Zum Inhalt springen

ADB:Müller, Georg (reformierter Theologe)

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Müller, Georg“ von Mezger. in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 538–546, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:M%C3%BCller,_Georg_(reformierter_Theologe)&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 04:21 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Müller, G.
Band 22 (1885), S. 538–546 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Johann Georg Müller (Politiker) in der Wikipedia
Johann Georg Müller in Wikidata
GND-Nummer 117592684
Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|22|538|546|Müller, Georg|Mezger.|ADB:Müller, Georg (reformierter Theologe)}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=117592684}}    

Müller: Johann Georg M., der jüngere Bruder des Geschichtschreibers Johannes von M., gehört zwar weder auf dem Gebiete der Politik noch auf dem der Wissenschaft zu den bahnbrechenden Geistern, aber er hat in der für sein engeres und weiteres Vaterland so schweren Zeit eine so hohe staatsmännische Weisheit entfaltet, und durch seine anregende Persönlichkeit und schriftstellerische Thätigkeit in so viele Kreise hineingewirkt, daß ihm wohl mit Recht eine Stelle in diesem Werke gebührt. M. wurde am 3. September 1759 in dem Schaffhauser’schen Landstädtchen Neunkirch geboren, woselbst sein Vater gleichen Namens Pfarrhelfer war. Die Mutter, Anna Maria Schoop, die Tochter eines in der Schweizergeschichte sehr bewanderten Geistlichen, war eine Frau von ungewöhnlicher Begabung, und übte bis zu ihrem Tode einen wesentlichen Einfluß auf ihre beiden Söhne aus. Schon das Jahr nach Georgs Geburt zog die Familie nach der Stadt Schaffhausen. Der Vater besorgte von hier aus die Filialgemeinde Neuhausen, ein Amt, mit dem damals noch eine Stelle am Gymnasium verbunden war. Die erste Schulzeit war für den Knaben eine sehr harte. „Nie ging ich ohne Schrecken in die Schule“. Aber auch von Seite des Vaters erfuhr er nicht immer die seinem zarten Sinn entsprechende Behandlung. Verwöhnt durch die außerordentliche Begabung des acht Jahre älteren Johannes, hielt der Vater den jüngeren Sohn für einen sehr mangelhaft begabten Knaben. Um so mehr Verständniß hatte die Mutter für das sinnige Wesen desselben. Von der Lateinschule, in welche M. nach einiger Zeit eintrat, sagt er: „Ich plapperte alle Morgen meinen Katechismus, meinen Cellarius und einige Verse des griechischen Testamentes (denn das war all’ unser Griechisch), dann übersetzten wir Nepos’ lateinische Lebensbeschreibungen von einigen zwanzig Generalen. In jedem halben Jahre mußten wir ungefähr zehn solcher Lebensbeschreibungen etwa vierzigmal übersetzen und gegen Ende des Curses noch einige colloquia Erasmi, die mir zur Abwechslung sehr lieb waren. Einige Wochen vor dem Examen mußten wir schnell noch hebräisch lesen, Disticha scandieren und philosophische Definitionen aus Baumeister auswendig lernen, Alles pures Gedächtnißwerk“. Unbefriedigt von dieser Lernerei griff M. zu der verbotenen Frucht von allerlei Büchern, die er hinter dem Rücken des Vaters in der Verborgenheit verschlang. Gegen Ende dieser Lernzeit sollte M. sich für einen Beruf entscheiden. Zu eigentlich wissenschaftlichem Studium hielt ihn der Vater für untauglich. Jedoch der Gedanke, sich dem Kriegsdienste zu widmen und dabei speciell dem Ingenieurwesen sich zuzuwenden, wurde ihm ausgeredet. Um so entschiedener trat die Neigung für den geistlichen Beruf hervor. So trat denn M. in die oberste Lehranstalt seiner Vaterstadt, das sogenannte collegium humanitatis, ein. Diese im 17. Jahrhundert gegründete Schule, war zunächst für angehende Studirende der Theologie bestimmt. Schüler anderer Kantone schlossen oft ihr ganzes theologisches Studium hier ab, während Schaffhauser noch zum Besuch einer Universität verpflichtet waren. Im coll. hum. fand M. einige tüchtige Lehrer in Dogmatik, Latein, Mathematik, Philosophie, Griechisch und Hebräisch. Doch boten sie ihm noch mehr durch ihren Charakter als durch ihren Unterricht. Es blieb ihm noch neben den Lehrstunden sehr viel Zeit zum Lesen der verschiedenartigsten Werke und Schriften. Er gerieth auf Lucrez, auf [539] verschiedene Schriften Friedrichs d. Gr. und einige Schriften aus dem Kreise des großen Königs. Daneben las er Lavater’s Aussichten in die Ewigkeit, Young’s Nachtgedanken, endlich Schriften von Baco. M. gelangte durch die Beschäftigung mit so ganz verschiedenen Geistern zu sehr freigeistischen Anschauungen. Er erzählt, Lavater’s Tagebuch habe ihn aus diesen wieder zur heiligen Schrift zurückgeführt. In Jakob Böhme fand er den, „dessen hoher Geist und Lammesgeduld“ seinem Ideale nahe zu kommen schien. Jetzt schon kamen ihm Herder’sche Schriften zu Gesicht und machten einen unwiderstehlichen Eindruck auf ihn. „Meine Religiosität erhob sich durch sie nach und nach aus den mystisch-pietistischen Sümpfen, worin sie moderte, zu freiern weitern Ansichten“. Unterdessen war die Zeit herangerückt, wo M. die akademische Laufbahn betreten sollte. Er hatte eine wahre Sehnsucht nach Zürich, die in ihm durch die Schriften von Lavater, von J. C. Pfenninger, dem Verfasser der jüdischen Briefe aus der Zeit Jesu von Nazareth, von J. J. Heß, dem bedeutenden Schriftforscher, und von J. C. Häfeli geweckt worden war. Dem Bruder Johannes wurden zwar alle diese Männer als Schwärmer geschildert, aber er rieth dennoch dem Wunsche Georgs zu willfahren. Sterbend gab der Vater, mit dem übrigens auch der jüngere Sohn in ein immer freundlicheres Verhältniß getreten war, die Einwilligung. Einen Monat nach dem Tode des Vaters, am 25. März 1779 reiste M. nach Zürich ab. Er fühlte sich äußerst glücklich im Umgang mit genannten Männern. Häfeli, bei dem er Wohnung nahm, gewöhnte ihn an ein planmäßigeres Studium. Dagegen lernte er nach seiner eigenen Aussage in den öffentlichen Vorlesungen, die er besuchen mußte, nichts. Die „theologischen Collegien waren erbärmlich“. Nicht ganz ein volles Jahr blieb M. in Zürich da folgte er dem Zuge vieler junger Schweizertheologen nach Göttingen. Am 22. März 1780 reiste er dahin ab. Er hörte die Collegien der damals berühmtesten Theologen Koppe, Miller, Spittler, Walch. Gegen Michaelis hatte er eine solche Abneigung, daß er keines seiner Collegien besuchte. Eine ganz andere Theologie trat nunmehr dem jungen Schweizer entgegen als in Zürich. „Fast täglich fühlte ich die Stöße, die mein voriges System erhielt. – aber damit floh auch alle Ruhe von mir“. Nur in Häfeli’s „reichen und liebevollen“ Briefen fand M. noch einige Erquickung. In der verzweiflungsvollen Stimmung, die durch Kränklichkeit sich noch steigerte, kam ihm der Gedanke, in den Herbstferien eine Reise nach Weimar zu machen, um Herdern persönlich kennen zu lernen, um vielleicht von ihm Rathschläge und Lehren über sein Studium, und, was ihm noch wichtiger war, „über die innere Geschichte seiner Seele zu vernehmen“. Die Ueberzeugung, das Alles bei Herder zu finden, ließ ihn seine angeborne Schüchternheit überwinden. Am 7. October 1790 traf M. in Weimar ein. „Ich fand, was ich suchte, ja noch weit mehr, die gefälligste Aufnahme in dem lieben Hause, die zärtlichste Freundschaft, den weisesten Lehrer, den ich jemals hatte, und eine volle Befriedigung meines liebebedürftigen Herzens“. Die glückliche Woche, welche M. in Herder’s Hause zubrachte, war von durchschlagender Bedeutung für sein ganzes Leben. Statt vieler Antworten auf die zahllosen Fragen übergab Herder dem jungen Freunde den eben erschienenen ersten Band seiner „Briefe über das Studium der Theologie“. Nach dem in Folge von Kränklichkeit sehr schweren Winter 1790–1791 wurde M. gerathen, nach Tübingen zu gehen. Aber sein Herz hing an Weimar. Die Mutter, der er darüber schrieb, hatte allerlei Bedenken. Orthodoxe wie rationalistische Geistliche warnten. Herder sei ein Schwärmer, schreibe Sachen, die Niemand verstehe! Es sei bei ihm, wie bei Lavater, nichts als die leidige Imagination. Er verdrehe die Bibel u. s. w. Ein Brief des Bruders Johannes in Kassel entschied dennoch für Weimar. M. war überglücklich, die mütterliche Zusage zu empfangen. [540] Er faßt das Ergebniß seines Aufenthaltes in Göttingen in folgenden Worten zusammen: „Ohne ein einziges Thränchen verließ ich die Bücherstadt, doch voll Dankempfindung für das, was ich hier gelernt, genossen und gelitten hatte. Ich sammelte viele nützliche gelehrte Kenntnisse, bildete meinen Geschmack etwas besser aus und erfuhr allerhand, das mir sehr zu Statten kam“. Nach einem Aufenthalt in Göttingen von 11/2 Jahren, langte M. im Sept. 1781 in Weimar an. Der freundliche Empfang, den er von Seite der ganzen Herder’schen Familie fand, die zarte Behandlung, die er durch den ihn so weit überragenden Mann erfuhr, die tactvolle Art, mit welcher dieser den jungen Freund auf manche Mängel aufmerksam machte und ihn aus den Anwandlungen von Mißmuth über sich selbst heraushob, das Alles wirkte mit, den halbjährigen Aufenthalt zu einem ungemein fruchtbaren zu machen. Was M. sehr oft herabstimmte, war der Mangel an gründlicher Kenntniß der alten Sprachen, hatte er doch erst in Göttingen Homer zu lesen begonnen. Er arbeitete so unausgesetzt an seiner Weiterbildung, daß er sich keine Zeit nahm, näher an die großen Geister des bekannten Weimarerkreises Wieland, Goethe u. A. heranzutreten, abgesehen davon, daß ihm stets die noch „anhaftende Blödigkeit“ im Wege stand. Nicht nur ausgerüstet mit reichen Kenntnissen, sondern auch ausgerüstet mit jenem universellen Blick, der ihn noch später auszeichnete, verließ M. das Herder’sche Haus und langte am 12. April 1782 wieder in seiner Vaterstadt an. Nach glücklich vollendetem Examen begann für den jungen Theologen eine Zeit, während der er entweder in dem Sumpf kleinstädtischer enger Verhältnisse hätte untergehen können, oder wo er religiös, sittlich und wissenschaftlich immer mehr sich zu vertiefen Gelegenheit hatte. Ein geistliches Amt stand für ihn nicht in Bereitschaft. Er suchte es auch nicht. „Viererlei Theologien hatte ich nun im Kopf, eine, die ich in meiner Jugend in der Angst meines Herzens auf das Wort Anderer angenommen, eine, die ich in Zürich, eine, die ich in Göttingen gelernt, und was ich in Weimar aufgefaßt und nach meiner Art zu einem Ganzen gebildet hatte“. Um zu selbständigen und festen Anschauungen zu gelangen, faßte er den eigenthümlichen Vorsatz, mehrere Jahre lang alle theologischen Bücher sammt der Bibel bei Seite zu legen. Zwei Jahre lang führte er diesen Vorsatz aus. Um so eifriger machte er sich hinter die classischen Werke der Griechen und Römer. Sein Bruder gab ihm hierfür sehr gute Rathschläge. Als er nach zwei Jahren sich wieder zur heiligen Schrift hinwandte, nahm er zunächst das alte Testament zur Hand und in diesem das Buch Hiob, das er übersetzte, sodann die Bücher Mosis. „Von da an war mir die heilige Schrift, die ich nun mit neuem Genuße und mit viel freierer Ansicht las, so unschätzbar und so geliebt, daß ich ihr jede andere Lectüre weit nachsetzte“. Das bloße Studienleben konnte M. jedoch auf die Dauer nicht befriedigen, auch der Privatunterricht, den er einigen jungen Leuten seiner Vaterstadt ertheilte, bot keinen Ersatz für einen größern Wirkungskreis, nach welchem sich der junge Gelehrte sehnte. Was ihn jedoch aus der mit aller Macht hervortretenden Mißstimmung immer wieder heraushob, war der Verkehr mit Freunden. Eine kleine Zahl von solchen fand er in Schaffhausen selbst. Doch waren das keineswegs die geistlichen Collegen. Schon während seiner Schulzeit empörten ihn diese, theils wegen ihres leblosen Orthodoxismus, theils wegen ihres ungeistlichen Lebenswandels. Es waren vielmehr Männer weltlichen Standes, von denen M. sich angezogen fühlte, unter ihnen besonders der Sekelmeister Joh. Casp. Stokar, ein Mann von hoher Bildung und staatsmännischem Blicke, hochgeschätzt in der alten Eidgenossenschaft. Sodann bildete sich um M. ein Kreis edler und gebildeter Frauen, denen er an Stelle der Leserei von namentlich französischen Modeschriftstellern Geschmack an ernster Lecture und besserer Unterhaltung beizubringen [541] suchte. Doch auch das hätte M. nicht auf die Dauer befriedigt, hätte er nicht in steter Verbindung mit den ihm von früher her bekannten auswärtigen Freunden gelebt. Vor allen war es Herder, von dem M. fortdauernd neue Anregungen empfing. Das Christenthum zu humanisiren, seine menschliche Schönheit und Wahrheit hervorzuheben und den Menschen seiner Zeit anschaulich zu machen, das war Müller’s Streben und Lebensaufgabe, zu deren Klarheit ihm Herder sowohl durch seine Schriften, als durch seinen persönlichen Umgang geholfen hat. Hierin befestigte ihn Herder noch fortwährend durch seine Briefe. Es war ganz natürlich, daß M. so in eine gewisse Abhängigkeit von dem großen Meister kam. Er fühlte das und war bestrebt, allmählich immer freier und unabhängiger zu werden, wobei die eigenen Arbeiten und Lebenserfahrungen das Ihrige beitrugen. Das Band der Liebe und Dankbarkeit verlor übrigens dabei nichts von seiner Zartheit und Innigkeit, und wurde besonders durch Herder’s Gattin, Caroline geb. Flachsland, stets wieder neu geknüpft. Auch später, als Herder immer mehr der pantheistischen Weltanschauung zutrieb und sich immer weiter von dem entfernte, was dem Schaffhauserfreund gerade das Wichtigste war, den Offenbarungsthatsachen, konnte sich M. zwar nicht enthalten, ihm offen seinen entgegengesetzten Standpunct entgegenzuhalten, verlor aber dabei nie den Glauben an den Lehrer, dem er so viel verdankte. Das war nun aber gerade der Grund, weßhalb die Zürcherfreunde gegen M. verstimmt wurden. Schon im Juli 1782 schrieb ihm Häfeli einen Brief, in welchem ihm das „vergeisteln, verpoetisiren, verduften, verphilosophiren“ der heiligen Schrift mit derben Worten vorgeworfen wird. Mit Lavater stand dagegen M. in dem intimsten Verkehr bis zu dem tragischen Ende des originellen Zürchers, obwol er sich in dessen spätere Geistersehereien durchaus nicht finden konnte. Was dem Einsiedler in Schaffhausen ein wahres „Lebensöl“ war und was ihm die Einförmigkeit seiner beschränkten Verhältnisse ganz besonders bereicherte, war die vom Jahr 1778–1809 ununterbrochen fortgehende Correspondenz mit seinem Bruder. Die Veröffentlichung des wesentlichsten Theils dieser Correspondenz (Joh. v. Müller’s sämmtl. Werke, Bd. 4–7) überhebt uns der Pflicht, näher auf diese einzugehen. Gewiß besitzen wir aber darin das einzigartige Denkmal eines Bundes von zwei zwar nach Geist, Kenntnissen und Lebensstellung verschiedenen Brüdern, die sich aber während dreier Jahrzehnte in ungetrübter Herzlichkeit über die wichtigsten Zeitereignisse, über die höchsten Angelegenheiten in Religion und Politik und hinwiederum über die persönlichsten Verhältnisse mit aller Offenheit aussprechen. Es liegt aber zugleich etwas Hochtragisches darin, wie der jüngere Bruder den älteren umsonst von den Schritten zurückzuhalten versucht, die diesen zuletzt ins Unglück führten, und ihn umsonst stets an seinen wahren Beruf erinnert, die Geschichte seines Vaterlandes und diejenige der Menschheit zu vollenden. Im äußern Leben traten für M. in den folgenden Jahren nur folgende Ereignisse ein. Im September 1788 verheirathete er sich mit Maria Catharina Gaupp, der Tochter eines sehr angesehenen und wohlhabenden Kaufmannes von Schaffhausen. Die Ehe war eine überaus glückliche, obwol ihr der Kindersegen fehlte. Im nämlichen Jahre erhielt M. endlich die erste öffentliche Stelle, die eines sogenannten „Katecheten der Beisassen“. So bescheiden die Aufgabe war, die Kinder der in Schaffhausen ansässigen Tagelöhner und Weingärtner zu unterrichten, so löste sie der zum Lehrer eigentlich geborene Mann mit hohem Eifer und mit großer Freude. Ungemein schwer traf die beiden Brüder das 1790 erfolgte Hinscheiden der heißgeliebten Mutter. Im J. 1794 wurde unserem Georg die Stelle eines Professors der griechischen und hebräischen Sprache an dem oben genannten colleg. humanitatis übertragen. Mit dem Jahr 1785 begann M. seine schriftstellerische Laufbahn. [542] Zunächst übernahm er im Auftrag eines Buchhändlers die Uebersetzung von Mentelle, vergleichende Erdbeschreibung, 3. Bde., und von Dalrymple, Geschichte von Großbritannien und Irland seit Karl II., 4 Bde. Im J. 1789 erschien seine erste selbständige Schrift unter dem Titel „Philosophische Aufsätze“. Wir finden da nicht etwa Beiträge zu einem speculativen System, M. war überhaupt kein speculativer Kopf, sondern Reflexionen über verschiedene moralische und religiöse oder allgemein wissenschaftliche Gegenstände. So originell diese Aufsätze sind, so erinnern sie doch vielfach an Herder, dem sie auch gewidmet sind. Das Buch, welches ebensoviel Widerspruch als Zustimmung fand, wurde damals vielen ein Führer im Kampfe religiöser Parteiungen. Schleiermacher’s Vater glaubte seinem in Zweifel gerathenen Sohne kein Buch eher empfehlen zu sollen als dieses. Da uns der Raum nicht gestattet, ausführlicher auf die einzelnen Aufsätze einzugehen, so sei doch wenigstens hingedeutet auf den vierten derselben: „Versuch über das Ideal einer Erdbeschreibung“. Wir finden hier bereits die Grundzüge einer wissenschaftlichen mit der Geschichte organisch verbundenen Erdkunde, wie sie erst später ihre großartige Durchführung gefunden hat. Eine zweite schriftstellerische Arbeit begann M. 1791 in den „Bekenntnissen merkwürdiger Menschen von sich selbst“. Herder weckte und bestärkte in ihm den Gedanken, ein Gegenstück der damals so eifrig gelesenen und besprochenen Confessions von Rousseau herauszugeben. In den drei ersten Bänden, welche M. allein bearbeitet hat, sind die Bekenntnisse von Augustin, Petrarca und Zinzendorf behandelt. Mit feinem Geschmack in der Auswahl des Gegebenen, mit Liebe und Billigkeit im Urtheil sind die Männer dreier verschiedener Zeitalter so dargestellt, daß damit zugleich eine Apologie des Christenthums im Gegensatz zu der rationalistischen Zeitrichtung dargeboten wird. Die dritte Schrift, welche noch in diese Zeit fällt und die wol unter allen Müller’schen Schriften die größte Verbreitung gefunden hat, heißt: „Unterhaltungen mit Serena moralischen Inhalts“. Die beiden ersten Bände erschienen 1793, der dritte erst lange nach dem Tode des Verfassers 1835, vierte Auflage 1856. Aus Blättern, welche M. allwöchentlich seiner Braut zusandte, entstanden, wuchs allmählich das Ganze zu einem Werke heran, durch welches der Verfasser dem weiblichen Geschlecht in der Form der Humanität und des guten Geschmackes die Herrlichkeit der heiligen Schrift und die gesunden Früchte christlicher Bildung zu kosten gab. Den Inhalt bilden meist kleinere Stücke, Gedichte, Briefe, Erzählungen, Sprüche, welche der feine Sammler in dem reichen Garten der Litteratur älterer und neuerer Zeit gefunden hatte. Neben solchen Lesefrüchten theilt M. auch eine schöne Zahl eigener Arbeiten mit, worin er seine Gedanken über weibliche Bildung und weibliche Bedürfnisse ausspricht. Es ist beinahe ein psychologisches Räthsel, daß der Mann, dessen Leben bisher beinahe ausschließlich gelehrten und litterarischen Arbeiten zugewandt war, plötzlich auf den politischen Boden hingeworfen, da eine ächt staatsmännische Thätigkeit entfalten konnte. Schon längst sah M. mit den edelsten Schweizern, daß die politischen und socialen Zustände seines Vaterlandes unhaltbar geworden waren. Er hatte sich daher jenem trefflichen Verein angeschlossen, der unter dem Namen der „helvetischen Gesellschaft“ eine bessere Zeit vorzubereiten beabsichtigte. Mit Vielen der Besten seiner Zeit begrüßte er daher den Beginn der französischen Revolution, und wurde hierin lebhaft von seinem Bruder unterstützt, schrieb ihm doch dieser: „Der 14. Juli ist der schönste Tag seit dem Untergang der römischen Weltherrschaft“. Bald genug folgte freilich die Ernüchterung. Tief schmerzt es den eifrigen Patrioten, daß die beginnende mächtige Zeit in der Schweiz so wenige wahrhaft gebildete Staatsmänner antraf. Das bewog ihn, noch am Vorabend der gewaltigen Stürme, die über die Schweiz losbrechen sollten, im Frühjahr 1797 die „Briefe über das Studium der Wissenschaften, [543] besonders der Geschichte, an schweizerische Jünglinge, die sich dem Staate zu widmen gedenken“, herauszugeben (2. Aufl. 1817). Im Januar 1798 begann das furchtbare Drama, in welches auch M. verwickelt wurde. Der Fall Berns, am 5. März 1798, war das Signal allgemeiner Auflösung. Die ersten Anfänge dieser Bewegung, von der nun auch Schaffhausen ergriffen ward, ließen sich ziemlich friedlich an. Eine Nationalversammlung, in die auch M. von der Landschaft gewählt wurde, entwarf eine Verfassung, welche beide streitende Theile, Stadt und Land befriedigte. Allein das Werk fiel wieder dahin, als die unter dem Einfluß französischer und schweizerischer Terroristen entstandene „Eine und untheilbare helvetische Republik“, alle historisch gewordenen Verhältnisse der Kantone zertrümmerte. Wie M. da sich seiner Vaterstadt annahm, ihr einen guten Theil ihres Eigenthums rettete, wie er dem Gewaltstreich, Schaffhausen zu einem einfachen Districtsorte der Kantone Zürich oder Thurgau zu machen, durch ein treffliches Memorial an die helvetische Regierung mit Erfolg widerstand, wie er als ein von letzterer gewählter Unterstatthalter, d. h. Stellvertreter des Beamten, der die Befehle der obersten helvetischen Regierung zu vollziehen hatte, beinahe die ganze Last mit ungewohnter Energie und mit Klugheit über sich nahm, das sei hier nur angedeutet. Der Frühling des Jahres 1799 brachte den Krieg mit seinen Schrecken in die Gegend von Schaffhausen. Inmitten der Stadt wüthete der Kampf. Bald mußten die Franzosen bald die Oesterreicher den Platz räumen. Jene plünderten öffentliches und Privatgut. Der jähe Sturz der Helvetik brachte endlich einige Ruhe. Die Durchführung der von Bonaparte gegebenen Mediationsverfassimg brachte unserm M. neue Geschäfte. Er saß vom 10. März bis 16. Mai 1803 in der Interimsregierung, welcher diese Durchführung aufgetragen war. Hatte M. schon bei Anfang der revolutionären Bewegungen in Schaffhausen sich das Kirchen- und Schulwesen zutheilen lassen, so lag es ihm nach eingetretener Ruhe sehr am Herzen, diese Lieblingsseite seiner Thätigkeit wieder aufzunehmen und er fand dafür in dem edeln schweizerischen Minister der Künste und Wissenschaften, Philipp Albrecht Stapfer, eine sehr werthvolle Hülfe. Zunächst machte er sich daran, das in tiefen Zerfall gerathene Schaffhauser Schulwesen zu ordnen. Man schuf die Stelle eines „Oberschulherrn“ und übertrug dieselbe unserm Müller, der sie bis zum Lebensende mit der größten Liebe und Treue verwaltete. Die erste Frucht dieser Thätigkeit war „die Landschulordnung vom Jahre 1804“. sodann die Umgestaltung des Gymnasiums und des collegium humanitatis. Letztere Anstalt wurde mit zwei neuen Professoraten erweitert, demjenigen der Encyclopädie und Methodologie und demjenigen der Aesthetik. Beide Stellen wurden unserm M. übergeben. Im J. 1809 erhielt M. endlich die umsonst wiederholt nachgesuchte Entlassung aus der Regierung. Noch einmal wurde er 1814 und 1815 in die politischen Geschäfte zurückgeführt. Nach Napoleon’s Sturz beeilte man sich, die Erinnerungen an die Revolutionszeit auszulöschen. Eine neue Bundesverfassung wurde aufgerichtet, in Schaffhausen eine neue Kantonalverfassung. Eine starke Partei wollte das alte Stadtregiment vor 1798 wiederherstellen. M. kämpfte muthig gegen diesen Anachronismus, und es gelang der Restaurationspartei nicht in Allem, ihre Pläne durchzusetzen. Im übrigen war M. glücklich, ganz wieder zu seinen wissenschaftlichen Studien zurückkehren zu können. Es ist indessen ein Zeichen seiner hohen geistigen Energie, daß er auch in den aufregendsten Zeiten dieselben nie ganz aus den Augen verlor, ja auch da noch schriftstellerisch thätig war. So erschien im J. 1801: „Theophil. Unterhaltungen über die christliche Religion mit Jünglingen von reiferem Alter“. M. will in diesem Buche das der Religion vielfach entfremdete Jünglingsalter dadurch wieder zum religiösen Interesse erheben, daß er an der Hand der Geschichte [544] zeigt, wie die Religion stets ein wesentliches Element des Völkerlebens gewesen sei. Die Aufhebung so vieler Klöster durch die Helvetik führte zu einem lebhaften Gedankenaustausch der beiden Müller, und zuletzt zu dem Wunsche Johanns, der Bruder möchte in einer besondern Schrift eine Parallele zwischen Reformation und Revolution ziehen. Georg M. erfüllte diesen Wunsch in der Schrift: „Ueber ein Wort, das Franz I. über die Folgen der Reformation gesagt haben soll“. Zürich 1800. Der französische König habe die Reformation gehaßt, weil sie auf nichts anderes ziele, als „auf Umsturz der göttlichen und menschlichen Monarchie“. Die in hohem Grade unbefangene historische Deduction, in welcher Anklage und Vertheidigung der Reformation zu Worte kommt, hat noch heute ihren Werth. Die reifste Frucht seiner umfangreichen Studien und seiner vielseitigen persönlichen Erlebnisse und Erfahrungen ist das Werk, welches von 1803–1808 in vier Bänden unter dem Titel erschien: „Reliquien alter Zeiten, Sitten und Meinungen“. Wie in den früheren Schriften, so geht der Verfasser auch in diesen 15 „Essays“ darauf aus, die theologische Disciplin zu humanisiren und die Früchte einer gelehrten gründlichen Geschichtsforschung auch nicht theologischen Lesern in einer geschmackvollen und anziehenden Form darzubieten. Zu einer ganz neuen Thätigkeit wurde er durch den Hinscheid seiner beiden besten Freunde, Herders und seines Bruders hingeführt. Herder starb am 18. December 1803. Er hinterließ den Seinigen nur seinen Ruhm und litterarische Arbeiten. Johannes von Müller eilte wenige Wochen nachher nach Weimar, um ein Verzeichniß des litterarischen Nachlasses aufzunehmen. Die Herausgabe sämmtlicher Werke des großen Mannes sollte sofort in die Hand genommen werden. Dem Bruder theilte er den theologischen, sich selbst den historischen, Thorild in Greifswalde den philosophischen Theil zu. Allein Johannes von Müller und Thorild starben, ehe sie die Arbeit vollenden konnten. So wälzte sich das Ganze auf Georg Müller’s Schultern. Mit rührender Pietät gegen den verstorbenen Freund, die sich namentlich auch in der lebhaften Correspondenz mit dessen Gattin ausspricht, vollendete M. die ihm immer lieber gewordene Arbeit und hatte die Genugthuung, durch dieselbe die Wittwe Herder’s vollständig aus ökonomischer Noth gerettet zu haben. Eine ähnliche und nicht minder große Verpflichtung legte dem Schaffhauser Gelehrten der Hinscheid seines Bruders auf. Zum letztenmale hatten sich die beiden Brüder im Sommer 1801 gesehen, wo sie mit einander die Reise nach Wien machten. Wie viele wichtige Ereignisse liegen doch zwischen dieser für unsern Georg M. in hohem Grade erfrischenden Reise und dem Tode seines Bruders Johannes: der Verlust des ganzen Vermögens des letzteren durch einen Betrüger, die Berufung nach Berlin, der Eintritt in den Dienst des Napoleoniden in Kassel, lauter Ereignisse, welche die Seele des bescheidenen Schaffhauser Professors um so tiefer bewegten, je weniger er namentlich mit dem letztgenannten Schritte einverstanden war und je gegründetere Befürchtungen er für die Zukunft des Bruders hegte. Zu dem unsäglich tiefen Schmerz über den unerwartet schnellen Hinscheid gesellte sich für M. die schwere Sorge wegen der Vermögensverhältnisse des Hingeschiedenen. Die Summe der Passiven belief sich auf ca. 24,000 Gulden, während sich fast keine Activa vorfanden, als die ca. 6000 Bände starke Bibliothek. Georg trat für die Ehre des geliebten Bruders in den Riß und bezahlte vorerst aus seinen eigenen Mitteln sämmtliche Schulden. Nicht ohne große Mühe gelang es ihm, den Nachlaß französischen Händen zu entwinden. Ein sehr günstiger Vertrag mit Cotta in Stuttgart ermöglichte nicht nur die Herausgabe von 27 Bänden der J. von Müllerschen Werke, sondern auch die völlige Deckung aller Passiva des verstorbenen Schriftstellers. Das letzte Jahrzehnt (1809–1819) war zwar für M. auch sehr bewegt, aber in [545] ganz anderer Art als die unmittelbar vorangegangenen Jahre. Der Schauplatz der großen Weltereignisse, die Napoleon’s Sturz begleiteten, war von den Grenzen der Schweiz weggerückt. Als jedoch nach der Schlacht bei Leipzig ein Theil der Verbündeten sich nach der Schweiz hinzog, um durch dieses neutrale Land in Frankreich einzurücken, da verursachten die großen Truppendurchzüge und die damit verbundene Einquartirung auch dem Kanton Schaffhausen viel Unruhe und dem Staate wie den Privaten große Unkosten. Das dabei auch Müllern vielfach belästigende Ungemach wurde reichlich aufgewogen durch die so ungemein interessanten Bekanntschaften, welche unser Schaffhauser machte. Zu diesen gehörte namentlich diejenige der Großfürstin Katharina, verwittweten Großherzogin von Oldenburg, Schwester Kaiser Alexanders und nachheriger Königin von Württemberg. Die hohe Frau weilte vom 21. December 1813 bis 12. Januar 1814 in Schaffhausen, um da ihren kaiserlichen Bruder zu erwarten. Aufmerksam gemacht auf den Bruder des berühmten Geschichtschreibers, wünschte sie denselben kennen zu lernen. Nachher kam Alexander ebenfalls nach Schaffhausen. Die ganze höchst gehaltreiche Unterredung mit dem fürstlichen Geschwisterpaar, wie sie M. in seinem Tagebuch wiedergiebt, hat ihre Veröffentlichung gefunden in Gelzer’s Monatsblättern, Jahrg. 1859, weßhalb wir hier nicht weiter darauf eingehen. Sowohl die frühern Schriften als die Herausgabe der Werke Herder’s und Joh. v. Müller’s hatten den Schaffhauser Gelehrten in weiten Kreisen bekannt gemacht. Das war nun besonders der Fall seit Herausgabe der bedeutendsten theologischen Schrift: „Vom Glauben der Christen“. 2 Bde. 1815. Es ist dies Werk nicht eine wissenschaftliche Dogmatik, welche in dialectischer Weise den Inhalt des christlichen Glaubens darstellt; es enthält nur eine Reihe von Aufsätzen über die verschiedenen Lehrpuncte des christlichen Glaubens, welche in freier Reihenfolge an einander gefügt sind. Noch ganz unberührt von der durch Schleiermacher so energisch eingeleiteten neuern Theologie vertritt der Verfasser noch den damaligen supranaturalistischen Standpunct aber doch wieder mit solcher Selbständigkeit und Geistesfreiheit, daß sein Buch zu seiner Zeit eine wesentliche Lücke auszufüllen berufen war. Daß auch der Herder’sche Geist nachwirkte, sehen wir z. B. in der schönen Abhandlung über den menschlichen Charakter Jesu, in welcher der Verfasser mit seinem Geiste und zarter Liebe der menschlichen Schönheit Jesu nachgeht und am liebsten bei den Zügen wahrer Humanität verweilt. Während dieses Werk vom rationalistischen Standpuncte aus zum Theil heftige Anfeindung erfuhr, so bahnte es sich dagegen vielfach den Weg in das Herz der durch die Befreiungskriege religiös angeregten theologischen Jugend. Eine kleine schon 1811 erschienene Schrift „Von dem christlichen Religionsunterricht“, berührt sich vielfach mit dem obengenannten größern Werke. Die vortrefflichen Rathschläge, die sie enthält, gaben Veranlassung zu Verhandlungen mit preußischen Kirchen- und Schulbehörden, welche die Schrift vielfach empfahlen. Ein ganz staunenswerther theils schriftlicher, theils mündlicher Verkehr, dessen Zeugen in dem lange noch nicht genugsam gehobenen Schatz von Müller’s Nachlaß sich befinden, entwickelte sich fortan. Katholische und protestantische Gelehrte, fürstliche und bürgerliche Personen, Universitätsprofessoren und Studenten, suchten den Schaffhauser Gelehrten auf und fanden gastliche Aufnahme in dessen Haus. Ein Beweis der hohen Anerkennung, welche M. für seine gelehrten Arbeiten fand, liegt insbesondere darin, daß ihm bei Anlaß des Reformationsjubiläums 1817 von den beiden theologischen Facultäten in Jena und Tübingen die Würde eines Doctors der Theologie ertheilt wurde. – Die letzten Lebensjahre Müller’s waren sehr bewegt. Im Sommer 1817 kam Frau v. Krüdener (Bd. XVII S. 196) [546] nach Schaffhausen, und rief eine mächtige Bewegung in der Stadt und deren Umgebung hervor. Der geistesklare und nüchterne Mann durchschaute sowohl das Berechtigte, als das Ungesunde dieser Erscheinung. Er verhinderte die von der Regierung und der Geistlichkeit beabsichtigten Gewaltmaßregeln gegen genannte Frau und gegen die in den Jahren 1818 und 1819 namentlich durch David Spleiß, späteren Antistes, in Gang gebrachten schwärmerischen Ausbrüche. Mitten in diese aufgeregte Zeit fiel das dreihundertjährige Jubiläum der schweizerischen Reformation, dessen Feier am 3. und 4. Januar 1819 M. mit einer trefflichen Rede begleitete. Es war dies der letzte bedeutendere Act des edeln Mannes. Im Juli desselben Jahres verlor er seine treue Lebensgefährtin. Der Schmerz über diesen schweren Verlust begleitete ihn jetzt bis zu seinem letzten Augenblick, der für ihn schon am 30. November eintrat. Seine dankbaren Mitbürger setzten ihm in der Vorhalle der Münsterkirche ein Denkmal, über dessen Inschrift die Worte stehen: „Satis gloriae sed haud satis reipublicae“.

Vgl. Gelzer in den „Protestantischen Monatsblättern“. – H. Baumgarten in den preußischen Jahrbüchern, 29. Bd. – Dr. J. Kirchhofer in der Zeitschrift „Unruh“, 1868, und in Herzog’s Theol. Realencyclopädie. – Dr. J. Bächtold, „Aus dem Herder’schen Hause“, und vor Allem: die Biographie G. Müller’s von C. Stocker, deren erster Theil die Selbstbiographie Müller’s bis zu seinem Tode enthält.
Mezger.