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BLKÖ:Gozzi, Gasparo conte

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Gozzi, Luise
Band: 5 (1859), ab Seite: 287. (Quelle)
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Gozzi, Gasparo conte (Schriftsteller, geb. zu Venedig 4. Dec. 1713, gest. zu Padua 25. Dec. 1786). Bruder des Vorigen, erhielt eine sorgfältige Erziehung, die jedoch wenig seine Lebenslagen zu verbessern vermochte, daher er oft zu sagen pflegte: „Ich hatte die Violine spielen gelernt und muß nun auf der Guitarre klimpern.“ Im Alter von 20 Jahren heiratete er die um 10 Jahre ältere Luise Bergalli (s. die Folg.), die bei ihrem beweglichen u. unruhigen Temperamente nicht geeignet, die Sorgen in einem zerrütteten Haushalte zu vermindern, als Blaustrumpf über die wirthschaftlichen Sorgen erhaben und mitschuldig war an dem Ruine, dem das Haus Gozzi zueilte. Nichts desto weniger betrauerte G. den Verlust seiner Gattin, die mehrere Jahre vor ihm starb. Aus seinen mißlichen Verhältnissen rissen ihn öffentl. Bedienstungen, denen er durch sein Wissen und seine Gelehrsamkeit gewachsen war. So versah er in Venedig längere Zeit die Stelle eines Inspectors der Bücher und Druckereien. Später, als man die Reform der Universität in Padua in Antrag brachte, fiel die Wahl auf ihn und G. wurde dafür mit einem Jahrgehalte von 600 Dukaten honorirt. Er hatte auch seine Arbeit vollendet, aber der Sturz der venetianischen [288] Republik hatte verhindert, daß seine Reformen je verwirklicht wurden. In seinem höheren Mer verfiel er in Folge körperlicher Leiden in solche Schwermuth, daß er sich einmal, um Allem ein Ende zu machen, in die Brenta stürzte. Indeß, er wurde glücklich gerettet, der Sorge des liebenden Bruders und einer zärtlichen Freundin Catherina Dolfin-Tron anheimgestellt, welche ihm neuen Muth und Liebe zum Leben einflößten. Eine andere Dame, eine Französin, welche ihn mehrere Jahre hindurch in seinen Leiden sorgsam pflegte, Namens Cénes, trug den Preis seiner Dankbarkeit davon, er heiratete sie kurz vor seinem Tode und versorgte sie, wenn auch nicht eben glänzend, so doch anständig. Als Schriftsteller hat G. eine ruhmvolle Thätigkeit entfaltet. Monti steht nicht an, ihn zu nennen: „simile al Caro, il più classico de’ suoi contemporanei e che puo tener fronte a qual siasi più grazioso e corretto.“ Er steht also in dieser Hinsicht weit über seinem Bruder Carlo, wenn auch dieser viel volksthümlicher ist, eine Frucht der dramatischen Richtung, die Carlo sorgsam pflegte. Gasparo zählt zu den wesentlichsten Förderern der Accademia dei Granelleschi, dieser Gesellschaft, welche zur Erreichung eines edlen Zweckes, nämlich Erhaltung der Ueberlieferungen eines reinen Geschmackes und einer gesunden Kritik, sich komischer, fast bizarrer Mittel bediente, da bei der damals herrschenden Umbildung mit der Schwerfälligkeit des Ernstes und tüchtigen Strebens nichts auszurichten war. Die Zahl der Werke G.’s ist nicht groß, sie zählen aber ob Eleganz des Styls und Gediegenheit der Kenntnisse zu den Zierden der italienischen Literatur. Es sind: „Giudizio degli antichi poeti sopra la critica moderna di Dante“ (1784, 4°.), eine kritisch-polemische Schrift gegen die unbegründeten Angriffe, welche Bettinelli (s. d. I. Bd. S. 357) unter dem Pseudonym Diodoro Delfico in seinen „Lettere Virgiliane“ gegen Dante und sein unsterbliches Gedicht gerichtet hatte; – „I Sermoni“ (Mailand 1828, Silvestri, 16°. mit Porträt), Briefe in Bersen im horazischen Geiste; – „Lettere familiari“, 2 Bde. (1755, 8°.), bilden zum größeren Theile den Inhalt seiner in der Accademia dei Granelleschi gehaltenen Vorträge; – „Novellette e Racconti“ (letzte Ausg. Mailand 1841, Silvestri, 8°.), . – „Il trionfo della umiltà“, Gedicht in vier Gesängen; ferner schrieb G. zwei Zeitungen, u. z. den „Ossedatore“, welcher wochentlich zweimal in Venedig herauskam und in der Form von Addisons „Spectator“ gehalten war. Eine Fortsetzung des „Osservatore“ war „Il mondo morale“ in Tendenz und Haltung dem vorigen ähnlich. Außer diesen Originalschriften übersetzte G. aus dem Griechischen die Dialoge Lucians, welche mit besonderer Anmuth ausgeführt sind, das erste Buch des Heliodorus, das Gemälde des Kebes, den Hirtenroman des Sophisten Longos: Daphnis und Chloe, diese Uebersetzungen sind sämmtlich Zierden der italienischen Uebersetzungs-Literatur; von neueren Werken: Pope’s Versuch über die Kritik, Fleury’s Kirchengeschichte, Marmontels moralische Erzählungen; er führte diese schwerfälligen, zeitraubenden und auch geisttödtenden Arbeiten aus, um den Lebensunterhalt seiner Familie zu bestreiten, wenn in den Processen über sein väterliches Erbe keine Gelder flüssig gemacht werden konnten. Einen nicht geringen Antheil hatte G. an Foscarini’s (s. d. IV. Bd. S. 299) „Letteratura veneziana“, und seine eigenen Briefe enthalten darüber die bezeichnende Stelle: „Was ich vierzehn Jahre nacheinander dazu entwarf, war das Gewebe der Penelope; jeden Tag mußte es neu gemacht werden und immer [289] in seiner (Foscarini’s) Wohnung.“ G.’s gesammelte Schriften erschienen in mehreren Ausgaben, wir nennen nur die vorzüglicheren, u. z. in 22 Bdn. (Venedig 1812, 12°.); – in 16 Bänden (Padua 1818–26, 8°.) und in 20 Bdn. (Bergamo 1825–29, kl. 8°.). In’s Deutsche übersetzt erschienen seine „Satyren“ von J. O. H. Schaum (Berlin 1824, gr. 12 °.) und seine „Briefe mancherlei Art“, 2 Bde., von einem Ungenannten (Altenburg 1763, 8°.). Nach seinem Versuche, sich das Leben zu nehmen (1778), lebte G. noch acht Jahre und starb im Alter von 73 Jahren.

I. Zur G.’s Biographie und Kritik seiner Schriften. Fanzago (Francesco), Orazione funerale in morte di G. Gozzi (Padua 1788, 4°.). – Derselbe, Delle lodi del conte G. Gozzi (Venedig 1788, 4°.). – Gherardini (Giovanni), Vita di G. Gozzi (Mailand 1821, 8°.). – Pindemonte (Ippolito), Elogio del conte G. Gozzi (Venedig 1787) [dasselbe befindet sich auch vor der Ausgabe der „Sermoni“ (Brescia 1812, 8°.)]. – Maffei (Giuseppe), Storia della letteratura italiana (Maild. 1884, 8°.) III. Bd. S. 183 [nach diesem geb. 20. Dec. 1713, gest. 25. Dec. 1786. Maffei charakterisirt G.: „Il Gozzi si mostrò gran poeta ne’ suoi „Sermoni“, nel quali si e’ studiato di far parlare Orazio al modo nostro; e den gli riusci il disegno d’inserir pensieri assai in poche parole. Non è possibile pensare al Gozzi, senza che subito fl affacino allo spirito questi suoi componimenti scritti con grand’ arte, con bel garbo, con somma varietà; per cui l’uno si pregia d’una vivissima descrizione, l’altro di un carattere ottimamente dipinto; questo vanta un dialogo, quello una favoletta; tutti le fantasie felici, le fine allusioni, i modi franchi e spediti, i suoni imitativi, il sapore ed il vezzo, la precisione e la forza. In altre sue poesie bernesche si scorge quella scorrevolezza, quel brio, quella grazia nativa, quella urbanità disgiunta dagl’ ingrati riboboli che formar dee il carattere di questi conponimenti, onde il Cesarotti non dubitò di chiamarlo „maestro di questo genere e cultore illustre d’ ogni altro.“ Ma più che nell’ arte poetica riusci il Gozzi egregiamente nelle prose, ed ottenne il vanto di ritornare in luce il bello stile e la ceretta favella e di ridestare le morali dottrine sepolte in una turpe indifferenza …...“]. – Dalmistro (Angelo), Vita [dasselbe befindet sich in dem Prachtwerke: „Vita e ritratti di Illustri Italiani“ (Padua 1812, Bettoni, 4°.) – noch ausführlicher in der Ausgabe seiner Werke: „Opere“ (Padua 1818, 8°.) I. Bd.]. – Gamba (Bartolommeo), Notizie intorno alle edizioni delle opere di G. Gozzi (Venedig 1824, 16°.). – Ugoni (Camillo), Della Letteratura italiana (Brescia 1822, kl. 8°.) und in der deutschen Uebersetzung: Geschichte der italienischen Literatur seit der zweiten Hälfte des achtzehnten Jahrhunderts (Zürch 1826, Orell, Füßli und Comp.) I. Bd. S. 199 [nach diesem geb. 4. Dec. 1713, gest. 25. December 1786. – Ugoni charakterisirt Gozzi als Menschen folgendermaßen: „Er war ein ächter Biedermann von altem Schrott und Korn. Aeußerlich still und nachdenklich, im vorgerückten Alter auch von lästigen Uebeln geplagt, bewahrte er sich dennoch „ein inneres Lächeln als Fackel des Lebens.“ Dies war ein Ergebniß seines ruhigen Gewissens und seiner allgemeinen Menschenliebe, nicht minder aber auch seines mit den reinsten Grundsätzen der Sittlichkeit und mannigfaltigen Kenntnissen befruchteten, an lieblichen Phantasien und edlen Gesinnungen so reichen Geistes. G. war ein schlechter Haushälter und büßte mit dem Verluste seiner Unabhängigkeit diese in ihren Folgen stets so häßliche Sorglosigkeit, die bei ihm übrigens von liebenswürdiger Gemüthlichkeit herrührte. Auch wenn er sich gegen die Freunde über seine Leiden beklagt, wie er denn immer wieder darauf zurückkommt, ist er anziehend und witzig.“ – Rovani (Giuseppe), Storia delle Lettere e delle arti in Italia giusta le reciproche loro rispondenze (Mailand 1857, Sanvito, Lex. 8°.) III. Bd. S. 30 [nach diesem geb. 4. Dec. 1713, gest. 26. Dec. 1786]. – Tipaldo, Biografia degli Illustri Italiani del secolo XVIII (Venedig 1841) III. Bd. S. 395. VII. Bd. S. 324. – Gamba (Bartol.), Galleria dei Letterati ed Artisti illustri delle Provincie Veneziane nel secolo XVIII (Venedig 1824, 8°.). – L’Espositore, giornale di Novità scientifiche (Mailand 1850) Nr. vom 30. Jänner. – Panteon veneto (Venedig 1854, Teresa Gattei, 4°.) [nach diesem geb. 20. Dec. 1713]. – Dandolo (Girol.), La caduta della repubblica di Venezia ed i suoi ultimi cinquant’ anni. Studii storici (Venedig 1856, Naratovich, 8°.) S. 386. – Nouvelle Biographie générale ... publiée sous la dir. de Mr. le Dr. Hoefer (Paris 1853) XXI. Bd. Sp. 527 [nach dieser geb. 1713, gest. 26. Dec. 1786]. – Gozzi’s Leben von einem [290] Ungenannten in der Ausgabe der „Opere scelte“ (Mailand) I. Bd. und vor der Ausgabe der „Novellette e Racconti“ (Mailand 1841, Silvestri, kl. 8°.). – Vor der Ausgabe der „Novelle del conte Gaspare Gozzi Viniziano riprodotte e riordinate ad uso dei Seminari e Collegi (Mailand 1858, Giocondo Messaggi, 16°.) befindet sich auch seine Biographie im I. Bde. S. 7–14. – Oettinger in seiner Bibliographie biographique (Brüssel 1854, Stienon, 4°.) I. Bd. Sp. 654 gibt den 20. Dec. 1713 als G.’s Geburts-, den 26. Dec. 1786 als dessen Sterbetag an. – Philaréte Chasles in der „Revue de Paris“ I. Serie, Tom. XVIII, XIX, XXI, XXIII u. XXVI. – Benedetto Bollo schrieb eine kritisch-ästhetische Lebensskizze G.’s; sie befindet sich im XVII. Bde. der „Biblioteca economica di prose scelte italiane“ (Venedig 1852 u. f., Cecchini).
II. Porträte. 1) Unterschrift: Gasparo Gozzi. Francesco Bartolozzi incise. 4°. (im Medaillonformat). – 2) Carlo Gozzi. Comirato incise (Venedig 1824, 8°.). – 3) Auf einem Blatte zugleich mit: F. Sarpi, Battoli, Bentivoglio, Pallavicini, Galileo, Redi, Segneri und Magalotti. Rouarque frères del. et sc. Lex. 8°.). – 4) G. B. Bosio del. L. Rados sc. 4°. (ganze Figur). – 5) Unterschrift: Gaspare Gozzi. G. Dala dis. ed incise. 4°. (Venedig 1853).
III. Büste. Im Dogenpalast zu Venedig befindet sich Gasparo Gozzi’s Büste aufgestellt. Sie ist von Zandomeneghi gemeißelt und ihre Aufstellung fand Statt im J. 1847 bei Gelegenheit der IX. Versammlung italienischer Gelehrten. Unter der Büste befindet sich folgende Inschrift: Gaspare . Gozzi | Autore . Di . Prose . E . Poesie | Forbitissime | Corresse . Con . Arguzia . E . Senza . Astio | I . Depravati Costumi . Ed . Il . Mal . Gusto | Nobilitò | La . Periodica . Letteratura | Visse . Povero . E . Onesto | Tardi . Rimeritato | Dalla . Postuma . Fama | N . 1713 . M . 1786 . |
IV. Geburtshaus. Das Haus in Venedig, wo Gozzi geboren ward und seine Kindheit verlebte, in der Nähe des „ponte di Donna onesta“ in der Pfarre der Frari, trägt folgende Denktafel: Domum | Quem . Gasparum . Gozzium . V . C . | Vagientem . Excepit . Hospes | Salvare . Jubeto . |
V. Sterbehaus. Das Haus zu Padua in Borgo Vignali, wo G. Gozzi starb, hat an der äußeren Front folgende Inschrift: Summi . Viri . Gasparis . Gozzii | Haec . Olim . Domus | A . Comitibus . Ferri . Locata | Obiit . VII . Kal . Jan . M . DCC . LXXXVI . |
VI. Grabdenkmal. Gozzi ist im Oratorium der Confratelli di S. Antonio in Padua begraben und ihm daselbst 1835 von Professor Meneghelli folgender Denkstein gesetzt worden: Honori | Gasparis . Gozzii . Viri . Literatissimi | Cujus . Cineres . In . Hoc . Sacello | Antonius . Meneghellius | Voti . Publici . Interpres . M . P | Ann . MDCCCXXXV . | [Vergl. darüber: Meneghelli (Antonio Maria), Del monumento eretto a G. Gozzi (Padua 1836, 8°.).]