ADB:Sigmund (Bischof von Würzburg)

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Artikel „Sigmund, Herzog von Sachsen, Fürstbischof von Würzburg“ von Franz Xaver von Wegele in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 34 (1892), S. 297–300, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Sigmund_(Bischof_von_W%C3%BCrzburg)&oldid=- (Version vom 18. April 2024, 20:48 Uhr UTC)
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Sigmund, Herzog von Sachsen, Fürstbischof von Würzburg, geboren am 28. Februar 1417, † am 24. December 1463. Nach dem Tode seines Vaters, des Kurfürsten Friedrich I. (gen. der Streitbare) von Sachsen († am 1. Januar 1428) führte zunächst der älteste der vier hinterbliebenen Brüder, Kurfürst Friedrich II., die Regierung allein, und als der eine von ihnen, Heinrich, starb und S. zu seinen Jahren kam, mit diesem in Gemeinschaft, während der jüngste, Wilhelm, erst später, aber sicher im J. 1436 als mithandelnder erscheint. In diesem Jahre trafen nämlich die drei Brüder eine friedliche Theilung ihrer Erblande, wobei S., der zweite in der Reihe, Weißenfels, Freiburg a. d. Unstrut, Jena, Weida, Orlamünde, Saalfeld, Coburg mit den fränkischen Besitzungen u. a. m. zugesprochen erhielt. Aber schon das Jahr darauf, im März 1437, resignirte er den ihm zugefallenen Landestheil, trat in den geistlichen Stand und nahm in Weida, im später sogen. Vogtland, seinen Aufenthalt. Diesen Ort hatte er sich nebst bestimmten Einkünften vorbehalten. Welche Gründe S. zu diesem Entschluß bewogen, ist mit Sicherheit kaum zu sagen; die Frage wird noch verwickelter durch die Thatsache, daß er fast gleichzeitig feindselig gegen seine Brüder, in erster Linie gegen den Kurfürsten Friedrich II. auftrat und als ein Verbündeter des Meißner Burggrafen Heinrich von Plauen erscheint, als dieser angriffsweise gegen dieselben vorging. Diese Parteinahme für den Burggrafen hatte zunächst die Folge, daß seine Brüder sich rasch entschlossen, ihn in Weida überfielen und als Gefangenen nach Freiberg führten. Aber nicht gar lange darauf trat eine merkwürdige Wendung in dem Schicksale des jugendlichen Fürsten ein, der sich trotz seiner priesterlichen Würde so unnütz gegen seine nächsten Blutsverwandten gemacht hatte. Diese Wendung hängt in ihren letzten Gründen mit der hoch gediehenen Spannung zusammen, die zwischen den beiden Häusern der Wettiner und der Zollern (Burggrafen von Nürnberg und Markgrafen von Brandenburg) bestand. Ueberhaupt aber begreift es sich ganz gut, daß Sigmund’s Brüder nicht daran denken konnten, den unzuverlässigen und, wie es scheint, ehrgeizigen jungen Fürsten für alle Zeit in ihren Erblanden zurückzuhalten. Der Gedanke lag nahe, ihn irgendwo in einem der vielen und reichen geistlichen Stifte des Reiches unterzubringen. Ließ sich damit die Förderung des Interesses des Hauses Wettin vereinigen, um so besser! So verfielen sie auf den Plan, S. den Weg in das Hochstift Würzburg zu ebnen, das ihnen ja in unmittelbarer Nähe lag. Gelang es zugleich, S. auf den Stuhl des h. Burkard zu erhöhen, so gewannen sie in Franken eine unschätzbare Position für ihre Hauspolitik und erzielten der Machtstellung der Zollern gegenüber in den fränkischen Gebieten ein empfindliches Gegengewicht. Bei diesem Plane täuschten sie sich freilich in mancher Beziehung, in erster Linie in dem Charakter ihres Bruders, der sich zwar gern durch sie emporheben ließ, aber durchaus nicht der Meinung war, ihnen seine Selbständigkeit zum Opfer zu bringen und sich zur willenlosen Puppe in ihren Händen herzugeben. Zunächst ließ sich zwar im Sinne der wettinischen Brüder alles gut an. Im Hochstift Würzburg herrschte infolge der heillosen Regierung des Fürstbischofs Johann II. von Brünn seit einer Reihe von Jahren eine gräuliche Zerrüttung, gegen welche bis jetzt auf verschiedenen Wegen vergeblich angekämpft worden war. Zwischen Bischof und Capitel bestand ein fortgesetzter Krieg, der die gesammte Landschaft in Mitleidenschaft zog. Schon einmal hatte man dem unverbesserlichen Fürsten [298] einen sogenannten „Stiftspfleger“ als bevormundenden Mitregenten an die Seite gesetzt, aber er hatte es verstanden, diesen Vormünder wieder abzuschütteln und die volle Gewalt in seine Hände zurückzubekommen. Im Verlaufe weniger Jahre wirthschaftete er jedoch von neuem und so vollständig ab, daß er es sich gefallen lassen mußte, daß das Capitel und die Ritterschaft zum zweiten Male, und ohne daß er es hindern konnte, auf die Erhebung eines Stiftspflegers zurückgriffen. Diese Zustände und Vorgänge im Bisthum Würzburg hatten die sächsischen Fürsten gewiß schon längst ins Auge gefaßt und säumten nun nicht, als die Frucht reif war, zuzugreifen. Sie hatten offenbar bereits eine Partei im Capitel und in der Ritterschaft für sich gewonnen und setzten es so durch, daß nach tagelangen Verhandlungen in Coburg der jugendliche S. durch Abgeordnete des Capitels und der Ritterschaft zum Stiftspfleger auf „Bischof Johann’s Lebenszeit“ erwählt wurde. Diese Wahl bezeugte allerdings den Einfluß der Wettiner im Bisthum Würzburg, aber es hätte sich kaum behaupten lassen, daß das Interesse des Hochstifts bei der Erhebung gerade dieser Persönlichkeit den Ausschlag gegeben habe. Wie man maßgebender Seits die dem jugendlichen Fürsten zugedachte Stellung sich vorstellte, geht schon zur Genüge aus der Thatsache hervor, daß man ihm einen Regentschaftsrath von vier Personen an die Seite setzte, bei deren Zusammensetzung ihm selbst das Wort nicht gestattet war. Allerdings wurde auch der Fall der Eventualnachfolge Sigmund’s in der bischöflichen Würde bei dieser Gelegenheit förmlich und nachdrücklich und unter gewissen Bedingungen in allem Ernste beredet. Indeß erwies sich die ganze Maßregel als überflüssig, weil Fürstbischof Johann bereitis (am 9. Januar 1440) starb, ehe der erwählte Stiftspfleger sein Amt hatte antreten können. Nun war Sigmund’s Zeit erst recht gekommen, das Würzburger Capitel wählte ihn bereits am Tage darauf (10. Januar 1440) zum Nachfolger. Er erschien auch ungesäumt in Würzburg und erklärte die Annahme der auf ihn gefallenen Wahl, obwohl sie mit nicht geringen Beschränkungen verbunden worden war. Zunächst mußte er die eidliche Zusage machen, die bischöfliche Regierung im Hochstift nicht antreten zu wollen, bis er von dem Papste bestätigt sein würde, welchen das deutsche Reich, bez. das Würzburger Capitel als den rechtmäßigen anerkannt haben würde. Diese Bedingung entsprach der Politik der sogen. „Neutralität“, sie bedeutete jedoch zugleich einen unbestimmten Aufschub des Antrittes der wirklichen Regierung, da Niemand die Beendigung des Schismas vorausbestimmen konnte. Außerdem mußte der „Erwählte“ sich gefallen lassen, daß eine verstärkte Regentschaft ihm an die Seite gesetzt wurde, deren Zusammensetzung die Brüder des Erwählten, das Capitel und die Ritterschaft des Hochstifts bestimmen sollten. Erst nachdem S. sich diesen Beschränkungen seiner fürstbischöflichen Stellung eidlich unterworfen, wurde ihm gehuldigt und bestätigte ihn der Metropolitan von Mainz.

Mit dieser Erhebung ihres Bruders auf den Würzburger Bischofsstuhl mochten die beiden wettinischen Brüder einen namhaften Erfolg gegen die zollernschen Nebenbuhler errungen zu haben wähnen. Es kam indeß alles ganz anders. Der jugendliche „Erwählte“ von Würzburg war nicht geneigt, sich in die ihm zugedachte Rolle der Unmündigkeit gutwillig zu finden. Er sann vielmehr schon in der nächsten Zeit darauf, die Fesseln, die man ihm angelegt hatte, abzuschütteln. Unter dem Würzburgischen Stiftsadel fehlte es nicht an Elementen, die, um des eigenen Vortheils willen, bereit waren, ihm dabei hülfreich zu sein, wie die Thüngen’s, Grumbach’s, Schwarzenberg’s u. s. w. Ein Bundesgenosse ganz anderer Art war aber der Markgraf Albrecht (Achilles) von Brandenburg, der in der Unterstützung des ehrgeizigen „Erwählten“ von Würzburg das sicherste Mittel erkannte, die nebenbuhlerischen Wettiner um den Erfolg, den sie durch [299] die Erhöhung ihres Bruders gewonnen, aufs empfindlichste zu täuschen. Bereits hatte die Fehde zwischen beiden Häusern jenseits des Waldes begonnen. In S. lebte ein so geringes dynastisches Gefühl, daß er keinen Anstand nahm, sich dem Markgrafen in die offenen Arme zu werfen, in der Hoffnung, durch die Dazwischenkunft desselben die so schmerzlich vermißte Freiheit der Bewegung und die volle fürstliche Selbständigkeit zu erlangen. So wurde eine Bewegung hervorgerufen, die bald einen guten Theil des Reiches in Mitleidenschaft zog und vor allem die Verwirrung im Hochftift Würzburg, deren Beilegung man von dem „Erwählten“ erhofft hatte, ins Ungemessene steigerte. Der Bruch zwischen S. und seinen Verbündeten auf der einen, und dem Capitel und den „Regenten“ auf der anderen Seite, war das Nächste, was geschah. S. flüchtete im Einvernehmen mit dem Markgrafen nach Ansbach, erkannte den Papst (Felix V.) des Basler Concils an und ließ sich von einem Anhänger desselben zum Bischof weihen – alles dies gegen die beschworenen Abmachungen mit dem Capitel und seinen Brüdern. Auf Verlangen des Capitels ließen diese nun eine bewaffnete Macht im Hochstift einrücken, die mit den Truppen des Markgrafen anband, aber den Kürzeren zog und hierauf wieder abzog, während ein Anschlag des Markgrafen auf Ochsenfurt – ein Besitzthum des Capitels – mit schweren Verlusten mißlang (1441). Nun wurde jenseits und diesseits des Waldes hin und her verhandelt, um eine Verständigung und Waffenruhe herbeizuführen; besondere Mühe in dieser Richtung gab sich u. a. der Metropolitan von Mainz, aber S., so viel es auf ihn ankam, widerstrebte nach Kräften, obgleich die beiden kriegführenden Parteien die Hand zum Frieden boten. So kam man im Hochstift wieder auf den Gedanken zurück, bis zu definitiven Ordnung der Dinge und um den wortbrüchigen „Erwählten“ zu zügeln, eine neue Regentschaft zu bestellen oder die früher bestellte zu reorganisiren. S. kehrte sich aber nicht an diesen Beschluß seiner Gegner; es gelang ihm, sich die Thore von Würzburg zu öffnen und dort seinen Sitz aufzuschlagen; die Veste verblieb freilich nach wie vor in den Händen des Capitels. Einen Teil der Bürgerschaft hatte S. offenbar auf seine Seite gebracht, so daß er es wagen durfte, bischöfliche Functionen und fürstliche Rechte auszuüben. Endlich erschien, anfangs Juni 1442, König Friedrich III., auf seiner Krönungsreise nach Aachen begriffen, in Würzburg, ohne daß es ihm aber gelang, sogleich Friede und Ordnung zu schaffen. Erst auf einer Tagsatzung in Frankfurt, wo der König auf dem Rückweg von Aachen längeren Aufenthalt nahm, wurde auch (im August desselben Jahres) ein Austrag des Streites insofern erzielt, als der König S. auf die Seite schob, in der Person des Würzburger Domherren Gottfried Schenk von Limburg einen Stiftspfleger ernannte, ihn mit den Regalien belehnte und allen Städten und der Ritterschaft des Stiftes gebot, demselben zu gehorchen. S. konnte sich aber auch jetzt nicht entschließen, sich widerstandslos dem königlichen Spruche zu unterwerfen und machte den Versuch, gewaltsamen Widerstand zu leisten, zumal er in einigen Städten des Landes Anhang fand. Der neue Stiftspfleger, in welchem man mit Recht den designirten Fürstbischof erblicken durfte, ist in Person gegen den Widersetzlichen ausgezogen und hat ihn bald derart in die Enge getrieben, daß er mit Schimpf und Spott den Rückweg antreten mußte. Von Sigmund’s früheren Bundesgenossen ist in dieser Zeit keine Rede mehr, seine Rolle war ausgespielt, er war ein verlorener Mann. Auch der Papst des Basler Concils ließ ihn fallen und strengte sich an, ihm eine goldene Brücke zu bauen, insofern er ihn zum Patriarchen von Alessandrien in p. infid. ernannte und ihm eine jährliche Pension von 1000 fl. ausmachte (1443). Das kam einer vollständigen Verzichtleistung Sigmund’s auf das Bisthum Würzburg gleich, der Stiftspfleger Gottfried ist dann auch bald in aller Form sein Nachfolger [300] geworden. Weiterhin hat auch Papst Eugen IV. diese Abmachung anerkannt und über S. die Absetzung ausgesprochen. S. selbst ging in seine väterlichen Erblande zurück, mußte aber erleben, daß die ihm ausgemachte Pension nicht immer regelmäßig ausbezahlt wurde, so daß noch Papst Nicolaus V. (1452) zu seinen Gunsten als Vermittler auftrat. Freilich hatte S. noch als Fürstbischof Schulden contrahirt, für welche nach seiner Beseitigung das zerrüttete Hochstift in Anspruch genommen wurde. Von den Urhebern der geschilderten Vermittelung hat sich keiner der erzielten Erfolge oder gemachten Anstrengungen erfreuen dürfen. S. selbst wurde, heimgekehrt, von seinen Brüdern nicht gerade freundlich behandelt, und hatte auch keinen Grund dazu gegeben. Zuletzt soll er sogar von ihnen aufs neue in Haft genommen worden sein. Es war die für die wettinischen Lande schwere Zeit des sogen. Bruderkrieges und die herrschende Verwirrung hat ihm vielleicht die Versuchung nahe gelegt, seine alten Künste zu versuchen. Erst 20 Jahre nach seinem Rückzug aus Franken ist er zu Rochlitz gestorben (24. December 1463). Der Gesammteindruck des Erzählten ist ein verfehltes und verlorenes Leben, das um der Sache willen immer noch verdient, eingehend und auf sicherer Grundlage dargestellt zu werden.

Vgl. J. S. Müller, Annalen des Kur- und Fürstl. Hauses Sachsen seit 1400. Weimar 1700 f. (veraltet). – Böttiger-Flathe, Geschichte des Kurstaates und Königreichs Sachsen. 1. Bd. (unzureichend für unsere Zwecke). – Droysen, Geschichte der preuß. Politik II, 1. – Tr. Märker, Das Burggrafenthum Meißen (Leipzig 1842). – L. Fries, Chronik der Bischöfe von Würzburg (bei Ludewig, Geschichtschreiber des Bisthums Würzburg). – Ussermann, Episcopatus Wirceburg.Lünig, Des teutschen Reichsarchives Partis spec. Contin. II. Leipzig 1712, S. 211–214. – Riedel, Codex diplomat. Brandenb. II, 3. – Codex diplomat. Saxon. III, V. – Chmel, Regesten des Kaiser Friedrich IV (III). 1. Bd. – Hennebergisches Urk.-Buch, 7. Bd. – J. A. Schultes, Geschichte der Grafen von Henneberg, 1. Thl. – Für ungedrucktes die Urkunden des Kreisarchivs Würzburg.