BLKÖ:Bartenstein, Johann Christoph Freiherr von

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 1 (1856), ab Seite: 163. (Quelle)
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Bartenstein, Johann Christoph Freih. von (Staatsmann, geb. zu Straßburg 1689 (nach Andern 1690), gest. zu Wien 5. Aug. 1767 nach Gräffer; am 6. Aug. nach der nouvelle Biographie générale). Entstammt einer altadeligen Familie Thüringens und Niedersachsens. Ursprünglich Protestant, ging er bei seinem Eintritte in Oesterreich (1714) zur katholischen Kirche über und gelangte [164] da durch seine hervorragenden Kenntnisse in allen Staatswissenschaften zu den höchsten Aemtern. Als geh. Staatssecretär nahm er entscheidenden Einfluß auf die Gründung des k. k. Haus-, Hof- und Staatsarchives, dessen Direction er auch führte. 1733 wurde er in den Freiherrnstand erhoben. B. war Mitarbeiter an der pragmatischen Sanction und Verfasser der Kriegserklärung an Frankreich (1741); doch später durch Kaunitz verdrängt (1750). Als Erzieher Kais. Josephs II. schrieb er für denselben instructive Werke: („Compendien über den Kaiserstaat und dessen Verwaltung, Nachrichten von den ungarischen und siebenbürgischen Bergwerken, Rechtscompendien“ (9 Bde., in der Cerroni’schen Manuscriptensammlung). Noch 3 Jahre vor seinem Tode ward er mit dem Commandeurkreuze des neuerrichteten k. ungar. St. Stephanordens geschmückt. Ein merkwürdiger, in Oesterreichs Geschichte tief eingreifender Zug seines Lebens muß der Nachwelt aufbewahrt werden. Maria Theresia war nach der verlorenen Schlacht bei Prag (6. Mai 1757) entmuthigt und in ihrer schweren Bedrängniß nahe daran, dem König Friedrich jenen Theil von Böhmen, der zwischen der Grafschaft Glatz und der Elbe bis zu ihrem Ausflusse nach Sachsen liegt, abzutreten. Die bereits abgefaßte Staatsschrift sollte Bartenstein als böhmischer Vicekanzler mitunterschreiben. Zitternd legte B., nachdem er das Document gelesen, dasselbe aus der Hand und verweigerte die Unterschrift. – „Wir befehlen es ihm hiermit!“ rief die Kaiserin mit Strenge. Bartenstein warf sich aber der Kaiserin zu Füßen und beschwor sie, von dem Vorhaben abzustehen. Seine Rede war so eindringlich, daß die Kaiserin, tief erschüttert, ihren Entschluß aufgab. Daun erhielt Auftrag, Prag zu entsetzen, und wenige Wochen darauf entschied die Schlacht von Planian das Schicksal Böhmens und würde jenes von Preußen entschieden haben, hätte man die errungenen Vortheile zu benützen verstanden. So hatte Bartenstein eingedenk der Pflichten seines Amtes als böhmischer Vicekanzler gehandelt. Die ihm noch fehlende Denksäule möge ihm mit dem Vorstehenden gesetzt sein.

Oestr. Archiv f. Geschichte, Erdbeschr., Staatenkunde, Kunst u. Literatur. Herausgegeben von J. Ridler. I. Jahrg. (Wien 1813) Nr. 144. – Oestr. Zeitschrift für Geschichts- und Staatenkunde. Herausg. von J. P. Kaltenbäck. I. Jahrg. (Wien 1885) Nr. 5, 6, 7: „B.’s Briefwechsel mit Bernhard Pez von 1714–19“ von Theodor Meyer in Melk. – Oestr. National-Encyklopädie (von Gräffer u. Czikann), (Wien 1835, 6 Bde.) I Bd. S. 188; VI. Bd. S. 355. – Nouvelle Biographie générale … publiée sous la dir. de M. le Dr. Hoffer (Paris 1853) IV. Bd. S. 613.[BN 1] – Die Genealogie und das Wappen der Familie siehe: Genealog. Taschenbuch der freiherrl. Häuser (Gotha 1849 u. 1850, Perthes) II. Jahrg. S. 20, 21 und IV. Jahrg. S. 26.

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Bartenstein, Johann Christoph Freiherr [Bd. I, S. 163].
    Arneth (Alfred Ritter v.), Johann Christoph [376] Bartenstein und seine Zeit (Wien 1871, gr. 8°.). – Neue freie Presse 1872, Nr. vom 10. Mai. [Band 24, S. 375]