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ADB:Raab, Johann Leonhard

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Artikel „Raab, Johann Leonhard“ von Hyacinth Holland in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 53 (1907), S. 181–182, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Raab,_Johann_Leonhard&oldid=- (Version vom 22. Dezember 2024, 03:12 Uhr UTC)
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Raab: Johann Leonhard R., Kupferstecher und Radirer, Akademieprofessor und Wirkl. Geh. Hofrath, geboren am 29. März 1825 zu Schwaningen (bei Ansbach), † am 2. April 1899 in München, erhielt seine Erziehung und Bildung in Nürnberg, auch die erste Anleitung zum Zeichnen an der dortigen Kunstschule bei Karl Meyer und Albert Reindel. An der Münchener Akademie machte er sich mit der Malerei bekannt, ebenso bei Samuel Amsler mit der Kupferstecherkunst, welcher R., abermals in Nürnberg, zwei Decennien hindurch mit größtem Fleiße oblag. Seine meist für Taschenbücher und Verlagsbuchhändler gearbeiteten kleinen Blätter bezeugten damals schon ein besonderes Augenmerk für malerische Wirkung und charakteristische Wiedergabe seiner Vorbilder. Größere Platten lieferte R. nach Karl Fr. Lessing (Luther verbrennt die Bulle; Anschlagung der Thesen: für den Kunstverein Hannover 1860 und 1864), Joseph Petzl (Novize), G. Flüggen (Morgenkuß der jungen Mutter; Weinprobe: für den A. Dürer-Verein in Nürnberg 1852), Vautier (Gericht vor dem Schullehrer: für den Kunstverein in Prag 1868 und P. Käser in Wien 1872), Arthur v. Ramberg (Erklärung), Becker (Stürmische Landschaft mit der Staffage eines auf seine Tochter gestützten blinden Bettlers; die brieflesenden Mädchen); Albert Kindler (die Verlassene auf dem Tanzboden) und die Porträts des Prinzen Albert von Gotha (für die Königin Victoria), Blumenbach, Alexander und Wilhelm v. Humboldt (für Breitkopf & Härtel in Leipzig), E. Kant (nach Döbler), Abt Haneberg (für Manz in Regensburg), Wilhelm v. Kaulbach, W. H. v. Riehl, Paul Heyse, R. Wagner, Geibel, Lübke u. A., wodurch R. einen so hervorragenden Namen gewann, daß er 1866 bei Julius Thäter’s Abgang als dessen Nachfolger an die Münchener Akademie zum Professor der Kupferstichkunst berufen wurde. Hier organisirte R. freiwillig eine Antiken- und Naturclasse und vereinte eine Menge sehr verschiedenartiger Schüler, denen er, nach Piloty’s Vorgang, ihre Eigenart zur vollen Gestaltung ausbildete, darunter den Xylographen W. Hecht, die Radirer Peter Halm, Karl Rauscher, Joh. Fr. Deininger, Wilh. Schmidt, Karl Stauffer Bern. (Vgl. den schönen Artikel von J. Krsujavi über R. und seine Schüler in Lützow’s Zeitschrift 1880, XV, 111 ff.) Mit ihnen trat des Meisters eigene Tochter, die mit und neben ihrem Vater in höchster Genialität die Radirnadel meisternde Doris Raab (geboren am 19. October 1851 zu Nürnberg; vgl. Apell, Handbuch 1880, S. 344, und Fr. v. Bötticher 1898, II, 338) als selbstständige Künstlerin in [182] den Vordergrund. – In München entstanden Raab’s Stiche nach Feuerbach („Pietà“ in der Schack-Galerie, Kaulbach („Goethe’s Frauengestalten“: Lotte den Geschwistern Brot schneidend; Leonore; Goethe am Hof zu Weimar; Dorothea und die Auswanderer), Pecht (Clavigo, Heinrich VIII. und Anna Boleyn: für Bruckmann), insbesondere aber die fünfzig Blätter nach „Meisterwerken der Alten Pinakothek“ (München bei P. Kaeser, mit Text von Fr. von Reber), welche durch die feinempfundene Reproduction der so verschieden gearteten Originale (wie Holbein, Dürer, Roger van der Weyden, Rubens, van Dyck, Tizian, Paolo Veronese, Rembrandt, Tenier, Tiepolo u. A.) hohen Beifall fanden. (Vgl. Krsujavi in Lützow’s „Zeitschrift“ 1882, XVII, 321; Fr. Pecht in Beil. 57 der Allgem. Zeitung, 26. Februar 1884 und Nr. 9 der Münchener Neueste Nachrichten, 6. Januar 1889.) Zwei Blätter nach Raphael Santi („Madonna Tempi“ und „di Foligno“) fertigte R. 1875 und 1880 (für Bruckmann). Einförmiger, aber immerhin durch ihre packende Wahrheit anziehend, erscheinen die Bildnisse seiner „Zeitgenossen“ (Lenbach, Karl Piloty, Wagmüller, Josef Knabl, Franz Adam, Kaspar Zumbusch, Gottfried Neureuther und Defregger), welche R. unmittelbar nach dem Leben (für Jos. Maillinger’s Verlag) radirte. Nachdem der Meister ein Vierteljahrhundert an der Akademie gewaltet hatte, veranstalteten ihm seine dankbaren Schüler (1894) eine brillante Feier, voll Witz, Laune, Geist und rührender Ehrung. Dann trat R. 1895 mit dem Titel eines kgl. Geheimen Hofraths in die wohlverdiente Ruhe. Nun miethete R. gleichzeitig drei, seinen Freunden nahe liegende Ateliers, griff zu Pinsel und Palette, um lebensgroße Brustbilder zu malen, darunter auch ein Bildniß des Prinzen Ludwig, bis ihm die nur zu fühlbare Schwere des Alters auch diese stille Freude verleidete. Zahlreiche Auszeichnungen waren ihm zu Theil geworden: der Orden vom hl. Michael I. Classe, der italienische Kronenorden, die Ehrenmitgliedschaft der Akademien in Berlin, Wien, Brüssel, Antwerpen und München, goldene Medaillen von den Ausstellungen in Nürnberg, München, Wien, Berlin, Paris, Madrid, ein Ehrendiplom von London u. s. w. R. war zwei Mal verheirathet, mit Anna Elisabeth Sonnenleiter in Nürnberg, welcher Ehe drei Töchter entsprossen, und 1865 mit Babette Größmeyer. – Zu seinen kleineren Blättern zählen auch ein Stich nach Schwanthaler’s Kaiser Rudolf von Habsburg-Statue im Dom zu Speier; C. Verheydens traubennaschendem „Bauernmädchen“; Claus Mayer’s „Holländisches Interieur“; Toby Rosenthal’s „In der Tanzstunde unserer Großmutter“ u. v. A.

Vgl. Maillinger, Bilderchronik 1876, III, 934–67 und 1886, IV, 2744–53. – Hoff, Ludwig Richter, 1877, S. 467. – Apell, Handbuch, 1880, S. 344. – Pecht, Geschichte d. Münchener Kunst, 1888, S. 268. – Laurenz Müllner, Literarische u. kunstkritische Studien, 1895. – Fr. von Bötticher 1898, II, 340. – Das geistige Deutschland 1898, I, 540. – Nr. 94 der Allgem. Zeitung v. 5. April 1899. – Nr. 2913 d. Illustr. Zeitung, Lpz., 27. April 1899. – Kunst f. Alle, 1. Mai 1899, S. 236. – Kunstvereinsbericht f. 1899, S. 78. – Bettelheim, Jahrbuch IV, 162.