BLKÖ:Vinchant de Gontroeul, Karl Philipp Graf

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Vindys, Joseph
Band: 51 (1885), ab Seite: 22. (Quelle)
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Vinchant de Gontroeul, Karl Philipp Graf (k. k. Generalmajor und Commandeur des Maria Theresien-Ordens, geb. zu Mons 1753, gest. zu [23] Wien 15. Juli 1798). Der Sohn eines Obersten im Infanterie-Regimente Murray Nr. 55, begann er im Alter von eilf Jahren als Cadet die militärische Laufbahn. Mit dreizehn Jahren wurde er Lieutenant, mit achtzehn Hauptmann bei Vierset-Infanterie Nr. 58 und im April 1786 Major. Als Oberstlieutenant bei Prinz De Ligne-Infanterie Nr. 30 stand er mit seinem Bataillon den niederländischen Insurgenten gegenüber und bewies schon hier jene Umsicht und Tapferkeit, welche nachmals seinen Namen mit solchem Glanze umgab. Als unsere Truppen aus den Niederlanden in die Provinz Luxemburg sich zurückzogen, that er, der Erste, durch die Behauptung seines Postens bei Roumont dem Vordringen des Feindes Einhalt, nahm an den Gefechten bei St. Leonard und Nassogne – 1. Jänner 1790 – hervorragenden Antheil und zwang, indem er auf seine Localkenntniß und richtige Beurtheilung der feindlichen Absichten seinen Angriffsplan gründete, nach einem siegreichen Gefechte bei Mirwart am 24. Mai 1790 die Insurgenten, die Provinz Luxemburg zu räumen. In Würdigung seines ausgezeichneten Verhaltens in diesem Kampfe wurde er noch im Juli 1790, also im Alter von erst 37 Jahren, Oberst im 38. Infanterie-Regimente Württemberg und verblieb mit demselben bei der Armee in den Niederlanden. Im Mai letztgenannten Jahres wohnte er auch dem Gefechte bei Bavay bei und deckte dann im December mit seinem Regimente die Provinz Geldern. Als Anfangs März 1793 Feldmarschall-Lieutenant Graf Latour den Feind aus Ruremonde vertrieben und letzterer auf seiner Flucht die Brücke über die Maas zerstört hatte, erbot sich Oberst Vinchant, der bereits Brigadierdienste versah, da es sich um schleunige Uebersetzung unserer Truppen handelte, er aber genaue Localkenntnisse besaß, sofort für die Passage Sorge zu tragen. In kürzester Zeit führte er seine Aufgabe aus, und die sonst nothwendig gewordene Forcirung des Flusses wurde durch seine Umsicht und Energie vermieden. Als wenige Tage danach, am 18. März, die Unseren unter Prinz Coburg den von Dumouriez befehligten Franzosen eine entschiedene Niederlage beibrachten, hatte er durch Erstürmung des Dorfes Oberwinden an dem Siege entschiedenen Antheil. Am 23. Mai von dem Feldherrn dazu ausersehen, die vor Vicogne im Walde aufgeführten feindlichen Batterien und Retranchements zu nehmen, griff er an, vertrieb den Gegner, eroberte ein Geschütz und behauptete ungeachtet der immer wieder erneuerten feindlichen Anfälle den Tag über seinen Stand. Noch im nämlichen Jahre, in den Monaten October und November, vertheidigte er den Posten Merbes le Château mit aller Bravour gegen die häufigen Angriffe des Feindes und nahm Anfangs Mai 1794 das verlorene Harlebeque wieder. Im Treffen bei Hooglede wurde er verwundet. In der 34. Promotion, welche am 7. Juli 1794 stattfand, erhielt er dann für seine Waffenthaten das Ritterkreuz des Maria Theresien-Ordens. Im März 1796 zum Generalmajor vorgerückt, befehligte er eine Brigade bei der Armee in Italien, auf deren Rückzug er sich in dem Treffen bei Tarvis am 23. März 1797 neue Lorbern erfocht. Bereits war dieser wichtige Ort von General Ocskay, der dafür mit seiner Pensionirung büßte, aufgegeben und von den Franzosen am 21. März besetzt worden. Auf seinem Marsche gegen Ternova erhielt nun auf der Zwischenstation [24] Caporetto General Vinchant Meldung von Ocskay’s Mißgriff, welcher unserer im Isonzothale marschirenden Colonne den Weg abschnitt. Sofort erbot er sich, mit vier Bataillons und zwei Escadrons Erdődy-Huszaren, welche Oberstlieutenant Fedak [Bd. IV, S. 156] befehligte, den Feind in dessen Stellung zu Tarvis anzugreifen. Er detachirte zunächst fünf Compagnien nach Raibel und Breth, um die Verbindung mit General Bajalich [Bd. I, S. 123] zu erhalten, dann eilte er am 22. mit dem Reste seiner Truppen – im Ganzen etwa 2500 Mann – nach Tarvis, griff dort die Franzosen an und nahm ihnen den Ort, an 100 Mann und 25 Pferde ab. Daselbst kam ihm auch die Nachricht zu, daß herwärts Pontafel an 7000 Mann feindlicher Truppen aufgestellt seien. Bald war sein Entschluß gefaßt: Tarvis um jeden Preis zu halten, damit die Artilleriereserve Zeit gewinne, unter Oberstlieutenant Schuhay [Bd. XXXII, S. 141] über Raibel und Weißenfels auf der Straße nach der Wurzen zu entkommen. Am 23. Morgens rückte Masséna gegen Vinchant, welcher das zwischen Tarvis und Pontafel gelegene Saifnitz mit zwei Bataillons besetzt hatte, mit Uebermacht an und nöthigte ihn um zwei Uhr Nachmittags zum Rückzuge. Die Brigade Ocskay, etwa 1200 Mann stark, welche Vinchant zu Hilfe gekommen war und bei Tarvis stand, wollte sich in einiger Entfernung als Rückhalt aufstellen. In diesem Momente, es war die vierte Nachmittagsstunde, erschien Erzherzog Karl selbst auf dem Kampfplatze und befahl der Brigade Ocskay, sofort das Gefecht wieder aufzunehmen. Um den schon weit vorgedrungenen Feind aufzuhalten, stellten sich Vinchant und des Erzherzogs Adjutant Graf Wratislaw an die Spitze der Cavallerie und führten sie zum Angriffe vor. Beide wurden aber verwundet, und zwar Vinchant schwer. Dies brachte in den Kampf eine traurige Wendung, die Infanterie gerieth in Unordnung und sammelte sich erst in Goggau wieder, um den Weg nach der Wurzen zu erreichen, auf welchem die Artilleriereserve nach Aßling zog. Der Angriff war mißlungen, aber die Artillerie gerettet, denn ohne den tapferen und anhaltenden Widerstand, welchen Vinchant der weit überlegenen Streitmacht Masséna’s entgegengesetzt hatte, würde sie rettungslos in die Hände des Feindes gefallen sein. Wohl erhielt Vinchant auf Veranlassung des Erzherzogs Karl am 15. April 1797 das Commandeurkreuz des Maria Theresien-Ordens. Aber diese äußere Anerkennung genügte dem Helden nicht, der es erkannt hatte, daß er jene Unfälle nur pflichtwidrigen Unterlassungen einzelner Commandanten beizumessen habe. Wenn Jeder, dem tapferen und entschiedenen Beispiele seines Commandanten folgend, seine Pflicht gethan hätte, so würde der Ausgang so furchtbarer Kämpfe, so heldenmüthigen Widerstandes nur ein siegreicher gewesen sein. Er war es nicht. Wer trug die Schuld? Vinchant, über diesen Mißerfolg empört, der durch Unterlassung verschiedener von ihm gegebener Befehle veranlaßt worden, forderte eine strenge Untersuchung. Der Ausgang derselben war, wie es bei solchen Vorfällen oft vorzukommen pflegt, nichts weniger als befriedigend. Dies stachelte den edlen, aber doch überspannten Ehrgeiz des jungen Generals; in einem Anfalle höchster Ueberreizung brachte sich Vinchant selbst Wunden bei, an denen er [25] in Wien am 15. Juli 1798, im Alter von erst 45 Jahren verblutete, so einem Leben vorzeitig ein Ende machend, welches noch zu den höchsten Erwartungen berechtigte und wohl hohe Ziele erreicht haben würde.

Thürheim (Andreas Graf). Gedenkblätter aus der Kriegsgeschichte der k. k. österreichisch-ungarischen Armee (Wien und Teschen 1880, K. Prochaska, gr. 8°.) Bd. I, S. 198, Jahr 1790; Bd. II, S. 532, Jahr 1793 [durch einen Druckfehler heißt hier der Graf Vinchant de Gontroeul: Gontrocul de Viorchant] und S. 456.