BLKÖ:Rudtorffer, Franz Xaver Ritter von

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
Nächster>>>
Rudzinsky
Band: 27 (1874), ab Seite: 228. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Franz Xaver Ritter von Rudtorffer in der Wikipedia
Franz Xaver Ritter von Rudtorffer in Wikidata
GND-Eintrag: 116672285, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Rudtorffer, Franz Xaver Ritter von|27|228|}}

Rudtorffer, Franz Xaver Ritter von (Arzt und Fachschriftsteller, geb. zu Wien 8. Februar 1760, gest. ebenda 13. Februar 1833). Der Sohn eines Wiener Gewerbsmannes, der eine zahlreiche Familie hatte. Von den Eltern zur Ausübung der Wundarzneikunst bestimmt, kam er, nachdem er das Gymnasium bei den Jesuiten besucht, im Jahre 1774, wie es damals Sitte war, zu [229] einem Chirurgen in die Lehre, besuchte zu gleicher Zeit Ferdinand von Leber’s [Bd. XIV, S. 266] Vorlesungen über Chirurgie und Anatomie, und erhielt nach dreijähriger Verwendung den Freibrief. Nun in’s Elternhaus zurückgekehrt, begann er seine eigentlichen Studien, in welchen er von mehreren Professoren der medicinischen Facultät, darunter von Thomas Knauer, Joh. Bruckmüller und Joseph von Schreibers auf das Förderlichste unterstützt wurde. Er erhielt auch die Erlaubniß, den häuslichen Ordinationen Leber’s und den anatomischen Untersuchungen Knauer’s beiwohnen zu dürfen. Zudem besuchte er die Vorträge Steideles im vereinigten spanischen und heil. Dreifaltigkeitsspitale, und erlangte im Jahre 1779 das Diplom eines Magisters der Wundarzneikunst. Eine Empfehlung an den berühmten Professor der Klinik, Maximilian Stoll, und an den praktischen Wundarzt Andreas Sartory verschaffte ihm die Erlaubniß, an den medicinischen und chirurgischen Ordinationen derselben theilzunehmen. So mit Kenntnissen reich ausgerüstet und an Freiherrn von Störck empfohlen, erhielt er im Jahre 1779 die Assistentenstelle bei Stoll und Sartory am spanischen und Dreifaltigkeitsspitale. Zwei Jahre war R. auf diesem Posten thätig und erwarb sich tüchtige praktische Kenntnisse, so daß, als im August 1784 das von Kaiser Joseph II. gegründete allgemeine Krankenhaus eröffnet wurde, er die Stelle eines Secundar-Wundarztes an demselben erhielt; auch wurden ihm die Frühordinationen für arme Beamte, die chirurgische Besorgung der Irren und die gerichtlichen Leichenöffnungen anvertraut. Im Jahre 1793 wurde er Primar-Chirurg für alle medicinischen Abtheilungen, und als im Jahre 1801 sein väterlicher Freund Sartory starb, trat er als Primarius der 2. chirurgischen Abtheilung an dessen Stelle. Zugleich gab er stark besuchte Privat-Vorlesungen über chirurgische Operationen und die Anwendung des Verbandes. Seine mit besonderem Geschicke ausgeführten Operationen verschafften ihm bald einen Ruf, während der Zunftneid dahin thätig war, daß er seine vorerwähnten Vorlesungen einstellen mußte; aber schon 1802 erhielt er durch ein Regierungsdecret die Erlaubniß. sie wieder aufzunehmen. Eine im Jahre 1805 erschienene literarische Arbeit über Leisten- und Schenkelbrüche – die bibliographischen Titel seiner Werke folgen zu Ende – mit welcher er eine von der Morikoff’schen Gesellschaft zu Amsterdam gestellte Preisfrage so tüchtig beantwortet hatte, daß seine Arbeit der mit dem Preise betheilten gleichgestellt, in’s Holländische übersetzt und dem Drucke übergeben wurde, steigerte seinen Ruf; ebenso eine zweite über den Blasenschnitt, wozu er von dem damals in Wien anwesenden Arzte und Professor Pajola selbst die Anleitung erhielt. In Folge dieser Abhandlung und einiger anderen, an die Universität Würzburg eingesandten erhielt er von dieser Hochschule die medicinische und chirurgische Doctorwürde. Die im Jahre 1809 stattgehabte feindliche Invasion machte zwar seinen Vorlesungen ein Ende, aber das mit 2000 Verwundeten belegte Krankenhaus nahm seine Kräfte als Operateur in ganz außerordentlicher Weise in Anspruch. Nach Leber’s Tode wurde ihm die Lehrkanzel der theoretischen Chirurgie an der Wiener Hochschule verliehen. Am 10. Jänner 1810 eröffnete er im Beisein vieler Professoren, Aerzte und Wundärzte seine Vorlesungen und hielt dieselben bis Ende [230] des Jahres 1821, in welchem ihn sein gichtisches Leiden zwang, in den Ruhestand zu treten, den er noch 12 Jahre genoß, worauf er seinem höchst schmerzhaft gewordenen Uebel im Alter von 73 Jahren erlag. Die Titel der von R. veröffentlichten Schriften sind: „Abhandlung über die einfachste und sicherste Operationsmethode eingesperrter Leisten- und Schenkelbrüche, nebst einem Anhänge merkwürdiger, auf den operativen Theil der Wundarzneikunst sich beziehenden Beobachtungen“, 2 Bände (Leipzig 1805; neue Aufl. 1817, mit 9 K. K., gr. 8°.); – „Abhandlung von der Operation des Blasensteins nach Pajola’s Methode“ (Wien 1808; neue Aufl. 1817, Gerold, mit 5 K. K., gr. 4°.); – „Kurzer Abriss der speciellen Therapie für angehende Wundärzte“, 1. Band (Wien 1812; neuer Abdruck 1818, gr. 8°.); eine animose und persönliche Recension dieser Schrift war die Ursache, daß R. die Fortsetzung unterließ; – „Armamendarium chirurgicum select. oder Abbildung und Beschreibung der vorzüglichsten älteren und neueren chirurgischen Instrumente“, 32 Lieferungen Text mit 30 K. K. in gr. 4°. und einem Ergänzungshefte in Royal-Fol. (Wien 1817–1821, Schaumburg u. Comp.), Rudtorffer’s Hauptwerk; – „Abhandlung über die Verbesserung der zur Wiederbelebung der scheintodten erforderlichen Instrumente, Geräthe und Nebenerfordernisse, nebst einer kurzen Uebersicht des Rettungsverfahrens“ (Wien 1821, gr. 8°.). Von R.’s sonstigen Verdiensten sind besonders zu erwähnen: seine Verbesserung des Rettungsapparates zur Wiederbelebung der Scheintodten und ganz vorzüglich jene des mangelhaften pneumatischen Theiles desselben zur Erzeugung der Lebensluft; ferner führte er, nachdem er schon in den Ruhestand übertreten war, die Aufstellung der Sammlung chirurgischer Instrumente und Verbände der Wiener Universität nach seinem Armamentarium chirurgicum aus. R.’s mannigfache Verdienste sind von der gelehrten Welt ausgezeichnet worden. Die k. k. Josephs-Akademie in Wien ernannte ihn 1803 zum correspondirenden, 1806 zum wirklichen Mitgliede; die physikalisch-medicinische Societät in Erlangen und die kais. medicinische Gesellschaft in Wilna schickten ihm ihre Ehrendiplome; Ludwig XVIII. von Frankreich zeichnete ihn mit dem Orden der Ehrenlegion aus und Se. Majestät Kaiser Franz I. verlieh dem verdienstvollen Operateur im Jahre 1809 den einfachen Adel, im Jahre 1822 den Ritterstand.

Adelstands-Diplom ddo. Wien 5. Februar 1809. – Ritterstands-Diplom ddo. 2. April 1822. – Wiener medicinische Wochenschrift. Herausgegeben von Dr. L. Wittelshöfer (Wien, gr. 4°.) XXI. Jahrg. (1871), Nr. 33, S. 811, in des Dr. Gustav Loebel „Geschichtlichen Notizen über das medicinische Clinicum der Wiener Universität“, Anmerkung 26. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abthlg. Bd. VI, S. 519. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann(Wien 1836, 8°.) Bd. IV, S. 443. – Neuer Nekrolog der Deutschen (Weimar, Voigt, kl. 8°.) Bd. XI, S. 107. – Oesterreichisches Archiv für Geschichte u. s. w. (Fortsetzung des Hormayr’schen). Herausg. von Riedler (Wien, 4°.) Jahrg. 1833, Nr. 27, S. 105: Nekrolog von Fitzinger. – Porträt. Unterschrift: Franz Edler von Rudtorffer, der Medicin und Chirurgie Doctor, Professor der theoretischen Chirurgie an der hohen Schule zu Wien, der k. k. Josephs-Akademie, auch mehrerer anderer medicinisch-chirurgisch und physikalischer Gesellschaften wirkliches Mitglied. Agricola pinx., Dav. Weiß sc. (Wien, gr. 8°. u. 4°.). – Ritterstands-Wappen. In Roth ein aufrechtstehender silberner Löwe mit offenem Rachen, rothausgeschlagener Zunge und über dem Rücken aufgeschlagenem Schwanze, der in den beiden Vorderpranken ein offenes beschriebenes Buch hält. Auf dem Schilde [231] ruhen zwei zueinander gekehrte gekrönte Turnierhelme. Die Krone des rechten Helms trägt einen schwarzen, einfach gestümmelten Adler mit offenem Schnabel, rothausgeschlagener Zunge und von sich gestreckten Fängen; jene des linken drei wallende Straußenfedern, eine silberne zwischen zwei rothen. Die Helmdecken sind beiderseits roth, mit Silber belegt.