BLKÖ:Kaltenbaeck, Johann Paul

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 10 (1863), ab Seite: 406. (Quelle)
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Kaltenbaeck, Johann Paul (Geschichtsforscher, geb. zu Hofkirchen im Hausruckkreise Oberösterreichs 11. Jänner 1804, gest. zu Wien 22. Juni 1861). Erhielt im Stifte zu Kremsmünster und nach Beendung der philosophischen Studien auf der Hochschule in Wien, auf welcher er dem Studium der Rechte oblag, seine wissenschaftliche Ausbildung. Obgleich er frühzeitig eine Vorliebe für historische Forschungen an den Tag legte, trat er doch zuerst mit Dichtungen in die Oeffentlichkeit und gab die „Versuche, 1. Band. Oden, Lieder, Parabeln“ (Wien 1826, 16°.) heraus. Er hatte die Bezeichnung richtig gewählt und einen 2. Band herauszugeben in weiser Selbsterkenntniß unterlassen. Glücklicher war er mit seinen geschichtlichen Arbeiten, deren erste er in dem von Hormayr 1809 begründeten und bis 1828 fortgeführten, dann 1829 und 1830 von Mühlfeld und Hohler, 1831–1833 von Ridler und Veith fortgesetzten „Archiv für Geschichte“ u. s. w. niederlegte. [407] Ja nach Ridler’s Tode, 1834, übernahm Kaltenbaeck selbst die Redaction des Archivs, und ließ es unter dem veränderten Titel: „Oesterreichische Zeitschrift für Geschichts- u. Staatskunde“ in den Jahren 1835–1837, vom 2. Jahrgange an mit der Beilage: „Blätter für Literatur, Kunst und Kritik“, erscheinen. Er brachte mit der Herausgabe dieses Blattes merkliche Opfer, aber theils die damaligen Zeitverhältnisse, welche ernsteren Forschungen wenig geneigt sich zeigten, theils der trockene, alles inneren Lebens ermangelnde Ton des Blattes kürzten dessen Dauer ab, da K. nicht länger gewillt war, das Unternehmen mit eigenen Mitteln zu halten. Im Jahre 1840 nahm er den Antrag, dem Erbprinzen des Fürstenhauses Schwarzenberg geschichtlichen Unterricht zu ertheilen, an, und die Jahre 1840–1846, in welch’ letzterem sein Dienst endete, zählte K. zu seinen freundlichsten Erinnerungen. Im Winter in der Residenz, im Sommer auf einem oder dem andern der herrlichen Schlösser des Fürsten, glaubte K. von Neuem den Ruf der Muse zu vernehmen und dichtete zwei vaterländische Dramen: „Ernst der Eiserne“ und „Friedrich der Schöne“, welche wohl auf dem fürstlichen Schlosse zu Libiejitz das Licht der Lampen, aber nie jenes der Oeffentlichkeit durch den Druck erblickten. Am 9. Jänner 1846 wurde K. zum zweiten Archivar des k. k. geheimen Haus-, Hof- und Staatsarchivs ernannt. Er hatte bereits das 42. Lebensjahr erreicht. Bis dahin ist der größte Theil seiner Arbeiten in den drei Jahrgängen seiner Zeitschrift, der ungleich interessantere, aber in dem von ihm und Professor Salomon 1840 begründeten „National-Kalender-Austria“, der mit dem Jahre 1859 zum letzten Male erschien[WS 1], niedergelegt. Unter dem Titel: „Vaterländische Denkwürdigkeiten“ begann er in diesem Kalender mit dem Jahre 1842 (also mit dem 3. Jahrgange) eine Reihe von Mittheilungen und Beiträgen zur Cultur- und Sittengeschichte über Gewerbs- und Industriewesen, das Hofleben und die Hofsitte, über das alte Wien, das religiöse und kirchliche Leben, den Krieg und das Kriegswesen, von Sagen und Legenden, Zeitstimmen, von Biographien besonders interessanter Menschen, welche in der That eine wahre Fundgrube österreichischer Specialgeschichte bilden und wozu ihm seine überaus reiche und namentlich in der Partie der Viennensia, starke Bibliothek die schätzbarsten Materialien lieferte. Im Jahrgang 1853 erschienen seine letzten, später von Schimmer wieder aufgenommenen Mittheilungen nach dieser Richtung hin. Kränklichkeit hinderte ihn an der Fortsetzung derselben. Seine übrigen wissenschaftlichen Arbeiten sind die „Mariensagen in Oesterreich“ (Wien 1846, 8°.), eine Sammlung der auf die Mutter des Erlösers bezüglichen, in deutscher Sprache erschienenen Sagen, als deren Ergänzung die chronologische Uebersicht der berühmtesten Wallfahrtsorte und Gnadenbilder im österreichischen Kaiserstaate anzusehen ist, welche im vorgenannten Kalender „Austria“ (Jahrgang 1845, S. 149 bis 212; 1646, S. 97–128; 1847, S. 97 bis 112) erschienen ist; auch brachte die „Austria“ von ihm die höchst interessanten „Ethnographischen Schilderungen aus Oesterreich“, u. z. „Hochzeitsgebräuche“ (1845, S. 213–268; 1846, S. 155 bis 159); „Leichengebräuche“ (1846, S. 159 bis 170) und „Volksfeste“ (1847, S. 113 bis 132; 1848, S. 101–106); ferner gab Kaltenbaeck noch heraus: „Die Feuerordnung der Stadt Steyer vom 31. October 1608“ (Wien 1842, 8°.); – „Oesterreichische Rechtsbücher [408] des Mittealters“ (Wien 1844 u. f., Lex. 8°.), wovon nur die erste Reihe, die Pantaidingbücher, erschienen sind; – „Das Wiener Münzrecht vom Jahre 1450“ (Wien 1846, 8°.), zum ersten Male aus einer Seitenstettener Handschrift herausgegeben. Im Jahre 1848 auch in die politischen Wirren hineingerissen, forderte er die Massen mit dem in dieselben geschleuderten Gedichte „Schwarzgelb“ heraus, und von der besonnenen Partei wurde er in den Gemeinderath gewählt, in welchem er zuletzt nur noch von Einem Gesinnungsgenossen unterstützt, bis zur letzten rettenden Entscheidung ausharrte. Mit einer Deputation des Gemeinderathes an das kaiserliche Hoflager nach Olmütz sich begebend, wurde ihm dort der ehrenvolle Auftrag, die drei jüngeren durchlauchtigsten Brüder Sr. Majestät des Kaisers im freien Vortrage in die Kenntniß der allgemeinen Geschichte einzuführen. Auch gab er den Herren Erzherzogen Ferdinand Max und Karl Ludwig auf einer im Jahre 1850 unternommenen Reise nach Griechenland und auf dem Rückwege über Dalmatien nach Venedig das Geleite. Am 10. Mai 1851 wurde K. zum ersten Archivar befördert und am 21. Juli d. J. zum Staatsprüfungs-Commissär ernannt. Auch war er Präsident des im Jahre 1849 gegründeten Katholikenvereins, der später seinen Namen in den „Severinus-Verein“ umänderte, und hatte im genannten Jahre Antheil an der Redaction des von Olmütz nach Wien übersiedelten „Oesterreichischen Correspondenten“, eines politischen Blattes, welches unter seiner Leitung, für die er durchaus nicht befähigt war, auch in Kürze zu erscheinen aufhörte. Am 23. September 1852 erlitt er einen Schlaganfall, von dem er sich nie mehr ganz erholte; wiederholte, in kurzen Zeiträumen eingetretene neue Anfälle machten ihn alsbald arbeitsunfähig und die Versuche, in den Bädern von Neuhaus bei Cilli Linderung für sein Leiden zu finden, blieben vergeblich. Am 30. April 1857 erfolgte seine Pensionirung durch kaiserliche Gnade mit ganzem Gehalte. Vier Jahre später erlag er seinem Leiden. Seit 1842 war er mit der Tochter des im Jahre 1856 verstorbenen k. k. Gemäldegallerie-Directors und Schloßhauptmanns im Belvedere, Peter Krafft, verheirathet, aus welcher Ehe keine Kinder vorhanden sind. Seine Bibliothek, etwa 10.000 Bände stark, war ein seltener Schatz, der ganz belassen und für eine Anstalt vom Staate hätte angekauft werden sollen. Aber damals dachte man leider nicht daran, und die werthvolle Sammlung, welche allein über den dreißigjährigen Krieg an 1500 Nummern und darunter viele Unica, außerdem die werthvollsten Viennensia enthielt, kam unter den Hammer. Einen großen Theil, darunter sehr schätzbare Werke, soll die Antiquariatshandlung Klemm (vormals Wallishausser) erworben haben. Kaltenbaeck war keine angenehme äußere Erscheinung, ja vielmehr abstoßend und schwer zugänglich, aber er war ein Charakter, consequent in seinen Handlungen und begabt mit nicht gewöhnlichen Kenntnissen. Doch vornehmlich auf antiquarischem Gebiete sich bewegend, hatte er sich der Gegenwart entfremdet, verstand sie selbst nicht, warf ohne Prüfung zugleich mit dem Schlechten auch das Gute über den Haufen und stand vereinzelt da, gemieden, da doch sein reiches Wissen Annäherung an seine Person heischte.

Die unter dem Titel: „Vaterländische Denkwürdigkeiten“ von Kaltenbaeck in der „Austria“ mitgetheilten Aufsätze sind: im Jahrgange 1842, S. 96–156; 1843, S. 115–212; 1844, S. 132; 1845, S. 1–132, 1846, S. 1–96; [409] 1847, S. 1–96; 1848, S. 1–110; 1849, S. 1–86; 1850, S. 1–80; 1851, S. 1–63; 1852, S. 1–48; 1853, S. 1–46, zusammen 1656 Seiten. – Wiener Zeitung 1861, Nr. 154, S. 2450. – Presse (Wiener polit. Blatt, Fol.) 1861, Nr. 173 Abendblatt. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 148; Bd. VI, S. 508 [nach dieser und der Presse geb. 1803, welche Angabe jedoch irrig ist]. – Oesterreichischer Parnaß, bestiegen von einem heruntergekommenen Antiquar (Freysing, bei Athanasius u. Comp. [Hamburg, bei Hoffmann u. Campe], 8°.) S. 25 [charakterisirte ihn: „Mittelgroß, plumpes Aeußere, schwacher Lyriker, starker Historiker, als Schriftsteller wirkungslos“].

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: erschient.