Zum Inhalt springen

ADB:Mosbrugger, Wendelin

aus Wikisource, der freien Quellensammlung

Empfohlene Zitierweise:

Artikel „Moosbrugger, Wendelin“ von Max Bär in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 22 (1885), S. 206–210, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Mosbrugger,_Wendelin&oldid=- (Version vom 24. November 2024, 10:25 Uhr UTC)
Allgemeine Deutsche Biographie
>>>enthalten in<<<
[[ADB:{{{VERWEIS}}}|{{{VERWEIS}}}]]
<<<Vorheriger
Mook, Friedrich
Band 22 (1885), S. 206–210 (Quelle).
[[| bei Wikisource]]
Wendelin Moosbrugger in der Wikipedia
Wendelin Moosbrugger in Wikidata
GND-Nummer 119276046
Datensatz, Rohdaten, Werke, Deutsche Biographie, weitere Angebote
fertig
Fertig! Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle Korrektur gelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Kopiervorlage  
* {{ADB|22|206|210|Moosbrugger, Wendelin|Max Bär|ADB:Mosbrugger, Wendelin}}    

{{Normdaten|TYP=p|GND=119276046}}    

Moosbrugger: Wendelin M., königlich württembergischer Hofmaler in Constanz, geb. am 20. October 1760 in Rehmen, einem Filialorte der Pfarre Au des inneren Bregenzer Waldes in Vorarlberg, † am 20. August 1849 in Aarau in der Schweiz. Kaum aus der Volksschule entlassen ging er, der zweitjüngste von 11 Geschwistern armer Müllersleute, ohne alle Unterstützung nach Constanz und trat dort bei einem Zimmermaler in die Lehre. Auf seiner Wanderschaft fand er als Decorationsmaler im kurfürstlichen Schlosse zu Mannheim Beschäftigung und solche Anerkennung, daß Kurfürst Karl Theodor, dessen Talente zur Kunst erkennend, ihn in seiner neubegründeten Akademie wahrscheinlich unter Leitung Weller’s, aus kurfürstlichen Mitteln ausbilden ließ. Nachdem er in [207] mehreren Städten rheinabwärts sich einen Ruf als Porträtmaler en miniature und in Lebensgröße errungen hatte, nahm er in Constanz, wo in Folge der französischen Revolution viele Emigranten lebten, ständigen Aufenthalt und erhielt Aufträge vom hohen Adel und Privaten aller Rangklassen. Dort verehelichte er sich 1795 mit Anna Schärtker v. Arbon aus Thurgau, die aber schon nach zwei Jahren nach der Geburt des Sohnes Leopold, des nachherigen Professors der Mathematik, starb und 1802 zum zweiten Male mit Anna v. Huetlin aus einer alten Patrizierfamilie von Constanz. Während seiner künstlerischen Thätigkeit erhielt er einen Ruf nach Stuttgart an den königlichen Hof, um König Friedrich, dessen Gemahlin, eine englische Prinzessin, König Jerome von Westphalen zu porträtiren und den Ahnensaal zu restauriren, dann einen Ruf nach Karlsruhe, um auch dort die Großherzogin Stephanie und den Großherzog Karl zu malen. Zum Zeichen seiner Werthschätzung wurde ihm der Titel eines königlich württembergischen Hofmalers verliehen. Seine zahllosen Porträts, die man fast in allen Städten Süddeutschlands findet, zeichnen sich aus durch ein frisches, warmes Colorit und große Aehnlichkeit, weniger geschätzt sind seine Altarbilder. Er starb hochbetagt bei seinem Sohne Leopold in Aarau, wo er die letzten Jahre verlebte.

Biographisches Lexikon des Kaiserth. Oesterr. v. Const. v. Wurzbach.

Leopold M., Sohn des Vorigen aus erster Ehe, Professor der Mathematik in Aarau, geb. zu Constanz am 24. Januar 1796, † am 12. August 1864 in Aarau-Schweiz. Er besuchte das Gymnasium und Lyceum in Constanz und 1818 die Universität in Heidelberg, wo er besonders dem Studium der Mathematik bei Professor Schweins oblag, sich aber mehr der Richtung seines Freundes Steiner, gebürtig aus Utzistorf im Kanton Bern, dem nachherigen so berühmt gewordenen Professor der Mathematik in Berlin anschloß. Nach Ablegung der Staatsprüfung in allen cameralistischen Fächern in Karlsruhe 1822 ging er im folgenden Jahre auf die Universität zu Freiburg, um den gelehrten Professor der Mathematik, Buzengeiger, zu hören, unter dessen Leitung sein treffliches Talent zu einem rühmlichen Ziele gelangte. Nach Constanz zurückgekehrt, übernahm er den mathematischen Unterricht im dortigen Lyceum, ertheilte den jüngeren Offizieren des dort garnisonirenden Regiments Markgraf Wilhelm Privatstunden, unterrichtete in der Mathematik von 1827 bis inclusive 1829 auch den Prinzen Louis Napoleon, der damals mit seiner Mutter Hortensia auf Arenenberg wohnte und erhielt 1830 die Lehrstelle der Mathematik an der Kantonsschule in Aarau, nachdem diese der durch seine merkwürdigen Lebensschicksale bekannte greise Professor und Fischeridyllendichter Franz Xaver Bronner niedergelegt hatte. Außer dem Unterrichte in der beschreibenden Geometrie in den oberen Klassen der Gewerbschule gab er dort den ganzen mathematischen Curs im Gymnasium, lehrte eine Zeit lang auch Physik und mehrere Jahre in den obersten Klassen mathematische Geographie. Er ertheilte wöchentlich 22, oft auch 24 Stunden und überdies vorgerückten jüngeren und älteren Leuten, die in diesem Fache weiter kommen wollten, ohne Entgelt Privatstunden mit glänzendem Erfolge. Er verfaßte mehrere namhafte Werke über Geometrie: „Analytische Geometrie des Raumes, mit Berücksichtigung der neueren geometrischen Verwandtschaften und der zur größeren Verständigung des Werkes erforderlichen Entwicklungen aus der analytischen Geometrie der Ebene“, mit 8 lithographischen Tafeln, 1845. „Größtentheils neue Aufgaben aus dem Gebiete der Géometrie descriptive, nebst deren Anwendung auf die constructive Auflösung von Aufgaben über räumliche Verwandtschaft der Affinität, Collimation etc.“, mit 60 lithographischen Tafeln, 1845. Beide Werke fanden sehr günstige Aufnahme bei Fachgenossen und in Recensionen. Außerdem [208] verfaßte er in mathematischen Zeitschriften früher von Crelle, später von Grunert viele Abhandlungen, sowie auch Beurtheilungen mathematischer Werke. Als Recensent war er seiner unparteiischen Urtheile wegen beliebt. Eine Abhandlung von ihm ist auch dem Schulprogramm von 1856 beigegeben: „Untersuchung über krumme Oberflächen, deren Erzeugung von gegebenen Flächen zweiten Grades abhängig ist“. Er arbeitete Jahre lang an einem Problem, dessen Auflösung von großen Mathematikern von den Einen für möglich, von den Anderen für unmöglich erklärt worden ist. Die Schrift führt den Titel: „Auflösung der algebraischen Gleichung aller Grade“, Aarau, Sauerländer 1859. In den letzten Jahren seines Lebens wurde er in Folge der Ueberanstrengung der Augen insbesondere bei der Anfertigung der geometrischen Figuren für seine Werke blind und genöthigt, seine Stelle als Professor der Mathematik, worin er zahlreichen Schülern zu ehrenvollen Stellungen verhalf und die er durch 32 Jahre bekleidete, abzulegen. Eine Biographie erschien unter dem Titel: „Zur Erinnerung an Professor Leopold Moosbrugger“, von Professor Dr. Rudolf Rauchenstein.

August M., Sohn des Wendelin M. aus zweiter Ehe, Bauinspector in Wertheim a. M., geb. am 4. August 1802 in Constanz, † am 28. April 1858 in Wertheim. Er absolvirte das Gymnasium in Constanz, besuchte dann die damals in hohem Rufe stehende Bauschule des Oberbaudirectors Weinbrenner (1766–1826) in Karlsruhe und erhielt 1826 die Stelle eines Professors der Geometrie und Zeichnungskunst am Lyceum zu Rastatt. Als Großherzog Leopold an sämmtliche Architekten des Landes ein Preisausschreiben für das Denkmal seines Vaters Karl Friedrich im Chor der Schloßkirche zu Pforzheim erließ, wurde seinem Entwurfe der Preis zuerkannt und ihm in einem huldvollen Cabinetschreiben die würdigste Anerkennung ausgesprochen. Den Entwurf hat er 1834 bei Velten in Karlsruhe in acht Blättern herausgegeben. Am 22. November 1833 fand die feierliche Einweihung des Denkmals statt. Dasselbe, mitten im Chor der Schloßkirche, hat die Gestalt einer gothischen Pyramide. Zwischen den vier großen Spitzbogenöffnungen steht die Büste des Großherzogs Karl Friedrich August, † 1811. Den architektonischen Theil fertigte aus weißem Sandstein Balzer aus Weisenbach und die Marmorbüste Bildhauer Rauser aus Karlsruhe. Im J. 1836 ernannte ihn der Großherzog Ludwig zum Bauinspector in Wertheim a. M. Sein Talent offenbarte sich insbesondere in der Gothik. Von den zahlreichen Bauwerken sind die gothischen Kirchen in Wertheim, Werrbach a. d. T., dann die Amtshäuser in Wertheim und Buchen im Odenwalde die hervorragendsten. Er war der erste, der auf die römischen Bauwerke in Osterburken die Regierung und die Alterthumsvereine aufmerksam machte und die ersten Schritte that, um die alterthümliche Schloßkapelle in Krautheim an der Jaxt vor gänzlichem Verfalle zu schützen. Er starb in den besten Jahren seiner rastlosen Thätigkeit.

Fritz M., der zweite Sohn des Wendelin M. aus zweiter Ehe, Genremaler, geb. zu Constanz am 19. Januar 1804, † in Petersburg am 17. October 1830. Er erhielt den ersten Unterricht bei seinem Vater und später bei der trefflichen Ellenrieder und malte schon mit 14 bis 18 Jahren Bilder, die Aufsehen erregten. Er kam 1821 auf die Akademie in München, wo er unter Cornelius’ Leitung sich für die Genremalerei entschied. Bereits 1827 fanden seine Gemälde „Der Bockkeller“, „Der Invalide“, „Der Tänzer“, „Der Brettspieler“, „Die Kameraden“ und mehrere Porträte in der Kunstausstellung zu Karlsruhe allgemeine Anerkennung. Im Herbste 1827 ging er nach Italien, zumächst nach Rom, wo er die französische Kunstschule besuchte und an Maler Josef Anton Koch einen warmen Freund fand, von dessen Tadel er manches lernte. Während [209] der Sommermonate 1828 machte er Landschaftsstudien im Sabinergebirge, meist in Civitella und Olevano, besuchte im Herbste Neapel, wo er sich zu den bedeutendsten Werken begeisterte und kehrte reich an Studien im Sommer 1829 nach Constanz zurück. Im Januar 1830 stellte er in Karlsruhe im Locale des Kunstvereins eine Reihe seiner gemalten Compositionen aus, die den lauten Beifall der Kenner gewannen. Besonders wurde sein Improvisator, sein Atelier, das Brustbild einer Römerin, zwei Räubergruppen bewundert. In Karlsruhe componirte er noch eines seiner größten und trefflichsten Bilder, sein letztes Oelgemälde, eine figurenreiche Landschaft bei Civitella mit einem alten Raubschlosse im Hintergrunde, welches von Soldaten beschossen wird, während einige derselben gebundene Banditen herausschleppen. Die Frauen mit ihren Kindern und einem Greise haben sich zu einem Marienbilde im Vordergrunde geflüchtet, um Rettung der Ihrigen zu erflehen. Das Bild ist von vorzüglicher Ausführung. Einen größeren Wirkungskreis suchend trat er mit Empfehlungsschreiben seines Fürsten an Kaiser Nikolaus die Reise nach Petersburg am 13. August an und schiffte sich in Lübeck ein; doch ging die Seefahrt, da er mit einem Kauffahrer reiste, nur langsam von Statten und er kam, während der ganzen Reise immerfort seekrank, erst nach drei Wochen sehr leidend nach Petersburg, wo er in den ersten acht Tagen fast ohne Pflege war, bis ihn ein akademischer Freund, Emil Jacobs aus Gotha, nach langem vergeblichem Suchen endlich aufgefunden hatte, aber bereits in einem solchen Zustande, daß auch die liebevollste Sorgfalt ihn nicht mehr zu retten vermochte. Wenige Tage danach erschütterte die Trauerkunde seines unvorhergesehenen Todes die deutschen Künstlerkreise. Nach Aussage seines Biographen … ber in dem Kunstblatt von Dr. L. Schorn, 14. Jahrgang 1833 hatte M. bereits eine bedeutende Stufe erreicht; er besaß die beiden Haupteigenschaften, lebendige Auffassung und Darstellung. Sein Geist beherrschte den Stoff und die materiellen Hilfsmittel. Er war ein höchst geübter und gewandter Zeichner. Oft im Zirkel seiner Freunde, in der fröhlichsten Stimmung, entwarf er nach gegebenen Punkten oder auch aus freier Laune die geistreichsten Compositionen, welche die Bewunderung selbst tüchtiger Künstler erhielten.

Josef M., der dritte Sohn des Wendel M. aus zweiter Ehe, Landschaftsmaler, geb. am 10. März 1810 in Constanz, † am 13. October 1869. Anfänglich zum Studiren bestimmt erhielt er nach Absolvirung des Gymnasiums seine künstlerische Ausbildung auf der Akademie in München, die er 1830 besuchte. Der tägliche Umgang mit seinem Freunde Schleich bewegte ihn, der Historienmalerei, für die er immerhin ein schönes Talent zeigte, auf immer Valet zu sagen und sich ganz der Landschaft zu widmen. Sein ihm angeborenes Kunstgefühl drängte ihn zum Stimmungsbild und er schloß sich im Ganzen der inzwischen immer bestimmter hervortretenden Schleichischen coloristischen Schule an, mehr durch die poetische Auffassung als durch vollendete Durchbildung seiner Bilder sich auszeichnend. Nach dem Tode des Freiherrn v. Wessenberg zum Conservator der schönen Gemäldesammlung desselben geworden, hat er in dieser Stellung überall sein wohlwollendes, gemüthvolles Wesen bethätigt und sich überall beliebt, ja nothwendig zu machen gewußt. Von seinen Gemälden sind bekannt geworden: Constanz und die umliegenden Ortschaften, die er von allen Seiten, in allen Stimmungen, bald im hellen Abendgolde, bald in düsterer Gewitterschwüle malte; die Städte Badens, gemalt im Auftrage des Großherzogs Friedrich für die Residenz in Karlsruhe; Schloß Hohenzollern für die Großherzogin Louise in deren berühmtes Album; eine Ansicht des Schlosses Gottlieben am Bodensee; Partien aus dem baierischen Hochgebirge; Ansicht des Heimgartengebirges u. a. m.

[210] Nekrolog Josef Moosbruggers von Friedrich Pecht, erschienen in der Constanzer Zeitung 1869.