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ADB:Schaller, Johann Nepomuk

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Artikel „Schaller, Johann“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 30 (1890), S. 561–562, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schaller,_Johann_Nepomuk&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 13:33 Uhr UTC)
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Schaller: Johann Nep. S., Bildhauer, geboren am 30. März 1777 zu Wien, der jüngere Bruder des vorgenannten Anton S., sollte anfänglich Uhrmacher werden. Er kam dann in die Bossirabtheilung der k. k. Porzellanfabrik, endlich nach vielen Schwierigkeiten an die Akademie, wo ihn Professor Caucig unter sein Protectorat nahm. Zu Schaller’s ersten Arbeiten gehörte auch die halblebensgroße Figur eines sich den Pfeil aus dem Fuße ziehenden „Philoktet“, eine treffliche Leistung, wodurch neben Caucig’s Empfehlung, der Hofrath Graf Cobenzl der väterliche Gönner und Freund Schaller’s wurde. Dieser schlug den jungen Künstler vor zu einem Staatsstipendium für Rom, dessen Realisirung jedoch noch einige Jahre auf sich warten ließ. Frühzeitig machte S. mehrere Porträtbüsten, darunter 1809 eine des Andreas Hofer (in Marmor 1809). In Folge davon erging an S. der Auftrag für das Piedestal zu Kiesling’s „Venus- und Amorgruppe“ (im Belvedere) ein Marmorbasrelief auszuführen, vorstellend, wie die von Diomed verwundete Venus zu Mars kommt. Dieses Relief erregte die Aufmerksamkeit des Fürsten Metternich, welcher dem Künstler die längst versprochene [562] Pensionärstelle in Rom genehmigte (1812), wo S. an zehn Jahre verweilte. Auch erhielt derselbe als besondere Anerkennung die Bewilligung, ein größeres Werk, die Gruppe wie Bellerophon die Chimära erlegt, für den Salon des Glashauses im Kaisergarten, auf Kosten des Staates in Marmor auszuführen. In Rom fertigte S. einen schönen „Genius des Todes“ am Grabe der Baronin von Pillersdorf für Hietzing, einen „Amor“, welcher den Pfeil aus dem Köcher nimmt, die anmuthige Figur einer dem Bade entsteigenden „Venus“ und die Colossalbüste des Fürsten Karl von Schwarzenberg, diese für „Baierns kronenwürdigen Prinzen“ Ludwig, welcher damals schon an seine „Walhalla“ dachte und später noch ein gleich großes Werk, die Büste des Grafen Friedrich v. Trautmannsdorf, bei S. bestellte. Nach seiner Rückkehr aus Italien erhielt S. 1823 die eben erledigte Professur der Bildhauerei an der Wiener Akademie und später die Ernennung als Rath an derselben. Mehrere Akademien ertheilten ihm Ehrenrechte. S. schuf das Modell der Madonna für die Säule im Burgglacis und die Büsten des Grafen Anton v. Apponyi und des Dichters und Erzbischofs Ladislaus Pyrker. Ein Werk, welches Schaller’s Namen weit über die Grenzen Tirols populär machte und ebenso zum Ruhm des dargestellten Helden beitrug, war jene für die Hofkirche zu Innsbruck in der Zeit von 1831–1833 gearbeitete Marmorstatue Andreas Hofer’s. Sie mag – bei aller Anerkennung für den Verfertiger und für den großen treuen Vertheidiger seiner Berge, doch als ein Beweis dienen, daß, wie Ernst Förster richtig bemerkt, dem Künstler „das Geheimniß verborgen blieb, dem Marmor Leben einzuhauchen, oder überhaupt nur dem Leben seine Formen und Bewegungen abzulernen“ – ein Vorwurf, welcher übrigens fast allen Leistungen der damaligen Wiener Plastik anhaftet, da die Bildhauerkunst, nachdem die Malerei längst den akademischen Canon abgeworfen und überwunden hatte, immerdar noch im Bann des ledernen Herkommens verblieb. Schaller’s „Hofer“ ist das Prototyp jener Staatsomnipotenz, welche die Grenze des jeweilig erlaubten Patriotismus in lendenlahmster Form vorschreibt und officiell gestattet. Andere Leistungen Schaller’s waren die Modellstatue zur „heiligen Margaretha“ auf dem Brunnen des gleichnamigen Vorstadtgrundes (1836), die Statue des Kaiser Franz I. für das in „Compositionsmetall“ gegossene Denkmal der Stadt Stanislawow in Galizien (1837); zwei colossale knieende Cherubim (in Holzsculptur) für die Dominicanerkirche in Wien, zwei kleinere für die Kirche zu Altmannsdorf (1838); die Gruppe der Vindobona und des Danubis (im Maschinengebäude der Kaiser-Ferdinand-Wasserleitung), das Modell einer Brunnennymphe (1842), die Statuette des Dichters Raimund und jene des Marschall Marmont. In die letztere Zeit gehört auch eine unvollendete Venus in Carraramarmor. Daran reihen sich mehrere meist colossale Büsten des Kaiser Franz I., des Fürsten Metternich, Grafen Kinsky, Hofrath Hammer-Purgstall, Director Rebell u. s. w. S. starb nach kurzer Krankheit am 16. Februar 1842, noch in derselben Stunde, in welcher er selbst und dessen Umgebung seiner Genesung gewiß zu sein wähnte. „Wie der Künstler durch Werk, Lehre und Rath sich die allgemeine Hochachtung erworben hatte, so gewann er auch die Herzen Aller durch seine edle Persönlichkeit, in welcher sich Ernst und Milde, Würde und Ruhe, gegenseitig sich durchdringend, einten“.

Vgl. Nekrolog in Nr. 61 im Kunstblatt (Stuttgart) vom 2. August 1842. – Nagler, 1845. XV, 136. – E. Förster, Geschichte der deutschen Kunst 1860. V, 516. – Wurzbach 1875. XXIX, 98 ff.