ADB:Stelzhamer, Franz

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Artikel „Stelzhamer, Franz“ von Anton Schlossar in: Allgemeine Deutsche Biographie, herausgegeben von der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der Wissenschaften, Band 36 (1893), S. 37–39, Digitale Volltext-Ausgabe in Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=ADB:Stelzhamer,_Franz&oldid=- (Version vom 19. April 2024, 20:07 Uhr UTC)
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Stelzhamer: Franz St., österreichischer Dialektdichter, wurde am 29. Nov. 1802 in dem oberösterr. Dorfe Großpiesenham als Sohn eines Landmannes geboren, und erhielt, nachdem er eine Dorfschule besucht hatte, von 1816 an seine weitere Ausbildung an dem Gymnasium und Lyceum zu Salzburg bis 1824, während welcher Zeit er ein Jahr auch in Graz studirte. Er wandte sich hierauf der Rechtswissenschaft zu, welche er von 1824 an wieder in Graz betrieb und in Wien absolvirte. Schon damals mit poetischen Arbeiten beschäftigt und von innerer Unruhe getrieben verwarf er jedoch den Gedanken praktischer Jurist zu werden und trat zunächst als Erzieher in verschiedenen angesehenen Häusern in Reindorf bei Wien, in Bielitz und 1832 in einem Institute zu Wien auf. Zu derselben Zeit hegte er den Gedanken Maler zu werden und besuchte wirklich die Akademie, doch fehlten ihm die Mittel zur Fortführung seines Planes. Dem Wunsche seines Vaters nachgebend entschloß er sich doch noch das Studium der Theologie in Linz zu beginnen, eine freisinnige Antwort bei der Prüfung und eine Rüge für dieselbe veranlaßte ihn auch dieser Wissenschaft den Rücken zu kehren. Es beginnt nun ein unstetes Wanderleben Stelzhamer’s, er trat in Passau bei einer Wandertruppe von Schauspielern ein unter der Direction eines ehemaligen Studienfreundes Bechtold und als dieser zahlungsunfähig wurde, begab sich St. wieder nach Oberösterreich, zunächst nach Schärding und in das Kloster Reichersberg, wo er versuchte Subscribenten für die Drucklegung seiner inzwischen entstandenen und schon bekannt gewordenen volksthümlichen Lieder zu sammeln. Nach mannichfaltigen Kreuz- und Querzügen gelang es ihm für seine „Lieder in obderennsscher Mundart“ in Wien einen Verleger zu finden und die Sammlung erschien daselbst im J. 1837. Von da an hielt er in Wien Vorträge seiner Poesien, die großen Anklang fanden und verkehrte in den hervorragendsten [38] litterarischen Kreisen der Residenz insbesondere mit Grillparzer, Lenau, Bauernfeld, Castelli, Anastasius Grün, Ad. Stifter, beschäftigte sich auch als Mitarbeiter an der „Wiener Zeitschrift“, am „Humorist“ an der „Theater-Zeitung“ u. s. w. Von 1842 an dehnte er seine poetischen Vorlesungen weiter aus, indem er in Oberösterreich, Salzburg und Baiern zum Zwecke derselben umherreiste[WS 1] und in der That insbesondere in Linz, Salzburg und München, doch auch in kleineren Städten und Orten außerordentlichen Beifall fand, so daß er sogar die höchsten Persönlichkeiten als Zuhörer vor sich sah. Er kehrte öfter nach Wien zurück, blieb jedoch nie lange und setzte seine Vortragsreisen bis 1844 fort. Im J. 1845 vermählte sich St. in Linz und wählte sodann Ried zu seinem bleibenden Aufenthaltsorte, woselbst er vorwiegend litterarisch thätig war und von wo aus er insbesondere einige Novellensammlungen veröffentlichte. Das J. 1848 veranlaßte auch St. zur Veröffentlichung einiger politischer Lieder, die er in der Mundart abfaßte. Es wurden ihm, der nun schon für eine litterarische Größe galt, nicht lange darauf mancherlei Ehren und Auszeichnungen zu theil. Schon 1848 beauftragte ihn der Unterrichtsminister mit der Abfassung eines „Schul-Lesebuches“, das aber durch einen Zufall nicht zum Drucke gelangte; Herzog Max in Baiern und der Kaiser von Oesterreich zeichneten ihn durch goldene Medaillen aus und als er 1852 nach München und Stuttgart reiste und wieder daselbst und an verschiedenen anderen Orten Vorträge aller Art abhielt, wurde er vielfach gefeiert und überall höchst ehrenvoll aufgenommen.

Ein schwerer Schlag, von dem er sich lange nicht erholen konnte, war der Verlust seiner geliebten Gattin, welche in Salzburg, wohin St. übersiedelt war, im J. 1856 starb. Er beschäftigte sich von da an mit litterarischen Arbeiten, lebte jedoch unstät in Linz, in Braunau, in Salzburg etc. Auch einige Schauspiele verfaßte St. zu jener Zeit, welche jedoch keinen besonderen Anklang fanden. Als im J. 1862 sein sechzigster Geburtstag gefeiert wurde, bot ihm der oberösterreichische Landesausschuß eine Jahressubvention, auch erhielt er später 1864 von Seite des Staates ein Künstlerstipendium und genoß bis zu seinem Lebensende diese ihn vor Noth und Mangel schützenden Bezüge. Im J. 1868 vermählte sich St. zum zweitenmale und lebte nun in Henndorf unfern Salzburg. Im J. 1871 unternahm er wieder einige Vortragsreisen nach Gmunden, Wien, Linz und Salzburg. Noch sollte er die glänzende Feier seines siebzigsten Geburtstages in Vöcklabruck 1872 erleben, wobei ihm von nah und fern zahlreiche Ehrengeschenke, darunter auch eine bedeutende Gabe in Werthpapieren zukamen. Einige Reisen, die er darnach unternahm, führten ihn 1873 nach Wien und Salzburg sowie nach Graz, wo er mit Rosegger, dem späteren Herausgeber seiner Werke bekannt und befreundet wurde. Im Mai 1874 aber kehrte er von einer Fahrt nach Salzburg leidend zurück und mußte das Bett hüten, das er nicht mehr lebend verlassen sollte, denn am 14. Juli 1874 schloß er zu Henndorf für immer seine Augen. Ein glänzender Leichenzug, an welchem Deputationen der ersten Schriftstellervereine Oesterreichs theilnahmen und dem auch die Bevölkerung in Menge beiwohnte, zeigte die Verehrung, welche man dem Dichter St. zollte, der weit über seine engere Heimath hinaus durch seine Werke so volksthümlich geworden, wie wenige Dialektpoeten in Oesterreich. Auch der Wittwe Stelzhamer’s wurde vom Lande Oberösterreich eine lebenslängliche Pension geboten.

Es ist schon oben angeführt worden, daß Stelzhamer’s erste Sammlung mundartlicher Lieder 1837 erschien, ihr folgten 1841 „Neue Gesänge“ und 1844 „Neue Gedichte“. Eine 4. Sammlung erschien 1868. Von den übrigen Poesien sind noch zu nennen die „Politischen Volkslieder“ (1848) und die vortreffliche größere Dichtung „D’Ahnl“ (1851). Hochdeutsche Gedichte gab St. unter dem [39] Titel „Gedichte“ (1855) und „Liebesgürtel“ (2. Ausgabe 1876) heraus. Durch die erwähnten Lieder in der Mundart des oberösterreichischen Volkes hat sich St. einen Ehrenplatz unter den Poeten auf diesem Gebiete gesichert, insbesondere die älteren dieser Lieder sind gewissermaßen dem Volke, unter dem er ja immer gelebt und gewirkt hat, abgelauscht. Wir finden in diesen Versen, welche getreu im heimischen Dialekt gegeben sind, Gestalten und Zustände der Heimath geschildert, das Leben und Treiben und insbesondere auch das Lieben des echten oberösterreichischen Bauers besungen und in drastischer Weise dem Leser vorgeführt. Ein tiefes Heimathsgefühl durchzieht viele dieser Gesänge, in denen er auch öfter seiner geliebten Mutter (z. B. im Gedichte: „Mein Müederl“) gedenkt. Eigenartige Figuren, wie sie auf dem Dorfe vorzukommen pflegen, weiß der Dichter in heiterer Weise zu schildern und manches Lied, welches die schöne Natur seiner Heimath preist, anzustimmen. „Tanzln“, „Gsangln“, „Fenstagsangln“ sind häufig dazwischen eingestreut und nicht wenige derselben zum wirklichen echten Volkslied geworden. Es muß dabei bemerkt werden, daß St. dort, wo er wirklich aus dem Leben des Volkes selbst seine Stoffe wählt, echte Meisterschaft bekundet, den Ton anderer Gesellschaftskreise in mundartlichen Versen jedoch weniger zu treffen weiß, wozu freilich die dialektische Behandlung überhaupt nicht paßt. Ein schönes Dorfidyll in Hexametern, welche St. auch in der Mundart geschickt handhabt, bietet das größere Gedicht: „D’Ahnl“, welches mit einem orginellen „Hoazatgsang“ (Hochzeitsgesang) schließt. – Adalbert Stifter, ein begeisterter Verehrer von Stelzhamer’s Dichtungen, weist auf den Zauber hin, den diese Gesänge „in ihrer Originalität, Gesundheit und Frische und in ihrer oft erhabenen Schönheit der Empfindungen“ ausüben, „die Empfindungen sind die einfachen und starken des Landmannes und des ungebildeten aber naturtreuen Volkes: Heimathliebe, Elternliebe, Anschauungen des Naturlebens, Scherz und Spiel, Lustigkeit und kecke Schalkheit“. Auch die meisterhaft hervortretende „Komik und gemüthreiche Selbstironie mancher Schwächen seiner Landsleute“ bei St. hebt Stifter hervor. – Die hochdeutschen Gedichte des Poeten sind mitunter überaus schwungvoll und reich an Schönheiten, entbehren aber der Originalität und machen mitunter den Eindruck des Gekünstelten. – Auch mehrere Arbeiten auf novellistischem Gebiet hat St. herausgegeben; so: „Prosa“ (3 Bände, 1845), „Heimgarten“ (2 Bände, 1847), „Jugend-Novellen“ (2 Bdchn., 1854) und manches andere. Als Novellist zählt der Dichter zu den besseren österreichischen Erzählern, ohne jedoch die besten derselben zu erreichen, auch auf diesem Gebiete gelingen ihm am besten jene Stücke, welche ländlichem Leben seiner Heimath näher stehen, auch hier weiß er oft kräftigen Humor zu entwickeln. Zu einer Gesammtausgabe der Werke Stelzhamer’s, die er selbst bei Lebzeiten plante, kam es nicht, doch hat P. K. Rosegger in pietätvoller Weise „Franz Stelzhamer’s ausgewählte Dichtungen“ (4 Bde., Wien 1884) in hübscher Auswahl, welche auch die hochdeutschen Werke berücksichtigt, herausgegeben.

Joh. Engl, Franz Stelzhamer, Wien 1874. Darnach ein Auszug in der erwähnten Ausgabe der ausgewählten Dichtungen IV, ebenso bei Wurzbach, Biogr. Lex. XXXVIII. – Vgl. auch Brümmer, Lex. deutscher Dichter des 19. Jahrh. – Franz Stelzhamer im 5. Jahresber. der k. k. Oberrealschule zu Salzburg, 1872. – Kurz, Gesch. der deutschen Litt. IV. – Gottschall, Deutsche National-Litt. – Die Conversationslexika von Brockhaus, Meyer etc.

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: umherherreiste