RE:Indibilis

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Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
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Häuptling der iberischen Ilergeten
Band IX,2 (1916) S. 13251327
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Indibilis, hat bei den ersten Kämpfen Roms gegen Karthago um den Besitz Spaniens unter allen Eingeborenen die größte Rolle gespielt. Sein Name lautet bei Polybios regelmäßig Ἀνδοβάλης, bei Diodor. XXVI 22 Ἰνδιβέλης, bei Dio frg. 56, 46 Ἰνδίβολης, bei Livius meistens Indibilis [1326] (ebenso Appian. und Zonaras) und seltener Indebilis (vgl. Weissenborn-Müller Anhang zu Liv. XXII 21, 2). Das Volk, dem er angehörte und das er beherrschte, waren die Ilergeten im Binnenlande zwischen Ebro und Pyrenäen (Polyb. III 76, 7. X 18, 7. Liv. XXII 21, 3. XXVI 49, 11), doch erstreckte sich seine Macht weithin über die benachbarten Stämme, so daß er mehrfach auch als deren Führer erscheint und von Diodor sogar als Keltiberer bezeichnet wird. Neben ihm steht häufig sein Bruder Mandonius und wird von Livius in B. XXVIII regelmäßig vor ihm genannt; aber das vollständige Zurücktreten des Mandonius hinter I. bei Polybios und Einzelheiten der Berichte wie Liv. XXVII 17, 10 (vgl. Polyb. X 38, 7) und XXVIII 34, 3 zeigen deutlich, daß I. der eigentliche Herrscher gewesen ist. Solche und ähnliche Unklarheiten in der Überlieferung über I. sind nur teilweise durch die wiederholte Veränderung seiner Lage zu erklären, teilweise auch durch die Verschmelzung verschiedener Quellen in der dritten Dekade des Livius. I. hatte zwar durch die Karthager seine selbständige Herrschaft eingebüßt, war aber ein treuer Vasall der neuen Beherrscher Spaniens geworden und wurde ihr bester Bundesgenosse gegen die Römer. Als 536 = 218 Cn. Scipio Calvus den ersten Angriff unternahm, trat ihm I. gemeinsam mit Hanno, dem punischen Kommandanten des Ebrogebietes, entgegen, wurde aber geschlagen und gefangen (Polyb. III 76, 6; vgl. Liv. XXI 60, 7 von Hanno: ipse dux cum aliquot principibus capiuntur). Offenbar wurde er von den Römern in seine Heimat entlassen, weil sie ihn auf ihre Seite zu ziehen hofften, und verhielt sich vielleicht in den nächsten Jahren wirklich neutral. Denn der Bericht, daß er im folgenden J. 537 = 217 mit seinem Bruder Mandonius das Gebiet römischer Bundesgenossen verheerte und durch eine Strafexpedition der Römer unterworfen wurde, steht in bedenklicher Umgebung und ist sehr verdächtig (Liv. XXII 21, 2-4; vgl. o. Bd. IV S. 1491, 54ff.). Dagegen hat im J. 543 = 211 (nicht schon 542 = 212; s. o. Bd. IV S. 1492, 42ff. VII S. 2472, 24ff.) der kräftige Beistand des I. den karthagischen Feldherren zu dem entscheidenden Siege über P. Scipio verholfen (Liv. XXV 34, 6ff.), der auch die Katastrophe des Cn. Scipio nach sich zog. Er erhielt deswegen von Karthago seine unabhängige Herrschaft zurück, wurde aber durch die Habgier und Härte des Hasdrubal Gisgons Sohn (o. Bd. VII S. 2474 Nr. 10), der ihm seine Töchter als Geiseln entführte, bedrängt und begann in seiner Ergebenheit gegen die Punier zu wanken (Polyb. IX 11, 3f. X 35, 6, vgl. Liv. XXVII 17, 12f.). Als 544 = 210 der jüngere P. Scipio, der spätere Africanus, den Oberbefehl über die Römer in Spanien übernahm und den Feinden Neukarthago entriß, fand er unter den hier in Gewahrsam gehaltenen spanischen Geiseln die Frau des Mandonius und die Töchter des I. und behandelte sie mit besonderer Milde und Achtung (Polyb. X 18, 7ff., vgl. 37, 7; daraus Liv XXVI 49, 11ff.; der Bericht über I. wird von Val. Max. IV 3, 1 mit dem über den Keltiberer Aluccius [o. Bd. I S. 1704 ] zusammengeworfen). Dadurch wurden I. und Mandonius gewonnen; [1327] vor dem Zusammentreffen des Barkiden Hasdrubal mit Scipio verließen sie mit ihren Landsleuten die Punier (Polyb. X 35, 6ff. 37, 2; daraus Liv. XXVII 17, 3, vgl. Dio frg. 56, 46), nahmen eine selbständige Stellung ein, verhandelten wie eine gleichberechtigte Macht mit Scipio und schlossen mit ihm ein Bündnis, worauf sie ihre weiblichen Angehörigen wiederbekamen (Polyb. X 37, 6ff.‚ daraus Liv. XXVII 17, 9ff. Diod. XXVI 22). Nach dem Abzug der punischen Hauptmacht aus Spanien war I. neben dem Edetaner Edico der erste, der dem Scipio als König huldigen wollte (Polyb. X 40, 3); aber auch er selbst wurde durch reiche Geschenke (ebd. 40, 10; daraus Liv. XXVII 19, 7) und wahrscheinlich durch die förmliche Anerkennung als König von den Römern geehrt (vgl. besonders Polyb. XXI 11, 7f. aus einem offiziellen Schreiben Scipios von 564 = 190). Immerhin wünschte er keineswegs die Abhängigkeit von Karthago einfach mit der von Rom zu vertauschen, sondern erstrebte die Freiheit von jeder fremden Herrschaft. Er benutzte daher schon im J. 548 = 206 die Gelegenheit, im Bunde mit den Keltiberern und anderen Nachbarn sich gegen die Römer zu erheben, als Scipio schwer erkrankte und unter seinen Soldaten eine Meuterei ausbrach (Polyb. XI 29, 3ff. 31, 1ff. Liv. XXVIII 24, 3f. vgl. 27, 5. 13. 28, 5. 42, 8, Diod.). Obgleich I. und die Seinigen wenig Schaden anrichteten (Liv. XXVIII 25, 11f.), unternahm Scipio sofort nach seiner Genesung und nach der Bestrafung der Meuterer einen Zug gegen ihn und seinen Bruder (Polyb. XI 26, 6. Liv. XXVIII 26, 4). Sie wurden in einer großen Schlacht geschlagen, brachten aber auch den Römern schwere Verluste bei (Polyb. XI 32, 1ff., daraus Liv. XXVIII 31, 5ff. Appian. Iber. 37. Zonar. IX 10); daher bot I. durch Mandonius Frieden an, und Scipio ging darauf ein, indem er sich mit der Auferlegung eines Tributs begnügte (Liv. XXVIII 34, 3ff. Appian). Aufs neue glaubte I. nach der Abberufung Scipios im J. 549 = 205 die Zeit gekommen, um Spanien zu befreien, und brachte aus seinem eigenen Volke und den Nachbarstämmen zwischen dem Ebro, den Pyrenäen und dem Meere ein mächtiges Heer zusammen (Liv. XXIX 1, 19ff. Appian. Iber. 38); aber die römischen Feldherren L. Lentulus (o. Bd. IV S. 1367 Nr. 188) und L. Manlius Acidinus rückten ihm entgegen und besiegten ihn in einer Feldschlacht, in der er selbst tapfer kämpfend fiel (Liv. XXIX 2, 1ff. Appian), worauf die besiegten Völkerschaften sich unterwarfen, Mandonius und die übrigen noch lebenden Führer auslieferten und einen doppelten Jahrestribut zu zahlen versprachen (Liv. XXIX 3, 1ff. Appian.)