BLKÖ:Stelzhammer, Johann Christoph

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Band: 38 (1879), ab Seite: 193. (Quelle)
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Stelzhammer, Johann Christoph (gelehrter Jesuit, geb. zu Weißenbach im Mühlkreise Oberösterreichs 29. August 1750, gest. zu Linz 10. October 1840). Sein Vater war Verwalter der Herrschaften Sallaburg und Zellhof. Schon 1753, damals drei Jahre alt, kam S. mit seinen Eltern nach Linz, wo er seine Studien begann und bis zu den philosophischen Jahrgängen auch fortsetzte. Seine im Jahre 1768 öffentlich vertheidigten Sätze aus allen Theilen der Philosophie hatte er dem Dienstherrn seiner Eltern, dem Grafen Christoph von Sallaburg, seinem Taufpathen, dedicirt und zunächst dadurch seinen Eintritt in den Orden der Gesellschaft Jesu veranlaßt, welcher schon im folgenden Jahre, 1769, bei St. Anna in Wien erfolgte, und in welchem sein Bruder Paul sich bereits seit 1764 befand. Nach zurückgelegten zwei Probejahren kam Stelzhammer in das akademische Collegium an der Universität in Wien, wo er die niederen Weihen und die philosophische Doctorwürde erhielt. In Leoben, dann in Gratz lag er noch ein Jahr den mathematischen Studien ob, dann wurde er dem Astronomen als Gehilfe beigegeben, bis er im Jahre 1773 als Lehrer der ersten Grammaticalclasse nach Laibach kam, wo ihn die Auslösung der Gesellschaft seines Ordens erreichte. Nun ward er gleich seinem Bruder Paul, der bereits über zehn Jahre im Orden sich befand, und wie er auch noch nicht die höheren Weihen besaß, mit einer kleinen Ablösungssumme abgefertigt und auf sich selbst gestellt. Johann Christoph begab sich nach Linz, wo es ihm gelang, eine Lehrerstelle der Humanitätsclassen zu erlangen, welche er durch zwei Jahre versah. Auf den Rath seiner Freunde legte er nun dieselbe nieder, ging nach Wien, studirte dort die Theologie und bestritt durch Privatunterricht seinen Lebensunterhalt. [194] Nach beendigten Studien wollte er die theologische Doctorwürde erlangen und meinte, daß dieß nach der früher vorgeschriebenen Art geschehen könne. Indessen aber hatte der Prälat Rautenstrauch [Bd. XXV, S. 67] den neuen Studienplan entworfen und diesen wollte die Kaiserin sofort eingeführt wissen. So mußte sich Stelzhammer, wollte er sein Ziel damals schon erreichen, den neuen Anordnungen fügen und war somit der Erste, der nach den neuen Vorschriften und Gesetzen die theologische Doctorwürde erhielt. Im Jahre 1776 ertheilte ihm der Weihbischof von Passau die Priesterweihe. Von dem Wiener Ordinariate erbat er sich die Erlaubniß, in Wien verbleiben und an der Universitäts-Bibliothek unentgeltlich arbeiten zu dürfen. Sein Antrag wurde angenommen und da es die Kataloge über die aus den aufgehobenen Klöstern zugewachsenen Bücher anzufertigen galt, fehlte es nicht an Arbeit. Als er sich damals zu unentgeltlichem Dienste bei der Bibliothek angeboten hatte, standen die Aussichten für eine baldige Anstellung an derselben sehr günstig. Durch Personalveränderung in den höheren Stellen schwanden aber diese Hoffnungen alsbald, und S. war genöthigt, sich durch Privatunterricht weiter fortzuhelfen, und hatte somit nur das unbestrittene Verdienst, zwei Jahre unentgeltlich dem Staate gedient zu haben. Durch seine Privatstunden, die er Zöglingen gab, welche sich für das philosophische Examen vorbereiteten, wurde er auf das sorgfältigere Studium der Physik geführt und S. besuchte aus diesem Anlasse die Vorträge des Professors Gueßmann [Bd. VI, S. 21], welche ihn so fesselten, daß er den Entschluß faßte, sich ganz dem Studium der Physik zu widmen. Er verlegte sich nun mit allem Eifer auf die ihm lieb gewordene Wissenschaft, und unterzog sich zur Erlangung einer Lehrkanzel dem vorgeschriebenen Concurse, der so glücklich ausfiel, daß er auch im Jahre 1792 als Professor der Physik zu Klagenfurt in Kärnthen angestellt wurde. In Kärnthen fand er in dem nachherigen Fürstbischof von Linz, Sigmund von Hohenwart [Band IX, S. 206], der selbst ein Naturfreund und Naturforscher war, einen wohlwollenden Gönner, der ihn mit Rath und That unterstützte und zu immer gründlicheren, naturgeschichtlichen Studien anspornte. Nach vierjährigem Aufenthalte in Klagenfurt folgte er einer Einladung des Professors der Mathematik Georg Freiherrn von Metzburg [Bd. XVIII, S. 64], ihn nach Westgalizien zu begleiten und ihm bei der trigonometrischen Aufnahme des Landes behilflich zu sein. Stelzhammer nahm den Antrag an und betheiligte sich, alle Strapazen und Mühseligkeiten der anstrengenden Arbeit ertragend, mit allem Eifer an derselben. Im November 1796 mit den besten Zeugnissen Metzburg’s versehen, kehrte S. zu seinem Lehramte in Klagenfurt zurück. Um diese Zeit erfolgte der Tod seines Bruders Paul, der nach Aufhebung des Jesuitenordens die Rechte studirt, sich mit Lectionengeben fortgeholfen, dann eine Staatsbedienstung gesucht und zuletzt vom Viceregistrator im Manipulationsdienste sich zum Hofrathe bei der obersten Justizstelle emporgeschwungen hatte. Um der Familie der Hinterbliebenen nahe zu sein, suchte Johann Christoph nach Wien übersetzt zu werden. Als um diese Zeit die theresianische Ritterakademie wieder erneuert wurde, bewarb er sich um eine Stelle an derselben, und erhielt sie auch mit der Anwartschaft auf die bald [195] zu erledigende Professur der Experimentalphysik. Als die Akademie eröffnet wurde, stand Stelzhammer zuerst der Abtheilung der Rechtscandidaten als Präfect vor. Nach einiger Zeit schon übernahm er aber die Vorlesungen über Montanistik und Mineralogie. In dieser Stellung richtete er den ziemlich verwahrlosten mineralogischen Saal ganz neu ein, und um ihn in einer den Forderungen der Zeit entsprechenden Weise auszustatten, unternahm er im Jahre 1798 eine Reise in die ungarischen Bergstädte. Nachdem er durch fünf Jahre die genannten Lehrfächer vorgetragen, wurde er zum ordentlichen Professor an der theresianischen Akademie ernannt. In den Herbstferien 1800 aber erhielt er einen Ruf an den k. k. Hof von Este nach Neustadt, um den Erzherzogen Franz und Maximilian von Oesterreich-Este die mit der Chemie verbundenen neuesten Versuche aus der Naturlehre vorzutragen, welchen Vorträgen später auch noch der Erzherzog Ferdinand beiwohnte. Stelzhammer hatte diese ihm übertragene ehrenvolle Aufgabe in so entsprechender Weise gelöst, daß er später berufen wurde, in Wien dem Erzherzoge Karl Ambros [Band VI, S. 388, Nr. 140], nachmaligem Primas von Ungarn, Vorträge aus der ganzen Naturlehre zu halten. Als bald darauf, im Jahre 1862, die Stelle eines Custos bei dem vereinigten k. k. physikalischen und naturhistorischen Cabinete, dessen Director Andreas Stütz war, erledigt war, bewarb S. sich um dieselbe und erhielt sie auch, doch unter der Bedingung, daß er die Vorträge an der theresianischen Ritterakademie auch weiters zu versehen habe. Stelzhammer hielt auch noch später, als besagte Akademie an die Priester der frommen Schulen übergegangen war, seine physikalischen, Vorträge an derselben. Als nach dem Tode des Directors Stütz im Jahre 1806 die Cabinette getrennt wurden, erhielt S. die Leitung des physikalischen mit der gleichzeitigen Besorgung des astronomischen Thurmes im Schweizerhofe der k. k. Burg, wohin dann im Jahre 1810 auch das Cabinet versetzt und ihm eine Wohnung eingeräumt wurde. Daselbst trug er nun dem gesammten kaiserlichen Hofe durch zwei Jahre an den Winterabenden die neuesten Versuche aus der Naturlehre vor, denen der Kaiser selbst so lange beiwohnte, bis ihn die Kriegsereignisse ins Feld riefen. Später hielt er diese Vorträge den Erzherzoginen Leopoldine und Clementine, bei denen auch die Kaiserin Maria Ludovica zugegen war. Als im Jahre 1816 die Errichtung des polytechnischen Institutes beschlossen wurde, überließ der Kaiser die erbländischen Producte und Alles dahin Gehörige des kaiserlichen physikalischen Cabinets dem neuen Institute als Grundlage zum Geschenk, und Stelzhammer hielt an demselben mehrere Monate hindurch die Vorlesungen aus der Naturlehre, bis der eigens hierzu ernannte Professor dieselben übernahm. Auch an der theresianischen Ritterakademie gingen die Vorträge, welche S. bisher gehalten an die Priester der frommen Schulen über. Stelzhammer behielt demnach nur mehr die Aufsicht über das k. k. optische und astronomische Cabinet und hatte noch dem Kronprinzen Erzherzog Ferdinand die Vorlesungen über das Neueste aus der Natur- und Maschinenlehre zu halten. Zugleich hielt er in den Wintermonaten öffentliche Vorträge für Liebhaber der Naturlehre beiderlei Geschlechtes. Diese vielseitige und verdienstliche Thätigkeit [196] fand in wissenschaftlichen Kreisen und höchsten Ortes verdiente Würdigung. Die Wiener Hochschule erwählte ihn im J. 1798 zum Decan der theologischen Facultät, später zum Notarius und im Jahre 1826 zum Rector. Im J. 1816 wurde er Vicedirector der theologischen Studien und im Jahre 1826 wurde er von dem Universitäts-Consistorium zum Domherrn bei St. Stephan gewählt. Daß bei so vielseitiger und anstrengender Beschäftigung ihm zu schriftstellerischer Thätigkeit nur wenig Muße übrig bleiben konnte, bedarf wohl keines Beweises, daher sich dieselbe nur auf einige kleinere Arbeiten beschränkt, die aber werthvolle Beiträge zur Geschichte der naturwissenschaftlichen Thätigkeit im Kaiserstaate bleiben. Als der Uhrmacher Jacob Degen [Bd. II, S. 199] seine Flugversuche unternahm, sandte Stelzhammer den ersten Bericht über dieselben und die Flugmaschine in die Gilbert’schen „Annalen“ [Bd. XXX, 1808 und Bd. XXXI, 1809]; veröffentlichte dann eine „Beschreibung des ersten grossen gelungenen Flug-Versuches vor dem allerhöchsten Hofe in Laxenburg“ (Wien 1810), und als Degen aus Paris zurückgekehrt war, gab Stelzhammer die „Denkschrift über Jacob Degen’s Aufenthalt in Paris“ (Wien 1816, Strauß, 8°.) heraus. Um dem sich immer fühlbarer gestaltenden Holzmangel zu steuern, veranlaßte S. den Künstler Anton Egger zur Anfertigung von Modellen von Bohlendächern, und veröffentlichte aus diesem Anlasse eine „Beschreibung neuer Modelle zu Bohlen-Dächern, nebst Ausmessung des dazu erforderlichen Holzes und Berechnung des körperlichen Inhalts“ (Wien 180., Mösle). Aus gleicher Absicht empfahl er die Sparherde, ließ in mehreren größeren Häusern solche machen, und gab seine „Anweisung für die Einführung der papinischen Kochtöpfe“ Wien 181., 8°.) heraus, ließ auch dergleichen Töpfe für ärmere Familien auf eigene Kosten anfertigen. Als das erste Dampfschiff die Donau befuhr, erschien von ihm die „Genaue Beschreibung des Dampfschiffes auf der Donau, sammt einer Abbildung des Ganzen und der einzelnen Theile“ (Wien 180., 8°.). Von der plastischen Darstellung der Stadt Wien, welche der Wiener Bürger Zacharias Grund ausgeführt hatte und zu welcher Stelzhammer die Umgebungen Wiens mit der Camera obscura hatte aufnehmen lassen, machte er zu wiederholten Malen ausführliche Beschreibungen bekannt und von der neuerfundenen künstlichen Nähmaschine des Wiener Schneidermeisters Madersperger [Bd. XVI, S. 246], welche dann in der Wiedererfindung Howe’s aus Amerika nach Europa zurückimportirt wurde, hat auch S. die ersten, heute schon mehr als Seltenheiten cursirenden, Beschreibungen, bekannt gegeben. Von anderen wissenschaftlichen Arbeiten S.’s ist zu erwähnen seine Geschichte der theologischen Facultät der Wiener Universität, mit welcher er sich beschäftigte, als ihn dieselbe im Jahre 1798 zu ihrem Decan gewählt. Ob diese von ihm vollendet worden, ist dem Herausgeber dieses Lexikons nicht bekannt; vielleicht findet sich das handschriftliche Werk in den Acten der Facultät. Hingegen betheiligte er sich auch an den Arbeiten der Gesellschaft einiger Freunde der Geschichte, welche eine „Historisch-topographische Darstellung der Pfarren, Stifte, Klöster, milden Stiftungen und Denkmäler im Erzherzogthume Oesterreich“ herausgaben, besorgte für dieselben die Abbildungen und schrieb die Vorrede zur Darstellung von Korneuburg und Stockerau, welche Alois [197] Schützenberger [Band XXXII, S. 135] verfaßt hatte. In seinen letzten Jahren lebte Stelzhammer in Linz, wo er auch als 90jähriger Greis an Altersschwäche starb, der letzte aus dem aufgehobenen Orden der Gesellschaft Jesu, den er um 67 Jahre überlebt hatte. Stelzhammer ist zu Linz bestattet und sein langjähriger Freund, der Linzer Bischof Thomas Ziegler, ließ dem verblichenen Freunde in der Linzer Kathedrale eine Gedächtnißtafel errichten.

Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1837, 8°.) Bd. V, S. 146. – Pillwein (Benedict), Linz, Einst und Jetzt, von den ältesten Zeiten bis auf die neuesten Tage (Linz 1846, J. Schmid, 8°.) Bd. II, S. 46 [Pillwein stellt anläßlich der Abweichungen in Angabe des Geburtsdatums Stelzhammer’s dasselbe auf Grund des Taufbuches mit dem 29. August 1750 fest]. – Oesterreichischer Zuschauer, herausg, von J. S. Ebersberg (Wien gr. 8°.) 1837, Bd. III, S. 1044. – Allgemeine Theater-Zeitung. Von Adolph Bäuerle (Wien, gr. 4°.) 1841, S. 908. – Stoeger (Joh. Nep.), Scriptores Provinciae Austriacae Societatis Jesu (Viennae 1855, Lex. 8°.) p. 338 [mit der irrigen Angabe, daß S. am 25. August 1750 geboren worden]. – Poggendorff (J. C.), Biographisch-literarisches Handwörterbuch zur Geschichte der exacten Wissenschaften (Leipzig 1859, J. Ambr. Barth, Lex.-8°.) Bd. II, Spalte 1000.