BLKÖ:Sonnleithner, Ignaz von
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 36 (1878), ab Seite: 5. (Quelle) | |||
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Christoph S. [Seite 1]. Er wurde mit seinen zahlreichen Geschwistern im Elternhause erzogen und begann, zehn Jahre alt, den Besuch der Gymnasial-Classen, sechs Jahre später (1786) die philosophischen Studien. Kaum hatte er diese begonnen, als er seinen Vater durch den Tod verlor. Die Witwe mit zehn meist unversorgten Kindern war zurückgeblieben, aber bei so großer Familie nur wenig Vermögen vorhanden und dieses nicht hinreichend, um für Ignaz die Fortsetzung der Studien zu ermöglichen. Da half die Gnade des Kaisers Joseph II. nach. Wie in Christophs Lebensskizze mitgetheilt worden, war Kaiser Joseph II. ein besonderer Gönner von Ignaz’s Vater und sprach der Witwe auch seine Theilnahme über den Verlust, der sie betroffen, aus. Der Kaiser aber trat auch hilfreich ein, und in Rücksicht auf die Verdienste des Vaters ermöglichte er es, daß dem Sohne ein Stiftungsplatz in der k. k. Theresianischen Ritter-Akademie verliehen wurde. 1791, mit 21 Jahren, beendete Ignaz mit Auszeichnung die juridischen Studien, erlangte 1794 die Doctorwürde und widmete sich dem Berufe seines Vaters, der Advocatur. Während der dreijährigen Advocatenpraxis, wie sie damals [6] gefordert wurde, diente er, um sich den Lebensunterhalt zu verschaffen, in einem angesehenen Handlungshause in Wien, für welches er die ausländische Correspondenz besorgte. Dabei machte er sich mit dem Gange des Kaufmannsgeschäftes näher bekannt. Im Jahre 1795 erlangte er die Advocatenbefugniß und wirkte 32 Jahre als angesehener und gesuchter Rechtsanwalt. Aber nicht blos als solcher war S. thätig, eine nicht minder erfolgreiche Wirksamkeit entfaltete S. im Lehramte. Schon im Jahre 1801 hielt er, und zwar der Erste, der diese Fächer öffentlich lehrte, unentgeltliche Vorlesungen über das österreichische Handels- und Wechselrecht und setzte dieselben bis 1810 fort, in welchem Jahre dieser Gegenstand zu einem selbständigen Zweige der Rechtswissenschaften erhoben und einem ordentlich angestellten Professor zugewiesen wurde. In den Jahren 1806 und 1807 ertheilte S. im kaiserlichen Auftrage vier Professoren von den königlich ungarischen juridischen Akademien zum Behufe ihrer Vorlesungen ausführliche Anleitung im Handels- und Wechselrechte. Im Jahre 1810 wurde ihm das ordentliche Lehramt aus dem Handels- und Wechselrecht und der Handlungswissenschaft an der k. k. Realschule in Wien verliehen, und als im Jahre 1815 diese Schule dem neu errichteten k. k. polytechnischen Institute einverleibt worden, auch diese Lehrkanzel der commerziellen Abtheilung dieses Institutes zugewiesen. Im Jahre 1814 aber fing S. an, an Sonntagen außerordentliche Vorlesungen für Handelsleute und Handelsbeflissene an der Wiener Universität zu halten, welche sehr zahlreich besucht wurden und er durch zwölf Jahre fortsetzte. Seiner angegriffenen Gesundheit wegen legte er zu Ende des Jahres 1829 die Advocatur und das ihm bereits im Jahre 1803 verliehene Notariat zurück und widmete sich nun ausschließlich nur mehr seinem Lehramte und dem Schooßkinde seines späteren Alters: der durch ihn in’s Leben gerufenen Allgemeinen Versorgungsanstalt. Diese Anstalt, an welcher er als Begründer so wesentlichen Antheil hatte, verdient hier eine gedrängte, doch ausführlichere Erwähnung. Seine reiche Erfahrung als Rechtsanwalt und Notar, als welcher er oft genug Gelegenheit gehabt, den Wechsel der Geschicke in den einzelnen Lebensverhältnissen kennen zu lernen, wie durch unverschuldete Unglücksfälle wohlhabende Familien von Verarmung betroffen wurden und nirgends sich Mittel auf dauernde Abhilfe fanden, dies hatte ihn längst beschäftigt und auf den Gedanken gebracht, eine Anstalt zu gründen, welche es jedem Staatsbürger ermöglichte, mit einer mäßigen Einlage sich für seine späteren Jahre das nöthige Auskommen zu sichern. Nach langjährigen und mühsamen Vorarbeiten und vielfachen Berechnungen kam endlich der Plan einer Allgemeinen Versorgungsanstalt für die Unterthanen des österreichischen Kaiserstaates zu Stande. Die Einrichtung dieses denkwürdigen Institutes, welches schon mit Ende 1831 ein Versorgungungscapital von über zwei Millionen Gulden C. M. besaß, des Näheren zu schildern, müssen wir uns versagen, weil es über die Grenzen dieses Werkes hinausgeht. Kurz, der Plan war gereift, wurde vollendet, der k. k. Behörde vorgelegt und im Jahre 1823 die Errichtung der Allgemeinen Versorgungsanstalt nach Sonnleithner’s Plane genehmigt. Der Ausführung des schönen Planes setzten sich aber nun unerwarteterweise Schwierigkeiten entgegen, vornehmlich durch den Umstand, [7] daß einzelne Privatpersonen, die, so lange die Sache in Schwebe war, sich zu Allem anheischig gemacht, nun mit einem Male aus Engherzigkeit und Unkenntniß der Sache sich zurückgezogen hatten. Dieser Wortbruch machte nun S. nicht geringe Sorge und Verdruß und beide erschütterten die Gesundheit des humanen Mannes, dem nur das allgemeine Wohl im Sinne gelegen. Da kam von einer anderen Seite dem Wackeren rechtzeitige Hilfe. Der Verein der österreichischen Sparcasse, welcher den Geist und Plan des Unternehmens sorgfältig geprüft und dessen Bedeutung für die Zukunft erkannt hatte, nahm sich der Sache an und das nahe an’s Scheitern gebrachte Institut kam zur Verwirklichung. Im Jänner 1825 trat die Anstalt, deren Bedeutung in ihrem ganzen Umfange erst die Zukunft bloßlegen sollte, ins Leben. Nun trat S. als Ausschuß und Referent der Versorgungsanstalt auch dem ersten Sparcasse-Verein bei, wurde im Jahre 1826 auch einer der Referenten dieses letzteren und versah diese Stellen bis an sein im Alter von 61 Jahren erfolgtes Lebensende. Als Schriftsteller in seinem lehramtlichen Berufe hat S. Nachstehendes veröffentlicht: „Versuch aus dem deutschen Staatsrechtc. Ueber das Verhältniss der Provinz Elsass zum Deutschen Reiche“ (Wien 1794), Inaugural-Dissertation; – „Leitfaden über das österreichische Handels- und Wechselrecht“ (Wien 1801, Zweite Auflage 1808, Gasler; dritte verbesserte Aufl., Wien und Triest 1815, Geistinger; vierte neu umgearbeitete Aufl., ebd. 1827, 8°.). Davon erschien von Fr. Zini eine italienische Uebersetzung unter dem Titel: „Guida al diritto di commercio e di cambio austriaco. Prima versioné italiana dalla 3ea ediz. tedesca“ (Milano 1816, Pirola); – „Gedanken über Banknoten und öffentliche Fonds-Obligationen“ (Wien 1810); – „Lehrbuch des Handels- und Wechselrechtes, mit den nöthigsten Kenntnissen aus der Handlungswissenschaft. Zum Gebrauche für Schüler der k. k. Real-Akademie“ (Wien 1814, 8°.), den Ertrag dieser Schrift widmete S. der mit dem polytechnischen Institute vereinigten Realschule; – „Unterricht über die Acceptations-, Verfalls- und Protestationszeit der Wechselbriefe und Notirung derselben“ (Wien 1819); – „Lehrbuch des österreichischen Handels- und Wechselrechtes, verbunden mit den gesetzlichen Vorschriften über die gewöhnlichsten Rechtsverhältnisse der Handelsleute“ (Wien 1820, Gerold. Zweite, neu bearbeitete Aufl., ebd.. 1832, 8°.); – „Statuten und Reglement der mit der ersten österreichischen Sparcasse vereinigten allgemeinen Versorgungsanstalt für die Unterthanen des österreichischen Kaiserstaates, mit Erläuterungen“ (Wien 1825, Wallishausser, 8°. Zweite, neu bearbeitete und mit Zusätzen vermehrte Aufl., ebd. 1827. Dritte, neu bearbeitete und mit Zusätzen vermehrte Aufl., ebd. 1831. Gerold, 8°.) [man vergleiche darüber die „Zeitschrift für österreichische Rechtsgelehrsamkeit“ 1826, Bd. III, S. 55 u. f.; 1827, Bd. III, Heft 11, und die Antikritik 1826, Bd. III, Heft 7]. Auch sonst noch war S. nach mancherlei Richtung förderlich thätig, so z. B, als Mitglied der Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates und dann des Vereins zur Beförderung der bildenden Künste. Als Gesellschafter war er durch sein musikalisches Talent und seinen schlagenden Witz eine der beliebtesten und seiner Zeit vielgenannten Persönlichkeiten Wien’s. Ignaz S. ist der Urheber des geflügelten Wortes, „daß die für die Stadt Wien erlassenen Gesetze nur von 11 Uhr Vormittag bis Mittag beachtet werden“. Er besaß [8] eine klangvolle, trefflich geschulte Baßstimme und verband damit einen schönen, ausdrucksvollen Vortrag. Hanslick in seiner „Geschichte des Concertwesens in Wien“ berichtet uns, daß die Wohnung des Advocaten Dr. Ignaz von Sonnleithner einer der vorzüglichsten Haus-Altäre des musikalischen Cultus in Wien war. Eine bedeutende Anzahl von Kunstfreunden und Künstlern fand sich bei Ignaz S. in den Jahren 1815–1824 zu regelmäßigen Uebungen ein. Kammermusik, Arien, Chöre und die zu seiner Zeit sehr beliebten Quartett-Arrangements von Ouverturen und Symphonien, auch von ganzen Opern und Oratorien wechselten in zweckmäßiger Folge. Die Sonnleithner’schen Kränzchen sind auch noch dadurch besonders wichtig, daß in ihnen und durch sie Franz Schubert’s Lieder und Vocal-Quartette einem größeren Kreise bekannt wurden. Welcher Kreis von Kunstnotabilitäten aber sich in S.’s Hause zusammenfand, dafür ein Beleg geben die Namen: Bocklet, Haizinger, Jansa, Molique, Nestroy, Hellmesberger Vater, Schupanzigh, Ungher, Worzischek u. A. Wilhelm Böcking’s: „Musikalische Skizzen aus Alt-Wien“ in den „Recensionen und Mittheilungen über Theater, Musik und Kunst“ (1862, Nummer 24) geben ausführliche Ausschlüsse über das musikalische Leben in Sonnleithner’s Hause. Und so war Sonnleithner als Rechtsfreund unermüdet, gewissenhaft und uneigennützig, als Lehrer freundlich und wohlwollend gegen seine Schüler, als Kunstfreund fördernd und anregend und ist als Menschenfreund durch die Gründung der oberwähnten Versorgungsanstalt seinen Mitbürgern unvergeßlich. Er zählt zu jenen Persönlichkeiten Wien’s, die längst ein äußeres Zeichen ihrer Würdigung, wie ja unsere Zeit damit nicht zu kargen liebt, verdient haben. Die kaiserliche Regierung hatte den verdienstvollen Mann bei Lebzeiten wiederholt gewürdigt und ihm im Jahre 1800 taxfrei den Titel eines kaiserlichen Rathes, im Jahre 1828 den erbländischen Adelstand verliehen. Ein Sohn des verdienstvollen ist der nicht minder verdiente Leopold von Sonnleithner, dessen Lebensskizze S. 11 folgt.
Sonnleithner, Ignaz von (Rechtsgelehrter und Fachschriftsteller, geb. zu Wien 30. Juli 1770, gest. ebenda 27. November 1831). Ein Sohn des- Adelstands-Diplom ddo. 14. Juni 1828. – Recensionen und Mittheilungen über Theater und Musik (herausgegeben von Fürst Czartoryski), (Wien, Redaction, Druck und Verlag von J. Löwenthal, 4°.) VIII. Jahrg (1862), S. 369: „Musikalische Skizzen aus Alt-Wien“. Von Wilhelm Böcking. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 78. – Allgemeine Theater-Zeitung. Herausg. von Adolph Bäuerle (Wien, gr. 4°.), Jahrg. 1831, Nr. 146, S. 592; Jahrg. 1841, S. 799. – Oesterreichischer Zuschauer, herausg. von J. S. Ebersberg (Wien, gr. 8°.), Jahrg. 1837, Bd. III, S. 912, und Jahrg. 1838, Bd. IV, S. 1448. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Franz Köhler, Lex.-8°.) S. 791. – Hanslick (Eduard), Geschichte des Concertwesens in Wien (Wien 1869, Braumüller, gr. 8°.) S. 140.
- Wappen. Quadrirter Schild. 1: in Blau eine goldene strahlende Sonne; 2: in Gold eine aus dem Schildesrande hervorschauende bloße Hand, die eine goldene Wage über ein schwarz gebundenes geschlossenes Buch mit rothen Blättern und Rand hält; 3: in Gold ein geflügelter Mercuriusstab, und 4: in schwarz sieben goldene Sterne aufs folgende Art gestellt – nämlich links oben, schräg rechts eins und eins, und unten rechts zwei und zwei, dann wiederum links nahe am Schildesrande einer. Auf dem Schilde steht ein rechtsgekehrter, gekrönter Turnierhelm Auf der Krone schwebt zwischen einem offenen schwarzen Adlerfluge die strahlende goldene Sonne des ersten Feldes. Helmdecken. Diese sind rechts blau, links schwarz, beiderseits mit Gold unterlegt.