Das National-Denkmal auf dem Niederwald (1883)
Das National-Denkmal auf dem Niederwald.
Die Freiheit sei der Stern!
Die Losung sei der Rhein!
Wir wollen ihm auf’s Neue schwören;
Wir müssen ihm, er uns gehören;
Vom Felsen kommt er frei und hehr,
Er fließe frei in Gottes Meer!
Max von Schenkendorf.
Noch war der Jubel des letzten nationalen Krieges über die glücklichen Erfolge nicht verhallt, nach drangen die Trauerkunden schmerzlicher Verluste in die Familien, in Dorf und Stadt der Heimath, als sich auch schon aller Orten das Bestreben regte, den gefallenen Helden jenes aufgenöthigten Kampfes ein sichtbares Denkmal der Erinnerung zu weihen. Jedes Dörflein schickte sich an, das Angedenken an seine Gefallenen in einem Denksteine zu ehren, und Kunde dessen sind heute die zahlreichen Monumente, welche rings im deutschen Vaterlande für lange Zeit hinaus von den Thaten unserer Söhne in Waffen erzählen.
Noch bevölkerten die französischen Gefangenen die Lager in den Festungen, auf dem Lechfelde und in unseren offenen Städten, und in Frankreich wütheten die selbstmörderischen Kämpfe der Commune, während wir – erstarkt in dem Gedanken der endlichen Einigung der deutschen Stämme – nach einem sichtbaren Ausdrucke, nach einem Wahrzeichen suchten, das unauslöschlich nicht allein unseren Sieg im Kampfe feiern, sondern zumeist die „Wiederaufrichtung des deutschen Reiches“ den kommenden Geschlechtern eindringlich kund thun sollte.
Nur schüchtern wagten sich die ersten Vorschläge an das Tageslicht. Jetzt, in den Tagen der Enthüllung des nach zwölfjähriger Thätigkeit endlich vollendeten Denkmals, ist es ein wohlbegründetes Recht der „Gartenlaube“, eine kurz gedrängte Geschichte der Entstehung des Denkmals ihrem zahlreichen Leserkreise vorzuführen; war es die „Gartenlaube“ doch zunächst, welche einem größeren Theile des deutschen Volkes den Gedanken der Errichtung eines gemeinsamen Denkmals durch Wort und Bild nahelegte. –
In Münster im Westfalenlande wurde bei Gelegenheit der Feier des Geburtstages des Kaiser-Königs Wilhelm am 22. März 1871 der Gedanke zuerst ausgesprochen, einen Denkstein zur Erinnerung an die Erhebung des deutschen Volkes zu schaffen. Fast gleichzeitig traten in ähnlicher Bestrebung Bewohner von Bonn [617] zusammen und richteten ihr Augenmerk auf die Erpeler Ley am Rhein – Remagen gegenüber – während die Patrioten in der Pfalz einer Höhe in den Vogesen, jene in Münster dem Drachenfels im Siebengebirge den Vorzug gaben. Im Allgemeinen brachte man indessen nur eine sogenannte Siegessäule, ähnlich jener droben auf dem Drachenfels, welche den Landwehrkämpfern von 1813 und 1814 gewidmet ist, in Vorschlag. Auch der Gedanke an den Niederwald und seine rebengeschmückte Höhe hat manchem Verehrer des Rheines offenbar nicht ferngelegen.
Am ersten Ostermorgen, im Monat April 1871, schrieb der Verfasser Dieses – damals mit der Pflege der zahlreichen Verwundeten in Wiesbaden und der Verwaltung des freiwilligen Depots für die zweite Armee beschäftigt – für den „Rheinischen Courier“ in Wiesbaden (Nr. 87) die erste öffentliche Anregung und Aufforderung: den Niederwald als Standpunkt für das „Erinnerungsdenkmal an den letzten französischen Krieg“ zu wählen. Jenem Aufrufe entnehmen wir einige Stellen, umsomehr als sie heute wörtlich zur Geltung gekommen sind:
„Die Bewohner des Rheines haben alle Ursache, dem Gefühle des Dankes für die von den Stromufern ferngehaltenen Gräuel des Krieges einen sichtbaren Ausdruck zu geben. Im patriotischen Sinne sollte und müßte der Rhein dem gesammten deutschen Volke, seinen Helden-Feldherren und dem sieggekrönten Heere wohl eine Erinnerungsstätte bereiten, spätere Zeiten und Generationen daran gemahnend, was unsere Brüder in Waffen zu des Vaterlandes Ehre und Wohlfahrt in dem letzten heißen Kampfe gegen Frankreich errungen. Gehört doch jetzt und erst jetzt durch die Erfolge unserer heldenmüthigen Krieger der Rhein ganz und ungetheilt dem deutschen Vaterlande, sind doch erst jetzt seine Ufer sicher vor fremdländischen Drohungen, geschützt vor einem frevelnden Uebergriffe des streitsüchtigen Nachbarvolkes …
Hier, umrahmt von der Buschwaldung, etwa über der Ruine Ehrenfels, neben der Rossel, weithin sichtbar, fände eine Germania als Wacht am Rhein den geeignetsten Platz. Gegenüber dem Eisenbahnknotenpunkte Bingerbrück, über den sich der Strom unseres siegreichen Heeres nach Frankreich ergoß, auf dem rückkehrende verwundete Krieger, die aus Frankreich ausgewiesenen Deutschen und die lorbeergeschmückten Sieger auf ihrem Heimwege den einigenden Mittelpunkt fanden, sollte jenes Denkmal füglich sich erheben. Hier, wo (im Saargebiete), dem Laufe der Nahe folgend, der erste Angriff auf eine deutsche Stadt (Saarbrücken) und auf unser deutsches Heer geschah, hier, wo in der Ferne die neuen Landesgrenzen sich durch die blauen Linien ihrer Berge kennzeichnen, hier, wo bis vor Kurzem drei deutsche Länder ihre Grenzsteine errichtet hatten, die jetzt geeinigt unserem Volke seine Wiedergeburt künden – hier erhebe sich die zu errichtende ‚Wacht am Rhein‘ umrahmt von den lebendigen Thyrsusstäben unserer rheinischen Edeltraube.
Wie drunten die Stromschnellen des Bingerlochs durch das jugendlich frische Ringen und Schäumen des schönsten deutschen Stromes sinnbildlich das Streben des deutschen Volkes nach nationaler Einigung veranschaulichen, so würde ein Standbild gerade an dieser Stelle, am eigentlichen Mittelpunkte des ganzen Stromes, sicher den entsprechendsten Platz finden. Winkt doch von drüben, von Ingelheim herüber als Zeuge früherer Reichsherrlichkeit der Lieblingsaufenthalt unseres großen Kaisers Karl, entquillt doch hier die edelste Gabe des Rheinstromes – der echte deutsche Feuertrank aus rheinischer Rebe. Feiert doch hier der Ober-, Mittel- und Niederrhein seine gemeinschaftlichen Frühlingsfeste in den Pfingsttagen. Hier, im Dufte der Rebenblüthen während des Frühsommers, im reichen Glanze unserer poetischen Weingärten während des Herbstes, wandert der Strom aller Rheinfahrer vorüber, sei es auf den Fluthen des Rheines selbst, sei es über seine aussichtsreichen Stromhügel hinweg. Reichen sich doch hier, bei dem Durchbruche unseres rheinischen Schiefergebirges, die Bewohner von Ober- und Niederrhein die Bruderhand.
[618] Mag eine Verwirklichung des angeregten Planes auch erst späteren Tagen vorbehalten sein, der Unterzeichnete glaubt die Aufmerksamkeit auf jene Stelle lenken zu sollen, von der schon Geibel singt:
‚Und an den Hügeln wandelt ein hoher Schatten her,
Mit Schwert und Purpurtmantel, die Krone von Golde schwer.
Das ist der Karl, der Kaiser, der mit gewalt’ger Hand
Vor vielen hundert Jahren geherrscht im deutschen Land!‘
welches herrliche Lied schließt:
‚Wir aber füllen die Römer und trinken in gold’nem Saft
Uns deutsches Heldenfeuer, uns deutsche Heldenkraft!‘“
In diesem Aufrufe und des Verfassers späterem Aufsatz in der „Gartenlaube“ sind alle Punkte enthalten, welche in der Folge von der gesammten Presse als die für den Niederwald ausschlaggebenden anerkannt und weiter ausgeführt worden sind.
Indessen ist anzunehmen, daß jener Aufruf, wenn schon von den Bewohnern des Mtttelrheins freudig begrüßt, ohne alle Folgen verhallt wäre, hätte ihn nicht ein Mann aufgegriffen, dessen Name und Energie alle Bürgschaft in sich trugen, den Gedanken auch zum endlichen Ziele zu führen. Es gebührt sich, dieses Mannes am heutigen Tage in hervorragender Weise zu gedenken. Es ist Graf Botho zu Eulenburg, damals Präsident des Regierungsbezirks Wiesbaden, Landes-Delegirter für die freiwillige Verwundetenpflege daselbst, welcher dem Verfasser seine Uebereinstimmung mit dem Projecte schon nächsten Tages nach Erscheinen des Aufrufs kundgab und dem ganz allein der heutige Erfolg zu danken ist. Wenn er auch später als Oberpräsident nach Lothringen und Hannover und dann in das königliche Staatsministerium berufen wurde - die Sorgfalt und Mühe, das Interesse für die endliche Lösung der Aufgabe ist dem trefflichen Manne stets nahe geblieben. Ohne ihn stände heute die Germania nicht hoch da droben, „ragend in des Aethers Blau“, ohne ihn wäre das Meisterwerk Schillings muthmaßlich nicht geschaffen.
Schon im Monat Mai 1871 waren Graf zu Eulenburg I, der damalige Minister und Onkel des jüngeren, sowie der Reichskanzler Fürst Bismarck bei Gelegenheit des Frankfurter Friedenscongresses für die Idee erwärmt, und während Graf Botho zu Eulenburg mit allem Eifer die parlementarischen Kreise in Bewegung setzte und in das Interesse für die Sache zog, führte an Ort und Stelle der jetzige Landesdirector Sartorius, damals Regierungsrath in Wiesbaden, die localen Geschäfte mit Aufbietung aller Kräfte fort.
Aber auch am Rheine regte es sich. Schon in den Pfingstfeiertagen 1871 pflanzte der Verschönerungsverein zu Rüdesheim an den drei zumeist hervortretenden Punkten des Rüdesheimer Berges am Abhange des Niederwaldes, auf Voglers-Ruhe, dem Leingipfel und der Rossel, Signalflaggen auf, um das Urtheil des Publicums festzustellen, welcher dieser Punkte für das Denkmal am geeignetsten erschien. In Geisenheim arrangirte man – allerdings in kleinen Verhältnissen – unter Anregung des Generalconsuls E. von Lade – der als Dritter im Bunde der thatsächlich eingreifenden Förderer genannt werden muß – Concerte, um die ersten Baarmittel zu schaffen. Bescheiden waren freilich diese Einnahmen, aber sie waren doch das erste wirkliche Vorgehen zur That.
Am 28. August 1871 fand das erste „Germania-Concert“ im Rathhaussaale zu Geisenheim statt. Schon damals wünschte der leider zu früh verstorbene Dichter Bernhard Scholz die „Gartenlaube“ in das Interesse zu ziehen, indem er den Verfasser Dieses aufforderte, Freund Ernst Keil’s Beihülfe anzugehen. Die Dinge hatten aber noch nicht genügende greifbare Gestalt gewonnen.
Am 22. September des genannten Jahres berief Graf zu Eulenburg auf den 29. desselben Monats Nachmittags 31/2 Uhr in den großen Sitzungssaal des Regierungsgebäudes zu Wiesbaden die erste Versammlung zur Besprechung der Ausführung des Denkmals, nachdem er vorher die Anwohner der Rheinortschaften, besonders jene von Rüdesheim, für die Idee gewonnen.
Im November 1871 lud durch Rundschreiben ein für den beregten Zweck zusammengetretenes provisorisches Comité, bestehend aus den Herren Graf zu Eulenburg, Regierungspräsident in Wiesbaden, von Heemskerck, Präsident in Biebrich, Hehner, Oberappellationsgerichtsrath in Wiesbaden, Generalconsul von Lade in Geisenheim, Geheimer Commerzienrath Lauteren in Mainz, Dr. Mumm, Oberbürgermeister in Frankfurt am Main – eine Anzahl der ersten und bedeutendsten Männer des deutschen Vaterlandes – nach Berlin und zwar auf Donnerstag den 16. November 1871 Nachmittags 6 Uhr in das Gebäude des deutschen Reichstages, Abtheilungszimmer Nr. 5, um im Auftrage jener Wiesbadener Versammlung die Bildung eines definitiven Comités und die Berathung der erforderlichen Schritte für die Herstellung des Denkmals vorzunehmen.
Fast gleichzeitig erhoben sich indessen auch in der Presse die abfälligsten Urtheile über die ganze Angelegenheit. Der Verfasser der ersten Anregung wurde des „patriotischen Taumels“ geziehen. Man sagte, „es sei ihm des Vaterlandes Ruhm zu Kopfe gestiegen und die solchergestalt erzeugten Gehirnaffectionen seien als patriotische Vorschläge in die Oeffentlichkeit gedrungen“. In abfälligster Weise wurde der Vorschlag der Aufrichtung einer Germania-Statue vom „Kunststandpunkte“ verurtheilt. Eine rheinische Zeitung widmete dieser Auslassung mehrere Spalten und schloß dieselbe mit den Worten: „Darum ein Protest im Namen der deutschen Kunst und des gesunden deutschen Sinnes gegen die Germania auf dem Niederwald.“
Es konnte auch nicht fehlen, daß am linken Rheinufer sich Stimmen laut werden ließen, welche für die Aufstellung linksseitig das Wort ergriffen, ja ein Vorschlag ging dahin, gegenüber Mainz, mitten im Strom, auf einem 50 Fuß hohen Unterbau ein Denkmal zu errichten, dasselbe mit den Ufern durch Brücken zu verbinden (die Zeichnung war im Reichstagsgebäude schon ausgestellt), und, umgeben von den Reitergestalten des Kaisers, des Kronprinzen und der Heerführer, sollte den Unterbau ein 191 Fuß hoher Säulenschaft und diesen ein 58 Fuß hohes Standbild des „Erzengels Michael“ krönen. Und dies in nächster Nähe der Festung Mainz! Andere wollten ein Invalidenhaus auf die Höhe des Niederwaldes gesetzt wissen – kurz, es konnte kaum Wunder nehmen, daß einer unserer bekanntesten Parlamentarier die ganze Angelegenheit als „eine verkrachte Gründung“ bezeichnete.
Unter diesem Für und Wider war es ein den Verhältnissen sehr entsprechender Gedanke des Grafen zu Eulenburg, die Presse, insbesondere die großen Weltblätter, für die Sache zu erwärmen. Die Anschauungen mußten sich auf diese Weise am schnellsten klären. Im December 1871 wurden denn auch Seitens des Comités die entsprechenden Anschreiben an die Redactionen erlassen, und wie Graf zu Eulenburg mittheilte, war ein solches auch direct an Ernst Keil abgegangen, eine Nachricht, die von der Bemerkung an den Verfasser begleitet war, „daß es sehr erwünscht sei, wenn er einige Zeilen dorthin richten wollte, um die Aufnahme des Aufrufes und die Befürwortung des Unternehmens zu sichern“.
Diesen Aufruf an die Presse hatten außer den oben bereits Genannten weiter gezeichnet: die Herren Dr. Stephani, Vicebürgermeister in Leipzig, Freiherr Franz von Stauffenberg, Landrath Fonck in Rüdesheim, Regierungsrath Sartorius in Wiesbaden, Dr. Hans Köster in Cottbus, von Dachröden, Schloßhauptmann in Berlin, Buzzi, Kaufmann in Frankfurt am Main, als Schatzmeister, und Dr. Ebner, Advocat in Frankfurt am Main. Diese Herren bildeten im Verein mit dem vormals provisorischen Comité von da ab den geschäftsführenden Ausschuß für das Niederwalddenkmal, während ein größeres Comité aus etwa 144 Mitgliedern bestehend und zusammengesetzt aus Männern aller Berufssphären und aller Landestheile Alldeutschlands, die Vertretung der Sache in weiteren Kreisen übernahm.
Umgehend antwortete Ernst Keil dem Verfasser, daß er selbst schon an die Publicirung der Angelegenheit in einer dem Sinne und Geiste der „Gartenlaube“ entsprechenden Form gedacht habe, und forderte zugleich zur Anfertigung von Zeichnungen auf, „die er gerne mit einem Texte begleitet wünschte, der an geeigneter Stelle die Theilnahme des deutschen Volkes für das Unternehmen anregen sollte“.
Schnell war nun der Maler E. Reichmann aus Wiesbaden gewonnen und mit Unterstützung des Comités eine Ansicht des ganzen Rüdesheimer Berges mit dem denselben krönenden Niederwald entworfen und ausgeführt, die zur Wahl gestellten Punkte waren darauf mit Flaggenstangen gekennzeichnet, und der Aufsatz erschien aus der Feder des Verfassers Dieses, wesentlich durch ein treffliches Poem von Emil Rittershaus gehoben und gefördert, in Nr. 19, Jahrgang 1872 der „Gartenlaube“. Hier trat zum [619] ersten Male die gesammte Idee dem größeren Publicum vor Augen, und von diesem Augenblicke an dürfte auch die allgemeinere Theilnahme des deutschen Volkes für die Angelegenheit zu rechnen sein.
Fast gleichzeitig erschien (im Februar 1872) ein Concurrenzausschreiben, gerichtet an die Künstler Deutschlands, „welches ihrer Wahl die Bestimmung des künstlerischen Charakters des Entwurfs, Plastik oder Architektur oder eine Verbindung beider“, frei überließ. Um die Uebernahme des Preisrichteramtes waren die Professoren Drake und Eggers in Berlin, Hähnel in Dresden, Lübke in Stuttgart, Oberbaurath Professor Schmidt in Wien, Oberhofbaurath Professor Strack in Berlin und Professor Zumbusch in München gebeten worden. Als Termin für die Einsendung der Modelle oder Zeichnungen wurde der 1. September 1872 festgestellt. Die Preise waren nicht eben hoch und beliefen sich für den besten Entwurf auf 3000 Thaler, beziehungsweise auf die Ausführung des Denkmals „innerhalb der durch die verfügbaren Mittel gezogenen Grenzen“, der zweite und dritte Preis waren auf 1000 und 500 Thaler bestimmt.
Indessen die Mittel flossen für den vaterländischen Zweck nicht allzu reichlich. Köln brachte zwar in einer ersten Versammlung nahe 3000 Thaler auf, Krupp in Essen, von Kramer-Klett in Nürnberg gingen mit gutem Beispiele voran, die Darmstädter Bank, die Aachen-Münchener-Feuer-Versicherungsgesellschaft, die Hessische Ludwigsbahn, die Rheinische Eisenbahn und die Taunusbahn, die deutschen Landsleute in St. Petersburg waren unter den ersten Stiftern, das Comité aber sah sich genöthigt, um die Angelegenheit mehr in Fluß zu bringen, im ganzen deutschen Vaterlande Localcomités zu bilden und 1638 Vertrauensmänner zu erwählen, die in allen Provinzen und Städten der Heimath sich der Sammlung liebevoll annahmen. Aber auch in dem Auslande regte sich deutscher Sinn für die gemeinsame Aufgabe.
Mittlerweile waren die Entwürfe (26 architektonische und 11 plastische) in Berlin eingeliefert, von denen jene der Architekten A. Pieper und H. Eggert und des Bildhauers Johannes Schilling den Preis davon trugen. Aber – sie überstiegen den ausgesetzten Kostenbetrag! Eine neue Concurrenz unter den Auserwählten entsprach ebenfalls den Vorbedingungen nicht, und endlich wurde Meister Schilling mit einem endgültigen Entwurf beauftragt, der nach Vollendung allseitig den Anschauungen entsprach, und der nunmehr tatsächlich zur Ausführung gekommen ist.
„Das gewaltige Schwert des streitbaren Weibes ist zur Ruhe gestellt, nicht geschwungen, den von ihm erkämpften Frieden andeutend; die ganze Gestalt athmet Adel, Milde, während aus dem edlen Antlitz hohe Begeisterung aufleuchtet. In der erhobenen Rechten ruht die mit Lorbeer umwundene Reichskrone, das glorreichste Resultat des heißerfochtenen Sieges, die Wiedererrichtung eines deutschen Kaiserreiches symbolisirend!“
Dies der Grundgedanke, welcher den Meister bei seinem Entwurfe leitete.
Es ist billig, daß wir am heutigen Tage besonders des Künstlers gedenken, welcher das Meisterwerk des Nationaldenkmals geschaffen.
[632][635] Johannes Schilling (vergl. das Portrait S. 632) ist am 22. Juni 1828 in Mitttweida in Sachsen geboren. Sein Großvater, Gustav Schilling, vordem Artillerie-Officier in der sächsischen Armee, hatte durch eine seltene Productivität seinen Namen schriftstellerisch allseitig bekannt gemacht. 1842 schon trat der Enkel, der reichbegabte Jüngling, als Schüler in die Dresdener Kunstakademie, der er drei Jahre angehörte, und mit siebenzehn Jahren wurde der junge Künstler schon in Ernst Rietschel’s Atelier aufgenommen, unter diesem Meister fünf Jahre lang strebend und arbeitend. Bei Professor Drake in Berlin und Professor Hähnel in Dresden setzte der in schneller Entwicklung fortschreitende Künstler seine Studien fort.
Einige Arbeiten (die Medaillons „Jupiter und Venus“) erwarben ihm ein Reisestipendium für Italien, wo er die Jahre 1854 bis 1856 verbrachte, in Rom sich der besonderen Förderung und Freundschaft des Meisters Cornelius erfreuend. In Italien war der Künstler nicht müßig. Seine Statue des verwundeten Achill, sein Relief „Centaurin und Amor“ machten ihn auch dort wie in der Heimath weiteren Kreisen bekannt. Heimgekehrt in’s Vaterland schuf er in Dresden die Gruppen „Morgen, Mittag, Abend und Nacht“, die den ersten Preis in der Kunstausstellung zu Wien 1869 davontrugen.
Die Nation verdankt Johannes Schilling ferner folgende Meistergestaltungen: Den Fries auf der linken Seite des Vestibuls des Museumgebäudes in Dresden, eine Bronzebüste des Turnvaters Jahn, aufgestellt in Freiburg an der Unstrut, eine Erzstatue des Oberbürgermeisters Demiani in Görlitz. Nach Meister Rietschel’s Tod übernahm Schilling die Ausführung der Figuren der Städte Augsburg und Speyer für das Luther-Denkmal zu Worms. Seit 1867 schmückt den Schiller-Platz zu Wien die Gestalt Schiller’s aus des Meisters Händen.
Selten vermag ein „Bildner“ auf eine größere Zahl durchweg vollendeter Gestaltungen zu schauen, als Johannes Schilling. Rietschel’s Denkmal auf der Brühl’schen Terrasse in Dresden, das Monument Kaiser Maximilian’s in Triest, das Kriegerdenkmal in Hamburg; aus etwas früherer Zeit die Gruppen: Vocal- und Instrumentalmusik im Dresdener Schloß, die Pantherquadriga auf dem Dresdener Hoftheater, die Phidias-Statue in der Loggia des Leipziger Museums und andere, sie alle sind Schöpfungen seines Geistes und seiner Hand.
Im Jahre 1874 wurde Schilling die Ausführung des Nationaldenkmals auf dem Niederwald übertragen, das, nun vollendet, den Ruhm des Meisters für alle Zeiten fest begründet, zur Freude und Ehre der deutschen Nation. –
Während der Meister die ersten Schritte zur Verwirklichung seiner Schöpfung that, ließ das Comité seine Thätigkeit nicht ruhen. Noch galt es die Mittel zu schaffen, die bei Weitem nicht zur Genüge angesammelt waren. War man auch aller Orten für den Gedanken begeistert, so wirkten doch die Nachwehen des Krieges, die Veranstaltungen für die localen Denksteine nicht förderlich auf die Sammlung der gemeinsamen Mittel.
Da traten die Gesang- und Kriegervereine zusammen und stifteten – durch Concerte und Veranstaltungen die ersteren, durch öffentliche Aufrufe die letzteren – die Gelder zur Herstellung der Figur des Krieges, die Schüler der höheren Gymnasial- und Realschulen die Mittel zur Beschaffung der Figur des Friedens. Kaiser Wilhelm aber lieh der Errichtung des Germania-Denkmals seine ganze Theilnahme, und es wurde eine Summe sicher gestellt, welche der Ausführung ferner ein Hinderniß nicht mehr bereitete. Die Fertigstellung war endlich gewährleistet.
Während mühsamer Arbeit von allen Seiten – denn die Verwirklichung der Ausführung bot nicht geringe technische Schwierigkeiten – konnte endlich am 16. September 1877 die Grundsteinlegung in feierlichster Form durch des Kaisers ehrwürdige Person vollzogen werden. Von Aßmannshausen aus, wo der Kaiser und die Kaiserin den Bahnzug – von Coblenz kommend – verließen, wurde die Fahrt zum Niederwald angetreten. Zwei rheinische Damen begrüßten die verehrten Majestäten in poetischer Form, den Wein und die Blumen des Rheins darreichend; durch festlich geschmückte Häuserreihen, durch Ehren- und Triumphpforten in Aßmannshausen und Rüdesheim, rechts und links des Niederwaldes, feierte die Gegend den glückverheißenden Tag. Zur Seite des Kaisers und der Kaiserin wohnten der Kronprinz des deutschen Reichs, Prinz Wilhelm von Preußen, Prinz Karl, Prinz Friedrich Karl, die Großherzoge von Mecklenburg und Sachsen, die Feldmarschälle Graf Moltke und von Manteuffel, die Generale von Roon, von Göben und viele andere dem feierlichen Augenblicke an.
Und als, trotz des ungünstigen, drohenden Wetters, die kernige Festrede des Oberpräsidenten, Grafen zu Eulenburg, verklungen war, als die Sonne durch die Wolken brach und der Held unseres Volkes – Kaiser Wilhelm – die ersten drei Hammerschläge that, da wollte des Jubels kein Ende sein, da salutirten die Kanonen von den Höhen, da läuteten die Glocken im gesegneten Rheingau, da mischte sich der Jubel der Versammelten in die Fanfaren der Musik, da feierte in der That die Nation „die Wiedererrichtung des deutschen Reichs“ – ohne Nebengedanken und ohne Hinweis auf vergangene Tage des rauhen Krieges.
Feierlich ertönten während der Hammerschläge die Worte des Kaisers: „Wie mein königlicher Vater einst dem preußischen Volke an dem Denkmal bei Berlin zurief, so rufe ich auch heute an dieser bedeutungsvollen Stelle dem deutschen Volke zu: den Gefallenen zum Gedächtniß, den Lebenden zur Anerkennung, den künftigen Geschlechtern zur Nacheiferung.“
Ein weihevoller Augenblick in der That! Der Kronprinz that die drei bedeutungsvollen Schläge mit den Worten: „Mit Gott für Kaiser und Reich!“ und Graf Moltke fügte dem hinzu: „Lieb’ Vaterland, magst ruhig sein!“, eine Rede, kurz, bündig und aus diesem Munde bedeutungsvoll genug, der ein Hurrah aus tausend Kehlen ein bedeutsames Echo gab.
Wir müssen es uns versagen, der in den Grundstein gelegten Urkunden, der kräftigen, bewegten Rede des Grafen zu Eulenburg weitläufiger zu gedenken, um so mehr, als diese Einzelheiten noch in der Erinnerung jener Tage bei unseren Lesern fortleben dürften.
Der Kaiser verließ nicht den Platz, ohne mit den Professoren Schilling und Weißbach von Dresden – unter der Leitung des Letzteren ist der Kolossal-Unterbau errichtet worden – die freundlichsten Worte gewechselt zu haben, gleichzeitig den Verfasser Dieses, ob der durch ihn zuerst in der Presse angeregten Idee, gerade hier das Denkmal zu errichten, beglückwünschend.
Das Fest verlief in glänzendster Weise – der Rhein hatte ein schöneres noch nicht gesehen – eine nationale Feier, dem Gedanken des Einigungsdenkmals in allen Theilen würdig.
Nun aber begann die ernste Arbeit der Vollendung und der weiteren Sammlung baarer Mittel. Der Unterbau wurde durch Professor Weißbach fertig gestellt, die Teerassen in dem steinigen Boden geebnet und aufgemauert, und die aufopfernde Thätigkeit des Staatsministers Grafen zu Eulenburg und des Comité-Geschäftsführers, Landesdirector Sartorius, ward gerade jetzt in beständiger Spannung erhalten.
Wer den Niederwald kennt, weiß die Schwierigkeiten zu schätzen, mit denen die Steigung des Berges überwunden werden mußte. Steine von nahe zweihundert Centnern Schwere mußten da hinaufgeschleppt werden. Ein einziger Stein bedurfte oft zum Transport bergauf zwei Tage und die Zugleistung von achtzehn Pferden. Steinmaterial aus dem Teutoburger Walde, aus dem Murgthal, aus Sachsen, aus der Nahegegend ist an den äußeren Flächen, solches an Ort und Stelle selbst gebrochen zu dem sechs Meter in die Erde versenkten Fundamente verwendet worden, der eigentliche Unterbau – durch die Firma Holzmann u. Comp. in Frankfurt hergestellt, zeigt eine Höhe von fünfundzwanzig Metern. Die Arbeiten zu den Gußtheilen waren vertheilt an die von Miller’sche Anstalt in München – die Statue der Germania –, die Statue des Krieges und des Friedens an Professor Lenz in Nürnberg,
[636][638] Mosel und Rhein und Reliefs an die Erzgießerei von Bierling in Dresden und die Gladenbeck’sche Gießerei, die einzelnen Zierstücke und sonstigen Metalltheile, Kränze, eiserne Kreuze, heraldische Adler, Wappen und Schrift an die Erzgießerei Lauchhammer.
Als nun auch von allen Seiten die Kunde kam, daß ein glückliches Geschick über dem Gusse jedes einzelnen Theiles des Kunstwerkes gewaltet, daß ein Hinderniß nicht mehr bestand, als der Heldenkaiser dann den Monat September als den Zeitpunkt bezeichnete, an dem die Enthüllung in feierlichster Weise stattfinden sollte, da war des Jubels kein Ende auf und ab am Rhein.
Jetzt schon – in dem Augenblicke, da wir dies schreiben – steht das Werk vollendet da. Wir können uns der Schilderung der Schwierigkeiten enthalten, welche die nun folgende Herbeischaffung der Gußtheile und Aufstellung derselben an Ort und Stelle im Gefolge hatten, da die „Gartenlaube“ darüber ihren Lesern bereits ausgiebige Mittheilungen gegeben (vergl. Nr. 34). Auch die äußere Gestaltung des Denkmals ist rings im Vaterlande durch Bild und Schilderung bekannt.
Werfen wir noch einen flüchtigen Blick auf die wunderbare Rheinlandschaft, die sich vom Standpunkte des Denkmals aus vor dem Wanderer ausbreitet. Mitten in den Nebenhügeln stehend, dehnt sich zur Linken das poetische Rheingau zu unseren Füßen aus, dicht drunten Rüdesheim mit der Brömser- und Boosenburg, die Rheinufer mit ihren Weinorten, dem Johannisberg, Geisenheim, und am anderen Ufer Ingelheim mit den Resten des Palastes Karl’s des Großen, während fern in der Weite die Kuppeln von Mainz erglänzen. Drüben grüßt Bingen mit der Burgruine Klopp, der Nahe-Mündung und der alten Römerbrücke, darüber hin der von Goethe schon meisterlich geschilderte Rochusberg mit seiner Capelle und seitlich davon der weinberühmte Scharlachberg. Zu unseren Füßen die Ruine Ehrenfels und in nächster Nähe die Strudel des Bingerlochs mit dem Mäusethurm.
Seitwärts, direct nicht sichtbar, liegt das weinselige Aßmannshausen und der charakteristisch neuaufgebaute Rheinstein und drüber hinaus blauen der breitgestreckte Donnersberg, die Höhen des pfälzischen Wasgaues und der Vogesen. In der That ein Punkt so reich an Geschichte und Erinnerung, ein Punkt so poetisch, wie ihn unser Vaterland nirgends wieder bietet.
Treten wir noch einen Augenblick auf die prächtigen Steinterrassen hinaus, die sich stolz mitten auf den Rebhügeln des edelsten deutschen Weines, aus dem Rüdesheimer Berg erheben. In gewaltigem Anstreben wächst der massige Steinunterbau aus dem Berge heraus. Zu beiden Seiten schieben sich die umgebenden Terrassenmauern bis zu einem tiefer liegenden Vorplatze hin.
Den unteren Sockel der Mitte des Denkmals an der Vorderseite zieren die Gestalten des Rheines und der Mosel, in der Größe von etwa drei Metern ausgeführt. Vater Rhein reicht sein Wachthorn der Mosel, sinnig andeutend, daß ihr nunmehr die Wacht an den Grenzen des Vaterlandes zukomme. Der Rhein, ein Gebild ernster Würde, die Mosel, eine Gestaltung jugendlich-anmuthiger Schönheit.
Zur Rechten und Linken, dem Denkmale vorgeschoben, erheben sich als Eckzierden die Figuren des Krieges und des Friedens. Der Krieg, eine wilde, urkräftige Jünglingsgestalt, bewaffnet mit Schlachtschwert, mit fliegendem Mantel und erhobener Kriegstrompete, ist eine Figur von plastischer Wirkung. Den Friedenszweig aber reicht die gegenüberstehende edle Gestalt des Friedens, in der Linken ein Füllhorn tragend, dem Beschauer dar.
Der Mittelfries zeigt uns Strophen des Liedes: „Es braust ein Ruf, wie Donnerhall“, und in dem Bogen des Mitteltheiles oben erkennen wir den deutschen Reichsadler, im Begriffe seinen Siegesflug zu beginnen.
Das Hauptrelief selbst verkörpert die Wacht am Rhein, das heißt den Augenblick, da sich die Krieger des deutschen Heeres zum Vormarsch unter ihrem Heldenkaiser schaaren. Es sind etwa zweihundert Figuren, darunter Kaiser Wilhelm und die Heerführer in sprechendster Aehnlichkeit. Da treten neben dem Kaiser hervor: König Ludwig von Baiern, König Johann von Sachsen und die anderen Fürsten, die Staatsmänner, Heerführer, vor Allem Bismarck und Moltke, Prinz Friedrich Karl, August von Württemberg, Prinz Albrecht Vater, von Manteuffel, von Roon, Steinmetz, Thiele, Bose, von der Tann, Hartmann, Vogel von Falckenstein etc. – etwa hundertfünfzig treffliche Portraits in künstlerischer Modellirung. Zu beiden Seiten des Denkmals finden sich kleinere Reliefs: „Der Ausmarsch“ und „Die Heimkehr“. Beide sind von wundersam rührendem Eindruck.
Erhöht über den beiden Untersockeln erhebt sich das Postament, welches die Hauptfigur der Germania trägt. Um den Fuß der Kolossalstatue sind die deutschen Wappen gruppirt und in sinniger Weise wurden über den unteren Theilen des Gesammtdenkmals kolossale Kränze angebracht, so ein Fichtenkranz über des Kriegers Abschied, ein Eschenkranz über der Figur des Krieges, ein Lorbeerkranz über der Figur des Friedens, ein Lindenkranz über des Kriegers Heimkehr. In der That, die Anordnung ist eine meisterliche und in jeder Weise poetische. Auf dem freien Theile des Postamentes erglänzen in riesigen Buchstaben die Worte:
„Zum Andenken an die einmüthige, siegreiche Erhebung des deutschen Volkes und an die Wiedererrichtung des deutschen Reiches 1870–1871.“
Die Namen der Siegesorte: Weißenburg, Wörth, Spichern, Courcelles, Mars-la-Tour, Gravelotte, Beaumont, Sedan, – Straßburg, Metz, le Bourget, Amiens, Orleans, le Mans, St. Quentin und Paris rund um das Monument, gemahnen an die Heldenthaten des zur Einigung führenden Kampfes.
Sollen wir der Ausführung der Germania selbst noch ein Loblied singen? Sie bedarf dessen nicht – sie ist ohne Widerspruch eine der vollendetsten bildnerischen Gestaltungen unserer Tage. Stolz und doch weiblich schön, hochemporgerichtet vor dem mit Adlern geschmückten Thronsessel stehend, in reicher Gewandung, welche Andeutungen an die Sagen unseres Volkes, an Genoveva, Lohengrin und die deutschen Märchen zeigt, umfaßt ihre Linke das gewaltige Schwert mit zur Erde gekehrter Spitze. Ihre Brust umspannt ein prächtig gearbeiteter Gürtel. Die Rechte hebt die deutsche Kaiserkrone zum Blau des Himmels empor. Das Haupt mit der Fülle wallenden Haares ist durch einen Eichenkranz geziert und das ernst-milde Frauenantlitz zeigt weibliche Schönheit in Hoheit und Würde. In der That eine Germania, wie sie bis heute durch keines Künstlers Hand noch dargestellt worden!
Mit peinlichster Gewissenhaftigkeit sind die einzelnen Theile ausgeführt, die Arbeit des Ciseleurs ist so in das Einzelne übertragen, daß man staunen muß ob dieser Sorgfalt bei einem Denkmal, dessen Hauptfigur allein über 40 Meter mißt und deren Gewicht (allein das der Hauptfigur) über 700 Centner beträgt. Diese Germania wird glänzen auf lange Zeit, nicht nur als Sinnbild dessen, was sie verkörpern soll, sondern auch als Meisterwerk der deutschen Bildnerkunst. –
Und so steht sie denn droben, die „Wacht am Rhein“, die stolze Versinnlichung deutscher Kraft und Größe, deutscher Gesittung und Gesinnung. Die Glocken des Rheingaus werden am Festtage den Ruf in alle Lande tragen, daß Deutschland nun einen sichtbaren Freudenausdruck der endlichen Einigung gefunden, die deutschen Fürsten werden mit dem Volke hinauf wallen zu dem rheinischen Berge, das deutsche Lied wird erschallen, und mancher deutsche Mann wird empor zu dem Standbilde schauen, eingedenk der Tage und Stunden, die wir vor dreizehn Jahren durchlebt, eingedenk der Opfer, die wir gebracht, eingedenk unserer Stärke, wenn wir eins sind, aber auch eingedenk, daß wir kein Volk des Krieges, sondern ein solches des Friedens sein wollen, daß wir uns unserer Einigung erfreuen, ohne Nebengedanken, ohne Eroberungsgelüste. Wenn aber fremder Uebermuth den herrlichen Strom, unseren Rhein, nochmals bedrohen sollte, so gemahne dies Denkmal auch ernst an die „Errichtung des nunmehr in Wahrheit einigen deutschen Reiches“, so finde uns der Gegner vereint im Gefühle für das Vaterland, vereint in Gefahr und Kampf. Eine Friedensstätte zunächst soll das Nationaldenkmal sein – möchte es eine solche am deutschen Rheine für alle Zeiten bleiben.
Auf stolzer Höhe thront Germania,
Die Krone strahlt, des Sieges Banner wallen –
Da winkt sie wieder ihren Söhnen allen;
Die Menge drängt heran von fern und nah.
Auf, auf – so ruft sie – legt an’s Werk die Hand,
An’s Werk des Friedens – mit des Friedens Waffen!
An neue Pflichten mahnt das Vaterland,
Uns darf die Zeit der Ruhe nicht erschlaffen!
Und nicht den Waffen nur sollt ihr vertrauen,
Der Menschheit beste Güter müßt ihr pflegen,
Dann werdet ihr das Reich auf Felsen bauen.
Das walte Gott! Das sei des Friedens Segen!