Zum Inhalt springen

ADB:Schreyvogel, Joseph

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Schreyvogel, Josef“ von Eduard Castle in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 54 (1908), S. 186–216, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Schreyvogel,_Joseph&oldid=- (Version vom 17. Dezember 2024, 08:30 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
Band 54 (1908), S. 186–216 (Quelle).
Joseph Schreyvogel bei Wikisource
Joseph Schreyvogel in der Wikipedia
Joseph Schreyvogel in Wikidata
GND-Nummer 119368579
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|54|186|216|Schreyvogel, Josef|Eduard Castle|ADB:Schreyvogel, Joseph}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119368579}}    

Schreyvogel: Josef Sch., Dramaturg, Schriftsteller, am 27. März 1768 in Wien geboren, ist ein Kind der theresianischen Epoche, die dem österreichischen Bürgerstand wieder zu seinem Antheil an dem materiellen und geistigen Besitz der Nation verholfen hat. Die Eltern – Gottfried Schreyvogel, bürgerlicher Tischlerholzhändler, † 1784, und Marie Anna Bayer, † 1797 – waren, wie man sie damals vielfach im ganzen südlichen Deutschland antreffen mochte: eine treffliche, in ihrer Herzensgüte allzu schwache, [187] wenig gebildete Mutter, ein energisch emporstrebender, geschäftskluger, um die Erziehung seiner drei Söhne wenig bekümmerter Vater, die Söhne (Johann Georg † 1806, Gottfried † 1790, Josef der jüngste) daher ohne Rath und Leitung, bloß in der Dumpfheit elterlichen Wohlstandes aufwachsend, dem so nöthigen Schulzwang abhold und gewaltsam widerstrebend.

Seine Jugend verlor Sch. beinahe ganz in träumerischem Müßiggang. Noch am meisten hatte er für seine Ausbildung dem Haus einer Tante zu danken: als sie das lebhafte Vergnügen bemerkte, das er an den Vorstellungen des Puppentheaters ihrer Kinder fand, nahm sie ihn öfters in ihre Loge mit, und der Knabe, der bis dahin nur mäßige Fortschritte in den Elementargegenständen, namentlich im Lesen, gemacht hatte, erlernte aus einem Komödienbuch diese Kunst mit erstaunlicher Schnelligkeit. Nun wurde die eben eingerichtete Normalschule, dann das fünfclassige Piaristen-Gymnasium absolvirt: nach anfänglichem Mißerfolg verließ es Josef 1783 als erster Preisträger. Seine geistlichen Lehrer blieben ihm noch lange gute Freunde. Da die Mutter wünschte, daß ihr Sohn eine Rolle in der Welt spielen solle, bestimmte ihn der Vater für die juristische Laufbahn. Eine Zeitlang setzte der junge Mann seine Studien mit Fleiß fort; aber die Trockenheit mancher Gegenstände, noch mehr die Pedanterie einiger Professoren fingen an, ihm Langeweile zu verursachen. Schulmäßig hat er außer Latein wohl wenig erlernt. Wir wissen aber aus zeitgenössischen Zeugnissen, welche ungeheure Menge geistiger Anregung eine freisinnige Censurverordnung damals nach Oesterreich einströmen ließ. Unter des Kaisers und des Staatskanzlers Kaunitz Schutz erlebte das Hof- und Nationaltheater seine erste Blüthe: Schröder, Brockmann, Lange, Stephanie waren die granitenen Säulen, welche das Repertoire trugen, angeeifert von einem Publicum, das „keinen Laut überhört, keinen Zug übersieht, jede Feinheit auffaßt, jeden Wink erräth“.

Ohne Auswahl las Sch. eine Menge Bücher aus allen Fächern der Litteratur, besonders fleißig Romane und Schauspiele, äffte die Dichter und witzigen Köpfe nach, lernte um der Oper willen Italienisch, ließ sich von Shakespeare so weit begeistern, Englisch zu betreiben, daß er Autoren im Original verstehen konnte, entwarf ein unendliches Trauerspiel „Julius Cäsar“, versuchte sich wohl auch selbst auf dem Haustheater seiner Tante. Nach dem Tode seines Vaters völlig auf sich gestellt, von niemand abhängig, niemand verantwortlich, verlor der junge Mensch allen inneren Halt, umsomehr, als sich zur selben Zeit allgemein in den Geistern ein Umsturz der gesammten Lebens- und Kunstanschauungen vorbereitete. Auch Sch. packten Wertherstimmungen, sie entzogen ihn dem thätigen Leben und steigerten sich bis zu einer schweren Gemüthserkrankung (1788). Zu seinem Heil fing er damals ernstlich das Studium der Vernunftwissenschaften an: Kant, dessen Schriften er jetzt ziemlich kennen und begreifen lernte, übte viel Einfluß auf sein Denkvermögen aus, aber noch keinen auf seine moralische Bildung. Aufsätze aus dieser Zeit (darunter das „Leben des Bacon“) scheinen noch dem reifen Manne mehr Schärfe und Haltung zu haben als das meiste, was er nachher schrieb. Abwechselnd ward er Materialist, Skeptiker, Idealist und Naturphilosoph. Mit dem Jus beschäftigte er sich von jetzt an nur nebenbei, doch versäumte er nicht, in den Staatswissenschaften, welche ihn interessirten, einen guten Grund zu legen. Das Facultätswesen verachtete er gänzlich; er war nicht willens, sich promoviren zu lassen, noch eine bestimmte Beschäftigung zu ergreifen, sondern gedachte, in völliger Unabhängigkeit seine Geistesgaben auf irgend ein großes Werk oder Unternehmen zu verwenden. Hätte er nur seine Freiheit zu behaupten gewußt und sich nicht von einem thörichten Liebesverhältnis in [188] das andere gestürzt, so würden wahrscheinlich die übrigen Stürme der Jugend ohne großen Nachtheil vorübergegangen sein. Regellos und fahrlässig, wie er damals in seiner Lebensweise war, verschwendete er gerade nicht, gab aber gewöhnlich mehr aus, als er hatte; daher er auch öfters in Geldverlegenheiten gerieth, die ihn wieder moralisch bedrückten. Von frühester Jugend zum Journalwesen hingezogen und gleich so vielen Zeitgenossen von der weltgeschichtlichen Größe der Tagesereignisse überzeugt, wagte Sch. zuerst in Hofmann’s „Wiener Zeitschrift“ (1792), in einem vom Herausgeber mit spöttelnden Anmerkungen versehenen Aufsatz das Recht der Völker auf Revolution zu vertreten, eingeschränkt durch das Recht der Regierungen, schwärmerischen Unternehmungen vorzubeugen. In einem zweiten Aufsatz bekämpfte er die Beschlüsse der gesetzgebenden Versammlung gegen die Emigranten, weil diese hinlänglich zu verstehen gegeben hätten, daß sie nicht als Bürger eines umgeformten Reiches angesehen sein wollten.

Es zeigte sich bald, daß Hofmann’s „Zeitschrift“ nicht der Ort war, eine freisinnige revolutionäre Propaganda zu entfalten, daß man vielmehr auf die „Abwehr der gegen die josefinische Aufklärung gerichteten Angriffe“ Bedacht nehmen mußte. Zu diesem Behufe gründeten Alxinger und einige Gesinnungsgenossen 1793 „Die österreichische Monatsschrift“. Am Anfang des Jahres war Sch. zufälligerweise mit Alxinger und dessen Kreis bekannt geworden. Die jungen Leute, nicht ohne Talente und Kenntnisse, aber voll excentrischer Weltansichten und erfüllt von dem Dünkel, sie seien berufen, bei einer Neugestaltung der Zeitverhältnisse bedeutende Rollen zu spielen, standen, wie Sch. erst nach und nach erfuhr, in einem weitverbreiteten Zusammenhang mit anderen jungen Männern und Jünglingen von gleicher Sinnesart in verschiedenen Gegenden Deutschlands. Ihr eingestandener Zweck war, das Vaterland von der Zwingherrschaft des Despotismus zu befreien, zugleich aber beschäftigten sie sich mit weitaussehenden Entwürfen zu einer gänzlichen Umgestaltung aller inneren und äußeren Verhältnisse der Gesellschaft. Diese Entwürfe waren zum Theil so ausschweifend und abgeschmackt, daß dem natürlichen Verstande Schreyvogel’s das Ungereimte und Nichtige darin unmöglich verborgen bleiben konnte. Gleichwohl war die Begeisterung ihrer Urheber und Anhänger so hinreißend, daß Sch. sich dem Interesse und den Absichten seiner neuen Lebensgefährten immer mehr anschloß.

Zuerst ward ein im Sommer 1792 in Prosa entworfenes Trauerspiel „Die eiserne Maske“ (hinter der Sch. des Königs Zwillingsbruder vermuthete), voll von Reminiscenzen an Shakespeare, Schiller’s „Räuber“, Goethe’s „Egmont“, der antidespotischen Tendenz nach eine Art „Don Carlos“, in der „Monatsschrift“ veröffentlicht, der Abdruck nach dem 3. Act jedoch eingestellt, weil der Verfasser inzwischen zu der Einsicht gelangt war, daß er die Oekonomie des Ganzen verändern müsse. Nach Mittheilung von Bruchstücken des 4. Actes in der neuen, jambischen Bearbeitung gibt Sch. für die nächste Zeit diesen litterarischen Bestrebungen den Abschied und kehrt, von den sich überstürzenden Ereignissen des Augenblickes und seinen neuen Freunden mitgerissen, zur politischen Tagesschriftstellerei zurück. Im September 1793 hatte der Nationalconvent das Gesetz gegen die Verdächtigen beschlossen, und schon waren die Machthaber in Oesterreich geneigt, Gleiches mit Gleichem zu vergelten. Da wendet sich Sch. in seinem „Beitrag zur Geschichte der Proscriptionen“ (December 1793) gegen die Ausartungen des Despotismus drüben und hüben. Mit überlegener Ironie erinnert man den Obscuranten Hofstätter an die revolutionären Theorien jesuitischer Staatsphilosophen, worauf der Exjesuit seine Angreifer Alxinger, Sch. und Consorten als verborgene [189] Jakobiner denuncirt. Von da an tritt Sch. – man möchte beinahe meinen, vorgeschoben von seinen Freunden, die sich seinen unbefleckten Ruf und seine Stellung außerhalb jeder geheimen Verbindung zu Nutze machten – in die erste Reihe der Streiter, und der Meinungsskampf nimmt immer mehr persönlichen Charakter an. 1794 sollte für jedes Heft der „Monatsschrift“ ein anderer Mitarbeiter als Herausgeber die Verantwortung tragen, nur die Theaterkritiken blieben gemeinsame Arbeit. Sch. eröffnete und beschloß die Reihe. Gleich im ersten Heft wird Hofstätter an der „Verschwörung gegen das Königreich Portugal 1641“ gezeigt, wo die Verschwörer zu suchen seien. In gut josefinischer Tradition verwahrt er sich gegen die Verdächtigung, je einer geheimen Gesellschaft angehört zu haben oder anzugehören, aber er droht auch der Regierung, wenn sie es wagen sollte, die Wahrheit und Denkfreiheit, die Wissenschaft und die bürgerlichen Rechte zu unterdrücken („Klägliches Sendschreiben eines Illuminaten an seinen Ordensprovinzialen“). In der „Republik der Philosophen“ schlüpft ihm eine anerkennende Zeile für Robespierre aus der Feder. Auf die „unnöthige Frage“, ob man bei republikanischen Gesinnungen ein guter Bürger eines monarchischen Staates sein kann, gibt er unverlegen die „nöthige Antwort“. Laut bekennt er sich zu religiöser Toleranz. Mit einem letzten Ausfall „gegen Hofstätter und den Jesuitenorden“ räumt Sch. im Juni 1794, sich ausdrücklich noch einmal gegen die Unterschiebung revolutionärer Absichten verwahrend, seinen Gegnern das Feld. Hofstätter antwortete mit der neuen Denunciation, die Bemerkung über Robespierre habe in ganz Deutschland unliebsames Aufsehen gemacht.

Eine Flugschrift „Meine Rechtfertigung gegen die Verleumdungen, die Herr Hofstätter im 7. Heft des Magazins der Kunst und Literatur wider mich vorbringt, als ein Vorbericht zu einem Anti-Hofstätter“ (Wien 1794, 4°) nöthigte den Denuncianten zum Schweigen. Er mußte das Erscheinen seiner Monatsschrift einstellen. „Ich habe, als ich die unsrige schloß,“ rühmt Sch. seinem Bruder gegenüber, „wenigstens auf eine ehrenvolle Art Abschied genommen. Der Narr hat darüber gewitzelt; nun hat er sich aus dem Staub gemacht wie ein Hallunke, und alles lacht und schimpft hinter ihm drein.“

Der im Tone Lessing’s geführte Kampf gab Sch. in Wien den Rang einer litterarischen Celebrität.

Bisher hatte die Censur beide Parteien ruhig gewähren lassen, obschon der Federkrieg selbst an höchster Stelle nicht unbemerkt geblieben war. Nun war es aber der Regierung gelungen, auf einen Wink der Londoner Polizei, am 14. Juli 1793 ein revolutionäres Comité in Wien, gleichzeitig eine gefährliche Verschwörung in Ungarn mit communistischen Umsturzbestrebungen zu entdecken und die Verbindung beider mit den Pariser Revolutionären festzustellen. Die Absicht der Verschworenen, die dem Kreise Alxinger’s und Schreyvogel’s mehr oder minder nahe standen, war es gewesen, die ganze politische Verfassung des Staates über den Haufen zu werfen, alle Staatsbeamten, die nicht zur Secte der Illuminaten gehörten, aus dem Wege zu räumen, aller öffentlichen und der Cassen von vermöglichen Privatleuten sich zu bemächtigen und die landesfürstliche Familie mörderischer Weise zu vertilgen. Schreyvogel’s eigene Familie hielt ihn für tief in die Verschwörung verwickelt und durch die Untersuchung an Leben und Freiheit bedroht, wogegen er Mutter und Bruder auf seine Ehre wiederholt versicherte, „daß er von keiner Seite das Geringste zu fürchten oder zu besorgen habe“. „Obschon ihm nichs nachgewiesen werden konnte, schien es doch gerathen, sich für einige Zeit mit Genehmigung der Behörden von Wien zu entfernen“ (October 1794).

Ueber Prag, Dresden, Leipzig, wo mit Meißner, Adelung, Platner [190] angeknüpft wurde, ging die Reise nach Jena. Der Kantapostel Reinhold, der aus dem Kreis der Wiener Aufklärung hervorgegangen, daher den Wiener Freunden am vertrautesten war und dem sie Sch. vor allen hatten empfehlen wollen, war einige Monate früher nach Kiel übergesiedelt. Doch sorgte Alxinger für eine gute Einführung bei Wieland und Schütz. Die Frau Professor Schütz kam, wie allen Fremden von einigem Ruf, auch dem wohlgestalten Wiener gefällig entgegen und wurde in kurzer Zeit seine wärmste Freundin, bei der er fast alle Abende zuzubringen pflegte: „ein triviales, sonst sehr lebhaftes Weib“ nach Schiller’s, „eine sehr geistreiche und schöne Frau“ nach Schreyvogel’s Urtheil. Ebenso gewann er noch eine (ungenannte) sehr theilnehmende Freundin am Hofe zu Weimar. Seine Absicht war es, in Jena das Doctorat zu erwerben und die berühmtesten Männer in Deutschland persönlich kennen zu lernen: wirklich durfte er nach und nach außer Wieland und Schütz auch noch Goethe, Schiller, Herder, Fichte, W. v. Humboldt, Friedrich Schulz, Böttiger, Hufeland, Bertuch, Kraus, Woltmann mehr oder weniger zu seinen Freunden rechnen. Er arbeitete fleißig und angestrengt, manchen Tag zwölf bis vierzehn Stunden, aber wieder weniger Juristisches als Litterarisches: sein Doctorat hat er jedesfalls nicht gemacht; dagegen war er seit dem Frühjahr 1795 Mitarbeiter an der „Allgemeinen Literaturzeitung“, die Schütz herausgab, und lieferte Beiträge zu Schiller’s „Neuer Thalia“ und Wieland’s „Neuem Teutschem Merkur“. Man war geneigt, ihn durch Verleihung einer außerordentlichen Professur festzuhalten, und versprach ihm sogar einen Dispens wegen der Religion. In Weimar und Lauchstädt lernte er Goethe’s Theater kennen, das seinem gebildeteren, großstädtischen Geschmack jedoch nach keiner Richtung genug zu thun vermochte.

Neben Schütz scheint er sich am nächsten Schulz angeschlossen zu haben, den er von Wien her kannte, der von den Weimaranern als beliebter Schriftsteller geschont, aber seinem Charakter nach als „leichter Passagier“ gering geachtet wurde. Durch Schulz wurde Schiller (am 2. November 1794) das zweiactige Lustspiel „Die Wittwe“ für die „Horen“ angeboten, für die es doch zu wenig Gewicht hatte; dagegen bildete es ein willkommenes Füllsel für das letzte Heft der „Neuen Thalia“ (1795, S. 254–330). Das aus dem bürgerlichen Schauspiel wohlbekannte Problem einer schwankenden Wahl zwischen zwei Schwestern, der eigentlich geliebten, früher versagten, nun wieder frei gewordenen (Wittwe) und der verlobten, jetzt aber selbst nach anderer Richtung liebenden ist geschickt gestellt, das Ganze jedoch mehr gedacht als naiv empfunden. Schulz schien es freilich gleich hinter Goethe’s „Geschwistern“ einen Platz zu verdienen; Körner glaubte im Dialog Talent bemerkt zu haben, meinte aber, Plan und Charaktere, besonders die Nebenpersonen, könnten besser sein; von Goethe hat sich keine schriftliche Kritik erhalten, für sein Weimarer Theater fand er es ungeeignet; Schiller selbst empfahl Sch. die heitere Erzählung als sein eigentliches Genre.

Schulzens Roman „Albertine, Richardson’s Clarisse nachgebildet“ mag Sch. zu seinem „Teutschen Lovelace“ veranlaßt haben, von dem er Proben in Wieland’s „Neuem Teutschem Merkur“ (1795 III, 317–347; 1796 I, 3–15; II, 3–34, 173–183) vorlegte. Das Bruchstück, in welchem die Begebenheit dem alten englischen Familienroman, der Gang der Handlung dem „Werther“, der Hauptcharakter dem Don Juan-Typus nachgebildet ist, zeigt abermals deutlich die Grenzen von Schreyvogel’s Begabung. Auch später, noch 1814, ist er auf diesen Roman zurückgekommen, ohne ihn je zu vollenden. Die Schwierigkeiten, die er im Schreiben fand, das ewige Planen und Verwerfen, Wiederaufnehmen und Zurücklegen, bleiben für seine gesammte schriftstellerische [191] Thätigkeit charakteristisch: er war kein großes hervorbringendes Talent, aber eine nach Grillparzer’s Schilderung ganz einzigartige Geistesveranlagung täuschte ihn lange über diese Erkenntniß hinweg. Nach einem ersten Zulangen in überströmendster Begeisterung hieß es schließlich immer: „Es geht nicht“, wie er einst Goethe antwortete, als dieser ihn zu litterarischer Thätigkeit aufmunterte; Goethe aber meinte: „Man muß nur in die Hand blasen, dann geht’s schon!“ Später scheint sich das Verhältniß zu Goethe getrübt zu haben, der Sch., wie Böttiger im October 1796 Schulz berichtet, „zuletzt in Jena überall anfletschte.“ Sch., von Haus aus Wieland und den älteren Aufklärungslitteraten näher stehend, verhielt sich gegen Goethe als Dichter, als Theaterleiter, als Dramaturgen, ja selbst als Menschen im höchsten Maß kritisch. Ob er ihn schon damals nur als den genievollsten Nachahmer unter den Neueren hat gelten lassen wollen, wissen wir nicht; seine ablehnenden Urtheile über die Werke der italienischen Zeit – vom theatralischen, nicht vom poetischen Standpunkt –, vielleicht manches andere schroffe Wort mag er geäußert und dadurch bei Goethe die Ueberzeugung wachgerufen haben, daß man ihn hier nicht verstehen wolle oder könne. Möglicher Weise zielt auch auf ihn die gelegentliche Aeußerung: „So manchen wackeren Männern aus Oesterreich fehle eine gewisse höhere ästhetische Bildung, wodurch man in den Stand gesetzt werde, aus vorliegenden Theilen ein Ganzes zu schließen und abzurunden“. Ein ernsteres Zerwürfniß muß vorgefallen sein. Noch 1817 auf einer Durchreise vermeidet es Sch., Goethen zu sehen, „aus mancherlei Gründen“, und im Tagebuch heißt es an einer Stelle, in welcher der Groll deutlich nachzittert, recht scharf: „Er hat vielen Einfluß auf meine Bildung und Verbildung gehabt. Es ist interessant zu sehen, wie er sich selbst verbildete; denn leider hat er seine herrlichen Talente aus Mangel eines moralischen Princips verhältnißmäßig nicht viel besser angewandt als ich meine mittelmäßigen“, eine Meinung, die Sch. freilich, je genauer er Goethe’s Entwicklungsgang aus „Dichtung und Wahrheit“ kennen lernte, immer mehr einschränkte.

Auch bei Schiller zeigte sich Sch. später seltener. Vermuthlich hat Schulz, mit dem die Freundschaft dermaßen innig wurde, daß dieser ihn sogar nach Kurland mitziehen wollte, den jungen Mann immer mehr von der Bahn um das Weimarer Doppelgestirn abgelenkt: dafür faßten die moralische Indifferenz und die Mischung von Trübsinn, Stolz und Selbstverachtung, die sich lange sogar auf seinem Gesicht ausdrückte, in ihm Wurzel. So verlor er auch hier den Boden unter den Füßen. Ein herbes, zweideutiges Wort Goethe’s – „die Lücke, welche durch Schreyvogel’s Abgang entstehe, sei von der Art, daß sie durch mindere Subjecte ausgefüllt werden könne“ – schließt diese ganze Episode ab.

Auf einem Umweg über Berlin, wo er bei Biester, dem Begründer der „Berliner Monatsschrift“, vorsprach, kehrte er im Herbst 1796 nach Wien zurück. Bald darauf trat er in ein Lebensverhältnis zu Marie Rothmann († 17. October 1819), einer liebenswürdigen, gebildeten Wienerin, die von ihrem Gatten getrennt lebte, aber nach österreichischem Rechte nicht geschieden werden konnte; eine aus dieser Gewissensehe hervorgegangene Tochter Karoline hat den Vater überlebt. Sch. hatte noch immer im Sinn, eine unabhängige öffentliche Wirksamkeit zu entfalten. Dies war nur auf drei Gebieten möglich: in Verbindung mit der Presse, mit dem Theater oder mit der Industrie.

Es ist ein seltsamer Widerspruch, daß ein Mann, der auf seine Zeitgenossen wirken will, dabei auf eine gänzlich abgebrauchte, veraltete Form verfällt; ein Widerspruch, der sich aus persönlichen Momenten, Charakter, [192] desultorischer Lectüre, litterarischem Entwicklungsgang, Mangel an geschichtlichem Empfinden, besser erklärt als aus der Rückständigkeit des vaterländischen Geschmackes. Sch. entwarf (1796) den Plan zu einer moralischen Wochenschrift nach Art des „Spectator“, aber für Wiener, für Oesterreicher bestimmt. „Das bürgerliche und häusliche Leben und alles, was die Angelegenheiten eines Privatmannes, seine Pflichten und Obliegenheiten im Staat, in der Kirche, in seinem Stande, in der Gesellschaft, in seinem Hause sein kann, ist der Gegenstand derselben. Das Ganze soll auf das Praktische gestellt sein; theoretische Aufklärungen sind Nebensache, und besondere Kritik, z. B. des Theaters, einer Schrift, darf nur selten vorkommen.“ Er wollte belehren, aber mit Humor belehren, und eine Art von dramatischem Interesse an seiner Gesellschaft der „Müßigen“ erregen.

Das Unternehmen kam nicht zur Ausführung. Die Pachtausschreibung für die amtliche „Wiener Zeitung“ (1798) eröffnete die Aussicht auf eine journalistische Thätigkeit im größten Stil, würdig des Moments der Zeit, des lebhaft bewegten politischen Interesses des Publicums. Mit seinem Freunde Mumelter von Sebernthal, Professor der Geschichte an der Universität, und nach dessen frühem Tod in Verbindung mit Zeiller, dem Schöpfer des bürgerlichen Gesetzbuchs, und dem Schwarzenberg’schen Hofrath Plöch arbeitete Sch. einen Entwurf für ein politisches Tageblatt „Wiener Hof- und Staatszeitung“ nach völlig modernem Zuschnitt aus. Das Muster der großen englischen Journale stand ihm vor Augen; es ist aber möglich, daß Sch. in Jena auch Kunde erhalten hatte von Cotta’s Project einer „Allgemeinen europäischen Staatenzeitung“, das nach Schiller’s Rücktritt in Posselt’s „Neuester Weltkunde“ gerade damals seiner Verwirklichung entgegenging. Aehnlich wie der gehaltvolle Prospect zu der „Neuesten Weltkunde“ betrachtete Schreyvogel’s Entwurf die Zeitung als ein Kunstwerk der historischen Gattung. Doch wollte die „Wiener Hof- und Staatszeitung“, wie schon der Titel andeutet, mehr particulär, praktisch, realpolitisch, nicht bloß berichten und raisonniren, sondern „ein ganzes Volk für große Maßregeln vereinigen und schnell in Bewegung setzen“. Die praktischen Vorschläge über Vorcensur, Bezugspreis und Bezugsbedingungen gemahnen an Cotta’s geschäftskundige Maßregeln. Wenn die Ausführung dem Entwurf entsprochen hätte, so wäre in der That dieses Journal ein Denkmal des österreichischen Gemeingeistes und der Nationalehre geworden. Der Kaiser interessirte sich lebhaft für das Project und verlangte darüber gründliche Gutachten. Aber die Hofkanzlei empfand eine unüberwindliche Scheu, eine Zeitung „gleichsam zum Sprachrohr der Staatsverwaltung an das Publicum zu machen“. Der Staatsrath befürchtete, das Journal würde zu gelehrt ausfallen, das Publicum dadurch abgeschreckt werden und schließlich wieder nach auswärtigen Zeitungen greifen, die man nicht in der Macht habe – und so blieb Alles beim Alten und Jahrzehnte hindurch die „Augsburger Allgemeine Zeitung“ das Orakel des politisirenden Oesterreichers.

Der Zeitraum von 1797 bis Ende 1799 gehört zu den dunkelsten in Schreyvogel’s Leben. Unbestimmt und seiner selbst unmächtig nennt er sich in diesem Alter und macht sich später schwere Selbstvorwürfe. „Ich habe leider meine besten Jahre mit eitlen, unzweckmäßigen Beschäftigungen, mit Träumereien verloren, tausenderlei angefangen und wenig oder nichts ausgeführt.“ Hiezu hat gewiß beigetragen, daß er nach dem Tode der Mutter und des Bruders in den Besitz eines nicht unbeträchtlichen Vermögens gekommen war, das ihm gestattete, ganz nach seinen Neigungen zu leben.

1802 berichtet der „Neue Teutsche Merkur“, dem wackeren und für alles Gute rastlos thätigen Sch. hätten seine dramaturgischen Kenntnisse beim Hoftheater [193] eine Stelle erworben. Nach den Acten bekam er in diesem Jahr für „Composition“ ein Honorar von 750 fl., 1805 ein Geschenk von 375 fl.; er scheint Stücke eingerichtet (so die „Herzensproben“ von Bouilly) und in der Kanzlei gearbeitet zu haben. Als er 1804 seiner Stelle enthoben wurde, soll er selbst zum Nachfolger seinen Jugendfreund Josef Sonnleithner (Grillparzer’s Oheim) empfohlen haben, einen „unausstehlichen Schwätzer und litterarisch-musikalischen Windbeutel“. Wahrscheinlich nöthigte ihn zum Rücktritt die üble Wendung, welche in dem Geschäft eingetreten war, in das er sich infolge „der Schwachheit seines Charakters“ eingelassen hatte. Ein Jugendfreund Dr. Th. Hohler hatte nach dem Muster des Bertuch’schen Instituts in Weimar ein „Kunst- und Industrie-Comptoir“ gegründet; Sch., Rizy, Josef Sonnleithner traten als stille Gesellschafter dem Unternehmen bei, das reichen Ertrag versprach, wenn Publicum und Regierung es unterstützten. Es wurde alles erzeugt und verlegt, was mit Kupferstich und Kupferdruck zusammenhing: Kunstblätter, Landkarten, Musikalien; man berief die ersten künstlerischen Kräfte, stellte die vollkommensten Maschinen auf, machte den Betrieb zu einer Sehenswürdigkeit. Wiener Künstlern wurde in zehn Jahren an 200 000 fl. zu verdienen gegeben. Aber ein Unternehmen, welches Frieden und Wohlstand zur Voraussetzung hat, kann nicht gedeihen, da ein unglücklicher Krieg nach dem anderen zum Staatsbankerott treibt. Ueberdies fehlte es Hohler an Geschäftskenntniß, Fleiß und Redlichkeit. Sch., der allmählich sein ganzes Vermögen in das Unternehmen gesteckt hatte, mußte ihm 1802 als öffentlicher Gesellschafter beitreten, nach Hohler’s Entfernung die Leitung selbst übernehmen, neue Möglichkeiten des Verdienstes schaffen. Statt den Betrieb zu verkleinern, vergrößerte er ihn: 1807 kaufte er die Camesina’sche Handlung, um auch Buchhandel treiben zu können. Da man wußte, daß Geymüller und Eskeles Sch. hielten, fand er zu seinem Verderben fast unbeschränkten Credit. Aber Sch. war nur mit halbem Herzen Geschäftsmann, seine Neigung gehörte noch immer der Litteratur. Wöchentlich versammelte sich bei ihm ein litterarischer Club, er selbst verkehrte viel in dem Hause der Frau v. Eskeles, geborenen Arnstein, einer der geistreichsten und interessantesten Frauen Wiens, die eine Art litterarischen Salon begründet hatte. Bei ihr ist das „Sonntagsblatt“ entstanden, ihr ist es gewidmet, Männer ihres Kreises haben zu Modellen gedient für die Mitglieder der „stillen Gesellschaft“, als deren Unterhaltungen die Wochenschrift herausgegeben wurde.

Der Zeitpunkt war für ein neues publicistisches Hervortreten gewiß nicht ungünstig. Eine neue Aera des Josefinismus schien für Oesterreich herangebrochen zu sein, da Graf Philipp Stadion an die Spitze der Regierung getreten war und verkünden ließ: „Kein Lichtstrahl, er komme, woher er wolle, soll in Hinkunft unbeachtet oder unerkannt bleiben oder seiner möglichen Wirksamkeit entzogen werden.“ Aber wie ganz dem Josefinismus entgegengesetzt hatte sich in dem Jahrzehnt seit Schreyvogel’s Rückkehr aus Jena der Zeitgeist entwickelt! Wien war das Hauptquartier der Romantik geworden: dem Aufklärer mußte es scheinen, als ob der Obscurantismus gesiegt hätte. „Die Betrachtung der Schriftstellerei in unserem Vaterlande hat das Sonntagsblatt veranlaßt; die Indignation, welche die Anmaßung schlechter Köpfe erregt, gab diesen Blättern, gleichsam ohne Vorbedacht, das Dasein. … Wenn in der deutschen Gelehrtenrepublik eine rechtmäßige Autorität und die natürliche Rangordnung unter den Schriftstellern hergestellt ist; wenn Lessing wieder mehr gilt als die Gebrüder Schlegel, Wieland mehr als Jean Paul und Tieck, Kant mehr als Fichte und Schelling; wenn die Stümper [194] verstummen und die eingebildeten Genies an sich selbst irre werden: dann werden wir uns in die Reihen der bloßen Zuschauer zurückziehen, wohin wir eigentlich gehören und die wir nur ungern verließen.“

In einer Menge von Einzelheiten tritt der schroffe Gegensatz zur Romantik hervor: in Goethe’s „Wilhelm Meister“ findet Sch. nur unbedeutende, aber wunderliche Begebenheiten; in den Spaniern, z. B. Calderon’s „Andacht zum Kreuz“, mehr Abenteuerliches als Romantisches; Shakespeare wird unbedingt verehrt; auch Sch. wollte den Nationalgeist aufrütteln, aber nicht durch Vertiefen in die fabelhafte Vergangenheit und in das phantastische Reich der Ideale, sondern dadurch, daß wir auf die Gegenwart merken und den Verstand mit praktischen Regeln, die Seele mit starken Entschlüssen füllen.

Etwas rückwärts Gewandtes, man möchte fast sagen Rückständiges liegt in diesem Programm: nicht zu verwundern, daß die Stimmführer der Romantik nichts anderes aus ihm heraushören mochten als die alte Philisterleier der Aufklärung. Als veraltet empfand man nicht minder Sprache und Stil: „manchmal yorickisirt der Verfasser, manchmal sucht er Wielanden etwas abzuborgen“, am liebsten schließt er sich Lessing an als „dem älteren, größeren Bruder seines Geistes“. Für die nach der längst abgelegten Mode des „Spectator“ zugeschnittene Einkleidung hatte das Zeitalter der Fragmente und Vorlesungen keinen Geschmack mehr. Die „kritischen und satirischen Streifzüge“ auf dem Gebiete der Litteratur und des Theaters, gegen die selbstgeschaffenen und erworbenen Feinde, verkümmerten allmählich immer mehr jenen „Bildern aus dem Leben“ den Raum, die nach dem Plan von 1796 den Hauptgegenstand der Wochenschrift hätten ausmachen sollen: einer praktischen Philosophie des Lebens, auf Zeit- und Localverhältnisse berechnet.

Ohne Zweifel bedeutet das „Sonntagsblatt“ zwar keinen Höhepunkt der Litteratur, aber den Höhepunkt von Schreyvogel’s litterarischer Thätigkeit. Mochte es ihm auch später in selbstquälerischen Stunden als ein Product der Eitelkeit und Laune, als schöngeistige Tändelei erscheinen – es ganz zu verwerfen, brachte er nie übers Herz. Der Gedanke, eine zweite verbesserte Auflage zu veranstalten, die beiden Abtheilungen von einander zu trennen, die Litteratur- und Theaterkritiken fortzusetzen und eine gedrängte Uebersicht der neueren Erscheinungen, der dramatischen insbesondere, bis 1818 anzuschließen, so eine Art von Ganzem daraus zu machen und es auswärts drucken zu lassen, gewissermaßen um sich selbst ein Denkmal zu setzen, wird zwischen 1816 und 1818 verfolgt und 1829, leider nur bruchstückweise, ausgeführt (Gesammelte Schriften von Thomas und Karl August West; 2 Abtheilungen zu je 2 Theilen. Braunschweig, F. Vieweg).

Inwieweit das „Sonntagsblatt“ seine Absicht erfüllt und zur ästhetischen Erziehung seines Publicums beigetragen hat, ist nicht leicht auszumachen. Selbst wenn es nur, wie zugestanden, auf die Bildung eines einzigen Großen Einfluß geübt hat, ist seine Einwirkung auf die gesammte deutsch-österreichische Litteratur nachhaltig geblieben: denn dieser eine war Grillparzer. Die Abneigung gegen die „faselnden Romantiker“ und die Naturphilosophie, gegen Volksepos und Volkslied, die Verehrung für Aristoteles und Kant, die Auffassung von der Bedeutung des antiken Chors und der poetischen Gerechtigkeit, die Ueberzeugung, daß das mimische Talent im Dichtwerke nur den Dichter, dagegen im bühnenkundig gemachten Theaterstück sich selbst aus der Rolle herausspielen könne, die Hochachtung für das unbestochene Urtheil eines naiven Publicums, ja selbst die Vertheidigung biederen Mittelschlags gegen Singularität und wilde Originalgenies – alle diese Ansichten Grillparzer’s wurzeln in den von Sch. vorgetragenen kritischen Grundsätzen.

[195] Das „Sonntagsblatt“ hat nach Schreyvogel’s eigenem Zeugniß nicht mehr als zwei Jahrgänge erlebt (1807/8). Nicht, daß es an Interesse für das Unternehmen gemangelt hätte. Auf die Dauer vermochte Sch. jedoch seinem weitläufigen Geschäft nur schwer die sorgenfreien Stunden abzumüßigen, welche die Abfassung jeder Wochennummer in Anspruch nahm. Außer Stande, auch nur die wichtigsten Aufsätze selbst beizusteuern, mußte er in die späteren Bände viel Eingesendetes aufnehmen und sich endlich entschließen, die Weiterführung des Blattes Ludwig Wieland zu übergeben, dem Sohn des Oberondichters, den Lesern des „Sonntagsblattes“ bereits als Hilarius Frank bekannt, seit 1803 in Wien, mit einem Brief des Vaters bei Sch. eingeführt und diesem empfohlen. Zweitbetheiligter war der vielberufene Kurländer Dr. Lindner, der im „Sonntagsblatt“ als Dr. Wiederhold zeichnete. Das Blatt bekämpfte weiter „mit rüstigem Witz die Thorheiten der Zeit und die Fehltritte der neuesten poetischen Schule. Bei seiner fortwährend polemischen Tendenz mußte ihm aber endlich der Stoff ausgehen, es ward matt und schlief am Ende ganz ein“. Sch. hatte es ängstlich vermieden, in seine Erörterungen Politik einzumischen; trotzdem fand er sich auch diesmal am Ende seiner publicistischen Thätigkeit politisch compromittirt: Wieland und Lindner wurden nach dem Abzug der Franzosen 1809 in Untersuchung gezogen als angebliche Verfasser einer Oesterreich feindlichen Broschüre „Sinn- und Herzmann“ und sahen sich dadurch genöthigt, Wien zu verlassen. In Verbindung mit ihren Namen ward Schreyvogel’s gedacht als eines Mannes, der nicht mit Anhänglichkeit an den Staat geknüpft sei. Seine Schuldenlast häufte zugleich eine ungeheure Sorge und Anstrengung auf ihn, mit der er sich fruchtlos quälte. Die Devalvation des Papiergeldes von 1811 vermochte er noch zu überdauern; die Camesina’sche Buchhandlung verkaufte er nun wieder und associirte sich mit Riedl, der gut Landkarten zeichnete und das Landkartenfach übernehmen sollte. Sch. hätte mindestens zehn Jahre gebraucht, um sich völlig aus seiner finanziellen Verwicklung herausarbeiten zu können. Dazu fehlten ihm anhaltender Fleiß, Consequenz und Ordnung. Wenigstens den „Zerstreuungen durch Weibergeschichten“ ganz und auf immer zu entrinnen, ist er jetzt ernstlich gewillt. Nach ersten Anläufen zu einer Selbstschau und Rückschau im August und September 1810 faßt er am 26. December den Entschluß, ein besserer, ordentlicherer und dadurch weniger unglücklicher Mensch zu werden; Franklin bietet ihm das Vorbild, wie man von seinen Fehlern sich befreien und vollkommener werden kann: in einem Tagebuch will er Rechenschaft davon ablegen, um wieviel er es Tag für Tag hierin weiter gebracht hat. Neben Kant werden alte und neue Moralisten, die großen Denker und Geschichtsschreiber, das Alte und Neue Testament mit rastlosem Eifer studirt. Der russische Krieg droht auszubrechen; „ich lebe in einer interessanten Zeit“, notirt er in sein Tagebuch, „aber wie ungleich interessanter ist mein inneres Leben.“ Durch Wochen ist er beinahe bloß Gelehrter, vertieft in die Lektüre an sich nützlicher Bücher, unbekümmert um seine Geschäfte. Ende Juli 1812 bietet sich ihm noch einmal eine Frist, seine ökonomischen Verhältnisse zu ordnen. Der deutsche Krieg kommt in vollen Gang. Er speculirt auf das Steigen der Curse; die Curse fallen. Seine fieberhafte Aufregung steigert sich von Tag zu Tag. Am 30. August 1813 tritt die Katastrophe ein: „Mein Ruin ist unvermeidlich, eine längere Fristung unmöglich, nur ein Wunder könnte mich retten.“

Außer Fassung, in Geistesverwirrung, an der Rettung seines Vermögens, seiner Ehre und seines Lebens verzweifelnd, verfällt er in eine schwere Gemüthskrise. Er muß an eine Heilanstalt abgegeben, unter Curatel gesetzt [196] werden, doch schon nach wenigen Wochen kann man ihn gesund und handlungsfähig wieder entlassen.

Wahrscheinlich unter Eskeles’ Vermittlung kam es zur Uebernahme des Geschäftes durch Riedl und nach mühevollen Verhandlungen zum Ausgleich mit den Gläubigern. Bücher, Kleider und Hauseinrichtung war das wenige, was Sch. eigen blieb.

Wissenschaftliche und litterarische Pläne erfüllen ihn ganz; er bedauert nur, auch für Geld schreiben zu müssen. Der nächste Gedanke richtet sich neuerdings auf Herausgabe einer Wochenschrift („Winterabende“ nach dem „Rambler“) oder eines Journals („Oesterreichisches Museum“, „Oesterreichische Gelehrtenzeitung“). Daneben beabsichtigt er, einen ernsten Roman zu schreiben: sein Leben; daraus läßt sich etwas lernen; denn er hat das Schlimmste und das Beste in seinem Herzen getragen. Die große Bestimmung aber, für die er sich eigentlich aufgespart hält, ist die neue wissenschaftliche Begründung der Moral und Religion. Wie mit dem alten Wust seines Lebens will er auch unter seinen Papieren aufräumen: dramatische Entwürfe, der „deutsche Lovelace“ ziehen ihn an. Um einen kleinen Verdienst sich zu sichern, ist er geneigt, die Redaction der „Wiener Zeitung“ zu übernehmen. Er hofft, durch seine Freunde eine Bibliothekarstelle zu erlangen. Statt dessen eröffnet sich ihm Mitte December 1813 die Aussicht, eine Anstellung beim Theater zu finden.

Schon 1812 hatte ihm Fürst Lobkowitz, damals Leiter der Oper, deutsche Preisopern zur Beurtheilung übersendet, ohne daß daraus eine festere Verbindung hervorgegangen wäre. Jetzt, nachdem sich die Cavaliersdirection wegen ihrer finanziellen Mißerfolge aufgelöst und Graf Ferdinand Pálffy, der Eigenthümer des Theaters an der Wien, die Hoftheater (Burg- und Kärtnerthortheater) in Pacht genommen hatte, galt es bei den hervorragendsten Geldmännern und Bankhäusern Wiens Fonds für den neuen Pächter aufzubringen: bei dieser Creditoperation wurde Pálffy von irgend einer Seite (wahrscheinlich von Eskeles) auf Schreyvogel’s Mitwirkung verwiesen. Am 8. April 1814 kam der Vertrag zu Stande: Sch. verpflichtete sich auf zehn Jahre bei der vereinigten Direction des Hoftheaters und des Theaters an der Wien die Dienste eines Theatersecretärs und Consulenten in allen Haupttheilen der Verwaltung zu versehen. Dafür sollte er ein Honorar von jährlich 2500 fl. W. W. erhalten nebst Anwartschaft auf Gehalt, Titel, Stellung und Pensionsanspruch eines wirklichen Hoftheatersecretärs. Am 28. April wurde dem Personal die Ernennung Schreyvogel’s zum Präsidialsecretär, Kanzleidirector der Centralcommission und Vicedirector des Theaters an der Wien mitgetheilt, am 7. Mai erhielt er sein Decret.

Die Sorge für drei Theater, von denen das Theater an der Wien alle theatralischen Genres pflegte, zu einer Zeit, da die vornehme Welt von ganz Europa in Wien zusammenströmte, war beinahe erdrückend. Verhandlungen mit dem durch die Unpünktlichkeit der Zahlungen aufgebrachten und unzuverlässigen Personal, dadurch entstehende Repertoireschwierigkeiten, so daß man oft am Morgen noch nicht wußte, was man für den Abend ansetzen sollte, Theilnahme an den Sitzungen der Regie und an den Proben, Lectüre und Bearbeitung der zur Aufführung eingereichten Stücke: diese ganze Tageslast von Geschäften, fast zu viel für eine junge, widerstandsfähige Thatkraft, sollte nun von ihm getragen werden, der durch die überstandenen Aufregungen und die kaum überwundene Nervenerschütterung noch immer schwer leidend war, dessen Temperament von Haus aus zwischen leidenschaftlichem Jähzorn und in steten moralischen Skrupeln wurzelnder Traurigkeit hin und her schwankte. Dazu [197] kamen die Launenhaftigkeit Pálffy’s, das Unverständniß Fuljod’s, des einflußreichen kaiserlichen Commissärs, die Einmischung der unverantwortlichen Geldgeber in Fragen des Personals und des Repertoires, der Mangel an Geld, Entschlußfähigkeit und an einem künstlerischen Programm seitens der Unternehmung, an hinreichender Unterstützung seitens der älteren Beamten und der Regisseure, endlich die nie fehlenden Kabalen der Schauspieler unter- und gegeneinander, die Sch. bei seiner Leidenschaft für das Theater das Amt zwar nicht verleideten, aber seine Stellung höchst unsicher machten. Pensionirungen der Invaliden und Ersparungen gegenüber dem Personal, Einschränkungen der Spektakel im Kärntnerthortheater auf drei Vorstellungen in der Woche, Vereinigung des Chores und Orchesters für das Kärntnerthortheater und das Theater an der Wien, die Ausdehnung der Verpflichtung der Hofschauspieler auf das Theater an der Wien für das recitirende Drama, die Neueinrichtung der Regie am Theater an der Wien und an der vereinigten Oper, Eingaben um staatlichen Zuschuß und um Freigebung zugkräftiger, in der Provinz gestatteter, in Wien verbotener Theaterstücke durch die Censur: das waren die ersten zielbewußten Maßregeln Schreyvogel’s.

Die Truppe des Burgtheaters war wohl auf Komödien und Schauspiele eingespielt, nicht aber auf Trauerspiele; das Personal erforderte nothwendiger Weise eine Verjüngung. Das Repertoire bestritt man, abgesehen von einigen patriotischen Festspielen ohne litterarischen Werth, mit Rücksicht auf den Geschmack des Publicums, die Zeitverhältnisse, die Censurschwierigkeiten und den Personalmangel mit Lustspielen leichter Sorte, die Castelli und Kurländer nach dem Französischen fabriksmäßig lieferten. Doch wurde ernstere Arbeit nicht unterlassen: Voltaire’s „Mahomet“ in Goethe’s Uebersetzung gelang, dagegen mißfiel in der „Maria Stuart“ der Schauspieler Eintönigkeit oder falsche Declamation.

Im Theater an der Wien mißglückten wieder die Lustspiele; dafür gab es große Erfolge in Dramen, die sich dem Spektakelstück näherten (Kratter’s „Sebastian der Unechte“, Klingemann’s „Moses“, Schiller’s „Jungfrau von Orleans“, Ziegler’s „Parteiwuth“). Daneben glänzten im Ballet französische Tänzerinnen.

Schon am 4. December 1814 erfuhr Schreyvogel’s Anstellung eine Veränderung, mit der er zufrieden sein konnte: es scheint, daß ihm zur Erleichterung die Oper abgenommen wurde. Mit Eifer ging Sch. an die Ergänzung des Personals im Schauspiel. Der größte Gewinn des Jahres 1815 war das Gastspiel und folgende Engagement der Sophie Schröder, mit der das Burgtheater seine Heroine, die Verstragödie eine glänzende Dolmetscherin, das junge österreichische Dichtergeschlecht eine feurige Aneifrerin zur Stellung großer schauspielerischer Aufgaben erlangt hatte. „Merope“, „Johanna von Montfaucon“, „Maria Stuart“ (mit der Schlußscene nach dem Original), die „Braut von Messina“, „Macbeth“, die „Jungfrau von Orleans“ gehören von nun an dauernd dem Spielplan an.

Einige Mißerfolge mit neuen Stücken und Gästen gaben Pálffy den Vorwand, die tumultuarischen Auftritte auf den allgemeinen Haß gegen Joël (einen seiner Geldgeber) und Sch. zurückzuführen, der leider zu der üblen Stimmung unendlich viel beitrage. In Wirklichkeit scheint Joël aus persönlichen Gründen und eine Partei unter den Schauspielern, die sich zurückgesetzt fühlten, mit Frau v. Weißenthurn an der Spitze, Schreyvogel’s Entlassung betrieben zu haben. Die Absicht gelang theilweise. Am 19. März 1815 wurde Sch. von allen Verpflichtungen bei der Directionskanzlei enthoben und sein Wirken nur auf das litterarische Fach beschränkt. Seine Thätigkeit sollte [198] sich bloß auf die Bildung des Repertoires erstrecken. Seinen Hauptgrundsatz hatte er bereits im „Sonntagsblatt“ ausgesprochen: „Das Repertoire der Tragödie erhebt sich überall auf einer neuen Grundlage, wovon Lessing’s, Goethe’s, Schiller’s und Shakespeare’s Werke die Hauptbestandtheile ausmachen. Eine solche Grundlage von classischen Stücken ist durchaus nothwendig, um ein Repertoire überhaupt zu bilden. Wo diese Basis fehlt, kann auch das bessere Neue keinen Bestand haben und alle Bemühungen und Erfolge im einzelnen müssen spurlos vorübergehen.“ Von Anfang bis zu Ende seiner Thätigkeit bemühte sich Sch., in dieser Richtung vorzuschreiten.

Ganz unerwartet erhielt Sch. am 9. December 1815 ein Schreiben von Pálffy, das dieser keinen Hoftheatersecretär mehr brauche, Sch. solle die Manuscripte übergeben und die Kanzlei räumen. Einerseits Pálffy’s Besorgnis vor einem Proceß, den Sch. auf Grund seines Vertrages hätte anstrengen können, anderseits Fuljod’s Vermittlung, der selbst die Direction anstrebte und sich den erfahrenen Beirath sichern wollte, führte zu einer Neugestaltung des Dienstverhältnisses (18. Januar 1816): Sch. behielt den Titel eines Hoftheatersecretärs, 2000 fl. Gehalt, wurde Fuljod unterstellt und hatte nur dramaturgische Arbeiten zu verrichten; sein Wirkungskreis war auf das äußerste eingeschränkt, unbestimmt und von seiten des Theaters null: denn die Schauspieler wollten ihn auch bei keiner Probe mehr dulden; Koberwein wies ihn bei einer Probe des „Yngurd“ ohne Umstände von der Bühne. Er hatte über ältere Stücke, die allenfalls ins Repertoire aufgenommen werden konnten, Bericht zu erstatten und sie einzurichten. Besonders ließ er sich die Correspondenz mit den auswärtigen Schriftstellern (Kotzebue, Müllner) angelegen sein, weil er überzeugt war, daß ihm nur die Litteratur noch einen festen und ehrenvollen Standpunkt in der Welt verschaffen könne. Ergötzlich ist es zu verfolgen, wie der sackgrobe, aufgeblasene, eigensüchtige Müllner gerade zu der Zeit, da Pálffy gute Lust hat, ihn als Theaterdichter nach Wien zu berufen, sich in Lobeserhebungen über die tiefe Kennerschaft des vermeintlich einflußreichen Theatersecretärs ergeht, die dieser wieder als berufenes Urtheil über seine Thätigkeit und Fähigkeiten benutzt, um seine wankende Stellung beim Theater zu stützen. Glücklicher Weise brauchte Sch. nicht, wie er fürchtete, zur Journalistik (Herausgabe einer Wochenschrift „Die Winterabende“ oder „Der Freund des Alten“) Zuflucht zu nehmen. Schon am 15. März wurden ihm neuerdings wichtige Arbeiten aufgetragen und die Schauspieler fingen an zu glauben, daß er wieder mehr Einfluß erlange; Fuljod kam im Laufe des Jahres zu dem Enschluß, sich in den Theatergeschäften künftig nur an ihn zu halten; es wurden ihm Directionsarbeiten übertragen: er hatte Status und Präliminare vorzulegen.

Pálffy’s Finanzlage war durch die prunkvolle Ausstattung der Spektakel während des Congresses und durch die zunehmende Theuerung damals bereits so kläglich geworden, daß er trotz eines staatlichen Zuschusses und Darlehens vor dem Bankerott stand und 1816/17 um Uebernahme der Hoftheater in die Aerarialregie bitten mußte. Der Vortrag des Finanzministers Stadion, in dem auch des Theatersecretärs Schreyvogel als eines „im litterarischen Kunstfach sehr bewanderten Mannes“ gedacht ward, gab den Ausschlag für die kaiserliche Entschließung vom 31. März 1817, welche die Auflösung des Pachtcontractes mit Pálffy, die Uebernahme der Hoftheater ab 1. April in die Staatsregie und die Bestellung Fuljod’s zum Hofcommissär verfügte. Zum obersten Chef der Theater wurde der Finanzminister ernannt (20. Mai).

Noch von Sch. vorbereitet, ging 1816 „König Yngurd“, die „Schuld“ (mit der Schröder) und „Faust“ von Klingemann über die Scene des Burgtheaters; [199] die Körner’sche „Rosamunde“ über die des Theaters an der Wien. Als man ihn dann bei Seite schob, erschien ihm als ein Weg, sich dem Theater nothwendig zu machen, die Bearbeitung von dramatischen Schöpfungen der fremden Litteraturen. Schon 1813 hatte das eben erschienene Werk „De la Littérature du Midi de l’Europe“ von Sismondi sein Interesse auf das italienische und spanische Drama gelenkt; im September 1815 las er, vermuthlich in Gries’ neuer Uebersetzung, Calderon’s Schauspiel „Das Leben ein Traum“. Sch. verschaffte sich den spanischen Text und schickte sich an, nach einer italienisch-spanischen Grammatik die damals in Deutschland noch wenig bekannte Sprache zu erlernen. Am 2. November war der Entschluß gefaßt, „La vida es sueño“, mit Zugrundelegung der Uebersetzung von Gries, zu bearbeiten; am 27. November war er mit der ersten Fassung fertig, die zur Aufführung angenommen wurde. Während des Abdrucks ward noch hie und da gefeilt. Sch. hatte die Trochäen mit den bequemeren Jamben vertauscht, die Reden gekürzt und von cultistischen Auswüchsen befreit, Acte und Scenen nach unseren Theaterbedürfnissen abgetheilt. Das Werk erschien bei Wallishauser in Wien unter dem Decknamen Karl August West, mit einer Vorrede, in der Sch. die ihm bekannten, bis dahin erschienenen Uebersetzungen und Bearbeitungen bespricht (2 1817, 3 1820, 4 1827, 5 1867 mit einem Vorwort von Laube). Das Stück wurde, von Sch. selbst den Schauspielern einstudirt, am 4. Juni 1816 im Theater an der Wien gegeben und mit lebhaftem Beifall aufgenommen; es machte trotz der ungünstigen Jahreszeit volle Häuser, eroberte sich die Bühnen der Provinz und Deutschlands, wurde 1822 am Burgtheater neu in Scene gesetzt, gelegentlich wiederholt, nach längerer Pause 1866 wieder aufgenommen, im ganzen am Burgtheater vom 15. März 1822 bis 7. Juni 1875 37 Mal aufgeführt.

Um Schreyvogel’s Leistung zu verkleinern, veröffentlichte ein Journalist, dem es mißlungen war, die Hoftheaterdirection seiner schmähsüchtigen Feder zinsbar zu machen, Wilhelm Hebenstreit, in der „Wiener Modenzeitung“ (5. Juni 1816, Nr. 23) das Bruchstück einer Uebersetzung von Calderon’s Drama, die Versübung eines jungen Dichters, mit der – halb wider des Verfassers Willen – Deinhardstein viel früher einmal den Redacteur bekannt gemacht hatte; der Dichter selbst war Grillparzer. „Für seine Jugend wirklich ein bedeutendes Talent!“ ist sogleich Schreyvogel’s neidlos anerkennendes Urtheil. Der Erklärung Grillparzer’s, daß er der niedrigen Intrigue ferne stehe, folgte eine väterliche Aussprache und Aufmunterung zu dramatischem Schaffen (22. Juni 1816). Schon zwei Monate später las Grillparzer dem neuen Freund, der ihm Selbstvertrauen gegeben hatte, seine Tragödie „Die Ahnfrau“ vor, wie sie Act um Act entstand (25. August bis 15. September): mit Wärme und Wahrheit erklärte ihm Sch., daß er ein Dichter sei. Freilich, als er das ganze Stück durchgelesen, hatte er mancherlei auszustellen und dem jungen Dichter schriftlich und mündlich Rathschläge zu geben. Grillparzer hebt hervor, daß Schreyvogel’s künstlerische Grundsätze mehr das Ergebniß eines Studiums der Muster als ein Erzeugniß aufquellender eigener Anschauungen waren; dazu kam noch, daß Sch., ein Freund des Alten, ohne rechten Ueberblick über die Entwicklung der deutschen Litteratur in dem letzten Jahrzehnt, Müllner für einen vortrefflichen, Fouqué geradezu für den ersten deutschen Dichter hielt: der Gespensterspuk oder die sogenannte Schicksalsidee an sich erschien ihm daher gar nicht tadelnswerth, aber er trug andere, Grillparzer völlig fremde Ideen in das Stück hinein. Als sich Grillparzer darein nicht finden wollte, erbot sich Sch. sogar, das Stück zu überarbeiten, es sollte dann als ihr gemeinschaftliches Werk erscheinen. Dagegen [200] protestirte Grillparzer, machte schließlich die verlangten Aenderungen selbst, begab sich aber damit auch der Einrede, die er später so gern vorgebracht hätte, daß die „Ahnfrau“ in ihrer gegenwärtigen Gestalt nicht seine „Ahnfrau“ sei.

Sch. wurde nun der Herold für Grillparzer’s Ruhm: er sprach mit den Schauspielern, denen er die Rollen zugedacht hatte; interessirte die Schröder und Heurteur für das Stück; empfahl es Pálffy zur Aufführung im Theater an der Wien; betheiligte sich an den Proben; freute sich an dem erwarteten großen Erfolg (31. Januar 1817), den er sogleich an Müllner und Winkler meldete; aber er selbst schadete dem Verfasser durch zu viel Lob. Als Grillparzer sich entschloß, um seine Gegner zu entwaffnen, die Tragödie im Druck erscheinen zu lassen, schrieb Sch. eine das Drama vertheidigende Einbegleitung. Er scheint damals alles Ernstes an die Möglichkeit eines schriftstellerischen Zusammenarbeitens mit Grillparzer gedacht zu haben. Aber Grillparzer wollte, daß jedes Werk der Abdruck seiner Empfindung, daß es die Darstellung seiner Idee sei; auch fremde Verbesserungen waren ihm zuwider, eben weil sie fremde waren, und so lehnte er bei aller Verehrung, Dank und Freundschaft für Sch. bis über den Tod dessen Mitwirkung ab, ja er fand schließlich (1828), daß ihm dieser zum Theil großen Schaden gebracht hätte: „Ich hatte niemanden in meiner Umgebung, dessen Urtheil über meine Arbeiten ich befragen konnte als ihn. Er glaubte immer den Kritiker spielen zu müssen und ich brauchte einen Aufmunterer. So kam ich aus dem Zuge zu produciren, damals als noch alles vor Lust dazu in mir glühte, und die äußeren lähmenden Verhältnisse gewannen die Oberhand über die gewaltsam zurückgehaltenen Kräfte. Kritik fand ich genug in meiner Hypochondrie, nebstdem daß ich auch die Sache besser verstand als er. Loben hätte man mich müssen, aneifern, die Grillen bekämpfen, statt sie zu vermehren.“

Die persönliche Verbindung zwischen den beiden Männern blieb im ganzen eine herzliche, die theatralische eine innige, die litterarische löste sich mehr und mehr auf. Hielt sich Sch. nach der „Sappho“ noch für berufen, Grillparzer’s Vertheidiger zu spielen, so empfand er nach dessen Rückkehr aus Italien bitter, daß das Selbstgefühl in seinem Schützling überwiegend geworden sei. Die Umwälzung in Grillparzer’s Kunstansichten, der gerade damals dem Classicismus näher rückte, scheint er nicht begriffen zu haben, obwohl er sie doch selbst veranlaßt hatte, als er dem Hypochonder die Hauptwerke Kant’s gab, damit er vielleicht Beruhigung darin finde (13. 15. März 1817). Schulmeisternd eingeschränkt klingt die Anerkennung, die er dem „Goldenen Vließ“ zollt: „Die Medea ist beinahe ein Meisterstück und auch dem Uebrigen fehlt nicht viel dazu“ (9. November 1820). Erst nach der Lectüre des „Ottokar“ beugt sich der Kritiker vor dem überlegenen Künstler: „Der Knabe ist ein Mann geworden“ (29. Januar 1825). –

Gleich nach der Ueberarbeitung von Calderon’s Schauspiel (1815) lernte Sch. bei Gozzi einen anderen spanischen Dichter kennen, der fürs Lustspiel beinahe noch mehr versprach als jener: Moreto’s „Desden con el desden“ nach den Bearbeitungen von Molière und Gozzi der deutschen Bühne bereits im 18. Jahrhundert gewonnen, wurde Schreyvogel’s zweites, selbständigeres Unternehmen, an dem er nicht bloß um des Geldes, sondern auch um der Ehre willen arbeitete (1816). Die Proben leitete Sch. wieder selbst. Bei der Vorstellung am 18. November war die Aufnahme getheilt, am zweiten Abend fiel das Stück ganz ab, erst bei der dritten Aufführung fand es viel Aufmerksamkeit und Beifall und von da an hob sich die Theilnahme so sichtbar wie das Zusammenspiel. Durch die „Donna Diana“ erlangte Sch. eine Art [201] litterarischer Reputation. Leipzig, Dresden, Graz, Prag, Breslau, Weimar, Darmstadt, Karlsruhe, Hamburg, Berlin brachten alsbald das Stück in mehr oder minder gelungenen Aufführungen. In der Titelrolle erwarben sich die Löwe und die Stich größte schauspielerische Erfolge. Im ganzen ist das Lustspiel im alten Burgtheater bis 7. November 1882 117 Mal, im neuen Haus vom 7. April bis 26. Juni 1894 vier Mal zur Darstellung gekommen. Es erschien, von Müllner retouchirt, zuerst in dessen „Almanach für Privatbühnen“ 1819, in 2. Auflage 1824 bei Wallishauser in Wien. Sch. hatte Gozzi’s Veränderungen benutzt, aber im ganzen sich so nahe an das spanische Original gehalten, als die Verschiedenheit des Nationalgeschmacks nur irgend zu erlauben schien; dieses Verfahren allein ermöglichte, Moreto’s Lustspiel dauernd unserer Bühne zu gewinnen.

Die nächste Arbeit war die Einrichtung von Goethe’s „Tasso“, den er abkürzte: bei aller einzelnen Schönheit, meinte er, fehle die dramatische Kraft (28. März, 3.-21. Mai 1816). Für Korn und die Adamberger wagte er „Romeo und Julia“ zu bearbeiten auf Grund der Goethe’schen Einrichtung von 1812 und der ihm mustergültig scheinenden Uebersetzung von A. W. Schlegel. Sch. erkannte richtig, daß der Dramaturg bei Shakespeare keine andere Aufgabe haben könne, als die große dramatische Anlage des Originals den Beschränkungen unserer Bühne anzupassen, daß er hingegen wesentliche Veränderungen in der Oekonomie der Handlung nicht vorzunehmen brauche. Dementsprechend wurde die tragische Bedeutung der Handlung als einer öffentlichen Begebenheit, auch alles Pathetische in den Charakteren wieder hergestellt, dagegen kam der Humor noch nicht zu seinem Recht. „Das Stück wurde mit getheiltem Beifall aufgenommen (20. December 1816). Die für den gemeinen Geschmack zu düstere Katastrophe, die schlechte Einrichtung des Theaters dazu und die vielen Verwandlungen sind Schuld daran; auch das Spiel der Nebenpersonen. Indeß hat die Sache durchgegriffen und man muß sich gegen den kindischen Geschmack behaupten.“ Eine Journalstimme, die das Stück zu den „mit dem meisten Mißfallen“ aufgenommenen zählte, wies Sch. energisch zurecht. Auf den gebildeten Theil des Publicums hatte es in der That stark gewirkt: so zeigte sich Grillparzer tief ergriffen. Als im Winter 1820 die Stich darin gastirte, erzielte sie fünf Mal kurz hintereinander volle Häuser. Auch Mannheim (1821) und Braunschweig (1823) übernahmen jetzt Schreyvogel’s Einrichtung, die noch auf E. Devrient sichtlich nachgewirkt hat.

Den Plan, die vorzüglichsten Werke Shakespeare’s aufs neue für das Theater zu bearbeiten und so drucken zu lassen, behielt Sch. von da ab im Auge. Vorerst zog ihn Calderon noch einmal in die Sphäre des spanischen Dramas: „El medico de su honra“ ward im Urtext gelesen und erfüllte mit Bewunderung: „Was sind die Litteratoren für Menschen, daß dieses Stück 150 Jahre unbemerkt blieb!“ Sogleich wurde die Bearbeitung in Angriff genommen, fürs erste in Prosa, aber schon am nächsten Tage griff er zu dem bereits vertraut gewordenen Jambus; die außerordentliche dramatische Kraft des Originals riß ihn mit. In zwei Monaten bewältigte er das ganze Stück, in nächstem Anschluß an das Original, nur mit Beseitigung der Späße des Gracioso, einigen Kürzungen, geringen Zusätzen und neuerfundener tragischer Katastrophe. Die Aufführung am 18. Januar 1818 unter dem Titel „Don Gutierre“ hatte den vollkommensten Erfolg. Sch. erhielt von allen Seiten Glückwünsche, sein Ruf als Bearbeiter war gesichert, er auch auf seiner Stelle neuerdings befestigt. Die Tragödie wurde bis 3. August 1841 am Burgtheater 32 Mal aufgeführt.

Hämische Angriffe Hebenstreit’s veranlaßten Sch., auf einen Plan zurückzugreifen, [202] der ihm schon im April 1816 gekommen war: eine neue Dramaturgie zu schreiben, die Theorie des Trauerspiels aus den großen Mustern zu entwickeln. Damals las er die Artikel Drama und Komödie im Sulzer nach, jetzt vertiefte er sich in die ästhetischen Schriften von Kant, Jean Paul, Schiller, Schelling. Schon hatte er „Dramaturgische Briefe“ angefangen: da räumte Hebenstreit, der sich durch Mißbrauch von Schreyvogel’s Chiffre unter einem Zeitungsangriff wider Müllner beim anständig denkenden Publicum ganz unmöglich gemacht hatte, das Feld, und Schickh, der Herausgeber der „Wiener Modenzeitung“, ersuchte Sch., dieser möge ihm eine Redaction bilden und selbst an ihr theilnehmen. Sch. war bereit, allerlei zu liefern, was nützen und auch ihn in Erinnerung halten konnte: hervorgehoben seien die Aufsätze über die „Sappho“, in denen er für Grillparzer gegen Müllner Partei ergriff (Wiener Zeitschrift für Kunst, Litteratur und Mode 1818, Nr. 59. 61. 84. 85. 88). Von der Redaction zog er sich schon am 3. Juni 1818 wieder zurück, was ihm „viel Verdruß ersparte“.

Um Müllner und der Gries’schen Partei zu zeigen, daß er auch in ihrem Sinn eine stilgetreue Bearbeitung liefern könnte, gedachte er bei seinem nächsten spanischen Drama den Trochäus und die komischen Scenen beizubehalten: es war „Die Tochter der Luft“, ein außerordentliches, erstaunliches Werk, die größte Composition Calderon’s in der heroisch-lyrischen Gattung, die nur weniger Veränderungen zu bedürfen schien. Gleich nachdem er das Stück kennen gelernt hatte (Ende April, Anfang Mai 1817), machte er sich an die Arbeit: die Trochäen wurden ihm alsbald geläufig, aber die komischen Charaktere bereiteten die größte Schwierigkeit; er hatte eine zu große, seine Kraft übersteigende Arbeit auf sich genommen. Einige Bruchstücke, die er zur Fühlprobe vorlegte („Wiener Zeitschrift“ 1818, Nr. 76. 77. 78), machten keinen befriedigenden Eindruck; so verzichtete er auf das aussichtslose Unternehmen. – Zwei Bearbeitungen, die 1820 auf die Bühne kamen (Wicherley’s „Landmädchen“ und Voltaire’s „Zaire“ in der Uebersetzung des Fürsten L.), brachten für geringe Anstrengung auch nur geringen Erfolg.

Die schriftstellerische Eitelkeit reizte Sch., nachdem er fremden Werken so viel Mühe zugewandt hatte, auch einmal mit einer Originalarbeit hervorzutreten. Unter den Plänen, die seit fünfzehn Jahren in seinem Pulte lagen, erschienen zwei Stoffe als brauchbar: „Die Waise“, ein Schauspiel, und „Der Gleichgiltige“, ein Lustspiel. Aus der Verschmelzung beider Stoffe sind „Die Gleichgiltigen oder Die gefährliche Wette“, ein Lustspiel in drei Acten, hervorgegangen. Bei der ersten Aufführung (28. December 1818) wurde es mit anständiger Aufmerksamkeit angehört und mit unbestrittenem, wiewohl mäßigem Beifall aufgenommen; trotz den freundlichen Besprechungen in den Blättern verschwand es nach der dritten Vorstellung vom Spielplan: es hatte zu wenig Handlung und Interesse. Auch in Leipzig und Berlin ließ es das Publicum kalt. Sch. zog daraus die richtige Lehre: „Die letzte Erfahrung sei mir eine Warnung; schon aus Klugheit muß ich vermeiden, oft und ohne hinlängliche Sicherheit vor dem Publicum zu erscheinen“.

Die Uebernahme der Redaction des Taschenbuches „Aglaja“ (1819–32), dem er treffliche Mitarbeiter und werthvolle Beiträge gewann, veranlaßte ihn aber schon einen Monat später, sich an eine ernste „dramatische Situation“ zu wagen. Voraussetzung für sie ist eine Psychose, die er vielleicht während seiner Krankheit an sich selbst beobachtet und in der Novelle „Hilfe zur Unzeit“ genauer beschrieben hat: Cäsar’s Geist, für eine bestimmte Zeit auf einen zerstörten Weltkörper verwiesen, sieht die Greuel alle, die „der Ehrsucht blutig Werk“ gezeitigt hat, hört sein Andenken verwünschen und seinen Namen mit [203] Abscheu aussprechen, selbst von denen, die er geliebt und die einst ihn geehrt hatten; die Folgen seiner Handlungen für andere, das Unheil, welches er in der Welt gestiftet hat, thürmen sich in seiner Einbildung zu einem Ungeheuer von Verderben und Jammer auf; sinnverblendet ist er rasch entschlossen, sein eigenes Werk zu stürzen, Brutus soll ihm als sein Genius folgen: die Prüfungszeit ist um, er darf als Attila auf die Erde zurückkehren und „Roms Untergang“ herbeiführen; denn das Ganze ist ein Vorspiel zu einer Attila-Trilogie. In ähnlicher Weise wären auch die Feldherren der Barbaren als die Geister des Hannibal (= Genserich), Viriathus, Jugurtha u. s. w. ins Spiel getreten. Das seltsame Werk wurde mit großem Feuer in einem Zuge geschrieben und in den Druck gegeben (Juli 1819): Schreyvogel’s Bekannte ergingen sich in Lobsprüchen, nur Grillparzer schüttelte über diese metempsychotische Geschichtsphilosophie bedenklich den Kopf, die Pichler gestand aufrichtig ein, sie nicht zu begreifen, und die Journalstimmen, namentlich grell Müllner, hoben die schwache Seite der ganzen Erfindung heraus. Im folgenden Jahr ward die zweite Abtheilung des Geisterspieles angefangen und die erste Scene „Im Mausoleum des Augustus“ auch geendigt; sie erschien in der „Abendzeitung“ (Aug. 1820, Nr. 192). Die inneren und äußeren Schwierigkeiten des Stoffes waren nicht danach angethan, Sch. zur Fortsetzung aufzumuntern. „Wozu mich der Gefahr aussetzen, durch sogenannte Originalarbeiten Zeit und gute Laune zu verlieren?“ (Mai 1819).

Das galt ihm allerdings für ausgemacht: wollte er noch einigen Ruf als Dichter erlangen, so mußte er durchaus ein darstellbares Originalstück zu Stande bringen. Unter seinen alten Papieren befand sich der Anfang einer Tragödie „Adosinda“: sie sollte auf römischem Gebiet spielen, in den ersten Jahrhunderten nach Christus. Der Gegensatz der gottlosen Weltklugheit mit der gottergebenen Rechtlichkeit wäre das Thema gewesen. Die Arbeit schritt 1817–1819 nur langsam vorwärts; 1820 kam Sch. auf den Entwurf zurück, ließ im Juli den ersten Act in Lembert’s „Taschenbuch für Schauspieler und Schauspielfreunde auf das Jahr 1821“ drucken, doch hatte er schon damals die Empfindung, als ob der Stoff für einen Roman geeigneter wäre, der schließlich ebensowenig ausgeführt ward wie die Tragödie.

Nach diesen fruchtlosen Bemühungen fühlte er keine Kraft mehr in sich zu dramatischen Originalarbeiten. Er kehrte zu dem Genre zurück, auf das ihn schon Schiller verwiesen hatte und das ihm in der That dauerndere Erfolge verschaffte. Er wandte sich der moralischen Erzählung zu: der Marmontel der Deutschen zu werden, schien ihm kein verächtliches Loos. Hier begegnen wir den alten Bekannten aus dem „Sonntagsblatt“ wieder, deren Charaktere mit ihren trefflichen Eigenschaften und liebenswürdigen Eigenheiten Schreyvogel’s schwacher Erfindungsgabe als fester Halt dienten. Mancherlei Autobiographisches gibt den Erzählungen jenen Wirklichkeitsgehalt, der die österreichischen Novellisten des Vormärz im allgemeinen auszeichnet, und hebt sie über das Niveau der anspruchslosen Almanachbelletristik etwa auf die Stufe eines Hauff. In letzter Linie schwebte ihm der Zusammenschluß der einzelnen Episoden, „Segmente aus dem Panorama des Lebens, wie sich dasselbe dem Auge des Verfassers in verschiedenen Zeit- und Gesichtspunkten darstellte“, zu einer Art didaktischen Familienromanes vor.

Für die „Aglaja“ 1821 ist „Samuel Brink’s letzte Liebesgeschichte, eine Episode aus dem Roman seines Lebens“ geschrieben. Sie gefiel allgemein; Heyse würdigte sie der Aufnahme in den „Deutschen Novellenschatz“ (2. Serie, 4. Bd.). Die Situation – der edelmüthige Alte, der nach letztem, kurzem Liebestraum auf seine Rechte zu Gunsten der Jugend verzichtet – gemahnt [204] durchaus an Iffland oder Kotzebue, nur durch die Schreibart scheint sie „wirklich du bon vieux temps zu sein“. – Die Emigrantengeschichte „Etienne Durand“ (Aglaja 1824) wurde in der ersten Hälfte des Jahres 1821 wiederholt vorgenommen, ohne daß die Vollendung gelingen wollte, zu der Sch. erst Ende November 1822 der Anstoß gegeben wurde durch ein günstiges Urtheil Zach. Werner’s über „Brink’s Liebesgeschichte“. Die Begebenheit trägt wohl den Stempel des außerordentlichen Ereignisses an sich, ohne uns jedoch menschlich näher berühren zu können. „Die Fingerzeige der Vorsehung“ (Aglaja 1826) datirt Sch. selbst mit 1818: die Erzählung enthält viele Züge aus seiner Jugendgeschichte, besonders über seine Beziehungen zu den Jakobinern. Ihr Gegenstück „Hilfe zur Unzeit“ (Ges. Schr. 1. Abth., 2. Theil, 1829), mit Erinnerungen aus seinem Geschäftsleben und an seinen finanziellen und geistigen Zusammenbruch, geht auf die Idee jener selben Psychose wie in „Cäsar’s Geist“ zurück. Sie war ihm in der Nacht des 8. Juni 1819 gekommen und hatte ihn seither beschäftigt. Von 1827–31 brachte jeder Jahrgang der „Aglaja“ einen novellistischen Beitrag Schreyvogel’s. 1827 „Wie es geschah, das ich ein Hagestolz ward. Aus den Lebenserfahrungen eines Ungenannten“ (Thomas West, wie aus dem Anschluß der Geschichte an die Erzählung „Natur und Erziehung“ im „Sonntagsblatt“ zu ersehen ist), dem Motiv nach verwandt mit Gottfried Keller’s „Landvogt von Greifensee“, in der Ausführung an Scenen aus „Wilhelm Meister“ gemahnend; 1828 „Norberg und Elisa“, eine Charakterskizze, Wiederabdruck aus dem „Sonntagsblatt“; 1829 „War er ein Geisterseher? Eine psychologische Merkwürdigkeit“, mit der sich Sch. bereits 1816 beschäftigte; 1830 „Der Schmied seines eigenen Glückes, ein Charaktergemälde“; 1831 „Samuel Brinks erste Liebes- und Heirathsgeschichte, von ihm selbst erzählt“, in den Jahren 1820, 1821 und 1823 entworfen. Seine letzte, unvollendet gebliebene Arbeit (1832) war „Der Roman meines Lebens. S. Brinks Kinder- und Knabenjahre nebst einigen Nachrichten von seinem akademischen Leben, von ihm selbst beschrieben“, wieder mit autobiographischen Einzelheiten, so der Geschichte seiner Flucht mit dem Jugendfreund Reilly, und in dem liebenswürdigen Ton der an die Romane und Bilder des old merry England erinnernden Brinkgeschichten.

Schreyvogel’s Stellung beim Theater war unter Fuljod wieder fester geworden, wenn es auch noch weit dahinstand, daß seine Meinung den Ausschlag gegeben hätte. Fuljod, ein überaus kleinlicher, aber sehr verschlagener Bureaumensch, Savoyarde von höchst abschreckenden Zügen und Manieren, vielfach selbst angefeindet, ängstlich besorgt, nach keiner Richtung Anstoß zu erregen, um nicht den schwachen Halt zu verlieren, den ihm das Vertrauen seines Chefs Stadion gewährte, ohne eigenes Kunstverständniß und Urtheil, daher allen Einreden und Einflüsterungen zugänglich, seinem Secretär, den er nicht entbehren konnte, doch nur halb vertrauend, in Grillparzer, der nach dem Erfolg der „Sappho“ von dem Minister seinem Departement zugewiesen worden, wahrscheinlich einen Zuträger vermuthend, dessen Verbindung mit Sch. ihn äußerst gefährlich dünken mochte, hielt sich unter diesen Umständen fortgesetzt zu Seitensprüngen und Winkelzügen genöthigt, die ihn als verschmitzten und niedrigen Charakter in üblem Lichte erscheinen lassen mußten. Daß er Sch., was ihm ein Leichtes gewesen wäre, trotz mancher Mißhelligkeiten nicht aus dem Amt entfernte, ihm vielmehr Remuneration und Gehaltszulage zu Theil werden ließ, sollte ihm doch wenigstens unserseits eine mildere Beurtheilung sichern.

Die erste von Fuljod veranlaßte Maßregel war ein umfangreiches Decret Schreyvogel’s an die in ihrer Macht uneingeschränkte Regie (4./5. Mai 1817). [205] Seine eigene Instruction in litterarischer Rücksicht ließ Fuljod Sch. selbst entwerfen, hörte auch auf dessen Vorschläge wegen Ergänzung des Personales: über die vorzüglichen Kräfte des Theaters an der Wien hatte man nicht mehr zu verfügen; Heurteur lehnte Engagementsanträge ab, nur der Schröder gestattete Pálffy, auch im Burgtheater zu spielen. Die Adamberger schied damals aus. Es fehlten Väter, junge Liebhaberinnen, Komiker; wollte man die Hofbühne auch nur einigermaßen auf der Höhe halten, mußten neue Talente gewonnen werden. Nicht besser stand es um die Oper, der Fuljod’s eigentliche Fürsorge gehörte, für die zuerst beschlossen wurde, den Secretär Treitschke ins Ausland zu senden; da gewann Sch. seinen Chefs die Zustimmung ab, sich jenem anschließen und seinerseits nach brauchbaren Schauspielern Ausschau halten zu dürfen. Die Reise (vom 17. Juni bis 20. August 1817), die auch zu seiner physischen Erholung beitrug, führte ihn über Prag, Dresden, Berlin, Leipzig, Weißenfels, Weimar, Frankfurt, Darmstadt, Mannheim, Karlsruhe, Stuttgart. Bedauerlicher Weise ist er nicht dazu gekommen, wie er beabsichtigte, seine „Gedanken und Meinungen“ über den Zustand des deutschen Theaters, die ein Gegenstück zu Tieck’s „Dramaturgischen Blättern“ hätten werden können, niederzuschreiben. Sein amtlicher Bericht wurde Stadion unterbreitet, der alle seine Vorschläge genehmigte. Es gingen fünf Engagementsbriefe ab, an Eslair, L. Devrient, das Ehepaar Stich, Julius und an Karoline Lindner, aber die Geldnoth machte das Burgtheater den ausländischen Bühnen gegenüber nicht mehr concurrenzfähig; der einzige Julius ließ sich engagiren und mißfiel; daß sich die contractbrüchige Schröder durch einen neuen, für sie äußerst günstigen Vertrag zum Bleiben bewegen ließ, war gleichsam ein Glücksfall.

Die prekäre Lage, in der sich Sch. bei der herrschenden Theuerung befand, die Unsicherheit seines Postens, da er noch immer nicht eigentlicher Staatsbeamter war und jeder Zeit entlassen werden konnte, nöthigte ihn, auf den Plan, den er schon im Vorjahr gefast hatte, zurückzukommen und die Stelle eines Aushülfscensors im belletristischen Fach anzunehmen (1817); es wurden ihm die Wiener Zeitschriften zugewiesen, die über das Theater berichteten. Seine Absicht war es, „dem seit einigen Jahren bis zur äußersten Ungebühr gestiegenen Recensentenunfug entgegenzuwirken“ und mit Ernst und Strenge seines Amtes zu walten. Auch hoffte er, durch die Verbindung mit der Presse und Beeinflussung der Kritik seine Stellung beim Theater bessern zu können. Doch wurde er sich des Schiefen seiner neuen Pflicht, als Richter in eigener Sache entscheiden zu müssen, bald bewußt. Die Censurarbeiten kosteten viel Zeit, die Streitigkeiten der Journalisten bereiteten viel Verdruß, der leichteste Tadel, den er stehen ließ, reizte die Empfindlichkeit der Schauspieler gegen ihn, das Uebersehen einer albernen Wendung zog Verantwortung zu, und die Remuneration betrug jährlich bloß 300 fl. in Zwanzigern, so daß er mehr als einmal gesonnen war, die Stelle wieder niederzulegen. Im Anfang fand er die Vorgesetzten (Minister Sedlnitzky und Hofrath Ohms) mit seiner Thätigkett einverstanden und bereit, ihn auf alle Weise zu unterstützen. Als aber der Kaiser verfügte, Grillparzer für das Gedicht „Auf die Ruinen des Campo Vaccino“ (in der Aglaja 1819) einen strengen Verweis zu ertheilen, erhielt auch Sch., welcher der Censor seines eigenen Almanachs gewesen war, eine Ermahnung, „daß er pflichtwidrig jenes Gedicht zum Druck zugelassen hätte“. Noch 1820 erklärte sich Sedlnitzky gegen Fuljod und auch sonst mit Lobeserhebungen über ihn. Später scheint man trotz allen seinen Bemühungen, auf diesem Posten nützlich zu wirken, mit ihm weniger zufrieden gewesen zu sein; [206] 1823 wurde ihm die Censur der Theaterjournale abgenommen; wann er des gehässigen Dienstes völlig enthoben worden, wird nicht berichtet.

Inwieweit Sch. von 1818 bis Ostern 1821 auf die Theaterleitung Einfluß ausgeübt hat, ist mit Sicherheit bis ins einzelne nicht festzustellen; für sie verantwortlich gemacht hat ihn niemand, offenbar weil er nicht verantwortlich zu machen war; vollständig unrichtig ist die Auffassung, als wäre er schon damals der eigentliche Director des Burgtheaters gewesen. Sch. hatte für das Repertoire zu sorgen, er schlug Gastspiele vor, nahm an den Proben Theil (ob regelmäßig und dazu verpflichtet, ist sehr die Frage): aber in allen diesen Belangen griff er eigentlich in die Rechte des Regiecollegiums ein, denn der Dramaturg besaß fast gar keinen fest umschriebenen Machtbereich und war einzig darauf angewiesen, mit der Ueberzeugungskraft seiner besseren Einsicht zu rechnen.

Von den Erscheinungen der neueren Litteratur, die Sch. auf die Bühne brachte, hatte eigentlich nur Grillparzer’s „Sappho“ (21. April 1818) einen ganzen, das „Goldene Vließ“ (26./27. März 1821) einen halben Erfolg; die Debuts von Zedlitz, Raupach, M. Beer mißglückten; der Durchfall von Müllner’s „Albaneserin“ hatte persönliche Angriffe und völligen Bruch mit dem Theaterdictator zur Folge, den Sch. schließlich als Verleumder und Pasquillanten öffentlich brandmarkte (Zs. f. Mode 1820, Nr. 78. 111). Das classische Repertoire wurde um Lessing’s „Nathan“ vermehrt, den die Censur endlich zuließ, nachdem der Erzbischof gegen Berling’s Verballhornung kein Bedenken mehr hegte, weil er „kaum glauben wollte, daß das Stück, wie es jetzt zugerichtet ist, viel Beifall erhalten und oft aufgeführt werden würde“. Ein sechzehn Zeilen langer Epilog Schreyvogel’s (Wiener Zs. 1819, Nr. 14) genügte, die Erwartungen des Erzbischofs und der Censur ins Gegentheil zu verkehren. Die anspielungssüchtigen Wiener legten die Meinung des Dramaturgen nach der ihren aus: „Wir fühlen, was des Rings Geschichte lehrt, Das Wort nicht, die Gesinnung bringt uns Heil.“ In dieser Vorstellung (25. Januar 1819), glänzte der neuengagirte Costenoble als Klosterbruder. Mit Anschütz fand die Schröder endlich ihren männlichen Partner. Die schöne Amalie Neumann-Haizinger setzte in Verlegenheit, ob man bei ihren Darstellungen mehr dem Geschlecht oder dem Talent huldigen sollte. Das Gastspiel der Stich gestaltete sich zu einer Reihe von Triumphen, und man dachte ernstlich daran, sie dauernd zu fesseln, wenn auch um den Preis hoher Opfer (1820).

Daneben gab es natürlich bei den Neuaufführungen wie bei den Gastspielen zahlreiche Nieten. Ein Bericht des Polizeidirectors (9. August 1820) klagt „über die an den Hoftheatern herrschende Unwirthschaftlichkeit, den Mangel aller Subordination und die Saumseligkeit in der Befriedigung der gerechten Anforderungen des Publicums; viele dramatische Werke, für welche Summen verwendet worden, seien zum Theil aus Faulheit, zum Theil aus Eigensinn der Schauspieler nie aufgeführt worden; Schreyvogel’s rühmliches Wirken scheitere an dem Egoismus der Schauspieler“.

Bei der allgemeinen Unzufriedenheit des Hofes wie des Publicums konnte sich die Verwaltung Stadion’s und Fuljod’s nicht weiter halten. Nach langem Schwanken verordnete Kaiser Franz am 3. Mai 1820, das Kärntnerthortheater sei zu verpachten, das Burgtheater in eigener Regie weiter zu führen unter der Leitung eines Directors, der dem Oberstkämmerer (Grafen Wrbna) untergeordnet sein sollte; erst wieder ein Jahr später (12. Februar 1821) wurde durch kaiserliches Handbillett Graf Moritz Dietrichstein zum Hoftheaterdirector, [207] Hofrath v. Mosel zum Vicedirector ernannt und die Uebergabe der Direction zum Ostertermin festgesetzt.

Die neue Leitung kam Sch. vertrauensvoll entgegen. Dietrichstein war ein wohlwollender, musikalisch gebildeter, für Schönheit empfänglicher Cavalier, dessen Geschmack freilich einseitig auf Oper und Lustspiel ging. Mosel wandte seine Aufmerksamkeit ganz der ökonomischen Verwaltung zu. Sch. wurde in allen administrativen Fragen gehört, nach seinen Vorschlägen wurde reducirt, pensionirt, engagirt; er conferirte mit Wrbna, er verfaßte die Vorträge an den Kaiser; die artistische Leitung blieb ihm fast uneingeschränkt überlassen, aber ohne daß er zu allen diesen Dienstleistungen durch sein Anstellungsdecret berechtigt oder gar verpflichtet gewesen wäre. Noch einmal bäumte sich die Regie gegen Schreyvogel’s „Alleinherrschaft“ auf (Februar-März 1822): vergeblich. Sch. hatte seine Chefs für sich und durch das, was er in kurzer Zeit geleistet hatte: eine Verbesserung des Repertoires und eine Erhöhung der Einnahmen. Durch die „Gesetze und Anordnungen für die Mitglieder des Hofschauspieles“ vom 18. April 1823 wird der Wirkungskreis des Hoftheatersecretärs und der drei Regisseure als unmittelbarer Executivorgane der Direction festgestellt; die Bemerkungen des Secretäres werden dem Regisseur zur Berücksichtigung empfohlen, des weiteren Bestimmungen getroffen, wie bei den Proben und Aufführungen die Ordnung aufrecht zu halten sei, die Austheilung des Repertoires und der alternativ zu besetzenden Rollen zu geschehen habe. Erst diese im wesentlichen bis heute gültigen Vorschriften haben Sch. zum thatsächlichen Leiter des Burgtheaters gemacht. Sein Gehalt wurde jetzt auf 2000 fl. erhöht; wiederholte Anträge auf Zulagen wies Kaiser Franz standhaft ab.

Es gelang Sch. alsbald zu zeigen, daß es bisher nur an Plan und Ziel gefehlt habe. Die Lücken im Personalstand wurden bereits in den nächsten Jahren durch ausgezeichnete Kräfte ergänzt. Heurteur fand als jugendlicher Held am Burgtheater dieselbe Bewunderung wie früher am Theater an der Wien; Friedrich Wilhelmi, zum Ersatz für den Intriganten Ochsenheimer bestimmt, erwies sich später auch als trefflicher Lustspielvater, als „Meister der Jovialität“; in Sophie Müller gewann man die edelste tragische Liebbhaberin, die nur zu früh selbst einem tragischen Schicksal erlag; Elisabeth Koberwein-Fichtner spielte naiv-sentimentale Rollen, Rüger war ein würdiger Vertreter für das ältere Charakterfach; Fichtner wurde zum vollwerthigen Ersatz für Korn herangebildet; mit dem Charakterspieler Pistor kam auch dessen anmuthige Tochter Betty, die Darstellerin sentimentaler Liebhaberinnen; Löwe überwältigte, wo immer man ihn hinstellte, durch den Zauber seines glühenden Naturells. Luise Holtei, Karoline Lindner, Amalie Neumann boten als Gäste interessante Leistungen.

Der Spielplan wurde gründlich erneuert; Sch. brachte im Durchschnitt zwölf bis fünfzehn neue Stücke im Jahr heraus und ungefähr ebenso viele Reprisen. Das Lustspiel überwog. „Mon dieu, nur kein Trauerspiel! Ich habe Trauerspiel genug zu Hause,“ pflegte Dietrichstein zu sagen, wenn Sch. eine Tragödie zur Aufführung vorschlug. An Komödien gab’s keinen Mangel: Scribe und die Franzosen boten unerschöpfliche Vorräthe, aus denen Castelli, Kurländer, Vogel, die Weißenthurn unbedenklich schöpften (Sch. bearbeitete 1822 Spieß’ „Ehrenwort“, ohne das Publicum für das veraltete Stück [von 1794] erwärmen zu können); neue deutsche Originalien lieferten Holbein, Töpfer, Hell, Gubitz, P. A. Wolff, Elsholtz; Clauren’s „Bräutigam aus Mexiko“ sicherte die längste Zeit gute Einnahmen. Da konnte man schon Experimente mit Tragödien wagen. Wechselndes Glück hatte H. v. Kleist, dessen „Käthchen von Heilbronn“ dauernder Burgtheaterbesitz blieb (in Schreyvogel’s [208] Einrichtung von 1821–1835 34 Mal); Beifall fand der rührselige Houwald; „Die Tochter der Luft“ von Raupach wurde abgelehnt, dasselbe Schicksal erlitten die meisten Trauerspiele von österreichischen Dichtern, deren Förderung sich Sch. besonders angelegen sein ließ: weder Zedlitz noch Pannasch, Hermannsthal, Schlechta griffen durch. Grillparzer’s neuer Erfolg mit „König Ottokars Glück und Ende“ (19. Februar 1825) wurde bald von oben her abgeschnitten; nur die „Ahnfrau“ hat sich seit 1824 als unverwüstliches Repertoirestück erhalten.

Den Vorrath an classischen Stücken bereicherte Sch. noch um drei Shakespearedramen: „König Lear“ (29. März 1822), „Othello“ (7. April 1823), „Hamlet“ (7. December 1825). „König Lear“ erschien Sch. „an Inhalt und Form wohl das vollkommenste dramatische Werk in dieser Gattung“. Die tief einschneidenden Theatereinrichtungen von Schröder (1778) und Bock (1779) konnte er daher nicht billigen. Schon 1816 war er entschlossen, das Stück zu bearbeiten und zum Theil zu übersetzen; 1817 legte er seiner Arbeit die Voß’sche Uebertragung zu Grunde; nur für die letzte Scene, den sogenannten Wiener Schluß, wurde Bock benutzt. Sch. ließ den Vers in seinem Recht, versificirte überflüssiger Weise sogar einige Prosascenen, stellte die Reichstheilung wieder her (die Lange schon 1816 im Theater an der Wien gespielt hatte), brachte die Glosterhandlung fast vollständig auf die Bühne, strich wenig, machte noch weniger Zusätze, mußte aber der Censur zuliebe – gleich Bock – Cordelia und Lear leben, diesen auf die Krone zu Gunsten Albaniens verzichten lassen. Die Rolle des Königs Lear bekam Anschütz zugetheilt, der trotz seiner 36 Jahre Großes leistete und wie das Ganze rauschenden Beifall erhielt. Schreyvogel’s verdienstvolle Bearbeitung wurde der neuen Einrichtung Immermann’s für Düsseldorf zu Grunde gelegt (1835), war in Wien bis 1851 und zu Anfang der 70er Jahre noch an fünf Bühnen Deutschlands in Gebrauch.

„Othello“ kannte man in Wien nach Brockmann’s Bearbeitung (1785), die auf die erste Schröder’sche mit tragischem Schluß (von 1776) zurückgeht. Das Stück wurde unter Pálffy im Theater an der Wien gar nicht selten gegeben. Da Anschütz in Breslau 1819 den Othello schon nach der Voß’schen Uebersetzung gespielt hatte, mag dies Sch. mit veranlaßt haben, sie der Burgtheatereinrichtung zu Grunde zu legen. Die stärksten Veränderungen waren die Beseitigung des Narren und der Bianca, welche trotz ihrer Wichtigkeit für den Zusammenhang wohl denselben Censurbedenken zum Opfer fiel, die eine Verhüllung oder Streichung zahlreicher, allzu deutlicher Anspielungen auf geschlechtliche Verhältnisse verlangten. Einiges ward gekürzt, umgestellt, aneinander geschoben, der Schauplatz jedoch nicht vereinfacht. Anschütz setzte es durch, daß er den Othello im venezianischen Kostüm des 16. Jahrhunderts spielen durfte; er gab seine Partie mit großer Wirkung; auch die Müller (Desdemona) und Wilhelmi (Jago) befriedigten Sch.; das Ganze machte doch wenig Sensation: „Die wilden Ausbrüche dieser Leidenschaft thaten dem Wiener Publicum weh; es fügte sich der gewaltigen künstlerischen Macht, aber es verleugnete nicht, daß es ihm eine Pein ist.“ Schreyvogel’s Einrichtung wurde am Burgtheater erst 1855 verdrängt; sie hat wie für „König Lear“ lange die Autorität der Voß’schen Uebersetzung aufrecht erhalten und ist in Einzelheiten noch in den Bühnenausgaben des Stückes bei Reclam und Hendel wiederzuerkennen.

Denselben Grundsätzen getreu erfolgte die Einrichtung des „Hamlet“, der seit 1780 in der Schröder’schen Bearbeitung gespielt worden war, nach Schlegel’s Uebersetzung. Gestrichen wurde wenig, z. B. die Kirchhofscene (V, 1); dagegen beibehalten Fortinbras. Das Publicum wußte mit der Form, in der [209] das Drama ihm jetzt dargeboten wurde, wenig anzufangen, doch wurde es allmählich zu ihrem Verständniß erzogen: Sch. ließ sie nicht mehr vom Spielplan verschwinden. Erst 1851 traf Laube mancherlei Neueinrichtungen.

Schon 1823 konnte Sch. mit Selbstzufriedenheit in sein Tagebuch eintragen (29. September): „Man ist mit dem guten Gang des Theaters allgemein zufrieden. Unterrichtete Fremde und Einheimische gestehen, daß es in Deutschland nicht seinesgleichen hat. Daran habe ich doch viel Theil, was man auch zugibt.“ Tieck, der im Mai 1825 Wien besuchte, äußerte, „es sei ein seltenes Zusammenwirken hier, was man in Deutschland nicht wiederfinden könnte“, für das Lustspiel sei das Burgtheater jetzt ohne Zweifel das beste in Deutschland, dagegen vermißte er das Zusammenspiel in der Tragödie, besonders fielen ihm die kläglichen Mängel des Ausstattungswesens auf, die wohl auch mit dem Sparsystem zusammenhingen. Ebenso erkannte Graf Rudolf Czernin, nach Wrbna’s Tod Oberstkämmerer und höchster Chef der Theaterleitung (seit November 1824), bereitwillig die Thätigkeit Schreyvogel’s an, „der ganz allein den artistischen Theil des Theaters leite und das Beste dieser Kunstanstalt fördere.“

Schreyvogel’s Stellung blieb daher unberührt, auch als Dietrichstein von dem Posten eines Hoftheaterdirectors enthoben und das Burgtheater der unmittelbaren Leitung des Oberstkämmerers unterstellt wurde (1. Juni 1826). Er erhielt 1827 eine Personalzulage von 400 fl., 1830 eine „Extraremuneration“ von 300 fl. und den Titel eines Dramaturgen. Kam es zu Meinungsverschiedenheiten, so vermittelte nach wie vor der nach allen Seiten geschmeidige und artige Mosel.

Die für das Publicum, die Mitglieder und die Direction der Theatergesellschaft lehrreichen Gastspiele hervorragender Schauspieler fremder Bühnen wurden weiter gepflegt: Frau Stich-Crelinger, Karoline Lindner, L. Devrient, Eßlair und Seydelmann erschienen und verschwanden gleich Meteoren; Paganini und die Pasta gaben einnahmereiche Concerte. Die künstlerischen und materiellen Erfolge der Italienerin verführten auch Sophie Schröder, dem Burgtheater den Rücken zu kehren und eine an Enttäuschungen reiche Virtuosenlaufbahn zu betreten (1829). Abgang, Krankheit, Alter, Tod rissen in den Personalstand neue Lücken, machten das Engagement neuer Kräfte nothwendig: Adolf Herzfeld als eleganter Lustspielliebhaber, Karoline Müller und Therese Peche als Salondamen, Julie Gley als Heroine fügten sich rasch dem Ensemble ein. Sch. nahm an jeder glücklichen Leistung des Personals den aufrichtigsten Antheil, verstand es, den Talenten neue Wege zu weisen, oft wider ihren Willen, gewann trotz seiner Heftigkeit und seines Starrsinns der Schauspieler Hochachtung und Zuneigung, wenn es auch nie an Unzufriedenen und Nörglern fehlte und vielleicht nicht in letzter Linie eine Schauspielerinnenkabale seinen Sturz herbeiführte.

Sch. ließ nichts Classisches, was er dem Spielplan einmal gewonnen hatte, mehr verschwinden. Die Fortdauer einer reichen dramatischen Production in diesen Jahren führte dem Repertoire aber auch genug Neuigkeiten zu; sogar das deutsche Lustspiel hatte einige glückliche Erzeugnisse aufzuweisen: Deinhardstein’s „Hans Sachs“, Raupach’s „Schleichhändler“, Töpfer’s „Karl XII. auf der Heimkehr“, Hell’s „Königin von 16 Jahren“; schon meldete sich Bauernfeld, später der langjährige Hausdichter des Burgtheaters, dem Sch. noch zu seinen ersten Erfolgen verhalf. Dagegen vermochte weder Halirsch noch J. G. Seidl Wirkung zu erzielen, und ebenso erging es im Tragischen mit Uhland, Beer, Ebert. Da Müllner verstummte, Kotzebue und Houwald versagten, [210] Schenk über einen Erfolg nicht hinauskam, schwang sich der fruchtbare Raupach zum Beherrscher der tragischen Bühne auf. Ein eigenes Mißgeschick verfolgte Grillparzer: sein „Treuer Diener“ (28. Februar 1828) verschwand trotz großem Beifall vom Spielplan auf einen Wink von oben, „Des Meeres und der Liebe Wellen“ (5. April 1831) verebbten in der Unzulänglichkeit der Darstellerin, in der Verständnißlosigkeit des Publicums.

Schreyvogel’s eigene Bemühungen galten der dauernden Erwerbung höchsten Kunstbesitzes.

Am 3. April 1827 ging „Der Kaufmann von Venedig“ mit Anschütz (Antonio), Costenoble (Shylock), S. Müller (Porzia) endlich über die Scene, nachdem Schreyvogel’s Absicht, ihn in den Spielplan aufzunehmen, neun Jahre früher (1818) an dem Widerstand der Judengemeinde gescheitert war. Außerordentlich pietätvoll wurde Schlegel’s Uebersetzung, fast unter voller Wahrung des charakteristischen Wechsels zwischen den Schauplätzen der beiden Parallelhandlungen, so eingerichtet, daß die zwanzig Verwandlungen auf vierzehn verringert wurden. Nach den resoluten Zusammenrückungen und Kürzungen Laube’s (1851) ist man heute wieder zu Schreyvogel’s conservativer Behandlung zurückgekehrt.

Ganz in derselben Art versuchte Sch. Schiller’s „Wallenstein“, dessen „Lager“ ohnedies nicht aufgeführt werden durfte, in ein einziges Stück zusammenzuziehen. Während die Wiener Bearbeitung von 1814 aus den „Piccolomini“ und dem „Tod“ durch grausame Striche ein Drama zurecht geschnitten hatte, das alle wesentlichen Momente der Handlung enthielt, stellte Sch. die Schlußacte der „Piccolomini“ als ersten Aufzug an die Spitze seiner Einrichtung und brachte in den folgenden vier Acten das dritte Stück fast unverkürzt zur Darstellung. An dem Wortlaut ward möglichst wenig gestrichen und geändert, so daß überall Schiller selbst redete. Die Einrichtung stand vom 29. September 1827 bis 17. October 1847 an 31 Abenden in Gebrauch.

Ebenso schonend wurde im „Wilhelm Tell“ (29. November 1827), den Grüner für das Theater an der Wien 1810 bearbeitet hatte, die Episode des Melchthal und der Bertha wiederhergestellt und der auf das unanständigste übereilte Schluß verbessert. Das Politische war diesmal freilich nicht zu retten und mußte vor dem bloß Häuslichen und allgemeinmenschlich Interessanten verschwinden.

In Anschütz, Korn und Löwe glaubte Sch. die Darsteller für Falstaff, den Prinzen Heinz und den Hotspur zu besitzen. Für sie richtete er „König Heinrich IV.“ ein, der seit Schröder in Wien nicht mehr gesehen worden war (8. November 1782). Den Versscenen legte er die Uebersetzung von Voß, den Prosascenen die von Schlegel zu Grunde. Der Erfolg des ersten Theiles (vom 27. März bis 2. December 1828 5 Mal) bewog ihn, auch den Ausgang der Falstaffhandlung dem Publicum vorzuführen. Wieder möglichst im Anschluß an die Vorlage wurde der zweite Theil herausgebracht, jedoch konnten die komischen Scenen das mangelnde Interesse für den politischen Theil der Handlung nicht ersetzen: nach zwei Aufführungen (14. u. 17. Mai) entschloß sich Sch., den ersten und zweiten Theil zu verschmelzen. Nach drei Aufführungen (8. Februar 1829 bis 14. November 1830) verschwand aber auch diese Einrichtung von der Bühne. Graf Czernin verwies die „ungenießbaren Trauerspiele“ in die Registratur.

Sch. ließ sich’s jedoch nicht verdrießen und setzte ein neues auf den Spielplan: „Götz von Berlichingen“. Als des Dichters Advocat gegen den Dichter selbst legte er der Einrichtung nicht Goethe’s Bühnenbearbeitung von 1804, [211] sondern die zweite Fassung von 1773 zu Grunde. Es gelang, die fünfzig Verwandlungen des Originals auf 17 zu reduciren (gegen 20 in Goethe’s eigener Bearbeitung). Die Oekonomie des Stückes blieb erhalten, nur machte der Schluß des ersten Actes mit der ersten Jaxthausener Scene [wie in Goethe’s Bühnenbearbeitung) Verschiebungen nothwendig, die zur Bildung eines eigenen Actes aus den Belagerungsscenen führten, wodurch das Ganze auf sechs Acte gebracht wurde. Die Censur arbeitete so gründlich wie im „Tell“: der Bischof wurde zum Landgrafen, Bruder Martin zum Klausner, der Abt von Fulda und Kaiser Maximilian verschwanden, alle Anspielungen auf geistliche Dinge, auf den Kaiser und das kaiserliche Haus, alle Ausfälle wider Fürsten und Hofleben wurden kurzerhand gestrichen. Das Stück fand rauschende Aufnahme beim Publicum (11. März 1830 mit einem von Korn gesprochenen Prolog Schreyvogel’s, abgedruckt in der Wr. Zs. 1830, Nr. 31). „Koberwein als Selbitz, Fichtner als Franz waren vortrefflich, und eine unvergeßliche Gestalt lieferte Wilhelmi als Metzler; Caroline Müller that ihr Bestes, als Adelheid die Sirene von Bamberg zu sein; Anschütz errang mit dem Götz einen bedeutenden Erfolg; die Figur war wie aus einer Form gegossen und ohne Makel“. Bis 6. Januar 1833 fanden noch vier Vorstellungen statt, seit 1834 ließ Deinhardstein das Stück nach Goethe’s Bühnenbearbeitung spielen.

Die letzte große Leistung Schreyvogel’s war, daß er als „Totenfeier für Goethe“ mit Vor- und Nachspiel von Deinhardstein in Verbindung mit Scenen aus Egmont, Iphigenie, Tasso einiges aus dem „Faust“ auf das Theater stellte (24. Mai 1832): Löwe als Faust war voll Gluth, Mephistopheles-Costenoble hatte den Wink erhalten, dieses ideale Wesen ja nicht nach dem Typus der Theaterbösewichter zu spielen, Julie Gley als Gretchen erwarb sich Beifall, wie er schon lange nicht gehört worden war. Erst zehn Jahre nach Braunschweig, Hannover, Dresden, Leipzig, Weimar, 1839 ist es gelungen, die Schwierigkeiten, welche die Censur einer Aufführung des ersten Theiles entgegenstellte, zu überwinden: bis dahin genossen die Wiener in Schreyvogel’s Scenen wenigstens den Vorschmack des Ganzen.

Schreyvogel’s Sturz war lange vorbereitet. Seit Mosel’s Uebertritt zur Hofbibliothek (April 1829) fehlte zwischen dem obersten Hoftheaterdirector und dem Dramaturgen ein ausgleichender Vermittler: beide Greise waren gewohnt, auf ihrem Willen zu bestehen und ihn durchzusetzen. Czernin, dem als oberstes Gesetz nur sein Geschmack und Andeutungen höherer Wünsche galten, pflegte zu sagen: „Ich will – es muß so sein!“ und stellte sich allen Vernunftgründen Schreyvogel’s gegenüber taub. Ihm mangelte das Verständniß für die Bedeutung eines classischen Repertoires, während Sch. ein classisches Trauerspiel nach dem anderen auf den Spielplan setzte. Der Dramaturg kannte keine Vorliebe, das Talent gab bei ihm den Ausschlag: darum stellte er die Gley in die erste Reihe; der Graf hatte Gefallen gefunden an der schönen Peche. Eine Partei unter den Schauspielern, Unzufriedene und Undankbare arbeiteten beständig Sch. entgegen. Da hieß es denn: „Der Hoftheatersecretär habe bei aller Einsicht zu wenig Umsicht, sei kränklich – was er in der That war – und vergesslich; die Regie sollte etwas mehr Vollmacht haben, um neben dem Hoftheatersecretär wirken zu können, der, zu eifersüchtig auf seine Alleinherrschaft, alle Geschäfte für seine Person bestreiten wolle, was er jedoch wegen körperlicher Verfallenheit nicht könne“. Der wirthschaftliche Rückschlag nach der Julirevolution, der Ausbruch der Cholera verursachten 1831 häuftg leere Häuser: für den schlechten Cassenstand wurde Schreyvogel’s Geschäftsführung verantwortlich gemacht und es kam zu Zwistigkeiten zwischen [212] dem Dramaturgen und dem Grafen; die Furcht, daß der Kaiser unter diesen Umständen eine Verpachtung des Theaters verfügen werde, verstimmte und lähmte wieder die Schauspieler. Die Kluft erweiterte sich immer mehr, bis oft verweigert wurde, nur weil verlangt worden war; endlich erstreckte sich das Negiren auf die gleichgültigsten Gegenstände. Sch. mochte vorschlagen, was er wollte, allem setzte man Schwierigkeiten entgegen, und was der Dramaturg als unzweckmäßig verwarf, wurde zur Ausführung befohlen. Dann klagte Czernin, „daß seinen Aufträgen nur äußerst mangelhaft entsprochen werde, da es an einem verläßlichen Exekutivorgan fehle“, und beantragte schließlich die Ernennung eines Vicedirectors (September 1831); schon damals wurde mit Deinhardstein verhandelt, auch der Plan erwogen, die litterarischen Theatergeschäfte in die Hände Treitschke’s und Lembert’s zu legen. Vorläufig wurde dem Freiherrn v. Forstern die Kanzleidirection, die Entgegennahme der täglichen Rapporte und der Vorsitz in der wöchentlichen Theaterconferenz überwiesen. Gelegentlich kam es aber doch zu unmittelbaren Zusammenstößen zwischen dem Grafen und Sch. Am 5. Mai 1832 wollte Sch. Fichtner, dessen Mutter wahnsinnig war, von der Rolle des Ludwig Brook in den „Mündeln“ dispensiren, weil den Sohn die Scene mit dem geistesschwachen Oheim zu sehr an sein häusliches Leiden erinnern würde; Czernin ließ die Veränderung nicht zu; in seiner Empörung erlaubte sich Sch. die Bemerkung: „Excellenz, das verstehen Sie nicht“. Ein Vortrag Czernin’s an den Kaiser vom 9. Mai bezieht sich auf die mündlich gemachte und ausführlich begründete Darstellung der Nothwendigkeit der Pensionirung Schreyvogel’s, „dessen Kränklichkeit und Individualität denselben zur Versehung seines dermaligen Dienstespostens durchaus nicht mehr geeignet mache“. Drei Tage später verfügte eine kaiserliche Entschließung (12. Mai) die Pensionirung Schreyvogel’s unter Hinweis auf seine schon seit langer Zeit geschwächte Gesundheit gnadenweise mit halbem Gehalt. Am 23. Mai erfuhr die bevorstehende Pensionirung der Schauspieler Herzenskron, am 25. Mai bestätigte sie Karoline Müller, nur Sch. selbst wußte nichts, wollte nichts wissen. Am 28. Mai empfingen die Regisseure das Decret der Pensionirung Schreyvogel’s und der augenblicklichen Einsetzung Deinhardstein’s zum Vicedirector, der schon andern Tags der Regie vorgestellt wurde. Sch. wurde bedeutet, daß er auf dem Theaterbureau nicht mehr zu erscheinen habe, und das Gerücht wollte wissen, man habe ihm nicht einmal Zeit gelassen, seinen Regenschirm mitzunehmen.

Der jähe Sturz Schreyvogel’s machte selbst seine grimmigsten Hasser unter den Schauspielern bestürzt, den Freunden erschien er als übermüthiger Gewaltstreich. Grillparzer und Bauernfeld sagten Deinhardstein Grobheiten; er meinte: „Ich bin Familienvater. Hätte ich die Stelle ausschlagen sollen?“ Der damals noch etwas husarenmäßig draufgängerische Zedlitz beglückwünschte ihn: „Was aber die Sache selbst in Bezug auf Sch. betrifft, so ist seine Pensionirung ein wahrer Scandal. Es ist das Werk einer brutalen, kopf- und gewissenlosen Camarilla, und Gesindel aller Art ist dabei thätig und keine Lüge und keine Verleumdung dabei zu schlecht gewesen. Nie ist ein unleugbares Verdienst, der entschiedenste Beruf, der gewissenhafteste Eifer, der unleugbarste Erfolg mit schändlicherem Undank belohnt worden.“

Sch. selbst betrug sich wie immer verständig und mäßig, doch blickte aus allem seine unbezwingliche Theaterlust durch, „es war fast rührend“. Wenn man mit ihm über das Theater sprach, konnte er seine Absetzung ganz vergessen, dann fuhr er plötzlich zusammen und bemerkte mit schmerzlichem Lächeln: „Ach, ich vergesse über so was gar zu leicht, was ich jetzt bin – nichts“. Vierzehn [213] Tage vor seinem Ableben ergoß er sein volles Herz gegen La Roche, damit dieser dem Ausland erzähle, daß er nicht freiwillig von der Bühne geschieden, sondern durch Despotismus hinaus gedrängt worden sei. Das Auge des Erzählers soll geglüht und seine Wange sich hoch geröthet haben; nach geschlossenem Berichte sank er zurück, seine Wange erbleichte, sein Auge wurde trübe und er entließ den Zuhörer mit einem herzlichen Lebewohl.

Nach aller Mühe war ihm nicht einmal so viel geblieben, daß er wie in früheren Sommern in Baden Erholung suchen konnte. Der 64jährige mußte den Kampf um den Lebensunterhalt aufs neue aufnehmen. Litterarische Pläne wurden entworfen, die Herausgabe einer Wochenschrift mit Grillparzer, Bauernfeld, Zedlitz berathen, eine Brinkgeschichte begonnen (3. Juni). Plötzlich in der Nacht vom 27. auf den 28. Juli fiel auch ihn die Cholera an, und nach einem kaum 24stündigen Krankenlager war er verschieden; zwei Tage später starb an derselben Krankheit sein Schwiegersohn Beckers, eine Wittwe mit drei unmündigen Kindern hinterlassend.

„Wenn ein gewöhnlicher Mensch,“ schreibt Grillparzer, „nach durchgemühter oder durchgenossener Lebensfrist spurlos dahingeht, so ist dies natürlich und die Seinen mögen ihn beklagen; ebenso gewährt es auf der anderen Seite einen schmerzlindernden Triumph, am Grabe eines reichbegabten Mannes auf die bleibenden Denkmale seines Wirkens hinweisen und sagen zu können: das war er, bis dahin hat er es gebracht! Aber dem unbegleiteten Leichenbegängnisse eines nicht minder Begabten beinahe als einziger Leidtragender folgen und dem neidischen anfeindenden Haufen nichts entgegnen zu können als: Wüßtet Ihr, was ich weiß! hättet Ihr ihn gekannt wie ich! das martert und erweckt, wie gesagt, ein tiefes Gefühl der Trauer!“

Als Erster zollte dem Dahingeschiedenen warme Anerkennung W. Alexis in seinen „Wiener Bildern“ (1833), vermuthlich nach Mittheilungen und Erinnerungen der dankbaren Julie Gley.

In Wien durfte ein Nekrolog erst nach dem Tode des Kaisers Franz erscheinen, als Czernin seinen Rückhalt verloren hatte. Eine zwanzigjährige Freundschaft gab Zedlitz vor der Oeffentlichkeit das Recht zu einem bewegten Nachruf (Oesterr. Zs. f. Gesch. u. Staatskunde 1835, Nr. 34). Die Würdigkeit des Charakters und die geistige Ueberlegenheit des edlen Verklärten rühmend, den er als den gediegensten Kritiker und sicher den ersten Dramaturgen seiner Zeit kennzeichnet, macht er es begreiflich, daß sein Tod den Meisten unter den jüngeren Schriftstellern Wiens es erst so recht zu Bewußtsein gebracht habe, wie vereinzelt ihre Bestrebungen seitdem in vieler Hinsicht geblieben seien, und wie ihnen mit ihm eigentlich der Mittelpunkt abhanden gekommen sei zu freierem Austausch der Ideen, zu befruchtender Anregung, zu gründlicher, parteiloser Beurtheilung fremder und eigener Hervorbringungen. Und nun ging Zedlitz mit einer damals unerhörten Kühnheit zu einer Kritik von Czernin’s Mißwirthschaft über. Die Censur wollte den Aufsatz streichen; aber Graf Kolowrat setzte es durch, daß er unverkürzt erscheinen durfte: „Wird Graf Czernin darin auch ein bißchen hart angefaßt,“ soll der Minister gesagt haben, „so thut das nichts.“

Wie Zedlitz bekennt auch Grillparzer (1836): „Ich habe durch Schreyvogel’s Tod viel verloren. Nicht seinen Rath bei meinen Arbeiten … Aber er hatte, was Form und Technik betrifft, gleiche Ansichten mit mir und wir konnten daher überhaupt uns über Litteratur u. dergl. besprechen, ohne uns mißzuverstehen oder erst langweilig den Standpunkt festzustellen. Seit seinem Tode ist niemand in Wien, mit dem ich über Kunstgegenstände sprechen möchte [214] … Dadurch versauere und verstocke ich in mir und die Production stellt sich immer ferner.“

Die Schauspieler erkannten bald, daß Schreyvogel’s Absetzung das Burgtheater ins Sinken gebracht habe. Es fehlte an einer Autorität; bei den Sessionen, denen Sch. mit litterarischer Grandezza vorgesessen hatte, herrschte Witz und Geplauder; Deinhardstein mußte sich sagen lassen, Sch. sei aufs Theater gekommen, die Proben abzuhalten, er komme, um die Schauspieler aufzuhalten. Als Sch. einst ein Geschenk übersandt wurde, um sein Urtheil zu bestechen, stellte er es zurück und fügte hinzu, daß er diese Art, ihn zu gewinnen, nur der Jugend und Unerfahrenheit des Gebers zu Gute halten wolle: Von seinem Nachfolger wußte man, daß er solche Zeichen der Hochachtung entgegennahm, ja erwartete.

Den litterarischen Nachlaß des verewigten Freundes wollte Grillparzer dem Publicum übergeben: aber es fanden sich nur Entwürfe und Bruchstücke, die noch nicht veröffentlicht waren; bloß mit den Theaterbearbeitungen konnte man sich getrauen damals hervorzutreten. (Es erschienen Romeo, Lear, Othello und der Kaufmann von Venedig, doch erst nach Deinhardstein’s Sturz, 1841 bei J. B. Wallishauser in Wien.) Die Correspondenz kam in das Eigenthum des Schauspielers Löwe und ist zerstreut worden, die Tagebücher verblieben im Besitz der Nachkommen und wurden von einer Enkelin, nach Unterdrückung aller Aufzeichnungen rein familiärer Art, Glossy zur Herausgabe überlassen. Schreyvogel’s dramaturgische Wirksamkeit hat vorbildlich Laube historisch zu würdigen gesucht, um daran die eigene Thätigkeit anzuknüpfen und an der gefeierten seines Vorgängers abzumessen.

„Er war ein Mann, aber ein völliger. Stand jemand Lessing nahe, so war er’s.“ Dies große Wort wagte Grillparzer auf den Grabstein zu setzen, ohne befürchten zu müssen, daß man ihn Lügen strafen könnte. So war erfüllt, was Sch. als Ziel seines ernsten sittlichen Ringens sich vorgesetzt hatte (4. October 1811), „daß man einst sage: er war ein Mann im ganzen und besten Umfange des Wortes, enthaltsam, streng gegen sich selbst, überlegt, entschlossen, standhaft, gerecht, milde und großmüthig. Die Tugenden seines reifen Alters machten die Verirrungen seiner Jugend vergessen; und obwohl sein Leben in dieser früheren Zeit tadelhaft war, so stellt es doch ein lehrreiches Beispiel auf von dem, was der Mensch, auch in späteren Jahren noch, durch Vernunft und Standhaftigkeit über Natur und Gewohnheit vermag.“

Bibliographie: Schreyvogel’s Tagebücher 1810–1823, hrsg. von K. Glossy, Schr. d. Ges. f. Theatergesch., Bd. 2. 3, Berlin 1903 – bespr. von Weilen, Euphorion XI, 602 ff. – mit zahlreichen Briefen und Actenstücken. – Briefe Schreyvogel’s an Böttiger: N. Fr. Pr. 1883 Nr. 6787. 6788, 1885 Nr. 7535; Grillparzer: Jahrb. d. Grillparzer-Ges. I, 169 ff.; Kotzebue: Sauer, Reden und Aufsätze, S. 86; Löwe: N. Fr. Pr. 1903 Nr. 13 984; Müllner: Telegraph 1836 Nr. 26. 57. 65, Studien zur vergleichenden Litteraturgesch. III, 204, Sauer S. 83; Winkler: Sauer S. 85, Weilen, Burgtheater, S. 162. – Briefe an Schreyvogel von Böttiger: Kuh, Zwei Dichter Oesterreichs S. 357 ff.; Houwald: Frankl’s Sonntagsblätter VI, 154 ff.; Kotzebue: ebenda; Müllner: ebenda, N. Fr. Pr. 1905 Nr. 14 731. 14 738; Raupach: Verzeichniß der Autographensammlung F. Donebauer in Prag, 2. Ausg.; P. A. Wolff: Zs. f. d. ö. G. XLV, 144; Zedlitz: Jb. der Grillparzer-Ges. VIII, 40 f., 43 f. – Kind’s Briefwechsel mit Böttiger und Schreyvogel handschriftlich in Dresden. – Wurzbach XXXI (1876), 292 ff. verzeichnet die ältere Litteratur; vgl. Minor, [215] Zs. f. d. ö. G. 1886, S. 579 ff. – A. E. Schönbach, Gesamm. Aufsätze zur neueren Literatur in Deutschland, Oesterreich, Amerika. Graz 1900, S. 107–137. – K. Glossy, Josef Schreyvogel. E. biographische Skizze. Wien 1903. – Grillparzers sämmtl. Werke, 5. Ausg., III, 73; IV, 11 f.; XVIII, 125–130. 172 f., 184. 186; XIX, 60–67. 69. 72 f. 75 ff. 98 ff. 111. 132. 153. Briefe und Tagebücher I, 15. 28. 30 f. 31 f. 32, 39 f. 44 f. 88. 287; II, 28. 71. 159 f. 161. 162. 164. 165. 167. 169. 170. 172. 189. 190. 221. 237. 269. 270. 274. – Grillparzers Gespräche hsg. von A. Sauer: Schriften des lit. Vereins in Wien, Bd. 1. 3. 6. – A. Fäulhammer, Politische Meinungen und Stimmungen in Wien 1793 und 1794: Programm des k. k. Staatsgymnas. in Salzburg 1892/3. – G. Wilhelm, Briefe des Dichters J. B. Alxinger: Wiener Sitzb. phil.-hist. Classe CXL, 1899, 2. Abth. S. 8. 72. 76. 79. 92. – R. Bartsch, Die Jakobiner in Wien: Oester. Rundschau VII, 504 ff. – K. Glossy, Schreyvogel in Jena: Jb. der Grillparzer-Ges. XIV, 114 ff. – Schillers Briefe hsg. von F. Jonas IV, 65. 319. – R. Payer v. Thurn, Schreyvogel’s Beziehungen zu Goethe: Jb. der Grillparzer-Ges. X, 96–128. – K. Glossy, Schreyvogel’s Projekt einer Wochenschrift: ebenda VIII, 304–324. – K. Glossy, Schreyvogel’s Entwurf einer Wiener Hof- und Staatszeitung: Biogr. Blätter I; vgl. Zur Geschichte der kaiserl. Wiener Zeitung 1903: Zenker, S. 19/20. – H. A. Lier, Böttigers Reise nach Wien 1811: Jb. der Grillparzer-Ges. XIII, 145 f. – Reich, Grillparzer und Schreyvogel: Wiener Zeitung 1899, Nr. 265. – F. Schlögl, Vom Wiener Volkstheater. Wien 1884, S. 51 ff. – C. L. Costenoble, Aus dem Burgtheater 1818–1837. Wien 1889. – J. Graf Mailáth, Sophie Müller. Wien 1832. – H. Anschütz, Erinnerungen. Leipzig (Reclam). – Hnr. Laube, Das Burgtheater, 2. Auflage. Leipzig 1891. – E. Wlassack, Chronik des k. k. Hofburgtheaters. Wien 1876. – A. Sauer, Gesammelte Reden und Aufsätze zur Geschichte der Literatur in Oesterreich und Deutschland. Wien 1903, S. 81–101. – E. Kilian, Dramaturgische Blätter. München 1905. – A. v. Weilen, Die Theater Wiens II, 2. Halbband, 1. und 2. Th.: Das k. k. Hofburgtheater. Wien 1902. 1906. – W. v. Wurzbach, Das spanische Drama am Wiener Hofburgtheater: Jb. d. Grillparzer-Ges. VIII, 108–131. – Th. v. Rizy, Schreyvogel und Grillparzer: ebenda X, 164 ff.; XI, 1–22. – K. Glossy, Schreyvogel und der Dichter der Ahnfrau: N. Fr. Pr. 1885, Nr. 7535. – A. Fäulhammer, F. Grillparzer. Graz 1884. – J. Kohm, Grillparzers Tragödie „Die Ahnfrau“ in ihrer gegenwärtigen und früheren Gestalt. Wien 1904; vgl. Euphorion 1906, S. 185. – A. Laun, Das ältere Charakterlustspiel der Spanier: Gosches Archiv für Litg. II, 48 ff. – Th. Distel, Müllner und Schreyvogels Donna Diana: Zs. f. vergleichende Litg. XIV, 202. – E. Kilian, Schreyvogels Shakespeare-Bearbeitungen: Romeo, Jb. d. dtsch. Shakespeare-Ges. XLI, 135. – P. Wertheimer, Aglaja: N. Fr. Pr. 1904 Nr. 14413. – F. Gundelfinger, Cäsar in der deutschen Litteratur. Berlin 1903. – E. Castle, Der Dichter des Soldatenbüchleins: Jb. der Grillparzer-Ges. VIII, 88 f. – J. Schreyvogel, Der Roman meines Lebens: ebenda IX, 258–281. – E. Kilian, Schreyvogel’s Lear: Jb. der Shakespeare-Ges. 39, 88; Othello: ebenda 43, 70; Hamlet: ebenda 43, 80; Der Kaufmann von Venedig: ebenda 43, 53; Der eintheil. Theater-Wallenstein: Munckers Forschungen zur neueren Litg. XVIII, Berlin 1901; Schillers „Tell“ in den Wiener Bearbeitungen von Grüner und Schreyvogel: Studien zur vergleichenden Litg., 5. Ergänzungsheft. Berlin 1905, S. 277 ff. – A. v. [216] Weilen, Schreyvogels Bearbeitung des „Wilhelm Tell“: Euphorion XII, 641 ff. – E. Kilian, Schreyvogels König Heinrich IV.: Jb. der Shakespeare-Ges. 39, 98; Eine Bühnenbearbeitung des „Götz von Berlichingen“: Litzmanns Theatergeschichtliche Forschungen II, Hamburg 1891. – R. F. Arnold, Goethes Tod und Wien: Goethe-Jb. XVIII, 256 ff. – A. J. Weltner, Schreyvogel im Urtheile Alexis’: N. Fr. Pr. 29. Juli 1907. – Schönholz, Traditionen zur Charakteristik Oesterreichs unter Franz I. II, 301 ff. Leipzig 1844. – J. F. Castelli, Memoiren III, 232 ff. – W. v. Chézy, Erinnerungen aus meinem Leben, S. 17 ff. – E. v. Bauernfeld, Aus Alt- und Neuwien: Werke XII, 118 ff. – H. Laube, Ein Besuch bei Tieck: Familienbuch des öst. Lloyd III, 17; Moderne Charakteristiken I, 317 ff. – L. Speidel, Schreyvogel: N. Fr. Pr. 10665; Die öst.-ungar. Monarchie in Wort und Bild. Wien, S. 191 ff. – H. Wittmann, Wiener Theater. „Der Wiener Congreß.“ 1898, S. 252 ff.
Schreyvogel wird fälschlich zugeschrieben: J. K. S., Biographie Schillers und Anleitung zur Kritik seiner Werke. Zwei Abtheilungen. Mit einem hdschr. Brief Schillers. Wien und Leipzig 1810. Neue Ausgabe 1812 – verfaßt von Jak. Rud. Khünl, Domprediger bei St. Stephan, † 1825 (Gräffer-Czikann III, 191, Wurzbach XI, 237): vgl. Gräffer, Wiener Dosenstücke, 2. Theil (Wien 1867), S. 160. 174 f.