstaltete, welche R. mit bewaffneter Macht verhinderte und einen Theil des herzoglichen Gefolges gefangen nahm. Im Vertrauen auf den Beistand des über diesen Widerstand sehr erzürnten Landesherrn vereinigten sich Rubenow’s Feinde: der Präpositus H. Bukow, welcher damals das Rectorat bekleidete, mit seinem Schwestersohne, dem Bürgermeister Dietrich Lange und dem Rathsherrn Dietrich v. Dorpen, sowie mit den Professoren J. Wulf, K. Lost und Joh. Hane zu einem Gewaltstreich gegen ihn, indem sie durch eine von dem Priester Herm. Kock aus Friedland verfaßte Schmähschrift die Verdienste Rubenow’s herabwürdigten und die Bürger zu einer Empörung gegen ihn entflammten, obwohl seine Verdienste um die Stadt Allen vor Augen lagen. Auf diese Art sah sich R. gezwungen, mit seinem Vetter Melchior Rubenow Greifswald zu verlassen und eine Zuflucht in Stralsund zu suchen, auch ein Theil der Studenten verließ die Universität, jedoch kehrten dieselben, da der dritte Rector Joh. Lamside keine Furcht zeigte und Rubenow’s Heimkehr in [422] Aussicht stand, bald wieder zurück. Herzog Erich II. und sein Bruder Wartislaw X. hatten nämlich am 5. October die vom Barther Markt heimkehrenden Stralsunder Kaufleute überfallen und ihrer Waaren beraubt, und dadurch die Städte gegen sich erbittert, sodaß Stralsund mit Greifswald, Anklam und Demmin am 9. November ein Bündniß gegen die Herzoge schloß, zu dessen Kräftigung die Verbannten zweifellos mitgewirkt hatten. Gestützt auf dieses, kehrten Heinrich und Melchior R. am 12. December wieder nach Greifswald zurück und erlangten den vollständigen Besitz ihrer Güter und Aemter. Aus Furcht vor ihrer Rache flohen J. Wulf, K. Lost und J. Hane nach Mecklenburg, nur H. Bukow und D. Lange blieben in ihren Aemtern, Dietrich v. Dorpen erlitt dagegen die Todesstrafe, während dessen Sohn Ludolph sein Leben dadurch erhielt, daß er in den geistlichen Stand trat und die kirchliche Weihe von dem zu jener Zeit in Greifswald verweilenden Bischofe von Cammin empfing, der Priester H. Kock endlich wurde an den Pranger gestellt und, nachdem er zur Sühne zwei milde Stiftungen begründet hatte, aus der Camminer Diöcese verbannt. Die Stimmung für R. gestaltete sich jetzt so günstig, daß man ihn (1459) aufs neue zum Rector wählte, und das auch die beiden Herzoge, sowie Otto III. von Stettin, die Privilegien der Universität sowie die Amtsbefugnisse Rubenow’s nicht nur bestätigten, sondern noch erweiterten. In der Zeit dieses zweiten Rectorates erfreute sich die Universität eines zahlreichen Besuches, auch fanden viele Promotionen statt, u. a. ein besonders feierlicher Act in der Nikolaikirche, in Gegenwart Wartislaw’s X. und seines Gefolges, bei welcher Gelegenheit R. an Herm. Schlupwachter die Würde eines Doctors des canonischen Rechtes ertheilte, und dabei eine längere lateinische Rede vortrug, welche sich in einer Abschrift des späteren Präpositus Joh. Parleberg erhalten hat. Auch sorgte R. für die Gründung einer Bibliothek im größeren Collegium der Artisten, deren Katalog wir im Decanatbuch derselben verzeichnet sinden, sowie für Anschaffung von zwei kleineren silbernen Sceptern und von Gefäßen zum Gebrauch für die akademischen Festlichkeiten. Endlich legte er am Ausgang seines Rectorats einen Rechenschaftsbericht ab, welcher ebenso wie der in städtischen Angelegenheiten (1451–54) vorgetragene Rechnungsabschluß von seiner beständigen Sorge für das Wohl der drei von ihm durch die Concordia vereinigten Corporationen und seiner umsichtigen vortheilhaften Verwaltung ihres Vermögens Zeugniß gibt. Sein hierüber empfundenes glückliches Bewußtsein wurde jedoch durch den Umstand getrübt, daß mehrere seiner bewährtesten Freunde, u. a. die beiden früheren Rostocker Professoren B. Segeberg und J. Lamside, sowie der Decan H. Nacke (1459–61) verstarben und das sein Verwandter G. Ronnegarwe (s. oben Seite 136) die Universitätslaufbahn verließ und sich nach Stralsund begab. Zum Andenken an jene beiden Gelehrten und ihre früher verstorbenen vier Genossen: Amsterdam, Boddeker, Tideman Johannis und Wilken Bolen, ließ er im J. 1460 ein Gemälde in der Nikolaikirche aufstellen, welches R. selbst neben seinen sechs Freunden in ganzer Figur in ihrer Amtstracht darstellt und mehrere Inschriften enthält, welche ihre Aemter und Würden aufzählen und ihre gelehrte Thätigkeit preisen. Einen Ersatz für diesen Verlust fand er in der Persönlichkeit des späteren Präpositus Joh. Parleberg (s. A. D. B. XXV, 176), welcher auch nach seinem Tode die Universitätsannalen fortsetzte und, nachdem er noch von R. selbst (1461) zum Licentiaten des Römischen Rechtes promovirt war, von G. Ronnegarwe (1468) die Doctorwürde empfing, bei welchem Act letzterer die früher von R. bei Schlupwachter’s Promotion gehaltene Rede zur Erinnerung an den (1462) Verstorbenen wiederholte. Auch mit der angesehenen Familie Lotze, von welcher Nikolaus Lotze jun. (1458) das Baccalaureat der Artisten empfing, während sein Sohn Heinrich Lotze und [423] dessen Vetter Wedego seit 1476 Mitglieder des Rathes wurden, stand er in näherer Verbindung, namentlich mit Nik. Lotze’s jüngerem Sohne Georg, welcher seit 1460 in Greifswald studirte und bald darauf den Grad eines Baccalaureus der Artisten erhielt. Als nun Herzog Wartislaw X., welcher mit R. seit 1459 in steter Eintracht lebte, im Vertrauen auf dessen Charakter, ihm (1462) seinen Sohn Swantibor zur Erziehung übergab, wurde Georg Lotze zum Lehrer desselben (paedagogus et informator) bestellt, während der Prof. Nik. Dedelow, als man (18. October 1462) dem jugendlichen Fürsten die Würde eines Rector magnificentissimus übertrug, ihn als Vicerector vertrat. Herzog Erich, welchem Greifswald bei der Erbtheilung zufiel, bewahrte jedoch, abweichend von seinem Bruder, den alten Groll, angeblich weil R. die städtische Huldigung verhindere, und schloß deßhalb, um letztere zu erhalten, mit dessen Gegnern, namentlich mit Lange und Osten im Geheimen einen Bund, vermöge dessen die Macht Rubenow’s, welche durch die Vereinigung der höchsten Aemter und den Schutz Wartislaw’s X. und des Bischofs fast die seinige übertraf, und seinen Haß und Neid erregte, gewaltsam gestürzt werden sollte. Hierauf gestützt, veranlaßten Lange und Osten zwei mißvergnügte Bürger, Damerow und Hureman, dazu, am 31. December 1462 aufs Rathhaus zu gehen und den dort anwesenden R. mit einem Beile zu erschlagen. Darauf wurden Lange und Osten zu Bürgermeistern erwählt, welche der Verabredung gemäß den Herzog mit einem Gefolge von 400 Reisigen in die Stadt geleiteten und Rath und Bürgerschaft dazu vermochten, ihm die Huldigung darzubringen. Als nun aber jene durch den ersten Erfolg zum Uebermuth gereizt, freies Geleit für die Mörder, und die Verbannung von Rubenow’s Verwandten und Anhängern verlangten und letzteren mit dem Tode drohten, entstand ein Aufruhr unter den Bürgern, welchen H. Hennings, Rubenow’s Schwager, dazu benutzte, an Lange und Osten, zur Sühne für den Erschlagenen, das Todesurtheil zu vollziehen; dann wurde Hennings, mit Peter Warschow (1463) an ihrer Stelle gewählt, starb aber schon (1464) an der Pest und mit ihm Herzog Swantibor, der nach Rubenow’s Tode zu seinem Vater geflüchtet war, und zugleich sein Bruder Erdmann und ihr Vetter, Otto III. von Stettin. Katharina Hilgeman überlebte ihren Gatten noch um 30 Jahre und bestimmte (1492) die Mehrzahl ihres Vermögens zu milden Stiftungen. Bestattet wurden beide in dem von Katharina’s Vorfahren erneuten Chor des Franciscanerklosters, Rubenow’s Denkstein, auf welchem er betend vor einem Crucifix dargestellt ist, jedoch nach dem Abbruch des Klosters in die Marienkirche übertragen; auch die Universität, welche er begründet, besitzt mehrere Porträts ihres Stifters, welche von dem Originalbilde der Nikolaikirche entnommen sind.

Lüb. Chron., h. v. Grautoff II, 261. – Kantzow, h. v. Böhmer, S. 111; – h. v. Medem. S. 263; – h. v. Kosegarten II, 112. – Bugenhagen, Pomm., p. 167, m. Suppl. S. 7. – Aug. Balthasar. vita Rub. – Kosegarten, Gesch. d. Univ. I, 27–119, II, 159–182. – Kirchner, balt. Stud. XV, 2, S. 158–164. – Barthold, Pom. Gesch. IV, 1, 209 ff. – Fock, Rüg. Pom. Gesch. IV, 185 ff. – Pyl, Pom. Gesch. Denkm. II, III, IV; – Gesch. der Gr. Kirchen, Reg. S. 1409, Taf. II, IV. – Balt. Stud. XX, 2, 192. – Biesner, Leben Rubenow’s und Bugenhagen’s, 1837, m. Abb.