BLKÖ:Schneider, Karl Agnel

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 31 (1876), ab Seite: 31. (Quelle)
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Schneider, Karl Agnel (Schriftsteller, geb. zu Königgrätz in Böhmen 14. December 1766, gest. zu Smidarz 17. Mai 1835). Čechisch erscheint [32] er als Karl Sudimiř Šnajdr. Sein Vater war Bürgermeister in Königgrätz, seine Mutter eine geborne von Friedeberg. Die Gymnasialclassen beendete er in seiner Vaterstadt, dann ging er nach Prag, wo er die philosophischen Studien hörte. Bei seiner Vorliebe für classische Sprachen und philosophische, wie ästhetische Studien, welche gerade zu jener Zeit in Deutschland im Aufblühen waren, besuchte er die deutschen Hochschulen zu Leipzig, Halle und Göttingen und studirte dort mit Eifer Philosophie, schöne Literatur und Geschichte. Nun kehrte er in seine Heimat zurück, wo er das Studium der Rechte begann, ohne jedoch jenes der schönen Wissenschaften zu vernachlässigen, für welche damals Meißner und Seibt die Liebe der Studirenden an der Prager Hochschule rege zu erhalten verstanden. Nach beendeten Rechtsstudien trat S. 1792 bei dem Königgrätzer Magistrate und Consistorium in öffentliche Dienste und wurde zugleich Justitiär auf den benachbarten Herrschaften Smiřick und Hořinowes. Diesen Posten vertauschte er bald mit der Justitiärstelle zu Zakup, Policka und Ploskovic im Leitmeritzer Kreise, von wo er aber im Jahre 1796 als Justitiär der Fürsten Colloredo und Trauttmannsdorff, dann des Grafen Schlik nach Gitschin abging, wo er seinen Amtssitz aufgeschlagen hatte. Im Jahre 1803 legte er seine Aemter für den Fürsten Trauttmannsdorff und Grafen Schlik nieder und übernahm das Richteramt auf den Herrschaften des Fürsten Colloredo und Herrn Wimmer mit dem Wohnsitze in Prag. Als im Jahre 1803 Meißner Prag verließ, übernahm S. provisorisch sein Lehramt und trug 1803–1806 Aesthetik und classische Literatur mit großem Erfolge vor. Von Prag übersiedelte S. aus amtlichen Rücksichten nach Rozdalovic, wo er das Unglück hatte, seinen zweitältesten Sohn durch den Tod zu verlieren, da dieser durch Unvorsichtigkeit eines herrschaftlichen Jägers auf der Jagd erschossen wurde. In der Folge ging er nach Dymokur und verlor dort seine Gattin, die ihm in einer 18jährigen Ehe fünfzehn Kinder geboren, von denen nur ein Sohn und drei Töchter die Eltern überlebten. Zu Dymokur lebte S. als Oekonomie-Director des Fürsten Joseph Colloredo, nach dessen Tode S. zum zweiten Male mit der Lehrerstochter Victoria Ladis sich vermälte, welche ihm noch vier Kinder schenkte. Mit seiner zweiten Gattin war S. nach dem Städtchen Smidarz übersiedelt, wo ihn aber ein schweres Unglück heimsuchte. Denn im April 1828 brach im Städtchen Feuer aus und S. verlor durch dasselbe einen großen Theil seiner Habe und darunter seine sämmtlichen Bücher und Manuscripte. Nun schlug er in Königgrätz seinen Wohnsitz auf, wo er mit Hilfe seines Brotherrn und einiger Freunde sich ein neues Heim schuf, als er wieder durch eine Feuersbrunst den Rest seiner Habe einbüßte. Die Verluste im Kreise seiner Familie, diese wiederholten Unglücksfälle hatten seine Gesundheit stark angegriffen, und da seine Kräfte immer mehr sanken, versetzte ihn die Fürstin-Witwe Colloredo im Jahre 1834 in den Ruhestand. Nun kehrte S. mit seiner Familie nach Smidarz zurück und lebte, von Alter und Krankheit gebeugt, den Rest seines Lebens in wenig behaglichen Verhältnissen. Im November 1834, vom Schlage gerührt, hatte er Augenlicht, Gehör und Sprache verloren; endlich im nahezu 70. Jahre erlöste ihn der Tod von seinen Leiden. Dieser ziemlich wechselvolle, doch im Ganzen bedeutungslose Lebenslauf [33] gewinnt durch S.’s schriftstellerische Thätigkeit eine Bedeutung. Es wurde schon bemerkt, daß ihn bereits während seiner Studien die schöne Literatur sehr anzog und der Verkehr mit begabten, strebenden Collegen auf den deutschen Hochschulen, wo er überdieß manche literarische Berühmtheit kennen gelernt hatte, steigerte seine Neigung, die sich endlich in kleinen schöngeistigen Versuchen Luft machte. Nach seiner Rückkehr von den deutschen Hochschulen trat er mit den damaligen Prager Schriftstellern Cornova [Bd. III, S. 8], Mader [Bd. XVI, S. 243], Meißner [Bd. XVII, S. 301], Franz Niemtschek [Bd. XX, S. 350] u. A. in engeren freundschaftlichen Verkehr, und neben seinen amtlichen Berufsarbeiten beschäftigte er sich mit schöngeistigen Versuchen und Studien. Eine Sammlung seiner lyrischen Arbeiten veröffentlichte er unter dem Titel: „Gedichte“, 1. Bdchn. (Prag 1800, Widtman), demselben war im Jahre 1799 ein Drama unter dem Titel: „Entzauberung“ zum Besten der in Liban nächst Gitschin durch Brand Verunglückten vorangegangen. Fleißig arbeitete S. damals auch für Almanache und belletristische Journale, und „Libussa“, „Hesperus“, „Hyllos“, „Der Kranz“ brachten öfter seine poetischen Arbeiten. Als er in vorgerückterem Alter, 1817 und in den folgenden Jahren, die Marienbader Heilquellen zu gebrauchen genöthigt war, entstand dort sein lyrischer, „Marienbad“ betitelter Cyklus, der zu Prag im Jahre 1819 bei Haase erschien. Alle diese Dichtungen waren gutgemeint, aber Schneider’s Dichterruhm wuchs nicht in der deutsch-österreichischen Dichterwelt, in welcher damals Grillparzer, Zedlitz, Ladislaus Pyrker, West, beide Collin[WS 1], Zacharias Werner u. A. glänzten. Und da es mit der deutschen Muse nicht vorwärts ging, sollte die čechische nachhelfen, dort konnte es ihm gelingen, zu erreichen, was ihm das deutsche Publicum versagte. In Bydschow und Königgrätz, wo er sich oft und längere Zeit aufhielt, besuchte er čechische Familien, z. B. Vacek, das Ehepaar Rettig [Bd. XXV, S. 339 u. f.][WS 2] u. A., und seinen bisherigen Taufnamen Karl Agnel – hie und da irrig Karl August – vertauschte er zunächst mit Karl Sudimiř, so metamorphosirt, begegnen wir 1820 seiner ersten čechischen Arbeit, betitelt: „Nemoc a pomoc“, d. i. Schwäche und Hilfe, in der Zeitschrift „Čechoslav“, andere erschienen in „Dobroslav“, „Milozor“ und in den Almanachen von Klicpera. Mit seinen Leistungen als čechischer Poet war S. selbst so zufrieden, daß er in einem seiner Gedichte ausdrücklich beklagt: „Schade! Daß die čech’sche Muse sich so spät mir offenbarte“ (Běda že se mě tak pozdě musa česká vyjevila). Sie erschienen zuerst unter dem Titel: „Okus w básněnj českem“, d. i. Versuch in čechischer Dichtung, wovon zwei Sammlungen, die erste 1823, die zweite 1830 bei Pospischil in Königgrätz herauskam. Einige Gedichte aus denselben wurden in’s Deutsche und seine Erzählung: „Jan za chrta dán“ von Bowring in’s Englische übersetzt und von Klicpera dramatisch bearbeitet. Noch erschienen von ihm: „Šestero selských písní s obrázky“, d. i. Sechs ländliche Lieder mit Bildern (Prag, bei Hoffman), zu denen Johann Orebsky (Pseudonym für Held) die Musik gesetzt hat. In der deutschen Literatur ist S. als Poet bedeutungslos, in der čechischen erging es ihm besser, obwohl er auch in derselben nicht sehr hervorragt.

(Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, [34] Literatur und Kunst (Wien. 4°.) 1827, S. 597, im Texte. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1836, Beck, 8°.) Bd. IV S. 569. – Oesterreich im Jahre 1840. Von einem österreichischen Staatsmanne (Leipzig 1840, O. Wigand, gr. 8°.) Bd. II S. 325. – Goedeke (Karl). Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Aus den Quellen (Hannover 1859 u. f., L. Ehlermann, 8°.) Bd. III, S. 167. – Kehrein (Jos.) Biographisch-literarisches Lexikon der katholischen deutschen Dichter, Volks- und Jugendschriftsteller im 19. Jahrhundert (Zürch, Stuttgart und Würzburg 1870, Leo Wörl, gr. 8°.) Bd. II, S. 110. – Lumír (Prager Unterhaltungsblatt, schm. 4°.) 1863, Nr. 49 u. 50, in den „Stoleté památky literární“, d. i. Hundertjährige literarische Denkwürdigkeiten. – Květy. Národnj zábawnjk pro Čechy, Morawany a Slowaky, d. i. Blüthen. Nationales Unterhaltungsblatt für Böhmen, Mähren und Slovaken (Prag, 8°.) Jahrg. 1835, S. 269.

Anmerkungen (Wikisource)