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ADB:Stöckel, Wolfgang

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Artikel „Stöckel, Wolfgang“ von Georg Müller in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 283–284, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:St%C3%B6ckel,_Wolfgang&oldid=- (Version vom 3. Dezember 2024, 19:04 Uhr UTC)
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Stöckel: Wolfgang St. (Stöcklin, eigentlich Müller), angesehener sächsischer Buchdrucker des 16. Jahrhunderts, war in München geboren. Als er im Sommersemester 1489 die Universität Erfurt bezog, wurde er als Wolfgangus [284] Molitoris de Monaco immatriculirt. Er bezahlte die ganze Aufnahmegebühr, kam also nicht mittellos. Er erwarb sich hier die Würde eines Baccalaureus. 1495 eröffnete er in Leipzig eine Druckerei, die bald mit den dortigen leistungsfähigen Officinen in erfolgreichen Wettbewerb trat. Mit besonderer Vorliebe druckte er Schriften, die auf einen größeren Leserkreis rechnen durften. So erschien 1505 ein Bericht „Von den nawen Insulen vnnd Landen so itzt kurtzlichen erfunden sint durch den Konigk von Portugal“. Später folgten u. a. auch Schriften zur sächsischen Geschichte. Seit 1518 druckte er eifrig Luther’sche Bücher. Die Angabe, daß er sich nach Wittenberg gewendet habe, beruht wol auf einer Verwechselung mit Melchior Lotther. Dagegen siedelte er im J. 1523 nach Dresden über, wo er den Druck der Veröffentlichungen und Ordnungen der herzoglichen Regierung übernahm. Auch der Rath übergab ihm die Vervielfältigung seiner Erlasse. Aber diese Thätigkeit konnte den unternehmenden, an größere Aufgaben gewöhnten Mann nicht befriedigen. Auch in Dresden begann er sofort die Veröffentlichung von Flugschriften. Hatte St. nebenbei in Leipzig die Bücher von Gegnern Luther’s gedruckt, so gingen jetzt aus seiner Werkstatt alle die Schriften hervor, mit denen Herzog Georg der Bärtige und sein theologischer Generalstab, Emser, Cochläus, Franz Arnoldi, Alveld, Amnicola, Schwederich, Petrus Sylvius u. a. m., die Bekämpfung Luther’s und der Reformation unternahmen. Auch auswärtige Gegner Luther’s sind vertreten, z. B. der Minorit Michael Hoffmeister. Dazu kam die Flugschriftenlitteratur über die Türkenfrage, z. B. von dem Pfarrer Paul Anderbach. Stöckel’s größte Leistung war 1527 der Druck der Emser’schen Uebersetzung des Neuen Testamentes, zu der Herzog Georg selbst eine Vorrede schrieb. Es scheint, als ob dieser Druck den Erwartungen der Herausgeber nicht völlig entsprochen habe. Denn die zweite Auflage erschien in wesentlich schönerer Ausstattung mit einer zweiten Vorrede des glaubenseifrigen Fürsten bei Valentin Schumann in Leipzig (s. A. D. B. XXXIII, 57–59). Als nach Herzog Georg’s Tode 1539 die Reformation in Dresden eingeführt wurde, ließ der Rath die antireformatorischen Schriften („Schmähbüchlein“) aufkaufen und verbrennen. St. druckte nun im Auftrage Herzog Heinrich’s die neue Ausgabe vom Unterricht der Visitatoren, sowie die neue Kirchenordnung. Kurz darauf scheint er gestorben zu sein.

Chr. Schöttgen, Historie derer Dreßdnischen Buchdrucker. Dresden 1740. S. 4–7. – H. Klemm, Zur Geschichte der Typographie und des Buchhandels in Dresden, S. 89 f. (Sammlung der Dresdener Stadtbibliothek, Hist. Dresd. 153a). – Chr. A. Freyberg, Von den allerersten und ältesten Buchdruckern zu Dresden. Dresden 1740. – Derselbe, Reliquien von der Dresdener … Buchdruckerhistorie. Dresden 1741. – O. Richter, Verfassungs- und Verwaltungsgeschichte der Stadt Dresden. Dresden 1885 ff. I, 160; II, 150. – Wustmann, Quellen zur Geschichte Leipzigs. Leipzig 1890. S. 105. – Seidemann, Beiträge I, 7, 8. – J. C. H. Weißenborn, Acten der Erfurter Universität. Halle 1881. I, 426 (Geschichtsquellen der Provinz Sachsen VIII, 1). – Joh. Soffner, Der Minorit Fr. Michael Hillebrant. Breslau 1885. – Briefwechsel des Beatus Rhenanus, hrsg. von A. Horawitz und K. Hartfelder. Leipzig 1886. S. 252. – Ein Verzeichniß der von St. in Dresden gedruckten Schriften versuchte Schöttgen a. a. O. Es ist zu ergänzen aus den bibliographischen Hülfsmitteln von Hain, Panzer, Weller u. s. w., sowie aus den Lebensbeschreibungen Luther’s, Emser’s, Cochläus’ u. a. m.