Bagistana (Βαγίστανα), eine Stadt in Medien, Steph. Byz. Die Umgegend war eine ausserordentlich fruchtbare Ebene, würdig den Göttern zum Aufenthalte zu dienen (θεοπρεπεστάτη). Dieses Beiwort (Diod. XVII 110) deutet die Etymologie des Namens an: altpersisch baga-stāna ‚Götterplatz‘. Semiramis soll hier einen Park von zwölf Stadien Umfang angelegt haben, der von einer starken Quelle bewässert wurde, Diod. II 13. Der dem Zeus geheiligte Berg von B., τὸ Βαγίστανον ὄρος (Steph. Byz. Diod. a. a. O.) lag in der Nähe. Auf der dem Parke zugekehrten Seite erhob er sich steil, angeblich 17 Stadien hoch. Den unteren Teil habe Semiramis abtragen, dann ihr Bild, von 100 Lanzenträgern umgeben, und eine Inschrift in syrischen Zeichen einmeisseln lassen, in der es hiess, dass die Königin am Fusse jener steilen Anhöhe die Packsättel ihrer Lasttiere aufgehäuft und so den Gipfel erklommen habe. Alexander soll bei seinem Zuge nach Osten auch bei B. vorübergekommen sein. Sonst wird der Ort nicht erwähnt, auch nicht bei Ptolemaios; s. aber unter Darasa. Dagegen kann es nicht zweifelhaft sein, dass Βάπτανα bei Isid. Char. 6 mit B. identisch ist. Jenes lag an der grossen parthischen Heerstrasse, in der Provinz Kambadene (s. d.), zwischen Unter- und Obermedien, an einem Berge. Ein Bild und eine Säule der Semiramis habe sich daselbst befunden. Als nächste Station der Heerstrasse nach Osten zu nennt Isidor Konkobar (s. d.), das jetzige Kongaver, bei Jâḳût Kinkivar. Westlich von diesem liegt das jetzige Dorf Bîsutûn (so z. B. Jâḳût s. Šibdâz), ältere Form: Behistûn (so z. B. Marâṣid al iṭṭilâʿ), dessen Umgegend nach H. Rawlinson noch jetzt Chamábatán (Kambadene) heisst (s. Journ. of the R. geogr. Soc. IX 113). Die Entfernung von Kermânšâh beträgt etwa 42 Km. Die Richtung der Strasse von diesem Orte nach Bîsutûn und Kongaver ist nach den älteren Angaben und auf der russischen Generalstabskarte (Tiflis 1886ff.) fast östlich mit geringer nördlicher Neigung, nach den Angaben des letzten Besuchers, J. Albu (Globus LXIV 171. 188) dagegen rein nördlich. Die steile, fast senkrechte Wand des über 500 m. hohen Berges ist östlich, nach Albu westlich vom Dorfe gelegen. Am Fusse des Berges entspringt ein klarer Bach, der sich nach einem Laufe von etwa 21/2 Km. in den das Thal durchströmenden Gamâsî Âb ergiesst. Unweit der Quelle befindet sich in einer Höhe von 25–30 m. eine grosse geglättete Tafel, auf der die Reste einer griechischen Inschrift erkennbar sind. Diese ist durch die Eingrabung einer arabisch-persischen Urkunde, die sich auf eine Landesschenkung bezieht, fast völlig zerstört. Aber auch die griechische Inschrift, die aus der Zeit der Arsakiden oder Sasaniden stammen dürfte, wie einige Namen andeuten, ist erst durch teilweise Abtragung anderer Sculpturen, sieben riesenhafter menschlicher Gestalten, ermöglicht worden. Letztere sind unendlich plump gearbeitet und erst bei ganz aufmerksamer Betrachtung ihrer Natur nach erkennbar. Ähnliche Figuren, die sicher einer vorachaimenidischen Epoche angehören, finden sich
[2770] auch in einer nahe gelegenen engen Schlucht, die sich angeblich bis zum Gipfel des Berges erstreckt, an beiden Seiten über einander eingehauen. Eine Treppe aus grossen Quadern, die entweder (der örtlichen Überlieferung gemäss durch Timur) zerstört oder, was wahrscheinlicher ist, unvollendet geblieben ist, war bestimmt, zu jener Tafel hinaufzuführen. Das bemerkenswerteste Denkmal des ganzen Berges ist eine andere geglättete Tafel in über 100 m. Höhe, welche Reliefs und Keilinschriften trägt. Die Bilder stellen folgendes dar: An der linken Seite steht, nach rechts gewendet, ein König, begleitet von zwei Männern, die beziehentlich mit Bogen und Lanze bewehrt sind. Der König tritt mit einem Fusse auf einen vor ihm liegenden Menschen, der flehend die Hände emporstreckt. Hinter diesem nahen sich, die Hände auf den Rücken gefesselt und durch ein langes Seil, das um ihre Hälse geschlungen ist, verbunden neun Männer. Über dem Ganzen, fast in der Mitte der Tafel, schwebt eine göttliche Gestalt, deren unterer Teil in ein Strahlenbündel ausgeht, dem König zuwinkend. Die Figur des letzteren ist am grössten, er überragt seine Begleiter um Haupteslänge; die Gefangenen reichen ihm etwas über die Hüften. Eine grosse Anzahl Keilinschriften, im Umfange von zwei bis achtzehn Zeilen, befinden sich ober- und unterhalb der Figuren. Ausser diesen kleineren stehen zu beiden Seiten und unterhalb der Tafel 13 Columnen von verschiedener Länge und Breite und zusammen über 1000 Zeilen. Diese Inschriften, zu denen der Aufstieg, wenn nicht geradezu lebensgefährlich, so doch äusserst schwierig ist, wurden in den J. 1835–1845 von H. Rawlinson zum Teil abgeschrieben; später hat derselbe gelegentlich einer Revision seiner Copien von den Inschriften auch Papierabdrücke angefertigt, die sich jetzt im Britischen Museum befinden. Ihm verdankt man auch die ersten Ausgaben und Übersetzungen. Die Inschriften sind, wie die meisten andern Achaimenidentexte, in drei Sprachen (altpersisch, neususisch und neubabylonisch) redigiert und gegenwärtig, von allerdings zahlreichen Einzelheiten abgesehen, entziffert. Für die ganze Keilschriftforschung sind sie von grundlegender Wichtigkeit geworden, da nur mit ihrer Hülfe die so reichhaltige assyrisch-babylonische Litteratur erschlossen werden konnte, auf deren Enträtselung dann weiter die Erforschung der altsusischen (anzanischen), vanischen und kappodokischen Keilschriftdenkmäler gegründet wurde. Die grosse Inschrift von Bîsutûn enthält die Geschichte der ersten Regierungszeit des Dareios I., seine Kämpfe mit zehn Praetendenten und ihre schliessliche Unterwerfung. Herodots Angaben, über diesen Teil der persichen Geschichte werden dadurch in erfreulicher Weise bestätigt, ergänzt und berichtigt. Die kleineren Inschriften erläutern die Darstellung des Reliefs unmittelbar. Die liegende Gestalt, auf welche der König tritt, ist Gaumāta der Mager, der (erste) falsche Smerdis. Dann folgen der Reihe nach Ašina, Nidintum-Bel, Fravartiš, Martiya, Čitřatakhma, Vahyazdāta, Arakha, Frāda und Skunka. Die Gottheit, unter deren Schutze Dareios alles ausführte, ist der oberste Gott der Perser: Auramazda (Zeus bei Diodor). Was die Lage der
[2771] grossen Inschrift von B. betrifft, so befindet sich der altpersische Teil (5 Columnen von zusammen ca. 413 Zeilen) unterhalb des Reliefs, an der linken Seite desselben der babylonische Teil (ca. 112 Zeilen), unter diesem und links vom altpersischen der neususische (3 Columnen von ca. 360 Zeilen). Ausgaben des altpersischen Textes giebt es von H. Rawlinson (Journ. of the R. Asiatic Soc. X 1846f.). Benfey (1847). Oppert (Journ. asiat. 1851f.). Spiegel (1862, 2. Aufl. 1881). Kossowicz (1872). Tolman (1892) und Weissbach und Bang (Assyriol. Bibl. X 1893ff.). Der susische (früher fälschlich als skythisch, medisch u. a. bezeichnete) Text ist veröffentlicht und übersetzt von Norris (nach Rawlinsons Copien und Abdrücken, Journ. of the R. Asiat. Soc. XV 1855), Oppert (Le peuple et la langue des Mèdes, 1879) und Weissbach (Assyriol. Bibl. IX 1890), die babylonische Übersetzung endlich von Rawlinson (Journ. of the R. Asiat. Soc. XIV 1853) und Bezold (Assyriol. Bibl. II 1882). Unveröffentlicht und mit einfachen Mitteln (Leitern, Stricken u. dergl.) nicht erreichbar, sind vier Columnen rechts von dem Relief. Rawlinson vermutet, allerdings zweifelnd, dass sie babylonische und susische Texte enthalten. Schon dieser umfangreichen unveröffentlichten Stücke wegen ist eine neue Durchforschung des Felsens, eventuell mit Hülfe eines Ballon captif, dringendst zu wünschen. Aber auch in den bekannten Teilen sind noch eine Menge Einzelheiten, die nur auf diese Weise Licht gewinnen können. Schliesslich bedürfen die topographische Lage des Ortes, sowie die übrigen Sculpturen des Felsens, gerade nach der letzten Beschreibung Albus einer erneuten Untersuchung. Vgl. R. K. Porter Travels in Georgia II 149ff., Lond. 1822. H. Rawlinson aa. OO. und Archaeologia XXXIV 1852, 73ff. Masson Journ. of the R. Asiat. Soc. XII 1850, 105ff. und Flandin et Coste Voyage en Perse I pl. 16, Paris 1843.