ADB:Rudolphi, Andreas

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Rudolphi, Andreas“ von Albert Schumann in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 29 (1889), S. 574–577, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Rudolphi,_Andreas&oldid=- (Version vom 29. März 2024, 13:54 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 29 (1889), S. 574–577 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Andreas Rudolph (Baumeister) in der Wikipedia
Andreas Rudolph in Wikidata
GND-Nummer 124642802
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|29|574|577|Rudolphi, Andreas|Albert Schumann|ADB:Rudolphi, Andreas}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=124642802}}    

Rudolphi: Andreas R., eigentlich Rudolf, Architekt, wurde am 16. October a. St. 1601 in Magdeburg geboren, wo sein aus Schlema (Sachsen) stammender Vater Michael R. als Baumeister lebte und sich mit Margaretha geb. Schenk, der Wittwe eines Stiftsamtmanns Andreas Möser zu Wanzleben, vermählt hatte. In den streng evangelischen Grundsätzen seiner Eltern erzogen, empfing der Knabe wegen andauernder Kränklichkeit anfangs Unterricht von Hauslehrern und besuchte dann, als sich seine Gesundheit zu bessern anfing, die heimische Gelehrtenschule. Unter der Einwirkung des Vaters gewann er die Mathematik lieb und widmete sich derselben seit dem 20. Altersjahre in Helmstedt und Jena. Zu seiner weiteren Ausbildung ging er 1623 in Begleitung Otto v. Guericke’s (s. A. D. B. X, 93,) nach Leyden und verwendete die anderthalb Jahre seines dortigen Aufenthaltes neben den mathematischen Studien noch zur Besichtigung mehrerer holländischer Festungen, namentlich des kurz zuvor von Spinola belagerten Bergen-op-Zoom. Nach einem Besuche Londons und des nördlichen Frankreichs gab er, mit seinem Reisegefährten v. Guericke in Paris am Fieber erkrankt, eine beabsichtigte Wanderung nach Italien auf und kam am 30. November 1624 wieder in Magdeburg an. Als hier im folgenden Jahre die Pest zu wüthen begann, zog er mit seinen Eltern aufs Land, kehrte aber gegen den Winter, da das Wallenstein’sche Heer in das Erzstift einrückte, in die Stadt zurück, um seinen Vater bei dem Bau der neuen Festungswerke zu unterstützen, verheirathete sich am 10. Juni 1627 mit Anna Hackelberg, der Tochter eines magdeburgischen Kämmerers, erlebte 1630/31 die achtmonatliche Belagerung und schließliche Eroberung der Stadt (10. Mai), verlor zu dieser Zeit seine Eltern und sein zweites Töchterchen und wurde nach der Einnahme mit seiner Gattin und dem älteren zweijährigen Kinde gefangen in das Lager bei Fermersleben abgeführt. Doch unerwartet besserte sich sein Loos, als Tilly durch Festungspläne, die man bei der Plünderung seines Hauses gefunden hatte, [575] auf ihn aufmerksam ward und erfuhr, daß er bei der Herstellung der neuen Magdeburgischen Werke mitgeholfen habe. Einen im Keller seines Hauses unversehrt gebliebenen Riß derselben mußte er nun ins Reine bringen und dem General Graf Wolf v. Mansfeld zu weiterer Verfügung übergeben. Vorläufig blieb er bei diesem als Ingenieur, unterrichtete aber dann den Oberstlieutenant v. Mendik in der Befestigungskunst, wofür er eine ansehnliche Entschädigung in baarem Gelde erhielt. Gleichwol wünschte er aus Besorgniß für seinen Glauben von den Kaiserlichen loszukommen und bat deshalb nach der Niederlage Tilly’s bei Leipzig (7. September 1631) um seinen Abschied, da er mit Weib und Kind zu seinen Verwandten nach Hamburg ziehen wolle. Als ihm dieser trotz anfänglicher Zusage schließlich verweigert wurde, floh er mit Hülfe eines Bürgers von Magdeburg elbabwärts und erreichte das ersehnte Ziel nicht ohne Gefahr. Von dort folgte er um Weihnachten des gleichen Jahres einem Rufe als Ingenieur des in schwedischen Diensten stehenden Herzogs Wilhelm zu Sachsen-Weimar und traf denselben zu Anfang 1632 in Erfurt, um ihn dann auf seinem Eroberungszuge nach dem Eichsfelde zu begleiten. Hier fertigte er einen Plan zur Befestigung Göttingens mit Außenwerken, ohne daß derselbe jedoch zur Ausführung kam; denn der Herzog eilte bald darauf nach Donauwörth, dessen sich Gustav Adolf schon vor seiner Ankunft bemächtigt hatte. Da der letztere den Feind am Lech sofort anzugreifen gedachte, mußte R. für den Fall eines Rückzuges rings um die Stadt Verschanzungen anlegen, erkrankte dann auf dem Marsche gegen Augsburg und erreichte das schwedische Heer erst vor München wieder, wo er die Absteckung des Lagers auszuführen hatte. Nach dem Wiederauftreten Wallenstein’s und dem Rückzuge der Sachsen aus Böhmen erhielt er die Erlaubniß, Frau und Kind, die in Hamburg zurückgeblieben waren, nach Erfurt abzuholen, und folgte zu diesem Zwecke dem Herzog, der sich wieder nach Thüringen begab, um die dortigen Garnisonen zusammenzuziehen und dem Könige gegen den heranziehenden Wallenstein zuzuführen, leitete auch auf dem Wege dahin die ihm aufgetragenen Lager- und Schanzarbeiten bei Schweinfurt und Windsheim. Nach dem Abmarsche Gustav Adolf’s von Nürnberg, wohin R. mit dem Herzoge hatte zurückkehren müssen, sollte dieser dem Könige nach Sachsen folgen, erkrankte aber unterwegs und ging zu seiner Pflege nach Erfurt. Nach seiner Genesung – unterdessen war am 6. November 1632 die Schlacht bei Lützen geschlagen worden – diente ihm R. als Ingenieur bei der vergeblichen Belagerung von Kronach in Oberfranken und fand dann auf dem Eichsfelde Verwendung, indem ihm die Befestigung Duderstadts und des Hauses Gleichenstein aufgetragen wurde. Er begann die Ausführung eines Werkes am oberen Thore von Duderstadt, mußte sie aber wieder aufgeben, weil Braunschweig dagegen Einspruch erhob. Als dann nach dem Prager Frieden (20. Mai 1635) Herzog Wilhelm seinen Wohnsitz in Weimar nahm, um sich der Regierung seines zerrütteten Landes zu widmen, bat R. um seine Entlassung, um zunächst in Magdeburg ein Unterkommen für die Seinen zu suchen und hierauf in Hannover bei dem baulustigen Herzog Georg von Braunschweig sich um eine Anstellung zu bewerben. Als er sich eben zur Reise anschickte, übertrug ihm Herzog Ernst, der Bruder Wilhelm’s, den Posten eines Kammerdieners und Bibliothekars (1636) mit einem jährlichen Einkommen von 80 fl. an Geld, 15 Scheffeln Korn, 10 Scheffeln Gerste und 5 Klaftern Holz nebst freier Wohnung und freiem Tisch bei Hofe. Er zögerte nicht, diese Stelle anzunehmen, die ihm ein weniger unruhiges Leben und vor allem die Wiedervereinigung mit Weib und Kind verhieß. Von da an lag er bis 1657 in seiner pflichtgetreuen Art der Aufwartung beim Herzog ob und verwaltete die Bibliothek bis 1664, bearbeitete auch unter der Leitung des Kanzlers Georg Franzke (s. A. D. B. VII, [576] 274 ff.) einen nach den Wissenschaften eingerichteten Katalog. Vornehmlich aber beanspruchte der fromme Fürst die Dienste des erprobten Architekten. Sobald 1640 die Erbtheilung mit seinen Brüdern vollzogen war, entschloß sich Ernst, der sich bisher mit den ungenügenden Räumen des Bergschlosses Tenneberg bei Waltershausen und des sogenannten Kaufhauses (jetzigen Rathhauses) in Gotha hatte behelfen müssen, zur Aufführung eines würdigen Residenzschlosses auf der Höhe, wo bis 1567 der aus den Grumbach’schen Händeln bekannte Grimmenstein gestanden hatte. R. wurde mit der Anfertigung eines Grundrisses und eines Voranschlages, sowie nachher mit der Leitung des Baues betraut. Aber den Herzog befriedigte dieser erste Entwurf nicht mehr, als er einst von einem Besuche in Weimar und Erfurt zurückkehrte: das Schloß schien ihm nicht stattlich genug, und er meinte mit denselben Mitteln Größeres schaffen zu können. Darum mußten neue Entwürfe angefertigt werden, die dann vielfache Veränderungen erlitten, und nicht immer zum Vortheile der Ausführung. Der geplagte Architekt aber verfaßte noch in seinen alten Tagen (1673) zu seiner Rechtfertigung eine „Schutz-Schrifft wegen des Friedensteinischen Schloß- und Vestungs-Baues“ zur „Nachricht für seine Kinder“, um sich nach seinem Tode vor abfälligen Urtheilen von „Splitterrichtern“ zu bewahren. Er gedachte das Schloß viel kleiner, aber dafür in Mauern und Gebälk viel stärker und dauerhafter herzustellen, um so mehr, da es ja zugleich als Festung dienen sollte. Dazu hatte er auch an den vier Ecken Bastionen vorgesehen, damit man, noch vor der Vollendung der schützenden Bollwerke, von dort aus einem Angreifer erfolgreich begegnen könne. Und so vermißte er noch an manchen anderen Orten die nöthige Stärke und Gediegenheit des Materials. Wie richtig er gesehen, ergibt sich aus den mehrfachen baulichen Veränderungen in späterer Zeit: so aus dem Umbau der Schloßkirche schon unter Friedrich I., dem Nachfolger Ernst’s des Frommen, und aus der Beseitigung des kleinen Thurmes auf dem Hauptgebäude, einer besonderen Zierde des letzteren. Den Grundstein zum Schlosse legte R. an dessen nordöstlicher Seite am 26. October 1643, Mittags 12 Uhr, und vollendete dasselbe trotz der Erpressung von 50 000 Thalern durch die Schweden (1644) und trotz einer verheerenden Feuersbrunst in Gotha (1646) bis zum Jahre 1655. Zum Schutze der Residenz stellte er von 1655–65 noch den sog. Verwahrungsbau her, wie er denn seit 1663 auch die Stadt durch Wall und Graben sicherte. Endlich wurde mit seiner Hülfe im J. 1675 die baufällig gewordene Augustinerkirche neuaufgeführt. Für diese wichtigen Dienste empfing er neben seinem Gehalte nur einmal (1665) 100 Rthlr.; eine ihm versprochene jährliche Zulage von gleichem Betrage hatte er wenigstens bis zur Abfassung seiner Schutzschrift nicht erhalten. – Von einem längeren Krankenlager erlöste ihn am 14. December 1679 ein sanfter Tod. Die fromme Gesinnung seines Elternhauses hatte sich bis zum Ende an ihm bewährt: gleich seinem fürstlichen Herrn war er gottesfürchtig, gewissenhaft in der Erfüllung seiner Pflichten und dabei anspruchslos und bescheiden. – Aus seiner Ehe mit Anna Hackelberg gingen drei Töchter und drei Söhne hervor. Der zweite Sohn, Johann Emanuel, bekleidete die Stelle eines Amtsschössers von Leuchtenburg und Orlamünde, der jüngste, Friedrich, geboren am 15. Juni 1642 in Gotha, † am 17. August 1722, zuerst diejenige eines Kanzleiregistrators und nachher eines Polizeicommissärs, Lehen- und Archivsecretärs. Durch sein Amt hierzu befähigt, lieferte er den beiden Bearbeitern der gothaischen Geschichte, Kaspar Sagittarius und Wilhelm Ernst Tenzel[WS 1], manchen werthvollen Beitrag; später veröffentlichte er selbständig die „Gotha diplomatica oder Ausführliche Beschreibung des Fürstenthums Gotha“ (5 Foliobände, Frankfurt a. M. 1717), das erste deutsche Werk dieser Art, in welchem also auch der Laie eine willkommene Belehrung fand. [577] Desbalb und wegen des darin aufgespeicherten umfangreichen Materials ist es noch heute brauchbar, wenn man auch an der Anordnung und Bearbeitung des Stoffes manches aussetzen mag. Von Friedrich R. rühren die drei ersten Theile her, welche von der Verfassung des Landes, von dem Grimmenstein und den Grumbach’schen Händeln, von dem Friedenstein, als dem Mittelpunkte der Regierungsthätigkeit, und von der Stadt Gotha handeln. Der Verfasser der beiden letzten Theile, in denen die herzoglichen Verordnungen von 1640–1714, eine allgemeine Geschichte Sachsens bis auf Kurfürst August und ein Anhang von Urkunden mitgetheilt werden, ist der sachsen-weißenfelsische Geheimrath Hans Basilius, Edler von Gleichenstein, der Gatte von Judith Sophie, der einzigen Tochter Friedrich Rudolphi’s.

Ueber Andreas R.: Tobias Dürrfeld, Gottes große Treu. Bey volckreicher und ansehnlicher Leich-Begängniß des … Andreä Rudolphs … Jena 1680. 4°. – Joh. Chrn. Bachovii Tractatus iuridico-historicus de sepulcris, coemeteriis aliisque rebus sacris et religiosis. Gotha 1725, S. 229 f. – Aug. Beck, Ernst der Fromme. Weimar 1865. I. Theil, S. 127, 675, 678, 684, 690 f., 709; II. Theil, S. 57 f., 118. – Vgl. auch: Adolf Bube, Die Erbauung des Schlosses Friedenstein – in: Friedenstein. Gedenkbuch. Hrsg. von Ludw. Storch. Gotha 1843, S. 29–40 (darin auch die oben angef. Schutzschrift).
Ueber Friedrich R.: Bachof a. a. O. S. 231. – (J. G. Brückner,) Kirchen- und Schulenstaat im Herzogthum Gotha. III. Theil, 7. Stück, S. 72 b c. Gotha 1761. – Adelung zu Jöcher II, 1483. – J. G. A. Galletti, Geschichte und Beschreibung des Herzogthums Gotha. II. Theil, S. XIII f. Gotha 1779. – Chrn. Ferd. Schulze, Geschichte des Gymnasiums zu Gotha. S. 5. Ebenda 1824.


Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Johann Ernst Tenzel; gemeint ist Wilhelm Ernst Tenzel