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Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang

(als) Dämonen (bezeichnen), pflegt Moses Engel zu nennen.[1] Es sind aber in der Luft fliegende Seelen.[2] 7 Und niemand glaube, daß das Gesagte ein Märchen sei. Es muß nämlich der Kosmos durch und durch beseelt sein, indem ein jeder der ersten und elementaren Teile die ihm eigentümlichen und zukommenden Lebewesen umfaßt, die Erde die Landtiere, Meer und Flüsse die Wassertiere, das Feuer die Feuergeborenen[3] – es heißt aber, daß diese hauptsächlich in Makedonien vorkommen –, und der Himmel die Sterne.[4] 8 Denn diese sind Seelen, durch und durch rein und göttlich,[5] weshalb sie auch im Kreise, der dem Geiste angemessensten Bewegung,[6] bewegt


  1. Die Auffassung, daß die Engel (im hebr. Text Gottessöhne), die sich irdische Frauen nahmen und mit ihnen die Riesen erzeugten, Dämonen gewesen seien, ist den hellenistischen Schriftstellern jüdischen und christlichen Glaubens, die dieses Thema häufig behandelten, gemeinsam; vgl. Henoch cap. 7. Joseph. Antiqu. I 73. Testam. Patriarch. Rub. cap. 5. Georg. Syncellus rec. Dind. p. 23 sq. Clem. Alex. Strom. V 10, 2. I 81, 4. III 59, 2, Paed. III 14, 2. Justin. Apolog. II 5. Tertullian. Apol. XXII, De idol. IX, De cultu fem. I 2, De virg. vel. VII u. ö. Lactant. Institut. II 15, 16. Augustin. De Civ. Dei XV 23. Athenag. Legat. 22.
  2. Über die Engel als in der Luft auf- und niedersteigende Seelen bei Philo vgl. De somniis I § 134ff. De confus. ling. § 174 u. 176 und meine Anmerkung zu Über die Geburt Abels § 5. Weiteres Material über die alte Volksvorstellung, die besonders in der Stoa Aufnahme fand, bei J. Kroll, Die Lehren des Hermes Trismegistos, Münster 1914 S. 295f. Rohde, Psyche⁴ II S. 122, 2, 320, 1 u. ö. Über Philos Abhängigkeit von Posidonius vgl. M. Apelts Dissertation, De rationibus quibusdam usw. (Comm. Jenenses VIII 1 Lips. 1907) S. 104ff.
  3. Näheres über die πυρίγονα oder πυρίγονοι bei Aristot. Hist. anim. V 552 b. 10. Aelian. Ν. Α. II 2. Apuleius, De deo Socrat. c. 8. Κόρη κόσμου bei Stob. Ecl. I 996. Philo selbst erwähnt sie auch Über Noahs Pflanzung § 12. De aetern. Mundi § 45.
  4. Vgl. H. Diels, Philodemos Über die Götter Buch III, Berlin 1917 S. 23: „Die Lehre von der Verteilung der Wesen und namentlich der Lebewesen auf die verschiedenen Elemente stammt von Empedokles (Vorsokr.³ 21 A 72). Platon hat sie im Timäus adoptiert (39 Ε f.) und Demokrit scheint, da wir Diodors Schilderung auf ihn zurückführen dürfen (I 7,5 vgl. Reinhardt, Herrn. 47, 498f.), Ähnliches gelehrt zu haben. Dann hat Poseidonios die Vierteilung in etwas veränderter Form übernommen.“ Die unmittelbaren Parallelen zu Philos Lehre von der Beseelung der Elemente jetzt gesammelt von W. Bousset, Jüdisch-Christlicher Schulbetrieb in Alexandria und Rom, Göttingen 1915 S. 14 ff. vgl. jedoch hierzu Heinemanns Einleitung zum III. Band dieses Übersetzungswerkes S. 6 Anm. 1.
  5. Über die Beseeltheit und Göttlichkeit der Gestirne bei Philo vgl. S. 11 der Einleitung zum I. Band, Über die Weltschöpfung § 27 und 73, Über die Einzelgesetze I § 13, Über Noahs Pflanzung § 12, De somniis I § 135.
  6. Die Bezeichnung der Kreisbewegung als der dem Geiste angemessensten geht auf Plato (Tim. 33 Β ff.) zurück, der wieder von pythagoreischen Vorstellungen [60] abhängig ist. In späterer Überlieferung heißt es von Archytas (Johannes Lydos De mensibus II 8 p. 21: διὰ τοῦτο ψυχὰ τὸ αὐτὸ κινοῦν, ἀνάγκα δὲ τὸ πρῶτον κινοῦν, κύκλος δὲ τοῦτο ἢ σφαῖρα.)
Empfohlene Zitierweise:
Philon: Über die Riesen (De Gigantibus) übersetzt von Hans Leisegang. H. & M. Marcus, Breslau 1923, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:PhiloGigGermanLeisegang.djvu/7&oldid=- (Version vom 14.9.2022)