BLKÖ:Prehauser, Gottfried

aus Wikisource, der freien Quellensammlung
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich
korrigiert
<<<Vorheriger
Prediger, Joseph
Nächster>>>
Preidt, Georg
Band: 23 (1872), ab Seite: 246. (Quelle)
[[| bei Wikisource]]
Gottfried Prehauser in der Wikipedia
Gottfried Prehauser in Wikidata
GND-Eintrag: 100232000, SeeAlso
Dieser Text wurde anhand der angegebenen Quelle einmal Korrektur gelesen. Die Schreibweise sollte dem Originaltext folgen. Es ist noch ein weiterer Korrekturdurchgang nötig.
Linkvorlage für Wikipedia 
* {{BLKÖ|Prehauser, Gottfried|23|246|}}

Prehauser, Gottfried (Schauspieler und Volksschriftsteller, geb. zu Wien im sogenannten Dreilauferhause am Kohlmarkt 8. October 1699, gest. daselbst 29. Jänner 1769). War der Sohn des Hausmeisters im Hause des Grafen Taroucca, welches der Prinz Eugen von Savoyen häufig zu besuchen pflegte. Der Prinz sah bei dieser Gelegenheit den Knaben mehrere Male, und dessen munteres Wesen gefiel ihm in solchem Grade, daß er ihn mit sich nahm und zu seinem Feldpagen machte. Als solcher wohnte P., kaum den Knabenjahren entwachsen, dem Feldzuge in Ungarn bei, machte bei dieser Gelegenheit die Bekanntschaft eines Italieners, der ihn oft mit in’s Theater nahm und dadurch in P. die Liebe zum Schauspielerstande weckte. Als er 1716 aus dem Feldzuge nach Wien zurückgekehrt war, lernte er die beiden, zu jener Zeit renommirten Schauspieler Gründler und Tilly kennen, erzeigte ihnen manche Dienste und erhielt dafür die Vergünstigung, täglich hinter der Scene zusehen zu dürfen. Eine deutsche Truppe, die ein Italiener auf einem Jahrmarkte zusammenwarb und welche dann in der Vorstadt spielte, nahm ihn als Mitglied auf; er debütirte als Don Philipp im „Steinernen Gastmahl“ und wurde als der Beste der ganzen Gesellschaft anerkannt. Nachdem er hier und bei einem Marionettenspieler eine Zeit lang ausgehalten hatte, engagirte er sich bei einer wandernden Principalin, der Frau Feldin, trieb mit ihr in einigen kleinen Landstädten sein Wesen, erlangte dann in Böhmen und Mähren unter den Prinzipalen Markus und Brunius eine bessere schauspielerische Ausbildung und kam endlich nach Salzburg, wo er sich seit 1720 unter dem Prinzipal Hilferding [247] mit vielem Glücke dem Berufe des damals so beliebten Hanswurstes hingab und die verwitwete Schauspielerin Maria Anna Schulzin heirathete. Als die Gesellschaft von Salzburg nach Breslau ging, folgte er ihr dorthin und später nach Neisse. Nachdem sich die Gesellschaft hier aufgelöst, vereinigte P. sich mit einem gewissen Geißler und führte mit ihm im Jahre 1722 eine kleine Gesellschaft nach Olmütz und Brünn. Bald darauf trennte er sich jedoch von Geißler, um mit einer eigenen Truppe umherzuziehen, vereinigte sich dann wieder mit diesem, besuchte Linz, Passau, Regensburg und Sulzbach, übernahm aber, weil er es mit einem Compagnon zu keinem Gewinne brachte, abermals eine eigene Gesellschaft, die er nach Ulm, Augsburg, Eichstädt u. s. w. führte. Der Tod seiner Gattin und der Abgang einiger Mitglieder schwächten seine Truppe. Mit dem Reste der letzteren ging P. nach Steyer und vereinigte sich hier mit einer anderen Gesellschaft, deren Prinzipalin eine Witwe mit Namen Steinmetz (in) war. 1725 wurde er von dem berühmtesten Darsteller der Hanswurstrollen, dem Theaterunternehmer Stranitzky, nach Wien gerufen oder, wie Andere erzählen, von dem Prinzen Eugen von Savoyen mit einem Empfehlungsbriefe an Stranitzky nach Wien gesandt, welcher P. in seine Gesellschaft aufnahm. Hier verheirathete sich P. zum zweiten Male, und zwar mit der Witwe Hilferding’s, und übernahm einstweilen die zweiten komischen Rollen, bis zwei Jahre später Stranitzky, alt und dem Tode nahe, ihm auf offener Bühne den Momusstab der Pritsche und die weitere Mission des Hanswurstes feierlich vor dem Publicum übergab. Die Art und Weise dieser Uebergabe erfolgte in genug drastischer Weise. Eines Tages, es war am 26. August 1725, trat Stranitzky nach Beendigung des Schauspieles mit der Frage vor die Zuschauer, ob sie wohl einem alten Manne, der sie durch eine so lange Reihe von Jahren unterhalten, eine Bitte gewähren wollten. Auf ein fast einstimmiges lautes „Ja“ des Publicums führte Stranitzky nun Prehauser, welchem bis dahin die Zuschauer nur wenig Beifall und Aufmerksamkeit geschenkt hatten, vor und sagte: „Hier, meine Herren, empfehle ich Ihnen diesen jungen Mann, dulden Sie ihn, da mich mein Alter schwächt; ich finde keinen Fähigeren, meinen Platz zu ersetzen“. Eine tiefe Stille folgte diesen Worten. Prehauser aber ergriff diese Gelegenheit, warf sich vor dem Publicum auf beide Knie nieder und rief: „Meine Herren, ich bitte Sie um Gotteswillen, lachen Sie doch über mich.“ Diese Worte und besonders die höchst drollige Pantomime, die P. dabei machte, verfehlten ihre Wirkung nicht. Durch mehr als zwanzig Jahre behauptete sich P. in der höchsten Gunst des lachlustigen Publicums, bis sich der Schauspieler Joseph Felix v. Kurz 1748 dauernd nach Wien wandte und in der stehenden Rolle des „Bernardon“ dem „Hanswurst“ Concurrenz zu machen drohte. Indeß war P. klug genug, den Rivalen in einen Bundesgenossen zu verwandeln; er richtete es so ein, daß in allen Stücken, in welchen er mitwirkte, Hanswurst und Bernardon gemeinschaftlich auftraten, einander in die Hände arbeiteten und ergänzten. Später. als die Kritik und zum Theil auch der Geschmack des Publicums sich gegen diese niedrige Komik auflehnten, fand P. eine neue Stütze in dem Stadtgerichtsbeisitzer Philipp Hafner[WS 1], der sich zwar die Miene gab, ein Gegner der extemporirenden Comödie [248] und des Hanswursttreibens zu sein, dennoch aber letzteres durch die Extravaganz seiner Possen begünstigte und für den ihm befreundeten P. die „pudelnärrischen Hanswurstträume“ verfaßte, welche dieser als Epiloge vorzutragen pflegte. Doch die Herrschaft der Pritsche hatte aufgehört; P. selbst konnte sich dieser Wahrnehmung nicht entziehen und stellte daher in den letzten Jahren seines Lebens seine Thätigkeit als Schauspieler ein. Aber auch als Invalide verlieh er vermöge der persönlichen Gunst, deren er sich in Wien erfreute, dem Hauswurst noch einen gewissen moralischen Rückhalt. Obgleich P.’s Rollenfach der grotesken Komik angehörte, scheint er doch in der Hauptfache wahr und naturgetreu gewesen zu sein, denn ein Zeitgenosse, welcher die damalige Wiener Bühne gegen die Vorwürfe Sonnenfels in Schutz nahm, sagte von P.: „Er bleibt immer unnachahmlich und sein Spiel stets ein treues Bild der Natur“. [Beilage zum „Wienerischen Diarium“ vom 3. August 1768: „Zweites Schreiben an den Verfasser der Briefe über die „Wienerische Schaubühne“ von (M. v. J.).] Der schriftstellerischen Thätigkeit P.’s gedenkt keine seiner bisher erschienenen Biographien. Die meisten seiner Schriften verfaßte er zu dem Zwecke, sie nach Art der heutigen „Postbüchel“ bei dem Jahreswechsel seinen Gönnern zuzusenden und dafür ein Geschenk von ihnen einzustreichen. Mehrere derselben sind mit seinem in Kupfer gestochenen Porträt geziert; er erscheint hier in ganzer Figur, in Hanswursttracht mit der Unterschrift: „Godofridus Prehauser. Inter Vienn. Comicos dictus Hanns Wurst“. Für besonders generöse Gönner ließ er sein Porträt coloriren. Von seinen Schriften, die, obgleich zum Theil ohne oder mit willkürlicher Angabe eines Druckortes, insgesammt in Wien gedruckt sind, führen wir folgende, die sich in der Bibliothek des Herrn Franz Haydinger [Bd. VIII, S. 107] befinden, an: „Lustig und zugleich lustiger Glieder-Krieg dess Menschlichen Leibb’s ein König oder Haupt zu erwählen. Von dem sogenannten und wohlbekannten Wienerischen Bauern Hanns Wurst. Gedruckt in diesem Jahr“; – „Kalender Practic, auf dieses neue Jahr verfasset von Hanns-Wurst auf jetzt und immerdar zum Scherz und Zeitvertreib der Gönner“ (am Schlusse des Buches unterzeichnet: „Euer Knecht Godofridus Prehauser“); – „O Nulla war der Schluss von meinem vorjährigen Neujahrs-Kalender, der heurige soll mit Nichts und doch allem anfangen“ (unterzeichnet: „Godofridus Prehauser“. Mit dem Chronogramm 1760 und dem erwähnten Porträt); – „Hanswurstlische Träume, allen gnädig hochgeneigten Gönnern der hiesigen deutschen Schauspiele zu einem Neuen Jahrs-Geschenke dargereicht von Johanne Wurstio. Im Kalenderjahre Eintausend, siebenhundert und so weiter“ (am Schlusse: „Euer treuester Knecht Gottfried Prehauser“. Mit Porträt); – „Zweites Dutzend Hanswurstischer Träume, den sämmtlichen gnädigen Gönnern der wienerischen deutschen Schaubühne zu einem pflichtmässigen Neujahrs-Opfer gewidmet von Hanss Edlen von der Wurst“ (gedruckt im Jahre 1000. 700. 4 und 60. Am Schlusse unterzeichnet: „Gottfried Prehauser“. Mit Porträt); – „Der Wienerische Hanswurst oder lustige Reysebeschreibung aus Salzburg in verschiedene Länder. Herausgegeben von Prehauser. Pintzkerthal“ (weil P. nach dem Muster Stranitzky’s, seines Vorgängers, die Rolle des Hanswurstes im salzburgischen Bauerndialekte zu sprechen pflegte. edirte er dieses ebenfalls in Wien gedruckte Buch, angeblich im „Pintzkerthal“, d. i. Pinzgauerthal). Außerdem soll auch Herr von Karajan [249] einige Prehauser’sche Schriften besitzen, die sich in der Haydinger’schen Bibliothek nicht befinden. Die k. k. Hofbibliothek besitzt einige Prehauser’sche Originalhandschriften.

Chronologie des deutschen Theaters (von Schmid) (Leipzig 1775), S. 50, 54, 175, 233, 282. – Allgemeines Theater-Lexikon ... herausgegeben von R. Blum, ]Herloßsohn, Marggraf u. A. (Altenburg und Leipzig 1842, kl. 8°.) Bd. VI, S. 122. – Wiener Abendpost, Jahrg. 1866, Nr. 90, 119, 125, 178: „Epochen des Theaterwesens in Wien“, von Hermann Meynert. – Wiener allgemeine Theater-Zeitung von ]A. Bäuerle (Wien 1820), XIII. Jahrg. Nr. 64: „Karl Stranitzky und Gottfried Prehauser“, von Korntheuer. – Thalia, Taschenbuch für 1824, S. 98. „Karl Stranitzky und Johann Prehauser“, von Korntheuer. – Frankl (Ludwig Aug.), Sonntagsblätter (Wien, gr. 8°.) II. Jahrg. (1843), S. 195: „Wiener Hanswurst“. – Wiener Local-Fresken von Franz Gräffer (Linz 1835): „Ein Auftritt mit den drei Hanswürsten“ Zwischen Stranitzky, Prehauser, Weiskern und Eckhoff]. – Wiener Courier (1856), Nr. 184, im Aufsatze: „Die ersten Theater in Wien“ [nach diesem geb. 8. November 1699, gest. 29. Jänner 1760]. – Oesterreichische Zeitung 1856, Nr. 409, im Feuilleton: „Zwei Wiener Komiker“ [welches auch den Brief des Prinzen Eugen Savoyen an Stranitzky anführt.] – Theater-Zeitung (1858), Nr. 64. – Wanderer 1864, Nr. 72, im Feuilleton: „Von der Straße“ [daselbst wird die Ursache der durch die Neuberin und Gottsched beschlossenen Verbannung des Hanswurstes von der deutschen Bühne zu Leipzig, 1737, in drastischer Weise erzählt. Diese aber besteht in nichts geringerem, als daß Prehauser seine Wäsche nicht mehr bei Frau Neuberin säubern lassen wollte!] – Breslauer Zeitung 1865, Nr. 39, in „Dritte Vorlesung des Herrn von Bequignolles“. – Wochenblatt für Karlsbad und die Umgebung (1868, 4°.) Nr. 9: „Prehauser“ [nach diesem ist Prehauser am 8. October 1699 geb. und am 29. Jänner 1769 gest.]. – Goedeke (Karl), Grundriß zur Geschichte der deutschen Dichtung. Aus den Quellen (Hannover 1859, L. Ellermann, 8°.) 1. Band, S. 540. – Realis, Curiositäten- und Memorabilien-Lexikon von Wien (Wien 1846, gr. 8°.) Bd. II, S. 256. – J. H. F. Müllers Abschied von der Bühne (Wien 1802, J. B. Wallishausser, 8°.) S. 63. – Oesterreichische National-Encyklopädie von Gräffer und Czikann (Wien 1835, 8°.) Bd. IV, S. 287 [nach dieser wäre P. um 1702 geboren und 1759 gestorben; beide Daten sind jedoch nicht richtig]. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abtheilung, Bd. IV, S. 840. – Porträte. Außer den bereits erwähnten, bei seinen Werken befindlichen, deren einzelne colorirt, aber alle ziemlich schlecht sind, sind keine anderen bekannt. – Urtheil eines Zeitgenossen über Prehauser. Joh. Heinr. Friedr. Müller, Schauspieler des Wiener Hoftheaters [Bd. XIX, S. 382, Nr. 40], sagt von P.: „Er war unstreitig einer der ersten komischen Schauspieler. Sein großes Talent hätte nicht nöthig gehabt, sich der Hanswurstjacke zu bedienen. Sein Spiel war ohne dieselbe ebenso vortrefflich. Sein ausdrucksvolles Gesicht erklärte Ausländern, welche das Deutsche nicht verstanden, den Inhalt seines Vortrages. Er blieb stets der Natur getreu. Wurde er genöthigt zu übertreiben oder zu parodiren, so geschah es mit Verstand und kluger Mäßigung. Er beobachtete alle Zeit eine richtige Vorbereitung. Die Intriguen der damaligen Burlesken verlangten oft, daß Hanswurst Kleidung und Mienen einer Person von Wichtigkeit annehmen mußte; in diesen Fällen übertrieb er zwar, aber auf die angenehmste und künstlichste Weise. Er erfüllte auf dem Theater seine Pflichten mit Pünktlichkeit. Man bemerkte vor seinem Ende die Jahre nicht, die ihn drückten; er trieb seine Kunst mit eben der Wirkung und eben dem Feuer als mancher jüngere Schauspieler. Sein Herz war redlich. Im Umgange seiner gewöhnlichsten Freunde sah man ihn munter und launig, im Kreise öffentlicher Gesellschaft gesetzt und ernsthaft.“

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Vorlage: Philipp Hasner.