BLKÖ:Kucharz, Johann Baptist

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Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
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Kuczera
Band: 13 (1865), ab Seite: 295. (Quelle)
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Kucharz, Johann Baptist (Tonsetzer und Orgelspieler, geb. zu Chotecz in Böhmen 5. März 1751, gest. zu Prag 18. Februar 1829). Erscheint auch öfter irrig mit dem Taufnamen Joseph und in čechischer Schreibweise, welche den Buchstaben z wegläßt und über dem r ein Dächelchen ř setzt, nämlich Kuchař. Johann Baptist ist der Sohn eines Landmannes; die Schule besuchte er in dem seinem Geburtsorte nahe gelegenen Mlazovic, wo er mit dem Unterrichte in den Elementar-Gegenständen auch jenen aus der Musik erhielt. Dann ging er nach Königgrätz, wo er das Jesuiten-Gymnasium besuchte und zugleich das Orgelspiel erlernte. Von dort kam er als Orgelspieler an das Jesuiten-Seminar in Gitschin, wo er aber zugleich die Humanitätsclassen beendete. Schon um jene Zeit begann er zu componiren. Bald aber von dem Drange, sich weiter auszubilden, getrieben und von der Ueberzeugung beseelt, daß es auf dem Gebiete der Kunst noch manches zu leisten gebe, wovon er bisher nur dunkle Ahnungen besaß, während er nach Ueberzeugung lechzte, begab er sich nach Prag, wo schon der erste Besuch der Kreuzherrnkirche, an welcher damals der berühmte Seeger[1] Organist war, ihn überzeugte, daß seine Ahnung nur zu sehr Wirklichkeit und er im Orgelspiele noch viel, sehr viel zu lernen habe. Den Bemühungen eines mit Seeger innig befreundeten Verwandten gelang es, daß er ein Schüler desselben wurde, bei dem er auch mehrere Jahren lernte. Zugleich beendete er die philosophischen Studien und beschloß nun, sich nunmehr ausschließlich der Musik zu widmen; die besten Meister, Fux, Bach, Marpurger[WS 1] u. A. hatte er fleißig studirt, bei Seeger hatte er viel gelernt und so ausgerüstet betrat er die musikalische Laufbahn. Zuerst wurde er Organist an der Heinrichskirche in Prag, zugleich aber ertheilte er Musikunterricht, [296] und da er ein gewissenhafter und tüchtiger Lehrer war, fehlte es ihm nicht an Schülern. Schon im Jahre 1790 kam er als Organist an die Prämonstratenserstifts- und Pfarrkirche auf dem Strahow und im folgenden Jahre wurde er, indem er jedoch die frühere Stelle behielt, Capellmeister des Opern-Orchesters in Prag. Diese beiden Posten versah er Zeitlebens, stets bemüht, den Anforderungen der Kunst, die er liebte, in einer der Zeit und ihrem Fortschritte entsprechenden Weise gerecht zu werden. Wie er einerseits die Werke der älteren großen Geister einstudiren ließ, sie in einer dieselben ehrenden Weise voll Verständniß und Weihe den Pragern vorführte und so den Sinn für classische Musik stets rege zu erhalten verstand, so war er andererseits ein genauer Kenner der neueren Arbeiten und wählte stets mit feinem Kennerblicke nicht das nur Lebensfähige, sondern das Edlere, Höhere, den Anforderungen der wahren Kunst Genügende. Im freundschaftlichen Verkehre mit Haydn, Mozart, Abbé Vogler, Neumann[WS 2] u. A. galt er in der Musikweit als eine Autorität, als welche zu gelten ihn ebenso seine meisterhafte Behandlung der Orgel, wie seine Compositionen, welche stets von gutem Geschmacke zeigen, berechtigen. Als Orgelspieler erfreute er sich eines europäischen Rufes; aber auch die Harmonika und Mandoline spielte er mit Meisterschaft. Von seinen zahlreichen Compositionen, von denen nur sehr weniges gedruckt ist, sind anzuführen: „Zwei Concerte für die Orgel“; – „Mehrere Sonaten für das Pianoforte zu zwei und vier Händen“; – „Präambulen, Fantasien, Toccaten und Deducationen für die Orgel“; – „O salutaris Hostia“, mit concertirender Orgel für den Strahower Kirchenchor; – „Cantate zu Ehren des Abtes Milo Grün“ (1807); – „Opfer der Freundschaft. Cantate“ (1808); – „Das Opfer kindlicher Liebe. Cantate“ (1808); – verschiedene Stücke für die Harmonika und Mandoline. Auch übertrug er Mozart’s ursprünglich in italienischer Sprache geschriebene Opern: Figaro, Don Giovanni, Cosi fan tutti, Clemenza di Tito, in’s Deutsche und machte ganz vorzügliche Clavier-Auszüge derselben, wodurch er einigermaßen zu ihrer Verbreitung beitrug, und 1749 schrieb er zur Zauberflöte die Recitative.

(Hormayr’s) Archiv für Geschichte, Statistik, Literatur und Kunst (Wien, 4°.) XVI. Jahrg. (1825), Nr. 10, S. 51, im Aufsatze J. A. v. Rittersberg’s: „Die Tonkunst in Böhmen“. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. III, S. 303. – Slovník naučný. Redaktor Dr. Frant. Lad. Rieger, d. i. Conversations-Lexikon. Redigirt von Dr. Franz Ladisl. Rieger (Prag 1859, Kober, Lex. 8°.) Bd. IV, S. 1043. – Dalibor (Prager musikalisches Blatt in čechischer Sprache), herausg. von Emanuel Melis, 1862, Nr. 34, S. 267. – Neues Universal-Lexikon der Tonkunst. Angefangen von Dr. Julius Schladebach, fortgesetzt von Ed. Bernsdorf (Dresden 1857, Rob. Schäfer, gr. 8°.) Bd. II, S. 671. – Gerber (Ernst Ludwig), Neues historisch-biographisches Lexikon der Tonkünstler (Leipzig 1813, Kühnel, gr. 8°.) Bd. III, Sp. 137. – Gaßner (F. S. Dr.), Universal-Lexikon der Tonkunst. Neue Handausgabe in einem Bande (Stuttgart 1849, Frz. Köhler, Lex. 8°.) S. 513. – Dlabacz (Gottfr. Joh.), Allgemeines historisches Künstler-Lexikon für Böhmen ... (Prag 1815, G. Haase, 4°.) Bd. II, Sp. 148. – Ein Porträt K.’s, das aber nie in die Oeffentlichkeit kam, besitzt der Prager Chormeister Kolesovsky.

  1. Seeger erscheint oft als Segert und Zegert, letzteres in čechischer Schreibweise; ganz irrig aber ist es, wenn ihn Rittersberg in Hormayr’s „Archiv“ (1825, S. 51) Fegert nennt.

Anmerkungen (Wikisource)