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BLKÖ:Wanka Edler von Rodlow, Wenzel

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Wanke, Ludwig
Band: 53 (1886), ab Seite: 67. (Quelle)
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Wanka Edler von Rodlow, Wenzel (Bürgermeister der Stadt Prag, geb. daselbst am 2., nach Anderen am 3. November 1798, gest. ebenda 28., n. A. 27. Juli 1872). Sein Vater besaß zu Prag das alte Brauhaus beim Primas am Roßmarkt, welches sich noch heute im Besitze der Familie befindet. Wenzel widmete sich in seiner Geburtsstadt dem Studium der Rechte und erlangte am 16. Juni die juridische Doctorwürde. Nachdem er drei Jahre, November 1828 bis November 1831, bei dem Prager k. k. Fiscalamte in Dienstleistung gestanden hatte, während welcher Zeit, 1831, er in seiner Vaterstadt auch das Bürgerrecht erwarb, legte er im Jahre 1834 die Advocatenprüfung ab, worauf er am 26. Juni 1835 die Advocatenstelle in Budweis erhielt. Als ihm dann am 16. Juli 1837 die erste der damals in Prag erledigten sechs Advocatenstellen verliehen wurde, kehrte er dahin zurück und betheiligte sich lebhaft an verschiedenen gemeinnützigen und humanitären Vereinen: im Vereine der Kunstfreunde für Kirchenmusik zählte er bereits seit 1829 und in der Anstalt zur Versorgung und Beschäftigung erwachsener Blinden in Böhmen seit 1834 zu den beitragenden Mitgliedern; beide Vereine ernannten ihn auch 1848 zu ihrem Ausschußmitgliede. Im Jahre 1840 wurde er beitragendes Ehrenmitglied des Vereines zur Unterstützung gebrechlicher und bedürftiger Mitglieder der Prager juridischen Facultät und 1842 der Prager Tonkünstler-Witwen- und Waisen-Versorgungsanstalt; [68] 1844 trat er der böhmischen Gartenbau-Gesellschaft als wirkendes Mitglied bei. 1845 wurde er Vice-Armendirector bei der heiligen Dreifaltigkeit in Podskal und 1846 Ausschußmitglied der Sophienakademie und beitragendes Ehrenmitglied des Taubstummen-Institutes. In seiner Stellung als Advocat und Bürger genoß er das allgemeine Vertrauen der Prager und erfreute sich großer Beliebtheit. Als dann im stürmischen Frühjahre 1848 Appellationsrath Joseph Müller, Dr. Anton Strobach und Thomas Pstroß rasch hintereinander vom Prager Bürgermeisterposten zurückgetreten waren, ging aus der am 31. Mai vom großen Bürgerausschusse vorgenommenen Wahl Dr. Wanka mit einer Mehrheit von 87 unter 91 Stimmen als provisorischer Bürgermeister der Hauptstadt Prag hervor, und diesen Wahlact bestätigte am folgenden Tage das k. k. Landespräsidium. Die Flitterwochen seiner Bürgermeisterzeit waren keine angenehmen, es fielen in dieselben der Slavencongreß, der Juni-Aufstand, das Bombardement, der Belagerungsstand, die Siebenundsechziger-Hetze u. s. w.; aber Wanka bewies in dieser schweren Zeit so viel Umsicht und Tact, daß die damaligen böhmischen Reichstagsabgeordneten – darunter Borrosch, Palacký, Rieger – ein von ihnen eigenhändig unterzeichnetes in den Nachlaßpapieren Wanka’s aufgefundenes Anerkennungsschreiben an ihn richteten, in welchem sie für seinen Patriotismus, seine Humanität und seine Ausdauer im Wirken für das Wohl des Vaterlandes und namentlich Prags in den damaligen schweren Tagen ihm den wärmsten Dank zollten. Im September 1848 ward er von dem mittlerweile aus einer Neuwahl hervorgegangenen großen Bürgerausschusse definitiv zum Bürgermeister gewählt und als am 27. September 1850 auf Grund der provisorischen Gemeindeordnung ein neues Stadtverordneten-Collegium zusammentrat, von diesem wieder an die Spitze der Gemeindeverwaltung gestellt. Nach erfolgter allerhöchster Bestätigung dieses Wahlactes fand am 10. November seine feierliche Installirung statt. Als Bürgermeister Prags fungirte er als Director der Kleinkinder-Bewahranstalt am Hradek und als Beisitzer der Grundentlastungscommission, auch wurde er zum wirklichen Mitgliede des großen Ausschusses des böhmischen Sparcassenvereines, sowie der böhmischen Brandschaden-Versicherungsgesellschaft gewählt. Durch zwölf Jahre ununterbrochen wirkte er für das städtische Gemeinwohl. Seiner Anregung verdanken zahlreiche wohlthätige Stiftungen ihre Begründung, mancher Kirchenbau, wie der Karolinenthaler, eine ausgiebige Unterstützung und viele ehrwürdige Baudenkmale Prags ihre Erhaltung und Erneuerung. Später von Wanka’s Nachfolgern im Primate in Ausführung gebrachte Werke waren durch ihn zum Theile bereits angeregt, oder lagen zum Theile schon im Plane vor, als: Sammlungen zur Wiederherstellung der berühmten alterthümlichen Rathhausuhr, zur Erbauung einer dritten Brücke Prags u. a. m. Der Anpflanzungsverein, welcher unter Wanka’s Primate von dem Statthalter Baron Mecsery begründet worden, fand in unserem Bürgermeister einen äußerst eifrigen Förderer; auch nahm derselbe an der Stiftung des Vereines zum Wohle hilfsbedürftiger Kinder werkthätigen Antheil und wurde später zum Ausschußmitgliede gewählt. „An die Verdienste“, heißt es in einem ihm gewidmeten [69] Nachrufe, „die er sich durch langjähriges unermüdliches Wirken um die Entwickelung Prags, zu der er alle Keime geweckt, erworben, reicht keiner der gegenwärtig so viel gefeierten „Führer“ und „Häupter“ heran.“ Wanka war ein Anhänger der Mittelpartei, der sogenannten Fraction Haase, und wurde nur durch die im Jahre 1861 herrschende Pokrok-Partei aus der Stadtvertretung verdrängt. Die Mittelpartei, nicht deutsch, nicht čechisch, sondern blos „böhmisch“ fühlend, hatte den Čechen nicht nur nicht feindlich gegenüber gestanden, sondern ihnen vielmehr immer redlich gute Dienste geleistet. Als nun die Neuwahlen stattfanden, schlossen Mittel- und Pokrok-Partei ein Compromiß, wonach von ersterer den čechischen Candidaten die deutschen Stimmen zugesichert wurden und letztere sich umgekehrt verpflichtete, eine große Anzahl Deutscher zu wählen. Bei der Wahl brachen die Čechen einfach das gegebene Wort, ließen sich selbst von den vertrauensvollen Deutschen wählen, gaben aber keinem Deutschen ihre Stimmen und hatten so das denkwürdige Mittel gefunden, wie man zur Majorität gelange! Nach seinem Austritte aus der Gemeindevertretung wurde Wanka von Seiner Majestät zum Oberstlandmarschall-Stellvertreter im Landtage des Königreiches Böhmen ernannt, welches Amt er bis zu seiner auf eigenes Ansuchen am 15. Jänner 1865 erfolgten Enthebung bekleidete und in dessen Ausübung ihn das Schicksal traf, mancher stürmischen Sitzung präsidiren zu müssen, an deren Vorsitz der Oberstlandmarschall Albert Graf Nostiz verhindert war. Auch sei noch bemerkt, daß er durch die zehn Jahre, welche er das Bürgermeisteramt von Prag versah, sich mit dem Bagatellgehalt von dritthalbtausend Gulden begnügte, während sich seine Nachfolger sofort sechstausend Gulden jährlich votiren ließen. Wanka, bereits 1852 anläßlich der Anwesenheit Seiner Majestät des Kaisers in Prag mit dem Franz Joseph-Orden ausgezeichnet, erhielt bei seinem Rücktritte von der Oberstlandmarschall-Stellvertreterswürde im Jahre 1865 den Adelstand mit dem Prädicate Edler von Rodlow. Von dieser Zeit an lebte er, nur hingegeben seiner regen und fördernden Theilnahme an den zahlreichen Humanitäts- und culturellen Vereinen, deren werkthätiges Mitglied er seit Jahren war, von allen öffentlichen Geschäften und aller Politik zurückgezogen, theils in Prag, theils auf den von seiner Mutter ererbten Gütern Mscheno und Lobeš. Selbst die Advocatur hatte er in letzter Zeit niedergelegt. In einem der zahlreichen Nachrufe heißt es: „„Es ging dem „letzten deutschen Bürgermeister Prags““ oft hart genug; in den Cassen war jahrelang kein Geld, denn die čechische Partei hatte in den Jahren 1849 und 1850, wo sie die Majorität besaß, so gewirthschaftet, wie wir sie seit 1861, seit sie eben wieder die Majorität hat, wirthschaften sehen. Aber in den zehn Jahren seiner Amtswirksamkeit brachte es Wanka dahin, daß die Wunde, welche die Čechen dem Stadtsäckel geschlagen, vernarbte, und daß die Prager Commune als die bestrangirte in Oesterreich dastand. Die Passiven wurden auf ein Minimum, auf kaum eine halbe Million, herabgedrückt; Einnahmen und Ausgaben standen im schönsten Einklange, Alles im gemeindlichen Haushalte ging wie am Schnürchen, Alles klappte. Freilich wendete die Gemeinde in diesem Decennium eben strenge nur solchen Dingen ihre Aufmerksamkeit [70] zu, welche sie angingen. Sie ließ sich in keine Beleuchtungsconcurrenz ein, sie baute keine Brücken, keine schwerfälligen arsenalartigen Schulgebäude, sie votirte keine vierzigtausend Gulden zum Besten eines Nationaltheaters der Zukunft, sie dotirte keine exclusiv čechische Handelsschule, dafür schuf sie eine musterhafte Feuerwehr, hielt das Pflaster in Ordnung, zahlte jährlich Tausende von ihren Schulden ab und gerirte sich überhaupt als Muster eines geordneten sparsamen Haushaltes. Dabei aber behielt Wanka die Würde seines Amtes stets im Auge, und zu seinen zahlreichen Verdiensten zählt auch noch die Herrichtung des Primatorensaales und die Erneuerung der Rathhauscapelle.“

Presse (Wiener polit. Blatt) 1872, Nr. 207: „Dr. Wanka“; Nr. 208: „Ein Todter“; Nr. 209: „Leichenbegängniß“. – Neues Fremden-Blatt (Wien, 4°.) 1872, Nr. 207: „Dr. Wenzel Wanka“; Nr. 215 im Feuilleton: „Prager Plaudereien“. – Deutsche Zeitung (Wien) 1872, Nr. 206: „Der letzte deutsche Bürgermeister von Prag“. – Helfert (Jos. Alex. Freih. v.). Geschichte Oesterreichs vom Ausgange des Wiener October-Aufstandes 1848 (Prag 1872, Tempský, gr. 8°.), III. Die Thronbesteigung des Kaisers Franz Joseph I. (S. 394 und Anhang S. 90. – Erben (Karl Jaromir). Die Primatoren der königlichen Altstadt Prag (Prag 1858, Gottlieb Haase, 8°.) S. 232 und 247.