RE:Follis 4

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Paulys Realencyclopädie der classischen Altertumswissenschaft
korrigiert  
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
ein Beutel Weisskupfermünzen, Rechnungseinheit und Zahlmittel
Band VI,2 (1909) S. 28292832
Bildergalerie im Original
Register VI,2 Alle Register
Linkvorlage für WP   
* {{RE|VI,2|2829|2832|Follis 4|[[REAutor]]|RE:Follis 4}}        

4) Der Beutel Weißkupfermünze als Rechnungseinheit und Zahlmittel, griechisch βαλάντιον (Hultsch Metrologicorum scriptorum reliquiae I 144. 267, 4. 278, 19. 303, 11. 308, 19. II 151). Nachdem Nero den Anfang gemacht hatte, den Denaren, die vorher aus ganz reinem Silber geprägt worden waren, ein wenig Kupfer beizumischen, wurde in den Finanznöten der folgenden Zeit dieser Zusatz immer mehr erhöht. Solange er sich in mäßigen Grenzen hielt, scheint er auf den Geldumlauf keinen wesentlichen Einfluß ausgeübt zu haben; seit er aber unter Severus auf mehr als 50% stieg, wurde das anders. Die Goldmünze muß im Kurse einen viel höheren Wert als den gesetzlichen [2830] von 25 Denaren gewonnen haben und daher aus dem Verkehr verschwunden sein. Wenig später hört man daher auf, sie nach einem festen Gewicht zu prägen, womit sie den Charakter des Geldes ganz verliert. Sie wurde eben fast nur noch zu Festgeschenken und zu Zahlungen ins Ausland verwendet, wo man sie nach dem Gewicht, nicht nach dem Gepräge nahm; im Innern des Reiches war sie nicht mehr kursfähig (Mommsen Geschichte des röm. Münzwesens 756ff. Seeck Geschichte des Untergangs der antiken Welt II 198ff.). Damit aber wurden Großzahlungen sehr unbequem, da das Abzählen vieler tausend geringwertiger Silberstücke ein zeitraubendes Geschäft ist und leicht zu Irrtümern führen kann. Seit dem Anfang des dritten Jahrhunderts taucht daher in den Rechtsbüchern die Alternative auf, daß man das Geld entweder aufzählen oder auch in Säcken bezahlen kann (Ulpian. Dig. XL 7, 3 § 6: sive numeravit sive in sacculo dedit), die einen abgezählten Betrag enthielten und mit dem Siegel irgend einer vertrauenswerten Person, meist wohl eines Bankiers, verschlossen waren (Paulus Dig. XVI 3, 29: sacculum signatum). Doch war die Summe wohl noch keine ein für allemal fixierte, sondern wechselte nach den Umständen und wurde wahrscheinlich auf der Außenseite des Sackes vermerkt (Mitteis Ztschr. f. Rechtsgesch. Rom. Abt. XIX 9).

Als feste Rechnungseinheit von ansehnlicher Größe – die andern, abgeleiteten Bedeutungen, die sich länger erhielten, sollen unter Nr. 5 und 6 besprochen werden – erscheint der denariorum follis (CIL V 1880.[1] 2046. III 743. 2240) oder kurzweg follis (CIL IX 984.[2] 4215 und sonst) nur in der ersten Hälfte des 4. Jhdts. Es finden sich nämlich nicht mehr als die folgenden datierbaren Erwähnungen:

  • um 310: eine Schenkung von 400 F.; um dieselbe Zeit wird einem Presbyter vorgeworfen, er habe seine kirchliche Würde mit 20 F. erkauft (Optatus Milevitanus ed. C. Ziwsa p. 189).
  • Winter 312/13: Dotation der afrikanischen Kirche mit 3000 F. durch ein Dekret Constantins bei Euseb. hist. eccl. X 6, 1.
  • 315: Strafgeld von 30 F. (Cod. Theod. XI 36, 2. 3).
  • 326: Veteranenversorgung von 100 F. (Cod. Theod. VII 20, 3; über die Datierung s. Seeck Ztschr. f. Rechtsgesch. Rom. Abt. X 236).
  • 328: Kaufpreis für eine mensa olearia von 20 F. (Cod. Theod. XIV 24, 1).
  • 338: Stiftungen, aus deren Zinsen jährliche Speisungen veranstaltet werden sollen (CIL IX 4215;[3] die Ziffer der F. ist zerstört).

Außerdem kann genannt werden aus dem J. 321 ein Strafgeld von 100 000 Nummi (Cod. Theod. XIII 3, 1), insofern dieser Betrag, wie unten gezeigt werden wird, genau einem F. entspricht.

Die datierten Erwähnungen sind also keineswegs selten; wenn sie trotzdem alle in den kurzen Zeitraum zwischen 310 und 338 eingeschlossen sind, so kann das nicht Zufall sein. Mithin hat die Rechnungseinheit des großen Follis nur eine ganz ephemere Bedeutung gehabt. Wahrscheinlich ist sie durch Diocletian im J. 301 bei Gelegenheit des Preisedikts geschaffen worden, mit dem auch eine umfassende Regelung des römischen [2831] Geldwesens verbunden war (Seeck Ztschr. f. Numism. XVII 45. 57). Er wird verfügt haben, daß Beutel voll Denargeld von festem Betrag durch die Staatskassen gefüllt und mit einem Siegel verschlossen werden sollten. Darauf beruht es wohl, daß es in einer kleinasiatischen Inschrift, die dieser Zeit angehören könnte, heißt: δώσει τῷ ἱερωτάτῳ ταμείῳ λαμπροῦ διχαράκτου 𝈂 μύρια πέντε (A. Körte Inscriptiones Bureschianae, Greifswald 1902, 28). Denn 50 000 Denare entsprechen nach dem Preisedikt einem Pfunde Gold – vorher und nachher war das Verhältnis anders –, und das doppelte Stempeln des Geldes (διχαράκτου) erklärt sich daraus, daß erstens die einzelne Münze mit dem Stempel des Kaisers geprägt war, zweitens der geschlossene Sack wieder einen entsprechenden Stempel trug. Blank war das Geld (λαμπροῦ), weil es, im F. eingeschlossen, natürlich nicht abgegriffen werden konnte. Nach dem J. 338 werden diese Beutel vielleicht nicht gesetzlich abgeschafft, wohl aber tatsächlich aus dem Verkehr verschwunden sein. Denn um diese Zeit war der Constantinische Goldsolidus schon hinreichend verbreitet, um den Anforderungen des Großhandels zu genügen, und zugleich wurde das Kleingeld selten, und bald bezahlte man dafür ein immer steigendes Agio (Seeck a. O. 77). Daraus ergab sich von selbst, daß man nicht mehr in verschlossenen Säcken damit handelte, sondern die Weißkupferstücke nur noch einzeln gebrauchte.

Diesen F. gleichen die Metrologen mit 125 Miliarensia (Hultsch Metrologicorum scriptorum reliquiae I 309, 2; vgl. 269, 19) oder 250 Denaren (Hultsch I 144 adn. 267, 4. 303, 11. 308, 20. II 151, 32. 152) oder 3121/2 Pfund (Hultsch I 308, 21). Um diese Gleichungen zu verstehen, hat man von der bekanntesten Größe auszugehen; das ist das Miliarense, welches, wie sein Name zeigt und wie es auch ausdrücklich beglaubigt ist (Hultsch I 307, 20), ein Tausendstel des Goldpfundes repräsentierte. Unter dem δηνάριον der Metrologen kann also hier nicht das Weißkupferstück verstanden sein, das offiziell diesen Namen führte, sondern nur die silberne Siliqua, welche die Hälfte des Miliarense war. Da nun nach dem Preisedikt 50 000 Weißkupferdenare auf ein Pfund Gold gingen, entspricht das Miliarense 50 derselben und mithin der Follis 6250. Diese eigentümliche Zahl erklärt sich daraus, daß das As als 1/16 Denar zwar nicht mehr als Münze, wohl aber als Rechnungseinheit unter dem Namen nummus fortbestand (Seeck Ztschr. f. Numism. XVII 76). Denn 6250 Denare ergeben die runde Ziffer von 100 000 nummi. Unter jenen 3121/2 Pfund können also nur Gewichte reinen Kupfers zu verstehen sein, das von dem mit Silber gemischten Weißkupfer der Denare streng zu scheiden ist. Diese Gleichung ergibt, daß ein solches Pfund 20 Denare galt. Mithin läßt sich das Diocletianische Geldsystem folgendermaßen formulieren: 1 Pfund Gold = 8 Folles = 1000 Miliarensia = 2500 Pfund Kupfer = 50 000 Denare = 800 000 Nummi. Danach betrug der Goldwert des F., in deutsches Geld umgerechnet, 114,2 Mark; doch ist dabei zu berücksichtigen, daß er im Kurse anfangs wahrscheinlich niedriger, später höher stand, diese [2832] Summe also nicht für den ganzen Zeitraum, in dem der F. in Geltung war, genau ist, sondern nur einen Durchschnittswert bezeichnet.

[Seeck. ]

Anmerkungen (Wikisource)[Bearbeiten]

  1. Corpus Inscriptionum Latinarum V, 1880.
  2. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 984.
  3. Corpus Inscriptionum Latinarum IX, 4215.