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ADB:Tast, Hermann

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Artikel „Tast, Hermann“ von Carsten Erich Carstens in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 37 (1894), S. 413–414, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Tast,_Hermann&oldid=- (Version vom 5. November 2024, 04:14 Uhr UTC)
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Tast: Hermann T., erster Reformator in Schleswig-Holstein. Er war geboren 1490 in Husum, damals noch ein Flecken, erst später zur Stadt erhoben, hatte sich dem theologischen Studium gewidmet und war einer der 24 päpstlichen Vicare an diesem Orte, und zwar am St. Michaelisaltar. Durch Schriften Dr. M. Luther’s, die ihm zu Händen gekommen, war ihm das Licht aufgegangen. Er hatte sich von der Nichtigkeit seines bisherigen Glaubens überzeugt und war zur Erkenntniß der evangelischen Wahrheit gekommen. Was nun seine Seele lebendig erfüllte, das fühlte er sich auch gedrungen auszusprechen, und 1522 bereits trat er als evangelischer Prediger auf, der erste in Schleswig-Holstein. Natürlich ging das nicht ohne Kampf ab. Die katholischen Collegen verschlossen ihm fortan die Kirche. Er aber verharrte fest in seinem Glauben. Der Same war auf einen fruchtbaren Boden gefallen, die Lust zum Hören war rege geworden, und ein angesehener Husumer Einwohner, Matthias Knudsen (Sohn einer natürlichen Tochter des Herzogs Friedrich, und gestorben als Rathsherr in Kiel 14. Febr. 1559), nahm ihn in sein Haus und richtete das Hintertheil desselben zu einer Capelle ein. Hier setzte dann T. seine Predigt des Evangeliums fort, und der Zudrang zu derselben war so groß, daß der Raum nicht ausreichte, die Zahl der Zuhörer zu fassen. Er hielt darauf seine Predigten unter freiem Himmel, nämlich auf dem Kirchhofe unter einer Linde, die bis 1670 als ein Denkmal dagestanden, damals von einem Sturm umgeweht ward. Ein Kreis bewaffneter Bürger schützte ihn dabei gegen Störungen durch die Priester und ihre Angehörigen. Die Menge seiner Zuhörer wuchs beständig. Zwei andere Vicare, Mag. Theodor Becker oder Pistorius und Franz Hamer traten ihm bei und unterstützten ihn in der Verkündigung des Evangeliums. Als Herzog Friedrich König geworden, erließ er 1524 ein Toleranzedict mit besonderer Beziehung auf Husum: daß niemand bei Hals, Leib und Gut, um der Religion, päpstlicher oder lutherischer, einem andern an Leib, Ehre und zeitlichen Gütern Gefahr und Unheil solle zufügen, sondern ein jeder sich in seiner Religion also solle verhalten, wie er es gegen Gott den Allmächtigen mit reinem Gewissen dächte zu verantworten [414] und auswendig in allen weltlichen Geschäften Aufruhr und Tumult vermeiden und sich des heilsamen Friedens und der Einigkeit befleißigen, daneben auch befohlen, die evangelische Lehre seinem Volke vorzuhalten und es zu vermahnen des Papstes Gräuel und Abgötterei zu verlassen. – In wenigen Jahren waren fast alle Einwohner bekehrt und 1527 schon verglichen sich die übrigen Vicare mit der Gemeinde, daß sie die Messen, Vigilien etc. weglassen wollten. Doch sollten die Vicare und Geistlichen zeitlebens ihre Einkünfte behalten, die dann nachgehends den Armen zufallen sollten. König Friedrich I. confirmirte diesen Vertrag. Die unnöthigen Altäre (17) wurden weggeschafft, nur einer blieb. Die Vicarie St. Jürgen wurde zur Unterhaltung der lutherischen Prediger bestimmt, T. zum Pastor, Th. Becker zum Archidiakonus und F. Hamer zum Diakonus erwählt. Die Franciscanermönche wurden fortgejagt und ihr Kloster vom König zu einem Armenhause geschenkt. – T. erweiterte seine Wirksamkeit, indem er 1524 auch in der Stadt Garding das Evangelium predigte und dabei Luther’s Lied sang, was großen Eindruck machte; desgleichen predigte er 1526 in der Stadt Flensburg als der erste das Evangelium, und gegen den Widerstand der Katholischen von bewaffneten Bürgern geschützt, drang er mit seiner Predigt durch, so daß 1526 dort Gerhard Sleward zum evangelischen Prediger erwählt ward. Er nahm theil an dem Gespräch, das unter dem Vorsitz des Kronprinzen Christian von Dr. Buggenhagen in Flensburg 1528 mit dem Wiedertäufer Melchior Hoffmann abgehalten wurde. 1539 ward er zum Propst von Nordstrand, der damals umfangreichen Insel ernannt, welches Amt er bis 1544 verwaltete, und 1540 zum Kircheninspector für Husum und Propst des Amtes. Er visitirte hier die Kirchen bis 1547, worauf dieses Amt dem schleswigschen Hofprediger übergeben ward. Die von Buggenhagen entworfene, zuerst lateinisch abgefaßte Kirchenordnung hat T. eigenhändig mit unterschrieben: Et ego H. Tast, Ecclesiae Husumensis Pastor subscribo. Und bei der nachher auf königlichen Befehl unternommenen Uebersetzung ins Niedersächsische, sowie bei der Abänderung derselben zu einer schleswig-holsteinschen Kirchenordnung, wie sie auf dem Landtage zu Rendsburg 1542 angenommen worden ist, hat er hülfreiche Hand geleistet. Er hat einen Tractat von der Kirchenzucht verfaßt, „um dem sündigen Wesen mehr vorbeugen zu können“, der von dem evangelischen Ministerio in Bremen 1555 als utilis et necessaria belobt worden ist. Ob gedruckt ist nicht zu ermitteln, doch wohl wahrscheinlich (Moller I, 118). Mit der Predigerehe hat T. sich erst nicht recht befreunden können, doch ist er später, auf Zureden seiner Collegen, eine Ehe mit seiner Köchin eingegangen. Zwei Söhne und eine Tochter waren die Frucht dieser Ehe. Der Sohn Hermann, der 1550–52 in Wittenberg Theologie studirt hatte, starb am 29. Juli 1610 als Pastor auf Nordstrand, der andere Sohn Johann ward Gerichtsvogt in Riga. T. starb am 11. Mai 1551 61 Jahre alt. Er hätte wohl als erster Verkündiger des Evangeliums ein Denkmal verdient.

Heimreich, schlesw. Kirchenhistorie 1683. S. 160; dessen nordfriesische Chronik von Falk 1819. I, 163. – Muhlii Diss. hist. theol. 1715, p. 1 ff. – Krafft, Husum’sche Kirchenhistorie 1730. S. 102 ff. – Laß, Sammlung einiger Husumer Nachr. 1750. – Molleri Cimbria litt. I, 673. – Dankwerth, Landesbeschreibung II, 775. – Pontoppidan, annales eccles. II, 775. – Eggers, H. Tastii memoria, Husum 1817. – D. L. Lübker, H. Tast in S.-H. Provinzialberichte 1827. 3, 505. – Lau, Geschichte der Reform. in S.-H. S. 101. Hamb. 1867. – Jensen-Michelsen, S.-H. Kirchengeschichte III, 17 ff. – S. Provinzial-Efterr. I, 142 u. IV, 506. – Carstens in Nordalbing. Studien II, 126 ff. – Callsen, H. T. in Meyens S.-H. Hauskalender 1880.