Eiraphiotes (Εἰραφιώτης), ein in der Poesie nicht seltenes Beiwort des Dionysos, vgl. Hom. hymn. XXXIV 2. 17. 20. Kallim. anon. frg. 89 Schneider. Dionys. perieg. 576. Kaibel Epigr. gr. 1035, 17 (= CIG 3538). Nonn. Dionys. IX 23. XIV 118. 229. XXI 81. XLII 315. Orph. hymn. XLVIII 2. Anonym. hymn. in Bacch. 26 bei Abel Orphica p. 285. Anon. Laur. 13 (Schoell-Studemund Anecd. Gr. 268). Bei Alkaios frg. 90 (Cramer Anecd. Paris. III 121, 5) findet sich die Form Ἐρραφεώτας. Das Wort wurde im Altertum sehr verschieden erklärt:
1. von einer Amme des Dionysos Namens Eripha, Erepha, Eriphia, vgl. das anonyme Dichterfragment im Etym. M. 372, 5 = Kallim. anon. frg. 89 Schneider (Ἐρίφη). Etym. M. 372, 1 (Ἐρέφα). Hygin. fab. 182 (Eriphia). Nonn. Dionys. XXI 81 stellt dem Eiraphiotes eine Bakchantin Eriphe gegenüber;
2. von den bekannten Vorgängen bei der Geburt des Dionysos: παρὰ τὸ ἐρράφθαι ἐν τῷ μηρῷ τοῦ Διός, Hesych. Etym. M. 302, 53. Suid. Paraphr. und Schol. zu Dionys. perieg. 576 nebst Eustath. zu Dionys. 566. Cornut. 30. Auch Nonn. Dionys. IX 23f. gibt diese Erklärung wieder: ἐφήμισεν Εἰραφιώτην, ὅττι μιν εὐώδινι πατὴρ ἐρράψατο μηρῷ, und es ist daher in den Worten XLII 315 ἀλλὰ δόλῳ δόλον ἄλλον ἐπέρραφεν Εἰραφιώτης (vgl. XL 60: δολορραφέος Διονύσου) nur ein etymologischer Gleichklang, aber keine neue Erklärung beabsichtigt;
3. von der Stadt Raphia in Palaestina, wo Dionysos seine Jugend verlebt haben sollte, Etym. M. 372, 2, bezw. von einer Stadt Eiraphia, Paraphr. und Schol. Dionys. perieg. 576;
4. ἀπὸ τοῦ ἔριν ἀφιέναι, da der Wein Vater der ἔρις ist, Cornut. 30. Eustath. Dionys. perieg. 566;
5. von der Wollbinde im Haar, παρὰ τὸ ἐρίῳ αὐτὸν πλέκεσθαι, Etym. M. 303, 1;
6. von ἐρέφειν ,bekränzen‘, Etym. M. 302, 56. 371, 59. Schol. Hom. Il. I 39. Diese Erklärung verteidigt Döderlein Hom. Glossar. I 216 nr. 330, indem er auf Beiworte des Dionysos wie εὐανθής, φιλανθής, κισσοκόμης und φιλοστέφανος sowie auf die Angabe bei Plin. XVI 9 verweist, daß Dionysos als erster einen Efeukranz getragen habe;
7. von ἔριφος ,Böckchen‘, Porphyr. de abstinent. III 17. Etym. M. 302, 59: φασὶ γὰρ αὐτὸν ὑπὸ ἐρίφων ἀνατραφῆναι. Choirob. bei Cramer Anecd. Oxon. II 211.
Die Sage, daß Zeus den jungen Dionysos in einen ἔριφος verwandelte, welchen Hermes zu den Nymphen nach Nysa brachte (Apollod. III 4, 3. 7), sowie die Tatsache, daß Dionysos selbst die Epikleseis Eriphos und Eriphios (s. d.) führt, machen es wahrscheinlich, daß diese Erklärung das Richtige trifft. Der Bock steht nicht nur als Opfertier, sondern auch sonst in mannigfachen Beziehungen zu Dionysos, und der Gott wurde einst ebensowohl als Stier wie als Bock verehrt; vgl. Stephani Compte-rendu 1869. 60ff. Wieseler Philol. X 701. Voigt in Roschers Mythol. Lex. I 1059. Wide Lakon. Kulte 169. Eine noch weitergehende Deutung von E. als ἔριφος auf den ,Befruchter‘ bei Legerlotz und Sonne Ztschr. f. vergleichende Sprachforschung VIII 53 bezw. X 103; vgl. Curtius Griech. Etymol. nr. 491. Anders Burmeister Ztschr. f. Altertumswissensch. III 1836, 1055. Welcker
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Griech. Götterl. II 587 (von ἔαρ–φύω, der ,Lenzgeborene‘).