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BLKÖ:Pawlikowski, Joseph Gualbert Ritter von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Paulik, Franz Johann
Band: 21 (1870), ab Seite: 391. (Quelle)
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Pawlikowski, Joseph[WS 1] Gualbert Ritter von (Kunstsammler, geb. zu Przemysl in Galizien im Jahre 1792, gest. zu Lemberg, nach Anderen zu Wien um das Jahr 1852). Das Gymnasium und die philosophischen Studien beendete er in seiner Heimat, dann ging er nach Wien, wo er die Rechte hörte und später bei der vereinigten Hofkanzlei in den Staatsdienst trat. In der Folge verließ er denselben und wurde Curator der gräflich Ossoliński’schen Sammlungen, welchen Posten er mehrere Jahre hindurch versah. Ein Freund Ossoliński’s [s. d. S. 114 dies. Bds.], den er während seines Aufenthaltes in Wien kennen gelernt und mit dessen, bei seinem Sammeleifer weit ausgreifenden Ideen er sich vertraut gemacht, begann auch P. vaterländische Denkmäler in Schrift, Stich, Holzschnitt, Metall und Stein zu sammeln. Später, als Graf Ossoliński starb, betrauten die Stände Galiziens Pawlikowski mit dem Auftrage, das reiche Ossoliński’sche Museum von Wien nach Lemberg zu transportiren. In den J. 1827 u. 1828, innerhalb 17 Monaten, übernahm, beschrieb und übersiedelte P. die großartige Sammlung. Nun begab sich P. auf seine im Przemysler Kreise gelegene Besitzung Medyka, wo er sich ausschließlich seinen eigenen Kunstpassionen, dann aber der Landwirthschaft, Gartenkunst und Obstzucht widmete. Er legte daselbst einen großartigen Garten an, der bald wegen seiner Schönheit, wegen des Reichthums an kostbaren und seltenen Früchten und Blumen, Bäumen und Sträuchen aller Zonen, den Besuch aus Nah und Fern und vieler Fremden, welche das Land durchreisten, veranlaßte. Praktisch in Allem, was er unternahm, Landwirth von Beruf, war er bald eines der einflußreichsten und werkthätigsten Mitglieder der galizischen Landwirthschafts-Gesellschaft. Von seinen im Drucke erschienenen Schriften sind bekannt: „O zgromadzić [392] się mającym sejmie stanowym“, d. i. Von dem sich jetzt versammelnden ständischen Landtage (Lemberg 1848); – „Powody i cele stowarzyszenia Ziemiańskiego“, d. i. Ursprung und Zwecke des Ziemanski’schen Vereins (ebd. 1848); – „Wiadomość o zawiązaniu stowarzyszenia Ziemańskiego“, d. i. Nachricht von der Ziemańskischen Verbrüderung (ebd. 1848); ferner in dem von dem Ossoliński’schen Institute in Lemberg herausgegebenen Czasopis: „O rytownikach Polakach i cudzoziemcach u nas osiadłych“, d. i. Von polnischen und jenen ausländischen Kupferstechern, so sich in Polen ansässig gemacht haben. Unter den mancherlei auf Kunst und Kunstgeschichte bezüglichen Collectaneen, die er in Handschrift hinterlassen, sind vor Allem bemerkenswerth seine Notizen und Glossen zu Felix Bentkowski’s Medaillenwerk (Spis medalow polskich) mit den beigegebenen Abbildungen von 500 der seltensten polnischen Münzen und Medaillen, ferner Bemerkungen zu eben desselben Literaturgeschichte Polens und Einzelnheiten aus dem Leben polnischer Maler in alphabetischer Ordnung. Ferner hat er über einen Theil seiner Sammlungen einen raisonnirenden Katalog verfaßt, in welchen sich seine reiche und umfassende archäologische Kenntniß in ganz unzweifelhafter Weise kundgibt. Als Kunstsammler, Kunstkenner und als Alterthumsforscher[WS 2] überhaupt – mit Uebergehung der unbestreitbaren Verdienste, die er sich, wie oben schon erwähnt ist, in mancher Hinsicht um die Ossoliński’sche Sammlung erworben – steht wohl P. unter seinen Landsleuten einzig in seiner Art da. Seine Sammlung [in den Quellen S. 393 folgt eine kurze Uebersicht derselben], ein Schatz ohne Gleichen für Polens Geschichte und Culturgeschichte, mag in einzelnen Abtheilungen selbst die Ossoliński’sche übertreffen. Eine ausführliche Beschreibung derselben, von einem Sachkenner verfaßt, der sie genau und gründlich studirt hat, ist in der Krakauer politischen Zeitung Czas (die Zeit) 1856, Nr. 141, 178, 180, 226, 228, 230, 234, 235, 238, 244, 255, 256, 259, 263, 265, 267, 269, 270, 273, 276, 277, 279, 280, 282, 286, 290, 292–294, 300, im Feuilleton, enthalten, und verlohnte sich im Interesse von Porträt-, Handschriften-, Kartensammlern und Kunstfreunden eine Uebersetzung dieses mit so viel Sachkenntniß und in anregender Weise verfaßten Aufsatzes. Welche Bedeutung P. als Pomolog und Hortolog besaß, ist bereits oben angedeutet, und die „Encyklopedija powszechna“ (Warschau, Lex. 8 °.) gibt darüber in ihrem XVIII. Bande, S. 306, im Artikel „Medyka“ ausführlichere Aufschlüsse. Minder günstig beurtheilten ihn seine Landsleute nach seiner politischen Richtung. Bei seinem zurückgezogenem Leben, seinen Studien und seine Zeit ganz in Anspruch nehmenden agronomischen, literar-, cultur- und kunsthistorischen Arbeiten stand ihm nichts weniger als Politik im Sinne, zudem in einem Lande, wo sich der Adel unter Parteiungen abhetzt und nur seiner eigenen Interessen eingedenk, jene der großen Allgemeinheit vergißt. Unter solchen Umständen fand er sich zur Parteinahme ganz und gar nicht veranlaßt und hatte daher mit jedem, der ihn für sich gewinnen wollte, einen schweren Strauß zu bestehen; dabei hielt er mit seinen Ansichten über die Verkehrtheiten seiner Landsleute nicht zurück, sprach sich über dieß und jenes unumwunden aus, und machte sich so, [393] wo er hinkam, oder wenn er wieder mit einem Parteimanne zusammentraf, dessen Farbe ihm nicht zusagte, mehr als einen Feind, der ihn hinterm Rücken – wie es schon so der Brauch bei aller Parteigängerei ist – heruntersetzte, verunglimpfte oder gar verleumdete. Daß er aber junge Künstlertalente ermunterte und unterstützte, wie dieß aus den in seinem Nachlasse befindlichen Dankschreiben ersichtlich; daß er den Sammeleifer für Bücher, Bilder, Kunstobjecte und dadurch in mittelbarer Weise aber immer noch mächtig den Sinn für das Vaterland weckte und förderte; daß er durch seinen eigenen Sammeleifer manches unbeachtet gebliebene wichtige Geschichtsdocument, Kunstwerk und andere der Erhaltung würdige Gegenstände vor Vernichtung, uneinbringlichem Verluste oder Beschädigung rettete, das Alles vergessen seine Gegner, die in ihren abenteuerlichen Unternehmungen und von fremdländischen Emissären geleiteten Putschen jenes Heil für das Vaterland suchen, das sie auf diesem verwerflichen Wege nie finden werden. Der Verfasser der Beschreibung der Pawlikowski’schen Sammlungen in der Krakauer Zeitschrift „Czas“ berührt in der seiner Beschreibung vorangeschickten Einleitung (1856, Nr. 141) diesen mißlichen Punct in Pawlikowski’s Leben und verurtheilt die Ungerechtigkeit, zu der man sich in der Beurtheilung dieses eben um sein Vaterland durch seine Sammlungen vielverdienten Mannes hinreißen ließ. Bezüglich seines Todes sei noch bemerkt, daß die Angaben verschieden lauten, nach Einigen ist er in Lemberg im Jahre 1852, nach Anderen in Wien im Jahre 1855 gestorben, und doch wollen beide Angaben nicht recht stimmen, doch jedenfalls fällt sein Ableben in die erste Hälfte der Fünfziger-Jahre. – Sein Sohn Mieczyslaw hat die Sammlungen seines Vaters nach Lemberg bringen lassen und der öffentlichen Benützung freigegeben, wie denn schon auch der Vater in dieser Beziehung mit einer rühmenswerthen Liberalität vorzugehen und Kennern wie Freunden von dergleichen seine werthvollen Mappen zu öffnen und mit liebenswürdiger Bereitwilligkeit zu erklären pflegte. Der Sohn selbst ist Poet und hat eine Sammlung Dichtungen unter dem Titel: „Pamiętnik piesnarza“, d. i. Gedenkbuch des Sängers (Lemberg 1856, 8°.), herausgegeben.

Encyklopedlja powszechna, d. i. Allgemeine (polnische) Encyklopädie (Warschau 1864, Orgelbrand, gr. 8°.) Bd. XX, S. 483. – Faust. Polygraphische Zeitschrift (Wien, Auer, 4°.) Jahrg. 1855, Nr. 85: „Silhouetten aus Wien“. – Pawlikowski’s Sammlungen. Diese umfassen Handschriften, Karten und Pläne, Zeichnungen und Stiche verschiedener Gegenstände; Ansichten und Bildnisse; dann Münzen und alte Urkunden, Alles mit Beziehung auf Polen. Die Zahl der Handschriften beträgt 250 Nummern, die älteste ist eine Chronik der Cisterzienser-Abtei Oliva, welche mit der Stiftung der Abtei beginnend, bis zum J. 1335 reicht; ferner befinden sich darunter mehrere Manuscripte zur Geschichte Polens, eine Reisebeschreibung Chodowiecky’s von Berlin nach Dresden mit Original-Zeichnungen, jedoch ist im Allgemeinen diese Abtheilung der Sammlung die schwächste Partie derselben. Die Kartensammlung besteht aus 720 Karten und außerdem 53 gezeichneten Umrissen; unter ersteren Woerl’s Atlas in 32 Blättern; Schimek’s österreichisch-russisch-türkischer Kriegs-Atlas vom Jahre 1788 in 12 Folioblättern; Suchtelen’s große Karte Rußlands in 102 Sectionen; dann insbesondere die Karten Polens, deren 197 mit der ersten Hälfte des 16. Jahrhunderts beginnend, darunter die in Berlin 1770 gestochene von Glasbach in 25 Blättern, jene Zanoni’s in 24 Blättern, die von Chrzanowski in 40 Sectionen, Folio; ferner 5 Karten von Großpolen, 2 von Kleinpolen, 2 von Masovien, 16 von Lithauen, 11 Karten von Liefland und Curland, 40 Karten Galiziens, [394] darunter drei verschiedene Ausgaben der Karte von Liesganig, 12 Karten und Atlase von Posen, 14 Karten der Republik Krakau, 21 Karten der einzelnen Wojwodschaften und 8 Karten der einzelnen Kreise Galiziens; nach den Gattungen theilen sie sich in 34 topographische, 5 Grenzkarten, darunter die merkwürdige und wichtige von Sotzmann, 23 Post- und Wasserkarten, 27 Kriegskarten aus verschiedenen Epochen, 9 kirchliche, 13 hydrographische, 10 geognostische und 52 Pläne verschiedener Städte und Plätze. Unter den handschriftlichen sind 8 Blätter gezeichnet von Johann Potocki zur Geschichte Polens vom 10. bis 17. Jahrhundert und Sotzmann’s Atlas aus 22 Blättern, die Bequartierung der preußischen Brigaden anzeigend. Die Kartensammlung ist vielleicht die werthvollste und in Bezug auf Vollständigkeit einzige Sammlung in Polen. – Die Sammlung der Zeichnungen, Stiche, Holzschnitte und Lithographien zerfällt in die a) historischen Blätter, diese umfaßt 650 Nummern in drei Mappen, als Gedenkblätter verschiedener Feste, Ansichten von Schlachten, Vermälungsfeierlichkeiten, besonders denkwürdiger Begebenheiten u. s. w., darunter große Seltenheiten, ja zahlreiche Unica; b) Monumente und Grabdenkmäler 600 Blätter in drei Mappen, darunter 1790 Blätter mit Ansichten der im Auftrage P.’s von Joh. Wojnarowski in Tusch, Sepia- und Wasserfarben ausgeführten Denkmäler Krakau’s, dann mannigfache Curiosa; c) Allegorien und Caricaturen 180 Stiche und Zeichnungen, unter letzteren „Die Lage des Königreichs Polen im Jahre 1773“, mehrere auf die Napoleon’sche Periode und mehrere politische Caricaturen; d) die Sammlung der Miscellen in 1468 Blättern in vier Mappen, darunter 112 Abbildungen von Siegeln, die meisten Handzeichnungen von K. W. Kielisinski; 120 Wappen-Abbildungen; 16 Blätter Fahnen, Banner und Flaggen; 18 Blätter Orden und Distinctionszeichen; 15 Blätter Abbildungen alter Waffen; 39 Blätter mit Abbildungen von Münzen und Medaillen, selbstverständlich alles bisherige wie auch das folgende auf Polen bezüglich; 70 verschiedene Banknoten und Werthzeichen von Papier; 33 Blätter Abbildungen von Glocken und Kirchengeräthschaften; 65 Blätter mit Abbildungen von Gebäuden und Kirchen; 8 Blätter Maschinen und Werkzeuge; 14 Blätter mit Abbildungen polnischer oder auf Polen bezüglicher Bauten außerhalb Polens; 111 Blätter mit Abbildungen von Trachten aller Zeiten, oft nach Originalien aus Grüften und Särgen; 49 Blätter Abbildungen alter Kunstdenkmäler und Schnitzereien; 11 Blätter ex voto und alte Bilder; 61 Blätter Katafalke; 233 Blätter mit Buchhändlerzeichen und Etiquetten u. s. w., überhaupt enthält diese Abtheilung eine große Partie Curkosa und das schätzbarste Material zu einer Culturgeschichte Polens; e) die Abtheilung der Ansichten von polnischen Städten und Oertlichkeiten; diese bildet 2900 Blätter in acht Mappen, darunter viele Aquarelle, Tusch-, Gouache-, und Sepiazeichnungen, so von Kielisinski 244, von Jos. Peszka 71, von Jos. Sonntag 36, von Georg Głogowski 48 Aquarelle, von Ferd. Chotomski 16, von Wojniakowski 11 in Tusche und Sepia, von Sławiński 22 Federzeichnungen und noch von vielen Anderen; auch diese Sammlung enthält große Seltenheiten und für die Geographie, Ethnographie und Topographie Polens Wichtiges, darunter 48 Ansichten der Wieliczkaer Salzgruben, die älteste vom Jahre 1645, 129 Ansichten von Wilna, 80 Ansichten von Posen, 277 von Warschau, 289 von Krakau, 112 von Lemberg, dann von vielen Schlössern, Burgen, Edelhöfen und anderen denkwürdigen Plätzen, Ortschaften u. dgl. m.; f) die Abtheilung der Bildnisse berühmter Polen oder solcher Personen, die zu Polen in geschichtlicher Beziehung gestanden; diese umfaßt 5800 Blätter in 20 Mappen, darunter 63 Bildnisse Friedrich August’s III, 14 Bildnisse des Hetmans Chodkiewicz, 14 des Künstlers Chodowiecki, 40 Bildnisse von Heinrich von Valois, 7 Bildnisse von Stanisl. Jablonowski, 52 von Johann Sobieski, 30 des Nikolaus Kopernik, 93 des Thaddäus Kościuszko, 30 der Marie Leszczynska, 7 des Fürsten Heinrich Lubomirski, ersten Curators des Ossol. Inst., 11 Bildnisse des berühmten Hetmans Georg Lubomirski, 13 Bildnisse des Adam Mickiewicz, 86 des Jos. Ant. Fürsten Poniatowski u. n. vieler Anderer. Diese Abtheilung enthält viele einzelne Blätter von ungemein großer Seltenheit, theils ausgezeichnet durch die Schönheit des Blattes, theils durch das an die dargestellte Person sich knüpfende Interesse. Viele Blätter haben sozusagen ihre eigene Geschichte, und schon [395] dadurch besitzt diese Sammlung einen für jeden wahren Kunstfreund unschätzbaren Werth und mitunter einen Reiz ohne Gleichen. Die Sammlung der Münzen und alten Urkunden sind auch beide sehr reich und enthalten auch manchen kleinen Schatz, jedoch stehen sie in Bedeutung den vorbeschriebenen Collectionen nach.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Johann.
  2. Vorlage: Alterthumsfoscher.