ADB:Matzerath, Christian Josef
Freiligrath; aber durch Gedankenreichthum und durch Wohllaut des Ausdrucks hoben sie sich über das Alltägliche hoch hinaus. Aus der Welt des Denkens entsprossen, waren sie meist reflectirend und vielfach oratorisch, weshalb sie auch mehr den gebildeten denkenden Leser befriedigen.“ Das poetische Talent, das er so bekundet, erwarb ihm bald die Freundschaft gleichgestimmter Männer, wie Gustav Pfarrius, Wolfgang Müller, Karl Simrock und F. Freiligrath. Im Verein mit den beiden letzten gab er das „Rheinische Jahrbuch für Kunst und Poesie“ in zwei Jahrgängen (1840–41) heraus; er war es auch, der seinen Freund Niclas Becker zu dem bekannten Rheinliede „Sie sollen ihn nicht haben, den freien deutschen Rhein“ anregte, das im Herbst 1840 zur Welt geboren und der Ausdruck der allgemeinen Stimmung des deutschen Volkes ward. Im Mai 1840 war M. zum Assessor ernannt worden; im Februar 1841 wurde er als Hilfsarbeiter in das Justizministerium nach Berlin berufen und schon fünf Monate danach dem Cultusminister Eichhorn zur Beschäftigung überwiesen. Sechs Jahre später trat er in den Verwaltungsdienst über und wurde am 1. October 1847 auf seinen Wunsch als Justitiarius [238] an die Regierung zu Aachen versetzt. In dieser Stellung blieb er bis zum März 1856. Während der Landtagssessionen von 1849–51 entwickelte er als Abgeordneter für Montjoie auch parlamentarische Thätigkeit, lehnte aber 1852 die Wiederwahl ab, weil er seine Ueberzeugung der damaligen Richtung der Staatsregierung nicht unterzuordnen vermochte. Im J. 1856 ging sein langgehegter Wunsch in Erfüllung; zum Staatsmitgliede der Köln-Mindener Eisenbahndirection berufen, kehrte er nach Köln, wo er die angeregtesten Tage seiner Jugend verlebt hatte, und damit in den Kreis seiner alten Freunde und Gesinnungsgenossen zurück, dem er nie untreu geworden war, wenn er auch an den politischen Bestrebungen desselben keinen unmittelbaren Antheil genommen hatte. Zehn Jahre hindurch blieb M. in seiner neuen Stellung und hat er sich als Staatscommissarius namentlich um die Errichtung der festen Rheinbrücke bei Köln großes Verdienst erworben. Ein schweres Augenleiden, das ihn schon seit einigen Jahren quälte, bewog ihn, im Sommer 1866 seine Entlassung aus dem Staatsdienste nachzusuchen. Der Außenwelt in der Folge mehr und mehr entfremdet, wogte sein inneres Leben nur um so reicher, und auch die Poesie, die lange geschlummert hatte, erwachte in neuer Gedankenfülle und Formenschönheit. Eine Reihe von Gedichten, die alle „das Spiegelbild einer nachdenksamen Seele“ sind, erstand im letzten Jahrzehnt und wurde in der Kölnischen Zeitung veröffentlicht. Sie erschienen nach dem Tode Matzerath’s, der am 24.März 1876 in Köln erfolgte, u. d. T.: „Nachgelassene Gedichte“ (1877).
Matzerath: Christian Joseph M., ein wenig bekannter, aber höchst beachtenswerther rheinländischer Dichter, wurde am 28. Januar 1815 zu Linnich in der Rheinprovinz geboren, wo sein Vater Notar war, empfing seine Vorbildung auf dem Gymnasium zu Düren, das er, fast noch ein Knabe, schon 1830 mit einem glänzenden Zeugniß geistiger Reife verließ, und bezog dann die Universität Bonn, wo er die Rechte studirte. Er war nicht nur ein fleißiger Zögling der Themis, sondern erfreute sich auch der besonderen Gunst der Musen, die seiner Sprache den dichterischen und rednerischen Schmuck verliehen. Auch als Auscultator und Referendar beim Landgericht in Köln verwandte er einen großen Theil seiner Zeit auf geschichtliche und litterarische Studien, die eine Anzahl poetischer Blüthen trieben. Im J. 1838 erschien bei J. G. Cotta in Stuttgart eine Sammlung seiner „Gedichte“. „Dieselben zeigten gerade nicht eine neue eigenartige Anschauungs- oder Behandlungsweise, wie die um dieselbe Zeit zuerst hervorgetretenen Poesien seines Freundes- Köln. Ztg., 27. März 1876. – Hnr. Kurz, Litteraturgesch. IV, 24. – Eine in Aussicht gestellte Studie über „Christian Joseph M. Sein Leben und seine Werke“ von Harry v. Stein (Köln 1906) war leider noch nicht erschienen.