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ADB:Bauernfeld, Eduard von

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Artikel „Bauernfeld, Eduard von“ von Emil Horner in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 46 (1902), S. 243–247, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Bauernfeld,_Eduard_von&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 03:59 Uhr UTC)
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Band 46 (1902), S. 243–247 (Quelle).
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Bauernfeld: Eduard von B., Dichter, wurde am 13. Januar 1802 in Wien geboren, † am 9. August 1890. Er hieß als uneheliches Kind nach dem Mädchennamen der Mutter, einer geb. Elisabeth v. Bauernfeld, Wittwe des Wiener Advocaten Dr. Josef Feichtinger. Sein Vater Dr. Lorenz Novag, Physicus des St. Marxer Bürgerspitals, nahm ihn zu sich ins Haus und ließ ihm eine gute Erziehung zu Theil werden. Nach der Absolvirung des Schottengymnasiums in Wien betrieb Eduard zuerst philosophische und philologische, dann juridischpolitische Universitätsstudien. Sein Fleiß wurde indeß mehr durch die Rücksicht auf das Stipendium von 150 Gulden, in dessen Genusse er war, als durch ein besonders lebhaftes Interesse für die Disciplin entfacht; denn schon damals gehörte sein Herz der Poesie und dem Theater. Wenn er tagsüber genug „gebüffelt“ und zum kargen Unterhalte seines Lebens Lectionen ertheilt hatte, dann suchte und fand er Erholung und Anregung im fröhlichen Kreise gleichgestimmter Freunde, deren bedeutendste Moriz v. Schwind und Franz Schubert waren, oder heftete sich, recht ein Kind der Theaterstadt Wien, an die Sohlen derjenigen) denen seine jugendliche Phantasie den bevorzugten Rang einer Art Halbgötter zuerkannte, der Schauspieler, und fehlte natürlich bei keiner irgendwie interessanten Vorstellung in der „Burg“. Ja, dem Siebzehnjährigen schoß sogar die Idee durch den Kopf, selbst Schauspieler zu werden, um ganz mit dem geliebten Theater zu verwachsen. B. besaß ein schönes Declamationstalent und ein überaus treues Gedächtniß, zwei eminent schauspielerische Gaben, die ihm noch im späten Alter beim Vortrage eigener Dichtungen zu Statten kamen. Aber er überlegte sichs wieder und stellte den Anschluß an die Bühne lieber auf die Weise her, daß er mit einer beneidenswerthen Productivität Stück um Stück fabricirte. Daß daneben die Lyrik nicht fehlte, versteht sich bei einem stets „aus Mord und Brand verliebten Jungen“, wie Schubert ihn einmal nennt, von selbst. Seine Gedichte fanden in Taschenbücher und belletristische Blätter leicht Eingang und machten ihn in der Oeffentlichkeit bekannt, lange bevor sich ihm die ungleich schwerer zugängliche Bühne erschloß. Umgekehrt hat es der früh entwickelte kritische Sinn des von Eigendünkel durchaus freien Mannes nicht zugelassen, daß irgend etwas von seinen dramatischen Jugendversuchen dem Drucke überliefert wurde; sie jetzt aus dem Nachlasse, der in der Wiener Stadtbibliothek sorgfältig verwahrt wird, an das Licht des Tages zu zerren, wäre daher weder pietätvoll noch lohnend. Nur beiläufig sei darauf hingewiesen, daß in den Stücken des komischen Genres Kotzebue, damals noch immer der souveräne Beherrscher des Repertoires, gleichsam mit Haut und Haaren nachgeahmt wird; im „Magnetiseur“, einem 1818 oder 1819 entstandenen Einacter, der ohne Bauernfeld’s Vorwissen in ein Bändchen der in geringer Auflage hergestellten Wiener Unterhaltungsschrift „Cicade“ (1821) eingerückt wurde, selbst inbezug auf die Tendenz, daß der Betrug als Selbstzweck im Lustspiele etwas Erlaubtes oder Entschuldbares sei. Einem sittlich defecten Paare wird zum Triumphe über einen anständigen Menschen verholfen, dessen größte Fehler Geistesarmuth und Leichtgläubigkeit sind; aus der Ferne winkt der Ehebruch. Noch weniger wollte dem blutigen Anfänger im Tragischen ein Wurf gelingen; [244] hiezu bedurfte es eines Talentes von größerer Tiefe als Bauernfeld’s mehr in die Breite entwickelte Individualität aufzuweisen hatte. Darüber gab er sich selbst keiner Täuschung hin. Anknüpfend an die Notiz, daß der erste Act seines Trauerspieles „Alkibiades“ fertig sei, schrieb er schon Ende März 1826 in sein Tagebuch: „Ich bin aber doch nicht für die Tragödie. Hätt’ ich nur einen tüchtigen Lustspielstoff!“ Trotzdem hat B. die Tragödie niemals ganz bei Seite geschoben; bezeichnender Weise gerade an dem Alkibiades-Stoffe mit Zähigkeit festhaltend, suchte er den Plan mehr als ein halbes Jahrhundert später wieder hervor, führte ihn aus und gab sich nicht eher zufrieden, bis Wilbrandt das Stück im Burgtheater – ohne Erfolg – zur Aufführung gebracht hatte.

Eben dieses Jahr 1826 sollte nicht zu Ende gehen, ohne zwei sehnliche Wünsche des Jünglings zu erfüllen: einen zusagenden Lustspielstoff und den Anschluß an Grillparzer zu finden. Auch der minder erwünschte Beginn seiner Beamtenlaufbahn fällt in dieses Jahr. Im October skizzirte er den Plan zu seinem ersten Conversationsstücke „Täuschungen“ oder, wie der spätere Titel lautet, „Leichtsinn aus Liebe“; am Weihnachtsabend empfing Schreyvogel das fertige Manuscript aus seinen Händen. Eine Woche vorher war B. im Hause Josef v. Spaun’s gelegentlich einer musikalischen Abendunterhaltung dem Dichter der „Ahnfrau“ vorgestellt worden. Im Hause Grillparzer’s fortgesetzt, wurde die neue Freundschaft von beiden Seiten lebhaft gepflegt. Die Abneigung gegen die Romantik, allerdings bloß bei Grillparzer echt, während B. in Wahrheit ihren Tendenzen zeitweilig ein geneigtes Ohr lieh und nur nach einer kurzen Periode des Enthusiasmus für Tieck mit ihren Führern schmollte, gab im Vereine mit der Bewunderung Goethe’s einen Berührungspunkt ab; die Censur, deren schier unerträglichen Druck Grillparzer am eigenen Leibe so oft verspürt hatte, haßte B. als angehender Bühnendichter im voraus; endlich hatte sich der Jüngere durch zwei frühere Arbeiten, das Vorspiel „Madera“ (1823), eine freie Dramatisirung der Liebesgeschichte des sagenhaften Entdeckers der Insel, und den halb ausgeführten Plan der Tragödie „Die Gräfin von Orlamünde“ (1826), eine Art moderner Medea, dem Stoff- und Ideenkreis seines berühmten Landsmannes genähert. Gestützt auf seine große Belesenheit in der Komödienlitteratur aller Völker, durfte Grillparzer in allen Fragen des Lustspiels sein kritisches Wort mitreden; durch ihn haben denn auch viele Lustspiele Bauernfeld’s in der Gestalt einer genaueren Motivirung, einer schärferen Charakteristik oder Abschwächung allzu gewagter und possenhafter Wendungen ihren letzten Schliff erhalten. Das Lustspiel „Die Bekenntnisse“ ist geradezu eine Compagniearbeit der Beiden, freilich nicht in dem gemeiniglich üblen Sinne des Wortes; ein feiner Zug in der Schlußscene des zweiten Actes und fast der ganze dritte Aufzug rühren von Grillparzer her. Persönlich bestand jedoch zwischen den verschieden gearteten Männern ein Gegensatz, der in der Mitte der 30er Jahre zu einer Erkaltung ihrer Beziehungen führte. Grillparzer konnte es nicht verwinden, daß der Freund in dem Welttreiben der späteren Jahre den wohlthuenden Schmelz seiner Jugend, die Innigkeit des Gefühlslebens, einbüßte. Wir aber wissen, daß B. dafür Besseres eintauschte: jene innige Vertrautheit mit den Gewohnheiten, Allüren und Vorurtheilen der oberen Zehntausend, die ihn zum Dichter der Wiener Gesellschaft κατ' ἐξοχήν befähigte. Indem er die traditionellen Figuren der deutschen Komödie in die feinen Salons des Geburts- und Finanzadels sowie des reichen Bürgerthums versetzte, erweckte er sie aus ihrem litterarischen Scheindasein zu wirklichem Leben und wurde so zum Schöpfer des Wiener Conversationsstückes.

Es war ein beinahe jungfräulicher Boden, den B. vorfand; er konnte recht aus dem Vollen schöpfen. Die Jünger und Steigentesch hatten vor Zeiten wol [245] Aehnliches versucht, aber ihre Beobachtungsgabe war nicht halb so fein wie die Bauernfeld’s. Am ehesten konnte noch Kotzebue den Anschluß gewähren, dessen Wiener Stück „Die beiden Klingsberg“ von den Sitten der höheren Stände ein annähernd richtiges Bild entwirft. Jenen eigenen, zwischen Ernst und Scherz anmuthig wechselnden Wiener Ton hat B. als Einheimischer jedoch ungleich besser getroffen; daher denn auch zahlreiche Scenen seiner Stücke bei den Zeitgenossen – wir haben werthvolle Zeugnisse dafür – den Eindruck einer nicht mehr zu überbietenden Lebenswahrheit erweckten. Den biederen Vätern, Onkeln und Vormündern, den heirathslustigen Wittwen und verliebten Naiven, den Freiern jedes Alters und Temperaments ist das Gepräge selbständiger Charaktere aufgedrückt, nach deren Urbildern in den vornehmen Zirkeln nicht lange gesucht werden mußte; für die Handlung, auf die überhaupt weniger Gewicht gelegt wird, besitzen sie sozusagen bloß secundäre Bedeutung. Jede Person weist nach Alter und Lebensstellung differenzirte Besonderheiten auf und wenigstens in den ersten Stücken immer wieder andere; kaum eine ist ganz nach der Schablone gezeichnet. Nur so war es möglich, dem verhältnißmäßig engen Kreise der Wiener Gesellschaft, dem die Gestaltenfülle der unteren Stände fehlt, eine so erstaunlich große Zahl von Conversationsstücken abzugewinnen. Schließlich mußte freilich der Wechsel ein Ende haben; schon deshalb, weil B. sich seit den 40er Jahren keine Scrupel darüber machte, den besten Darstellern seiner Lustspiele die Rollen auf den Leib zu schreiben. Man mag über diese Praxis denken, wie man will: beim Publicum fand und findet sie lebhaften Anklang. Aber nicht bloß in diesem Sinne durfte ihn der Burgtheaterdirector Burckhard in seiner Grabrede den „Dichter des Hauses“ nennen. Die respectable Ziffer von über 1100 Aufführungen, welche insgesammt 43 Stücke Bauernfeld’s bis heute auf dieser Bühne erlebt haben, kann gleichfalls nicht der einzige Grund zur Verleihung des ehrenden Titels sein, auf den Kotzebue mit seinem drei Mal höheren „Record“ weit eher Anspruch hätte. Bauernfeld’s größtes Verdienst um das Burgtheater besteht vielmehr darin, daß er ihm durch zwei Menschenalter den Unterhaltungsstoff geliefert hat, dessen es bedurfte, um seinen Rang als einziger Rendez-vous-Platz des geistig regsamen Wien im Vormärz, als vornehmster nachher zu behaupten. Modern bis in die Fingerspitzen, mit einer feinen Witterung für actuelle Bühnenstoffe begabt, ist B. stets mit seiner Zeit gegangen und hat im Laufe der Jahre alle bedeutenden Tagesfragen litterarischer, politischer, socialer Art in dem großen Salon, den die Bühne des Burgtheaters darstellte, mit dem ganzen Elan seines lebhaften Naturells zur Sprache gebracht, um sie von seinem Standpunkte als liberaler Gesinnungsmensch in der Regel sofort zu entscheiden. Hiebei erfreute er sich eines gewissen Langmuthes seitens der Censur, und der im Grunde ungefährliche „Vorschimpfer“ riskirte für manches kecke Wort, welches einem Anderen als Verbrechen angerechnet worden wäre, kaum eine im väterlichen Tone ertheilte Rüge. Daß ein Stück wie „Der litterarische Salon“ (1836), strotzend von Invectiven gegen den von hohen und höchsten Herrschaften verhätschelten Saphir, über die Hofbühne schreiten konnte, erscheint uns heute völlig unbegreiflich; in stofflicher Hinsicht fesselt das Stück als eine Art Modernisirung der Femmes savantes Molière’s unser Interesse (vgl. E. Horner in der Zeitschr. f. d. österr. Gymn. 1896, S. 130 ff.). Nicht minder unverhüllt war die politische Satire „Großjährig“, die zwei Jahre vor dem Sturmjahre das österreichische System, von Börne schlechtweg das „böse Princip“ genannt, öffentlich von der Bühne des Burgtheaters herab mit Spott überhäufte. An den Ereignissen der Wiener Revolution bis zum 18. März, wo ihn eine Gehirnhautentzündung auf das Krankenlager warf, hervorragend betheiligt, blieb B. auch nachher der Wortführer des freisinnigen Bürgerthums; [246] nur mußte es sich gleichfalls gelegentliche Anrempelungen seitens des ewig unzufriedenen Raisonneurs gefallen lassen. Als bloßes Temperament nur zu leicht ein Raub des Augenblickes, eine „gallertartige“ Natur, wie Laube ihn einmal treffend charakterisirt, war B. politisch am wenigsten ernst zu nehmen. Das werthvollste, was er als Dichter gesagt hat, liegt somit nicht auf diesem Gebiete, sondern stammt aus seiner ureigenen Domäne, „Aus der Gesellschaft“. So ist das 1867 aufgeführte Thesenstück über die Mißheirath betitelt, das wol als Bauernfeld’s größte dichterische That zu betrachten ist. Er hat darin durch den Mund des Fürsten Lübbenau mit eindringlicher Beredsamkeit die gesellschaftliche Anerkennung der Mesalliance gefordert, deren bloße Erwähnung, so stark erwiesen sich Vorurtheil und Kastengeist, bis zum Jahre 1848 auf der Bühne des Burgtheaters verpönt war. Formell konnte er sich in der Behandlung des stets actuellen, weil einer endgültigen Lösung unfähigen Problems an das Vorbild der französischen Dramatiker halten, die Argumentation stützt sich jedoch ganz auf specifisch österreichische Verhältnisse. Dazu die anspielungsreiche und lebhaft gefärbte Sprache, ein Hauptvorzug aller Conversationsstücke des Dichters, der die Technik des Dialoges mit einer Meisterschaft handhabte wie vor ihm in Deutschland selbst Lessing nicht. Die Franzosen sind auch darin seine Lehrmeister gewesen, aber so ungezwungen fließen Rede und Gegenrede aus einander, so echt Wienerisch muthet uns die Grazie dieses Hinüber und Herüber an, daß Niemand das Angelernte herauszufühlen und von dem Eigenen zu scheiden vermag. Immer neu und anziehend, krystallklar und durchsichtig, wenig tief, doch niemals gehaltlos, trägt der Dialog bei B. das ganze Stück, täuscht den Zuschauer über todte Stellen der Handlung hinweg und führt wie im Fluge das fröhliche Ende herbei. Die Bühne des alten Burgtheaters mit ihrer intimen Nachwirkung auf das Publicum war wie keine zweite beschaffen, um diesen Dialog zur vollen Geltung zu bringen, und B. wußte nur zu genau, was er verlor, als sich ihre Pforten schlossen.

Wenn B. des wenig abwechslungsreichen Conversationsstückes, das seine Erfindungskraft stets nach derselben Seite hin anstrengte, müde geworden war, dann kehrte er immer wieder mit Behagen zu den mittelalterlichen oder volksthümlichen Stoffen zurück, bei deren Bearbeitung sich seine Phantasie in ungebundener Freiheit ergehen konnte. Sein ausgeprägter Wirklichkeitssinn ließ es nicht zu, der Romantik auf das Gebiet der überschwänglichen Phantastik und Mystik, sowie einer Formlosigkeit zu folgen, welche den praktischen Bedürfnissen der Bühne nicht die geringste Rechnung trug, aber für ihre Propaganda zu Gunsten der Einführung wunderbarer und märchenhafter Elemente in das Drama bezeigte er volles Verständniß. Einen energischen Anlauf zur Bewältigung des romantischen Genres nahm er im „Fortunat“ (erste Fassung 1829, umgearbeitet 1833), einer von Tieck’s Buchdrama grundverschiedenen Bearbeitung des Volksbuches. Allein der äußere Umstand, daß die Machinationen der Saphir-Clique, der Unverstand eines Theiles der Zuschauer und die unzulängliche Besetzung das Stück bei seiner ersten Aufführung in einem kleinen Wiener Vorstadttheater zu Falle brachten, schreckte den Verfasser zunächst von weiteren Versuchen auf diesem Gebiete ab (vgl. E. Horner, Bauernfeld’s Fortunat, im Jahrbuch der Grillparzer-Gesellschaft IX, 128 ff.). In jungen Jahren schrieb er unter dem Einflusse der Romantik sowie der Wiener Shakespeare-Uebersetzung (1824–25), an der er hervorragenden Antheil hatte, ab und zu ein shakespearisirendes Drama, ohne daß ihm hier ein halbwegs glücklicher Wurf gelingen wollte. Reifer geworden, überwand er jedoch dank der Ursprünglichkeit seiner Begabung das gefährliche Muster des großen Briten und schien nunmehr auch in der haute comédie die hochgespannten Erwartungen der Kritik befriedigen zu wollen. [247] Indeß kommt weder dem „Deutschen Krieger“ (1844) noch dem „Franz von Sickingen“ (1850), trotz des großen historischen Hintergrundes und der Propaganda für die deutschen Einheitsbestrebungen mehr als ephemere Bedeutung zu; für den gelegentlich vorgebrachten Plan eines Wiener Bühnenleiters, das erstgenannte Schauspiel der Vergessenheit zu entreißen, könnten aufrichtige Freunde des Dichters kaum ein Wort der Aufmunterung erübrigen. Mit Recht erhält sich dagegen die deutsche Komödie „Landfrieden“ (1870) im Repertoire, kommt auch der parodistischen Figur des alten Raubritters Boffesen Gabillon’s unvergleichliche Darstellung nicht mehr zugute. Rastlos schaffend bis an sein Lebensende, hat B. kaum eine Gattung der Poesie gänzlich vernachlässigt: als Lyriker, Novellist und Didaktiker sind ihm bisweilen durch Empfindung oder treffsicheres Urtheil überraschende Kleinigkeiten gelungen. Humor und schlagfertiger Witz zeichnen seine politischen Zeitgedichte à la Heine und namentlich die Epigramme aus, worin der ewige Oppositionsmann gleich Grillparzer seine Stellung zu den Fragen des Tages präcisirte. Als gelegentlicher Kritiker hat er eine scharfe Klinge geführt und als Historiker der deutschen Litteratur in Oesterreich gediegenes Wissen und die Gabe verrathen, richtig zu disponiren. Mehr als 88 Jahre alt, verschied er am 9. August 1890 in der Villa der Frau von Wertheimstein in Oberdöbling, wo er, wie gewöhnlich durch mehrere Wochen der schönen Jahreszeit, gastliche Aufnahme gefunden hatte.

„Gesammelte Schriften“, Wien 1871–73, XII Bde.; Bd. XII enthält die Sammlung selbstbiographischer Feuilletons unter dem Titel „Aus Alt- und Neu-Wien“. In die Gesammtausgabe hat nur etwa ein Drittel seiner Dramen Aufnahme gefunden, andere existiren bloß in Einzeldrucken, viele sind nur im Manuscript erhalten, einige verloren. Eine von B. selbst angeordnete Auswahl aus dem dramatischen Nachlaß hat Ferdinand v. Saar, Stuttgart 1893, herausgegeben. „Gedichte“, erste Auflage Stuttgart 1852, zweite, vermehrte ebenda 1856. Die Auszüge aus den Tagebüchern, die C. Glossy in den Jahrbüchern der Grillparzer-Gesellschaft V, 1 ff. und VI, 85 ff. veröffentlicht und mit schätzenswerthen Anmerkungen versehen hat, sind von B. selbst angefertigt worden.

E. Horner, Bauernfeld. Leipzig und Wien 1900 (Bd. IV d. Sammlung: Dichter und Darsteller, herausg. von Dr. R. Lothar). – Bernhard Stern, Bauernfeld, ein Dichterporträt. Leipzig 1890 (meist Persönliches). Vgl. ferner Hieronymus Lorm, Wiens poetische Schwingen und Federn. Leipzig 1847, S. 121 ff. – H. Laube, Geschichte d. deutschen Literatur. Stuttgart 1839/40, S. 101 und Laube, Das Burgtheater. 2. Aufl., Leipzig 1891. – Kurz, Geschichte d. dtschn. Literatur IV, 531 ff. Leipzig 1857/72. – Alfred Klaar, Geschichte d. modernen Dramas in Umrissen I, 248 ff. Leipzig und Prag 1883/84. – Ferd. Groß, Eduard v. Bauernfeld, i. Nord und Süd, hsg. von Paul Lindau. 1889, I, 181 ff. – H. Sittenberger, Studien z. Dramaturgie d. Gegenwart I, 9 ff. München 1898. Unter den Nekrologen ragen diejenigen von L. Hevesi (jetzt in dessen Buch: Wiener Totentanz. Stuttgart 1899, S. 341 ff.) und Anton E. Schönbach (Wien. Ztg. 1890, Nr. 203 u. 204) hervor, letzterer als tüchtiger Versuch einer kritischen Gessammtwürdigung des Dichters.