BLKÖ:Štorch, Karl Boleslaw

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 39 (1879), ab Seite: 193. (Quelle)
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Štorch, Karl Boleslaw (Schriftsteller, geb. zu Klattau in Böhmen am 18. November 1812, gest. am 21. November 1868). Die Schulen besuchte er in seinem Geburtsorte Klattau, später in Budweis, zuletzt in Prag. In letzterer Stadt betrat er im Jahre 1833 die Beamtenlaufbahn, und zwar bei der Staats-Buchhaltung, von wo er 1862 als Rechnungsrath zur Landes-Buchhaltung versetzt wurde. Schon in seinen Studentenjahren faßte er eine große Neigung für die Sprache und Literatur seines engeren Vaterlandes und beschäftigte sich mit kleineren schriftstellerischen Arbeiten. Seine ersten Versuche waren lyrische Gedichte, von denen einige in Amerling’s „Květomluva“, d. i. Blumensprache (Prag 1833), erschienen. Die genannte Schrift „Květomluva“ [194] ist der erste und zugleich einzige Theil einer unter dem Titel „Slovanka“ von Jos. Franta und Sl. Tomiček veranstalteten Sammlung volksthümlicher Geschichten. Den ersten Versuchen ließ Štorch in dem čechischen Unterhaltungsblatte „Květy“, d. i. Blüthen, 1834 seine „Třisky“, d. i. Splitter, folgen, unter welchem Collectivtitel eine Reihe originaler Aphorismen zusammen gefaßt ist. Um diese Zeit wurde er ein fleißiger Mitarbeiter des „Světozor“, eines in den Jahren 1834 und 1835 von P. J. Šafařík, dem berühmten Sprach- und Alterthumsforscher, redigirten illustrirten Volksblattes. 1843 übernahm er die Redaction des „Vlastimil“, d. i. Der Vaterlandsfreund, 1843 jene der „Včela“, d. i. Die Biene, in welcher ihn Havliček ablöste. Neben seinem amtlichen Berufe und seinen redactionellen Arbeiten bildeten vornehmlich Philosophie, Geschichte und Politik den Gegenstand seiner besonderen Studien. 1846 wagte er sich im Blatte „Květy“ unerschrocken auch auf das sprachliche Gebiet, und zwar bekämpfte er die bis dahin übliche Schreibweise des au und w, das erstere wollte er durch ou letzteres durch v versetzt wissen; gegen welche Reform Palacký im „Musejnik“ auftrat, und worüber sich zwischen Štorch und Havliček allmälig eine heftige Polemik entspann, die zuletzt durch Havliček auf das Gebiet der Persönlichkeiten hinübergezerrt wurde. Aber auch nach einer anderen Seite ist Štorch’s Wirksamkeit in diesem Blatte bemerkenswerth. Es entstand nämlich unter den čechischen Schriftstellern ein Streit darüber, ob denn die deutsche Literatur überhaupt und die deutsche Philosophie insbesondere wohlthätig oder schädlich auf die Entwicklung der böhmischen Literatur wirke. Štorch stellte sich auch in dieser Frage ganz einseitig auf den nationalen Standpunct, indem er sich gegen die deutsche Philosophie entschied; Čupr aber trat für dieselbe ein. Nun, was des Ersteren philosophische Arbeiten betrifft, so ist wirklich in ihnen keine Spur deutscher Geistestiefe zu entdecken. Schließlich wurde die Fehde auch von anderen Zeitschriften aufgenommen. Havliček trat natürlich gleichfalls gegen die Pflege deutscher Philosophie unter den Böhmen auf; auch Dr. Gabler und Smetana betheiligten sich (im „Ost und West“, 1847) an dieser Streitfrage. Im Jahre 1848 übernahm Štorch die Redaction des Wochenblattes „Květy“, welches denn auch, von dem politischen Treiben jener Zeit mitfortgerissen, mit politischen Artikeln aufzuwarten begann, die gar nicht in das Blatt gehörten. Natürlich konnte auch er als Redacteur nicht umhin, der Welt seinen Standpunct klar zu legen, der, wie der „Slovník“ mit bewundernder Theilnahme sich äußert, den politischen Seherblick Štorch’s bekundet, welcher schon damals – also vor mehr denn einem Vierteljahrhundert – für den Föderalismus einstand und in seinen Leaders für diese Staatsform energisch eine Lanze brach. Besonders auf den in den „Květy“ am 15. Juli erschienenen Artikel: „Rakouský sněm říšský de Vidni“, d. i. Der österreichische Reichstag in Wien, macht der „Slovník naučný“ aufmerksam, weil darin mit prophetischem Geiste der heutige Standpunct des Föderalismus klargelegt sei. [Welche Standpuncte gab es im Jahre 1848 nicht? Und wie weit ist der Föderalismus in Oesterreich bis heute gekommen?]. Von derselben politischen Anschauung durchdrungen sind dann [195] Štorch’s spätere gleichfalls in den „Květy“ unter dem Titel: „Zpátečnictví“ erschienenen Artikel, welche sich in Uebersetzung am treffendsten durch „Reactions-Duseleien“ ausdrücken lassen. In der Folge schrieb er für mehrere čechische Blätter, vor Allem aber für die „Museal-Zeitschrift“ („Musejnik“) zahlreiche Artikel, von denen die nachstehenden insbesondere hervorgehoben werden mögen: „Filosofie a naše literatura“, d. i. Philosophie und unsere Literatur (1848); – „Komenského snahy pansofické“, d. i. Die pansophischen Bestrebungen des Comenius (1851); – „Historie a vzdělanost“, d. i. Geschichte und Cultur (1856); – „Noviny a novinářství“, d. i. Zeitungen und Zeitungsschreiberei (1857); – „Velké a malé literatury s obzvlástním ohledem na naši“, d. i. Die große und die kleine Literatur mit besonderem Hinblick auf die čechische (1861); – „Komenského panergesie“, d. i. Die Panergesie des Comenius (1861) u. A. – Von seinen im Buchhandel erschienenen Arbeiten sind zwei Jugendschriften zu verzeichnen: „Dárek hodným divčinkám“, d. i. Geschenk für artige Mädchen (Prag B. Krečmar, 12°.), und „Dárek hodným chlapečkům“, d. i. Geschenk für artige Knaben (ebenda 1846), welche beide Schriften theils Originalarbeiten Š.’s, theils Bearbeitungen von ihm aus dem Französischen („Le livre de petites filles“) enthalten; – ferner „Dějiny Německa a Francouzska“, d. i. Deutsche und französische Geschichte (Prag 1849); – „Jak se máme při volení na sněmu zachovatí“, d. i. Wie haben wir uns bei der Reichstagswahl zu verhalten? (Prag 1848). – „Konstituční zábavník. Čtení pro vzdělané obecenstvo“, d. i. Constitutionelle Unterhaltungsschrift. Lesestücke für das gebildete Publicum, früher unter dem Titel: „Květy a plody“, d. i. Blüthen und Früchte, eine mit Unterstützung von Mehreren herausgegebene Wochenschrift (Prag 1848, Pospischil). Auch übersetzte er aus dem Französischen des J. J. Porchat die Schrift: „Drei Monate unter dem Schnee“, unter dem Titel: „Tři měsíce pod sněhem“ (Prag 1852, 8°.). Außerdem war er auf ästhetischem und stylistischem Gebiete ein sehr fleißiger Mitarbeiter des Rieger-Malý’schen „Slovník naučný“, d. i. čechisches Conversations-Lexikon; und gegen Ende seines Lebens schrieb er viel für den von Skrejšovský herausgegebenen „Světozor“.

Světozor, d. i. Die Bilderwelt (Prager illustr. Blatt, kl. Fol.) 1868, Nr. 49, S. 461. – Koruna, d. i. Die Krone (ein zu Chrudim ausgegebenes čechisches Blatt) 1868, Nr. 27.
Porträt. Holzschnitt nach einer von einem Lichtbilde von J. Brandeis gezeichneten Copie, im „Světozor“ 1868, S. 455.