BLKÖ:Kolinovics, Gabriel

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kolisch, Sigmund
Band: 12 (1864), ab Seite: 319. (Quelle)
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Kolinovics, Gabriel (Geschichtsforscher, geb. zu Schenkwitz im Preßburger Comitate 24. März 1698, gest. 22. December 1770). Sein Vater Georg, ein nicht sehr bemittelter Edelmann, besaß zu Schenkwitz eine kleine Besitzung, von deren Ertrage er den Unterhalt seiner Familie bestritt. Die Rakoczy’schen Unruhen fielen in die Knabenzeit Gabriel’s und schon damals wie auch später, als die Kurutzen in’s heimatliche Dorf einfielen und das Eigenthum der Eltern Gabriel’s verwüsteten, war er genöthigt zu fliehen und mit allen Entbehrungen, mit Hunger und Noth kämpfend, längere Zeit in den Wäldern Zuflucht zu suchen. Erst nachdem die Unruhen des Bürgerkrieges allmälig nachgelassen, besuchte G. die Schule und zwar die Gymnasialclassen[WS 1] zu Modern, St. Georgen und Preßburg, die Humanitätsclassen zu Tyrnau. Nach beendeter Rhetorik trat er als Novize in den Orden der frommen Schulen; aber beständige Kränklichkeit machte sein Verbleiben im Orden unzulässig. So war er sich selbst überlassen, suchte Dienste, ohne einen zu erhalten, und gelang es ihm hier und dort unterzukommen, so war es nur immer auf kurze Dauer. Endlich fand er eine Stelle als Schreiber bei Michael Sipeky, Rathsherrn zu Tyrnau [320] und Inspector der Johann Palffy’schen Güter. Vier Jahre blieb K. auf diesem Posten. Als er dann denselben, um seine Lage zu verbessern, aufgab, hatte er sich durch seine Tüchtigkeit einen Namen gemacht, wurde auch gesucht, um Arbeiten zu übernehmen, welche rasch und doch genau ausgeführt sein mußten; und so fristete er unter mannigfaltiger Verwendung in Verschiedenen Diensten auf großen Edelhöfen und in Comitats-Kanzleien mehrere Jahre sein Leben. Als ihm endlich sein Vater, der alt geworden war, die Wirthschaft übergab, ließ sich K. in Schenkwitz nieder, heirathete, besorgte seine häuslichen Geschäfte, alle übrige Zeit aber, die ihm reichlich blieb, verwendete er auf antiquarische und historische Forschungen, für die er sich theils in den Schulen, theils durch eigene Studien vorbereitet hatte; später richteten auch die Stände der Preßburger Gespanschaft auf den verdienstvollen Mann ihr Augenmerk, ernannten ihm 1730 zum Stuhlgeschwornen (Jurassor) und kurze Zeit darauf zum Buchhalter (Rationum exactor) des Comitats. Mit diesem Amte schließt die bürgerliche Laufbahn unseres Gelehrten ab, der uns durch seine literarischen Arbeiten ein erhöhtes Interesse einflößt. Eine im Jahre 1731 durch die Donauinsel Csalloköz, die Städte Raab, Papa, das Schloß Devecser bis an den Draufluß und die Insel Mura-Köz und nach Csakathurn ausgedehnte Reise hat K. genau beschrieben und diese Beschreibung unter dem Titel „Iter Transdanubianum“ seinem Freunde Matthias Bel [Bd. I, S. 235], der sie auch benützt hat, übergeben. Später gelangte das Manuscript in Besitz des Gelehrten Franz A. Kollar. Durch einen 1748 unternommenen Besuch des Jesuiten-Collegiums in Tyrnau, wo unter anderem die Frage aufgeworfen wurde: „Ob der Tempelritterorden auch innerhalb der Grenzen Ungarns seine bestimmten Wohnsitze hatte, weil es bekannt ist, daß die Templer Güter in diesem Lande besaßen, auf denen sich öfter solche Ordensbrüder aus dem benachbarten Croatien einfanden“, wurde K. aufmerksam auf diesen Gegenstand und scheute nun keine Mühe, um über diesen Gegenstand erschöpfende Nachrichten aufzufinden. Durch Fürsprache einflußreicher Gönner gelang es ihm, die Benützung der Bibliothek des Graner Domcapitels zu erwirken und das Werk „Ueber den Tempelritterorden“ zu vollenden, welches schon Bischof Klimo [s. d. S. 99] herausgeben wollte, aber durch die eben eingetretene Aufhebung des Jesuitenordens, um keinen Anlaß zu falschen Deutungen zu geben, veranlaßt wurde, den Druck desselben vorderhand zu unterlassen. Später gab es Kovachich auf seine Kosten heraus unter dem Titel: „Chronicon militaris ordinis equitum Templariorum etc. Nunc primum ex autographo desumsit, notis illustravit, de patria, vita, fatis et scriptis autoris commentatus est, ejusque et Templarii icones praefixit, Seriem M. Magistrorum, bullam Clementis V. et puncta inquisitionis in Templarios ac denique seriem ordinum Religiosorum et equestrium olim florentium, qui iam desierunt, appendicis loco adjecit junctimque edidit M. Kovachich“ (Pestini s. a., 8°.). Von dem Manuscripte dieses Werkes bestehen zwei Abschriften, deren eine in der Bibliothek zu Fünfkirchen, die andere bei dem Domcapitel zu Großwardein sich befindet. Sonst erschien noch, gleichfalls von M. Kovachich herausgegeben im Drucke: „Nova Ungariae Periodus anno primo Gynaeco-Cratiae [321] Austriacae inchoata, sive Comitiorum generalium etc. anno 1741 Posonii celebratorum libris IX absolutissima narratio“ (Budae 1790, 8°.), und „Posthuma memoria Josephi Eszterházy, Dalmat., Croat. et Sclavoniae proregis. ... et Campi Mareschalli, serie chronologica libris IV complexa cum effigie (Tyrnaviae 1754, 4°.). Größer ist aber die Zahl der von Kolinovics handschriftlich hinterlassenen Arbeiten. Es sind folgende: „Commentariorum de rebus ungaricis libri XIII“, in denen eine ausführliche Darstellung der Rakoczy’schen Unruhen, und der durch die Kurutzen veranlaßen Verwüstungen enthalten ist; – „Vitarum belliducum Ungariae virtute et fortuna illustrium“; – „Fulcrum Commentariorum de rebus ungaricis“; – „Auctarium operum Kolinovicsianorum“, Supplemente zu den bisher angeführten Schriften; – „Miscellanea. Libri tres“; – „Epistolarum ad Georgium Nunkovich, Steph. Agyich, Adalb. Procopium etc., tomi tres“; der größte Theil dieser Briefe enthält eine ausführliche Darstellung des österreichisch-preußischen Krieges von 1756 –1763; – „Biennium Societati Jesu ter infelix“, sein letztes Werk. Diese angeführten Schriften umfassen, von seiner eigenen Hand sauber und correct geschrieben, 2060 Bogen in dreizehn Bänden. K. legirte sie den Benedictinern auf dem Martinsberge. Nach Aufhebung des Klosters kamen die Manuscripte in die k. k. öffentl. Universitätsbibliothek nach Pesth, wurden aber, nachdem die Benedictiner auf dem Martinsberge in ihre früheren Rechte wieder eingesetzt wurden, denselben zurückgestellt. Ueberdieß verfertigte K. zu des Bonfinius„Decades rerum hungaricarum“ das Register, das bei Golner zu Preßburg gedruckt worden und ein zweites zu dem neunbändigen „Epitome historiae byzantinae“ von Franz Keri [Bd. XI, S. 180]. Kolinovics war ein gewissenhafter Forscher; die Pedanterie, die seinen Arbeiten anklebt, ist eine Signatur seiner Zeit und der Leichtfertigkeit vorzuziehen, mit der andere seiner Fachgenossen über verwickelte Momente ihres Gegenstandes nicht selten hinweggehen. Palma, Pray, Szaszky haben es nicht verschmäht, sich auf seine Ansichten zu berufen, und sein Briefwechsel, in welchem wir Namen eines Agyich, Joh. Innoc. Desericius[WS 2], Karl Graf Eßterházy, Georg Klimo, Möller, Nunkovich, Rudolph Graf Pálffy, Pray, Niklas Graf Zichy u. A. begegnen, zeigen deutlich, in welcher Achtung K. bei seinen Zeitgenossen gestanden. Aus seiner Ehe mit einer gebornen Miletics hinterließ er sechs Kinder, und zwar fünf Töchter und einen Sohn Andreas, der schon im Alter von 8 Jahren (im Jahre 1751) gestorben, und mit dem das Geschlecht der K. im Mannsstamme erloschen ist.

In dem in der Biographie angegebenen, von Kovachich herausgegebenen „Chronicon militaris ordiris equitum Templariorum“ befindet sich eine ausführliche Biographie des Kolinovics, welche von Kovachich verfaßt ist. – Ungarischer Plutarch oder Biographien merkwürdiger Personen des Königreichs Ungarn. Aus authentischen Quellen geschöpft und ... dargestellt von Carl Vincenz Kölesy und Jakob Melzer (Pesth 1816, Eggenberger, 8°.) Bd. II, S. 183. – Nagy (Iván), Magyarország családai czimerekkel és nemzékrendi táblákkal, d. i. Die Familien Ungarns mit Wappen und Stammtafeln (Pesth 1860, Moriz Ráth, 8°.) Bd. VI, S. 554. – Sulzer (Franz Joseph), Altes und Neues oder literarische Reise durch Siebenbürgen, das Temesvárer Banat, Ungarn, Oesterreich, Bayern, Schwaben, Elsaß u. s. w. (Ulm 1782, Wohler, 8°.) S. 14 [fällt [322] ein sehr gehässiges und unbegründetes Urtheil über Kolinovics]. – Horányi (Alex.), Memoria Hungarorum et Provincialium scriptis editis notorum (Viennae 1776, Ant. Loewe, 8°.) Tom. II, p. 408. – Porträt. Ein solches, gestochen, befindet sich vor dem „Chronicon Templariorum“, es ist nach einem Oelbilde gearbeitet, welches im Benedictinerkloster auf dem Martinsberge aufbewahrt wird.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Gymnalclassen.
  2. Vorlage: Jos. Innoc. Desericius.