Raphael/Reiselieder

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Raphael
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Reiselieder.




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1.

1. In Gottes Namen scheiden wir:
Sein göttlich Wort bekennen wir,
Und seiner Gnad begehren wir,
Des rechten Glaubens leben wir.  Kyrieleis.

2. Freund von Freunden geschieden sind:
O Herr, bewahr Dein gläubig Kind
Und all, die hier vorhanden sind,
Vor Unglück und vor böser Stund. Kyrieleis.

3. Geleit uns Gott in Ewigkeit
Durch seine groß Barmherzigkeit:
Der geb uns heut ein gut Geleit,
Mit Leib und Seele Sicherheit. Kyrieleis.

4. Gotte, dem Vater, wir allein
Mit Leib und Seel befohlen sein:
Der bring uns fröhlich wieder heim
In seiner Gnade Schutz und Schirm. Kyrieleis.

5. Gotte dem Vater und dem Sohn,
Dem Heilgen Geist der Wahrheit schon,

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Als Einem Gott im heilgen Thron:
Dem sind wir hier und dort befohln. Kyrieleis.

Joh. Hiltstein. 1557. 




2.

1. In Gottes Namen fahren wir:
Sein heilger Engel geh uns für,
Wie dem Volk in Egypten-Land,
Das entging Pharaonis Hand! Kyrieleis.

2. HErr, Du wollst unser Gleitsmann sein
Und mit uns gehen aus und ein,
Und zeigen alle Steig und Steg:
Wehre dem Unfall auf dem Weg! Kyrieleis.

3. So wird kein Berg noch tiefer Thal,
Kein Waßer uns irren überall;
Fröhlich kommn wir an unsern Ort,
Wenn Du uns gnädig hilfest fort! Kyrieleis.

4. Herr Christ, Du bist der rechte Weg
Zum Himmel und der einge Steg:
Hilf uns Pilgrim ins Vaterland,
Weil Du Dein Blut hast dran gewandt! Kyrieleis.

Nicol. Herman. † 1561. 




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3.

1. In allen meinen Thaten
Laß ich den Höchsten rathen,
Der alles kann und hat:
Er muß zu allen Dingen,
Solls anders wohl gelingen,
Selbst geben Rath und That.

2. Nichts ist es spät und frühe
Um alle meine Mühe;
Mein Sorgen ist umsonst:
Er mags mit meinen Sachen
Nach Seinem Willen machen;
Ich stells in seine Gunst.

3. Es kann mir nichts geschehen,
Als was er hat versehen
Und was mir selig ist:
Ich nehm es, wie ers giebet,
Was ihm von mir geliebet,
Das hab ich auch erkiest.

4. Ich traue seiner Gnaden,
Die mich für allem Schaden,
Für allem Uebel schützt.
Leb ich nach seinen Sätzen;

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So wird mich nichts verletzen,
Nichts fehlen, was mir nützt.

5. Er wolle meiner Sünden
In Gnaden mich entbinden,
Durchstreichen meine Schuld;
Er wird auf mein Verbrechen
Nicht stracks das Urtheil sprechen,
Und haben noch Geduld.

6. Ich zieh in ferne Lande,
Zu nützen einem Stande,
An den Er mich bestellt:
Sein Segen wird mich laßen,
Was gut und recht ist, faßen,
Zu dienen seiner Welt.

7. Bin ich in wilder Wüsten,
So bin ich doch bei Christen[1],
Und Christus ist bei mir:
Der Helfer in Gefahren,
Der kann mich doch bewahren,
Wie dorte, so auch hier.

8. Er wird zu diesen Reisen
Gewünschten Fortgang weisen,
Wohl helfen hin und her:

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Gesundheit, Heil und Leben
Zeit, Wind und Wetter geben
Und alles nach Begehr.

9. Sein Engel, der getreue,
Macht meine Feinde scheue,
Tritt zwischen mich und sie:
Durch seinen Zug, den frommen,
Sind wir so weit gekommen,
Und wißen fast nicht wie.

10. Leg ich mich späte nieder,
Erwach ich frühe wieder,
Lieg oder zieh ich fort:
In Schwachheit und in Banden,
Und was mir stoßt zu Handen,
So tröstet mich sein Wort.

11. Hat er es denn beschloßen,
So will ich unverdroßen
An mein Verhängnis gehn:
Kein Unfall unter allen
Wird mir zu harte fallen;
Ich will ihn überstehn.

12. Ihm hab ich mich ergeben,
Zu sterben und zu leben,

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Sobald er mir gebeut.
Es sei heut oder morgen,
Dafür laß ich Ihn sorgen;
Er weiß die rechte Zeit.

13. Gefällt es seiner Güte,
Und sagt mir mein Gemüthe
Nicht was vergeblichs zu:
So werd ich Gott noch preißen
Mit manchen schönen Weisen
Daheim in meiner Ruh.

14. Indeß wird er den Meinen
Mit Segen auch erscheinen,
Ihr Schutz wie meiner sein:
Wird beiderseits gewähren,
Was unser Wunsch und Zähren
Ihn bitten überein.

15. So sei nun, Seele, deine
Und traue dem alleine,
Der dich geschaffen hat.
Es gehe, wie es gehe:
Dein Vater aus der Höhe
Weiß allen Sachen Rath.

Paul Fleming. † 1640. 




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4.

1. Bist du gleich ferne von Bekannten;
Was schadets, da dir früh und spät
Ein Heer von glänzenden Trabanten
Umher um deinen Wagen steht?

2. Was schadets, wenn die Freunde scheiden,
Und kein Gefährte mit dir geht,
Da dich die Engel selbst begleiten,
Und JEsus dir zur Seite steht?

3. Die finstre Nacht darf dich nicht schrecken,
Die über Land und Meere fällt;
Will gleich die Sonne sich verstecken:
Dein JEsus ist das Licht der Welt.

4. Er, der die Sonne selbst formieret,
Darf keines fremden Lichtes nicht;
Wenn Dessen weise Hand dich führet.
Ist dir die Nacht auch selbst ein Licht.

5. Ich weile hier im fremden Lande,
Allein in Gottes Eigenthum;
Find ich gleich lauter Unbekannte,
So kennt mich doch mein höchster Ruhm.

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6. Mein Hort, in dem mein Herz versenket,
Zeigt mir sein holdes Angesicht,
Und spricht: Mein Kind sei ungekränket;
Dein treuer Vater läßt dich nicht.




5.

1. Gott Lob, ein Schritt zur Ewigkeit
Ist abermals vollendet;
Zu Dir im Fortgang dieser Zeit
Mein Herz sich sehnlich wendet,
O Quell, daraus mein Leben fleußt,
Und alle Gnade sich ergeußt,
In meine Seel zum Leben.

2. Ich zähle Stunden, Tag und Jahr
Und wird mir allzulange,
Bis es erscheine, daß ich gar,
O Leben, dich umfange,
Damit, was sterblich ist in mir,
Verschlungen werde ganz in Dir
Und ich unsterblich werde.

3. Vom Feuer Deiner Liebe glüht
Mein Herz, daß sich entzündet,
Was in mir ist, und mein Gemüth

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Sich so mit Dir verbindet,
Daß Du in mir, und ich in Dir,
Und ich doch immer noch allhier
Will näher an Dich dringen.

4. O daß Du selber kämest bald!
Ich zähl die Augenblicke.
Ach komm, eh mir das Herz erkalt,
Und sichs zum sterben schicke.
Komm doch in Deiner Herrlichkeit,
Schau, Deine Braut hat sich bereit;
Die Lenden sind umgürtet.

5. Und weil das Oel des Geistes ja
Ist in mir ausgegoßen,
Du mir auch selbst von innen nah,
Und ich in Dir zerfloßen:
So leuchtet mir des Lebens Licht,
Und meine Lamp ist zugericht,
Dich fröhlich zu empfangen.

6. Komm! ist die Stimme Deiner Braut,
Komm! rufet Deine Fromme;
Sie ruft und schreiet überlaut:
Komm bald, ach Jesu, komme!
So komme denn, mein Bräutigam!
Du kennest mich, o Gotteslamm,
Daß ich Dir bin vertrauet.

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7. Doch sei Dir ganz amheimgestellt
Die rechte Zeit und Stunde;
Wie wohl ich weiß, daß Dirs gefällt,
Daß ich mit Herz und Munde
Dich kommen heiße und darauf
Von nun an richte meinen Lauf,
Daß ich Dir komm entgegen.

8. Ich bin vergnügt, daß mich nichts kann
Von Deiner Liebe trennen,
Und daß ich frei vor Jedermann
Dich darf den Bräutgam nennen,
Und Du, o theurer Lebensfürst,
Dich dort mit mir vermählen wirst
Und mir Dein Erbe schenken.

9. Drum preiß ich Dich in Dankbarkeit,
Daß sich der Lauf[2] geendet,
Und also auch von dieser Zeit
Ein Schritt nochmals vollendet,
Und schreite hurtig weiter fort,
Bis ich gelange an die Pfort
Jerusalems dort oben.

10. Wenn auch die Hände läßig sind,
Und meine Kniee wanken,

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So biet mir Deine Hand geschwind
In meines Glaubens Schranken,
Damit durch deine Kraft mein Herz
Sich stärke, und ich himmelwärts
Ohn Unterlaß aufsteige.

11. Geh, Seele, frisch im Glauben dran
Und sei nur unerschrocken;
Laß Dich nicht von der rechten Bahn
Die Lust der Welt ablocken.
So Dir der Lauf zu langsam däucht,
So eile, wie ein Adler fleugt,
Mit Flügeln süßer Liebe.

12. O JEsu, meine Seele ist
Zu Dir schon aufgeflogen,
Du hast, weil Du voll Liebe bist,
Mich ganz zu Dir gezogen.
Fahr hin, was heißet Stund und Zeit?
Ich bin schon in der Ewigkeit,
Weil ich in JEsu lebe.

August Herm. Francke. † 1727. 





  1. d. i. Christo.
  2. Nemlich des Tages, der Woche etc.
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