BLKÖ:Bulyovszky, Lilla

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Bulyovszky, Julius
Band: 2 (1857), ab Seite: 202. (Quelle)
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Bulyovszky, Lilla (dramatische Künstlerin, geb. zu Klausenburg 25. Mai 1834). Frau des Vorigen. Sie ist eine Tochter des verdienstvollen alten Paul Szilágyi und, aufgewachsen an der Seite des als darstellender Künstler ausgezeichneten Vaters, hat sie schon im zarten Alter, als sie Kinderrollen spielte, auffallende Beweise von ihrem Berufe gegeben. Ihr Lieblingsdichter war Csokonai, dessen Gedichte sie in der Mehrzahl auswendig wußte und für den ihre Neigung aus dem Umstande erwachte, [203] daß Csokonai’s Geliebte, die er so innig in seinem „Tavasz“, d. i. Frühling besingt, gleich ihr Lilla hieß. Später als sie sich für die Bühne zu bilden begann, nahm sie sich Frau Lendvai zum Vorbild, deren Spiel ihr Gemüth und ihre Phantasie am meisten fesselte. Durch ein Augenübel längere Zeit mit Blindheit bedroht, blieb sie anfänglich in ihrer Ausbildung zurück. Doch als sie die Rollen selbst nicht lesen konnte, ließ sie sich dieselben von andern vorlesen und lernte sie so. Im Lustspiel „Er muß auf’s Land“ zog sie als Pauline zuerst die Aufmerksamkeit der Journale auf sich. Bedeutendere Rollen erhielt sie erst unter den Directoren Ráday und Erdélyi (1847, 48, 49). Doch noch immer nahm ihr Talent keine bestimmte Richtung. Erst nach ihrer Vermälung mit Julius Bulyovszky, dem gewandten Kunstkritiker und unter dem Directorat des Grafen Leo Festetics und Johann Simontsits entfaltete sich ihr Talent in vollem Glanze in tragischen und jenen Rollen, wo tiefes Gefühl und Leidenschaften wirken. Die Rivalität mit der ausgezeichneten Ida Komlóssy und die Strenge der Urtheile des „Pesti Napló“, d. i. Pesther Journal, über ihr Spiel regten ihren Fleiß in Vollendung ihrer Ausbildung an. Ihr theatralisches Talent brach sich Bahn, und der große Tragiker unserer Zeit, Ira Aldridge fand in ihr die Verwandte seines Flammengeistes und spielte mit ihr vorzugsweise gern. – Frau B. hat auch von der Natur alle jene Vorzüge erhalten, welche die Siege im Tempel Thaliens fördern. Ihr Spiel bezeichnet die Kritik als wahr, voll Adel, in allen Theilen vollkommen. Sie faßt den Geist ihrer Rolle treu und mit psychologischer Kenntniß auf und gibt ihn mit dem richtigen Ausdruck selbst in den kleinsten Schattirungen fein nuancirend wieder. Ihr Vortrag ist präcis, natürlich, frei von allem falschen Pathos, jedes Wort, jede Sylbe spricht sie rein und verständlich aus, und fehlt nie gegen die Regeln der Aussprache, so daß der ungarische Sprachklang auf ihren Lippen zur bezaubernden Musik wird. Ihre Gliederbewegung ist sicher, ihre Mimik lebhaft. Ihr classisches Repertoir bilden die edelsten Frauencharaktere der Shakespear’schen Tragödien: Julie, in „Romeo und Julie“, Desdemona, Ophelia, Jessika, Lady Anna in „Richard III.“ und Schillers „Jungfrau von Orleans“. Sie ist auch als Schriftstellerin bekannt, und hat sich durch ihre Original- und Uebersetzungswerke einen guten Namen in der magyarischen Literatur erworben. Für die Bühne hat sie bereits 20 Stücke übersetzt. Ihre Novellen erschienen unter dem Titel: „Bulyovszky Lilla novellái. I.–II. kötet“, d. i. Novellen der Lilla Bulyovszky. 2 Bde. Eigenthum der Verfasserin (Pesth 1855, Druck von Gustav Emich). Französische Leichtigkeit, Glätte, Menschen- und Lebenskenntniß und ein interessanter Vortrag sind die charakteristischen Merkmale.[BN 1]

Vahot (Imre), A nagy világ képekben, d. i. Emerich Vahot, Die große Welt in Bildern. 2. u. 3. Heft. S. 222. – Magyar irók. Életrajz-gyüjtemény. Gyüjték Ferenczy Jakab és Danielik József, d. i. Ung. Schriftsteller. Sammlung von Lebensbeschreibungen. Von Jakob Ferenczy und Jos. Danielik (Pesth 1856, Gust. Emich) S. 68 [geben das Jahr 1833 als ihr Geburtsjahr an].[BN 2][BN 3]

Berichtigungen und Nachträge

  1. E Bulyovszky, Lilla [s. d. Bd. II, S. 202]. Frau Bulyovszky, welche bisher eines der beliebtesten und besten Mitglieder der Pesther Nationalbühne war, fand diesen Wirkungskreis zu beschränkt und fühlte sich einer höheren Aufgabe gewachsen. Insbesondere aber waren es die Angriffe des ungarischen Kritikers Gyulai, welche dieses Vorhaben in ihr schneller reifen ließen als vermuthet wurde. Wie einst Dawison die Lemberger polnische Bühne, zu deren Zierden er zählte, verließ, so vertauschte Frau Bulyovszky das ungarische Nationaltheater mit dem deutschen. Alle Hindernisse muthig besiegend und insbesondere gegen die Fremdartigkeit ihrer deutschen Sprache, aber doch nicht mit ganzem Erfolge ankämpfend, und durch den Unterricht der Schröder so zu sagen gefeit, spielte sie auf deutschen Bühnen und wie alle Nachrichten lauten, mit entschiedenem Erfolge Rollen, wie Maria Stuart, Sappho u. A. Auch gelang es ihr auf dem Wiener Burgtheater einige Gastrollen zu geben, welche jedoch das mehrseitig erwartete Engagement nicht zur Folge hatten. In den letzteren Jahren trat sie auf mehreren deutschen Stadt- und Hoftheatern, unter anderen auch auf jenem von Weimar mit günstigem Erfolge auf. In jüngster Zeit, Juni 1863, wie die Journale berichten, ist sie an den heimischen Herd zurückgekehrt und von ihren Landsleuten, welche sie die „ungarische Rachel“ nennen, mit Begeisterung wieder aufgenommen worden. Alexander Dumas machte sie zum Gegenstande einer kleinen Novellette, welche von Louis Heilbuth in’s Deutsche übersetzt, in der „Ost-Deutschen Post“ (1860, Nr. 356 u. f.) erschienen ist. Ihren Kunstausflug beschrieb sie in einem Buche, welches auch deutschen Lesern unter dem Titel: „Mein Reisetagebuch“ (Pesth 1858, Emich) zugänglich gemacht worden ist.
    Morgenblatt der Bayerischen Zeitung (München, 4°.) 1863, Nr. 154 u. 155: „Lilla von Bulyovszky“. – Waldheim’s illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) 1863, Nr. 84, S. 1004 [mit ihrem wohlgetroffenen, nach einer Photographie ausgeführten Holzschnitt-Porträte]. – Europa, herausgegeben von Gustav Kühne, 1859, Nr. 5, S. 180. – Pester Lloyd 1858, Nr. 40; 1860, Nr. 164. – Iris (Gratzer Muster- und Modeblatt) 1857, Bd. III, Lieferung 12. – [377] Das Vaterland (Wiener polit. Blatt) 1861, Nr. 67. – Neueste Nachrichten (Wiener polit. Blatt) 1861, Nr. 85. – A nagy világ képekben, d. i. Die große Welt in Bildern, herausgegeben von Heinrich Vahot (Pesth 1855, 4°.) S. 222 [mit schlechtem Holzschnitt]. – Wiener Zeitung 1863, Nr. 143 Abendblatt. [Band 11, S. 376 f.]
  2. E Bulyovszky, Lilla [Bd. II, S. 202].
    Ungarische Nachrichten (Pesther polit. Blatt, gr. Fol.) 1863, Nr. 144, im Feuilleton. – Wiener Theater-Chronik, VI. Jahrg. (1864), Nr. 41: „Gastspiel der Frau v. B. in München“. – Waldheim’s Illustrirte Zeitung (Wien, kl. Fol.) II. Bd. (1863), S. 1004. – Fremden-Blatt. Von Gust Heine (Wien, 4°.) 1865, Nr. 146, 243, unter den „Kunstnotizen“. – Selar’s Theaterblatt 1863, Nr. 20: „An Lilla Bulyovsky“. – Az ország tükre, d. i. Der Reichsspiegel (Pesth, gr. 4°.) 1863, Nr. 18, S. 210. [Band 23, S. 368]
  3. E Bulyovszky, Lilla [Bd. II, S. 202; Bd. XXIII, S. 368].
    Illustrirte Zeitung (Leipzig, J. J. Weber), XXXII. Bd. (1859), Nr. 824, S. 255: „Lilla von Bulyovszky, geb. v. Szilagyi“ [mit Bildniß auf S. 256]. [Band 28, S. 327]