BLKÖ:Rothschild, Salomon Freiherr von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 27 (1874), ab Seite: 116. (Quelle)
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Rothschild, Salomon Freiherr von (Bankier, geb. zu Frankfurt a. M. 9. September 1774, gest. zu Paris 28. Juli 1855). Ein Sohn Maier Anselm’s und der zweitälteste von den fünf Brüdern, welche die Größe des Hauses Rothschild begründeten. Bis zum Jahre 1816 hielt er sich vornehmlich in seiner Vaterstadt auf, dann aber verweilte er meistens in Wien und betheiligte sich bis an sein Lebensende an allen Finanz-Operationen des Kaiserstaates. Im Jahre 1815 wurde er mit seinen Brüdern Anselm Maier, Karl Maier und Jacob (James) Maier in den erbländischen Adelstand erhoben. Sonderbarer Weise war der dritte Bruder, Nathan Maier, in diese Adelserhebung nicht mit eingeschlossen, wohl aber in die am 29. September 1822 für alle fünf Brüder zugleich erfolgte Erhebung in den Freiherrnstand. [Vergleiche das Nähere weiter unten: „Ueber die Familie Rothschild im Allgemeinen“. S. 118, und Wappen derselben, S. 140]. Für Wien, ja für die ganze Monarchie besitzt Freiherr Salomon noch ein besonderes Interesse durch ein von ihm zu Stande gebrachtes, ja damals eben nur ihm ermöglichtes Industrie-Unternehmen, welches für die volkswirthschaftliche Entwickelung Oesterreichs von so großem Einflusse gewesen. Es ist nämlich die Kaiser Ferdinands-Nordbahn gemeint. Wohl ist der Professor Franz Xav. Riepl [s. d. Bd. XXVI, S. 138] der intellectuelle Schöpfer dieses wichtigen Unternehmens, aber die Geschichte hat in tausend und tausend Fällen uns belehrt, daß aller Intellect zuletzt als eine Dunstblase des Gehirns zerplatzt, wenn ihm nicht die reelle Basis, der nervus rerum) das Geld, unterstellt wird. Und Freiherr Salomon begriff es, was es sein würde, die damals auf Wochen sich ausdehnende Entfernung zwischen der Süd- und Nordgrenze der Monarchie durch einen Schienenweg auf die Stunden eines Tages zu reduciren. Und so wurde Baron Salomon der finanzielle Miturheber des großen Unternehmens, dessen intellectueller Riepl bleibt. Aber auch an verschiedenen anderen gewerblichen Unternehmungen betheiligte sich R., so z. B. an den Witkowitzer Steinkohlen- und an den Dalmatiner Asphaltgruben. In Wien selbst lebt sein Andenken in freundlicher Erinnerung theils durch die leutselige Umgänglichkeit, die [117] ihn sozusagen im edleren Sinne zu einer volksthümlichen Figur der Kaiserstadt machte, dann aber insbesondere durch den edlen Gebrauch, den er von seinen Reichthümern zum Besten der ärmeren Volksclassen machte. So lange er in Wien lebte, that er, und vornehmlich im Stillen, ungemein viel Gutes. Die Stadt Wien verlieh ihm auch in Würdigung dessen das Ehrenbürgerrecht. Diese Auszeichnung erwiederte R. durch Spendung eines Capitals, von dessen Zinsen Wiener Bürgerssöhne an dem Wiener polytechnischen Institute ihre Ausbildung erhalten sollten. Als Jury für die Aufnahme in diese Stiftung sollen unter dem Vorsitze des jeweiligen Bürgermeisters mehrere Bürger der Hauptstadt beigezogen werden. Als Ehrenbürger Wiens trat nun Freiherr R. in den vollen Genuß der Rechte eines solchen. Er benützte diese, für seine Glaubensgenossen einzig dastehende Vergünstigung zur Erwerbung unbeweglicher Güter innerhalb der Ringmauern Wiens. Er kaufte den sogenannten Gundelhof am Bauernmarkt und das Haus, welches an seinen damals ständigen Wohnsitz, nämlich den Gasthof zum „römischen Kaiser“ auf der Freiung anstieß. Das angekaufte Haus ließ er niederreißen und an dessen Stelle einen einfachen, geschmackvollen Bau herstellen, in welchem jetzt sein Sohn Baron Anselm wohnt. Da ihm Kaiser Franz ausnahmsweise die Gestattung verlieh, Dominicalgüter zu kaufen, ohne gleichzeitig die ständische Landmannschaft zu erwerben, so gelangte er in den Besitz bedeutender Liegenschaften, wie Oderberg, Hultschin, Schillersdorf u. s. w. Es verlautete, daß diese Herrschaften zu einem großartigen Fideicommiß des Hauses Rothschild bestimmt waren oder noch seien. Sein Versuch, die mährische Landstandschaft zu erwerben, scheiterte an dem Beschlusse der Stände Mährens, welche den Betrag von 40.000 fl., den ihnen der Baron zugesendet, als Beitrag für das projectirte polytechnische Institut in Brünn, abgelehnt hatten und sich dahin einigten. Mittel zu schaffen, das Institut nur durch ständische, ohne Herbeiziehung der anderen Steuerpflichtigen herzustellen. Uebrigens hat sich der Baron um Brünn in mancher anderen Weise verdient gemacht. Vorerst dadurch, daß er die Stadt durch eine Eisenbahn mit Wien verband, daß er eine Ausstattungs-Stiftung für ärmere, unbescholtene Mädchen in Brünn machte, welche unter das Curatorium des Brunner Bankdirectors Joh. Gastl [Bd. V, S. 101] gestellt wurde, und eine große Summe zur Errichtung eines Kinderspitals beisteuerte. In Würdigung dieser Umstände hat auch die Stadt Brünn dem Baron das Ehrenbürgerrecht verliehen. Baron Salomon, der viel Gutes that, nicht eben als reicher Mann, um mit seinen Wohlthaten zu flunkern, sondern aus der ihm eigenen Güte des Herzens, vertheilte seine Spenden ohne Unterschied des Glaubens und der Nation, und verstand es, mit seiner Freigebigkeit stets Zartgefühl zu verbinden. Baron Salomon starb auf einer nach Paris unternommenen Reise daselbst im Alter von 79 Jahren. Aus seiner Ehe mit Karoline Stern hatte er zwei Kinder, von denen die Tochter Betti an seinen jüngsten Bruder, ihren Onkel, den Pariser Bankier James Rothschild, vermält wurde, während sein Sohn Anselm seine Nichte, die älteste Tochter seines Oheims, Nathan Maier, des Londoner Bankiers, als Gattin heimführte. Ueber seine Bildnisse in Edelstein, Holzschnitt und Lithographie, über eine auf ihn geprägte Denkmünze und das ihm [118] zu Ehren errichtete Denkmal vergleiche das Nähere in den Quellen.

Der Bahnhof (Wiener Blatt) 1856, Nr. 7, im Feuilleton: „Rothschild und das Wiener Ballet“. – Brünner Zeitung 1855, Nr. 176, im Feuilleton: Nekrolog; 1856, Nr. 35, in den „Tagsereignissen und Miscellen“. – Didaskalia. Blätter für Geist, Gemüth und Publicität (Frankfurt a. M., 4°.) 1855, Nr. 188: „Salomon von Rothschild“. – Frankfurter Konversationsblatt (4°.) 1842, Nr. 159 u. 160: „Die Lage des Herrn von Rothschild“, von Alberic Second [aus dem französischen Journal l’Emancipation]. – Moden-Zeitung. Redigirt von Aug. Diezmann (Leipzig, Baumgärtner, 4°.) 1866, Nr. 30: „Theures Obst“. – Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1870, Nr. 158, in der „Kleinen Pariser Chronik“. – Neue freie Presse (Wiener polit. Blatt) 1871, Nr. 2587, im Feuilleton: „Schillersdorf“ [über die von Salomon Rothschild im Jahre 1843 angekaufte Besitzung Schillersdorf in Oesterr.-Schlesien]. – Oesterreichische Zeitung (Wiener polit. Blatt) 1855, Nr. 278, im Feuilleton: Nekrolog. – Schlesische Zeitung (Breslau, Fol.) 1855, Nr. 356: Nekrolog. – Wiener Mittheilungen. Zeitschrift für israelitische Culturzustände. Herausg. von Dr. M. Letteris (Wien, 4°.) II. Jahrg. (1855), Nr. 32: „Freiherr Salomon von Rothschild“. – Wölfler (Dr.), Das alte und neue Wiener Israeliten-Spital (Wien, 8°.).
Porträte. 1) Ein solches besteht in Gypsabgüssen von einem Topas, in welchen es der Stempel- und Gemmenschneider Jacob B. Resek geschnitten. – 2) Holzschnitt mit der Unterschrift: „Salomon v. Rothschild, Chef des Wiener Hauses (zweiter Sohn von M. A. v. Rothschild)“, S. 558 des Werkes von Franz Otto: „Das Buch berühmter Kaufleute u. s. w.“ (Leipzig und Berlin, zweiter u. verm. Abdruck, Otto Spamer, gr. 8°.). – 3) Unterschrift: S. Freiherr von Rothschild. Gem. u lith. Robert Theer in Wien. Gedruckt bei Johann Höfelich (Wien 1845[WS 1]). – 4) Ein Oelporträt des Freiherrn Salomon R. befindet sich als Spende des Herrn Moriz Ritter von Goldschmidt in dem zum Andenken seines Vaters auf Kosten des Freiherrn Anselm von Rothschild in Wien in der Währingerstraße erbauten Krankenhause der Wiener israelitischen Cultusgemeinde.
Medaille auf Salomon Freiherrn v. Rothschild. Dieselbe wurde als Freundschafts-Denkmal bei Gelegenheit des 70. Geburtstages auf ihn geprägt. Die Aversseite stellt sein im Profil nach der linken Seite gekehrtes (ähnliches) Bildniß dar. Unter dem Halsabschnitt steht der Name K. Lange (des Stempelschneiders). Umschrift: S. M. Freyherr v. Rothschild, geh. IX. Sept. MDCCLXXIV. Die Reversseite stellt das Rothschild’sche Wappen vor, dessen Beschreibung S. 140 nachzulesen ist. Die auf einer abgesonderten Erhöhung angebrachte Umschrift lautet: Für seine Freunde zur Feyer seines Siebenzigsten Geburtsfestes IX. Sept. MDCCCXLIV. Durchmesser 22 Linien. Eine Abbildung der Medaille enthält das „Archiv für Frankfurts Geschichte und Kunst“ (Frankfurt a. M., S. Schmerber, gr. 8°.) Siebentes Heft (1855), auf Tafel VI, Nr. 5 a u. 5 b.
Rothschild’s Statue auf dem Wiener Nordbahnhofe. Als die Personenhalle des Wiener Nordbahnhofes gebaut wurde, beschloß man, auf dem Vestibul der großen Treppe links in der Halle die Statue des finanziellen Gründers der Nordbahn, des Freiherrn von Rothschild, aufzustellen. Bekanntlich steht derselben die Büste des intellectuellen Gründers Professors Riepl gegenüber. – So wurde denn auch da das schreiende Mißverhältniß zwischen Intellect- und Geldmacht aufrecht erhalten. Die Aufstellung der Statue Rothschild’s fand zu Anbeginn des Jahres 1870 Statt. Die von dem Bildhauer Meixner in etwas über Lebensgröße aus carrarischem Marmor ausgeführte Statue steht auf einem Sockel, auf dessen Fronte in goldener Inschrift die Worte stehen: Die Gesellschaft der Kaiser Ferdinands-Nordbahn ihrem Gründer Salomon Freiherrn von Rothschild. Auf der linken Seite liest man: Er gründete diese Bahn, die erste, welche in Oesterreich mit Dampf befahren wurde. Auf der rechten Seite liest man: Privilegiums-Urkunde vom 4. März 1836. Leider ist der Verfasser oder Urheber dieser geistvollen Inschriften nicht angegeben!!!

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: 1745.