BLKÖ:Schaller, Eduard
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 29 (1875), ab Seite: 94. (Quelle) | |||
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Anton [s. d. vorigen Artikel] und älterer Bruder des Bildhauers Ludwig [s. d. S. 102]. Die einfachen Verwandtschaftsverhältnisse der Künstlerfamilie Schaller sind aus nachstehendem Geschlechtstäfelchen ersichtlich:
Schaller, Eduard (Historienmaler, geb. zu Wien im Jahre 1802, gest. ebenda 2. Februar 1848). Ein Sohn des HistorienmalersSchaller, Weißdreher in der k. k. Porzellanfabrik. | ||||||||||
Johann Nepomuk [S. 98), Bildhauer, geb. zu Wien 30. März 1777, † ebenda 15., n. 21. 16. Februar 1842. |
Anton [S. 92), Maler, geb. zu Wien 1772, † ebenda 1844. | |||||||||
Eduard [S. 94), Maler, geb. zu Wien 1802, † ebenda 2. Februar 1848. |
Ludwig [S. 102), Bildhauer, geb. zu Wien 13. October 1804, † zu München 29. April 1865. |
Eduard Schaller erhielt den ersten Kunstunterricht von seinem Vater und an der Wiener k. k. Akademie der Künste, wo ihn engere Freundschaftsbande mit zwei anderen Kunstgenossen, mit Leopold Schulz und Heinrich Schwemminger, verbanden und er mit ihnen zu den besten Schülern der Akademie zählte. Die drei jungen Freunde schlossen im künstlerischen Wettstreite ein Bündniß unter einander, welchem zufolge sie sich gemeinschaftliche Aufgaben stellten, die sie dann im Wetteifer lösten. Es waren dieß historische Compositionen und der Stoff wurde größtentheils der griechischen und römischen Geschichte entnommen. Schaller’s Vater, Anton, selbst Historienmaler, beurtheilte die Arbeiten der jungen Concurrenten und erkannte der besten den Preis zu. Später gesellten sich diesem Bunde noch andere Mitschüler, wie z. B. Adam Brenner [Bd. II, S. 132], Gebhard Flatz [Bd. IV, S. 264), nicht Flotz, wie er in L. A. Frankl’s Kunstblatt 1848, Nr. 5, genannt ist, hinzu, so daß dieser jugendliche Freundesbund bald größere Bedeutung bekam und gewissermaßen epochemachend für die Geschichte der Akademie selbst wurde. Denn der damalige Director Caucig [Bd. II, S. 312] und Professor Redl [Bd. XXV, S. 112], auf die vielverheißenden Resultate dieser Privatübungen aufmerksam gemacht, verpflanzten dieselben geradezu an die Akademie selbst und begründeten dadurch ein Princip in ihr, welches einer der lebendigsten Pulse im Organismus des ganzen Lehrinstitutes wurde. Insbesondere war Redl bemüht, das Streben dieser aufblühenden Talente mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln zu fördern. Neues Leben aber erwachte an der Akademie, als Eduard’s Oheim, der Bildhauer Johann Schaller [s. d. S. 98] aus Rom nach Wien kam. Durch feurige Mittheilung seiner römischen Eindrücke erweiterte er den beengten Horizont der Akademiker; in belebter Rede schilderte er seinen jüngeren Kunstgenossen den mächtigen Aufschwung, den bei dem Studium der römischen Kunstschätze die deutsche Kunst genommen, führte sie aus dem engen Kreise befangener Localansichten hinaus in’s Freie und Große, auf die Höhe der Gegenwart und schilderte ihnen die gewonnenen Resultate im Hinweis auf die Schöpfungen eines Cornelius, Heß, Koch, Overbeck, Scherer, Thorwaldsen, Veit u. A., die wohl in der Kunst nicht nur zu den Besten ihrer, sondern zu den Besten aller Zeiten gehörten. Jetzt wurde der noch immer engere Künstlerbund sich seiner eigentlichen Aufgabe genauer bewußt, die alte einseitige, antikisirende Richtung wurde aufgegeben und mit Herz und Seele sich den Aposteln der neueren Bildung angeschlossen. Gleichzeitig erweiterte sich der Bund der jungen Kunstfreunde [95] und neben anderen Namen finden wir jene eines Binder [Bd. I, S. 400], Hirschhäuter [Bd. IX, S. 54], Ranftl [Bd. XXIV, S. 328], Ludwig Schaller [s. d. S. 102], Joseph Schwemminger, Moriz Schwind in diesem von so trefflichen Absichten erfüllten Kreise. An die Stelle des Studiums antiken Costums, der griechischen, römischen Geschichte und Mythologie trat die Lecture der Bibel, der neueren Classiker und selbst ein Cyklus biblischer Darstellungen wurde in Angriff genommen. So trat durch diesen, in einer Geschichte der Wiener Kunstschule wohl zu würdigenden Künstlerbund das moderne Princip der christlichen Romantik gegen die veraltete Füger-Antike in Wien auf. Leider hatte dieses Bestreben für eine deutsch-nationale Kunst an der Wiener Akademie nicht dauernde Wurzel gefaßt und Früchte getragen. Eduard S., von diesen Ideen durchwärmt, sehnte sich nur nach einer Gelegenheit, dieselben in größeren Werken zu bethätigen. Durch Berufung als Zeichenlehrer in die fürstliche Familie Auersperg, die sich damals zu Moor in Ungarn aufhielt, ward ihm Muße, und durch seine sorgenfreie Stellung auch Lust und Liebe dazu. So entstand damals sein erstes größeres Werk: „Christus und die beiden Jünger zu Emaus“. Es war dieß im Jahre 1826. Als die fürstliche Familie von Moor nach Prag übersiedelte, folgte ihr auch S. dahin und beschäftigte sich daselbst viel mit Zeichnungen und Bildnißmalen, lernte auch da den eben aus Rom zurückgekehrten Joseph Führich [Bd. V, S. 3] und Leopold Pollak [Bd. XXIII, S. 75] kennen, die beide nicht ohne Einfluß auf sein künstlerisches Schaffen blieben. Bis zum Jahre 1831 blieb er bei der fürstlichen Familie, jetzt unternahm er in Gemeinschaft mit Pollak die längstersehnte Reise über München nach Rom. Von Rom unternahm er einen Ausflug nach Neapel. Von da nach Rom zurückgekehrt, fand er seinen Freund L. Schulz, der ihm sein Atelier zur Benützung überlassen hatte, mit Vorbereitungen zur Abreise nach München, wohin er einer ehrenvollen Einladung folgte, beschäftigt. Er schloß sich ihm also an, traf im October 1832 daselbst ein und faßte einstweilen den Entschluß, daselbst zu bleiben. Mangel an Bestellungen – der einzelnen Arbeiten des Künstlers geschieht weiter unten Erwähnung – bestimmte ihn aber im Sommer des Jahres 1836, nach Wien zurückzukehren, wo er bis an sein schon in wenigen Jahren später erfolgtes Lebensende verblieb. Der Tod hatte ihn im schönsten Mannesalter von erst 46 Jahren nach einem mehrwöchentlichen Leiden hingerafft. Von seinen Arbeiten sind bekannt: „Die Begegnung dreier Engel“, ein Carton, den er im Jahre 1831 sofort nach seiner Ankunft in Rom zu zeichnen begonnen hatte; – „Moses auf dem Berge Sinai, die Gesetztafeln empfangend“; – „Ein Jäger, im Grauen vor der wilden Jagd, flüchtet in die Arme eines Einsiedlers“, beide in München gemalt, wo er unter Cornelius seine Ausbildung vollendete, und im Jahre 1837 in Wien ausgestellt; letzteres, drei Schuh im Quadrat messende Bild gelangte später in den Besitz seines Bruders Ludwig; ebenda entstanden noch: „Der heilige Laurenzius, die Armen betheilend“; – „Die Kreuzigung Christi“, Altargemälde, und mehrere Zeichnungen; nach seiner Rückkehr nach Wien malte er: „Abraham, von den Engeln bewirthet“; – „Richard Löwenherz und Blondel auf dem Dürenstein“, beide im Jahre 1840 in Wien ausgestellt; – „Der Graf von Habsburg, dem Priester mit dem Allerheiligsten sein [96] Pferd anbietend“; – „Scene aus Manzoni’s „Promessi sposi“, ein kleines Bild, – „Der heilige Clemens“, Altarbild für eine Kirche in Galizien; – „Maria mit dem Kinde“; – „Die heilige Anna“ – und „Der heilige Wenzel“, drei Altargemälde für eine fürstlich Schwarzenbergische Herrschaft in Böhmen; – „König Enzio mit Laura im Kerker“; – „Eine heilige Familie“; – „Die heilige Anna mit Maria“, auf Bestellung des Kaisers Ferdinand für die Missionskirche zu Sind in Oberegypten; – „Leopold der Erlauchte reicht dem von einem Bären bedrohten Kaiser Otto den Jagdspiess“. In der Wohnung des Bildhauers Preleuthner führte S. im Jahre 1842 die allegorischen Gestalten der Architectur, Sculptur und Malerei auf weißem Grunde nach Art pompejanischer Malereien aus. Ferner vollendete S. viele Zeichnungen, u. a. für Ziegler’s „Oesterreichische Bilderchronik“ und „Immortellen“, welche freilich bei der lithographischen Ausführung nicht wenig gelitten haben; für Pyrker’s „Legenden der heiligen Vorzeit“ (1842) u. a. Noch ist von S. ein lithographirtes Blatt bekannt: „Christus, beim Sturm im Schiffe schlafend, wird von den Jüngern geweckt“, nach einem Carton von Joseph Führich (gr. Roy. Fol.); in der berühmten Sammlung Wilhelm Koller’s befand sich von S. eine 1828 ausgeführte Federzeichnung: „Rebecca und Eliazar“ und nach ihm hat D. Stäbli „eine heilige Jungfrau“ im Medaillon lithographirt. Auch S. ist, wie so viele Künstler jener traurigen Periode in Oesterreich, wo alles Geistige darniederlag und das Phäakenthum bei Backhendeln und Bierkrügen sich breit machte, ein Opfer seiner Kunst geworden. Er fand die Unterstützung nicht, die sein ernstes Streben verdiente, und indem er für geringen Lohn, um den Bedürfnissen des Lebens zu genügen, viel zu arbeiten genöthigt war, verlor er die Muße zu bedeutenderen Schöpfungen, die ein Talent seiner Art nur durch anhaltenden langsamen Fleiß und umsichtiges Studium hervorbringt. Wenn er trotz so ungünstigen Umständen dennoch Verdienstliches, Beachtenswerthes geleistet, so ist dieß nur ein Beweis dafür, daß der wirkliche Genius sich doch nicht völlig vernichten läßt.
- Nagler (G. K. Dr.), Neues allgemeines Künstler-Lexikon (München 1839, Fleischmann, 8°.) Bd. XV, S. 141. – Die Künstler aller Zeiten und Völker. Begonnen von Professor Fr. Müller, fortgesetzt von Dr. Karl Klunzinger (Stuttgart 1860, Ebner u. Seubert, 8°.) Bd. III, S. 432. – Meyer (J.), Das große Conversations-Lexikon für die gebildeten Stände (Hildburghausen, Bibliogr. Institut, gr. 8°.) Zweite Abthlg. Bd. VII, S. 477, Nr. 4. – Kataloge der Jahres-Ausstellungen in der k. k. Akademie der bildenden Künste zu St. Anna in Wien (8°.) 1828, S. 22, Nr. 195; 1832, S. 34, Nr. 388; 1837, S. 24, 26, Nr. 244 u. 287; 1840, S. 13, Nr. 133; S. 14, Nr. 166; 1841, S. 14, Nr. 133.