BLKÖ:Steger, Franz
Biographisches Lexikon des Kaiserthums Oesterreich | |||
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Band: 37 (1878), ab Seite: 315. (Quelle) | |||
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[316] Ungarns, Geburtsjahr unbekannt). Zeitgenoß. Sein eigentlicher Name ist Stazićs, auch Staszic. Die Zeit seiner Geburt kann nur annäherungsweise bestimmt werden. Im Jahre 1847 befand sich S. als Candidat der Pharmacie in Wien und mochte damals 20 Jahre oder etwas älter sein; somit dürfte die Zeit seiner Geburt in die Jahre 1825–1827 fallen. Während seines Aufenthaltes in Wien im J. 1847 war S. ein fleißiger Besucher des Theaters an der Wien, wo eben damals (1847) Theaterdirector Pokorny der Vater das Experiment machte, mit seiner Oper die Wiener Hofoper im Kärnthnerthor-Theater zu überflügeln und damit – da er enorme Gagen bezahlte – den Grund zu seinem späteren Ruin legte. Ein Sänger in der Gesellschaft Pokorny’s war erkrankt und dadurch eine empfindliche Störung im Repertoire eingetreten. Ein Ersatz, wie es den Anschein hatte, war nicht sobald zu finden, als sich Stazićs bei Director Pokorny meldete, nach kurzer Unterredung Probe sang und mit einer anständigen Gage angestellt wurde. Stazićs (so nannte er sich noch damals) sang nun die Partie des erkrankten ersten Tenoristen Ditt in Balfé’s Oper „Die Zigeunerin“ und schon am 11. November d. J. eine größere Partie in Graufeld’s Singspiel „Das Gespenst in der Mühle“. Hier gehen nun die Berichte diametral auseinander. Nach Einigen besaß er schöne Anlagen, aber eine zu schwache Stimme und man rieth ihm, der Bühne zu entsagen, worauf Stazićs diesen Rath befolgte und zur Pharmacie zurückkehrte, welche er in seiner Heimat in Pesth ausübte. Nach Anderen hätte Stazićs so allen Erwartungen entsprochen, daß Staudigl [s. d. S. 257], damals Regisseur bei der Pokorny’schen Oper, sich sogleich herbeiließ, die künstlerische Ausbildung des Jünglings zu übernehmen, und auch den Director Pokorny bewog, dem mittellosen Opern-Candidaten während seiner Lehrzeit eine Unterstützung von monatlich 50 fl. zu bewilligen. Der bekannte Wiener Musiklehrer Dolleschal wurde sein Gesanglehrer. Stazićs machte nun die besten Fortschritte, trat auf, gefiel auch, führte aber nun ein für die Schonung seiner Stimme so wenig zuträgliches Leben, daß er schon nach wenig Monaten mit seiner Stimme vollkommen fertig war, abgehen mußte und als eine vorübergegangene unbedeutende Erscheinung bald in allgemeine Vergessenheit gerieth. Nun waren etliche Jahre vergangen, als mit einem Male (1850) die überraschende Nachricht auftauchte, der vergessene Sänger Stazićs sei unter dem deutschen Namen Steger in Pesth, später in Prag aufgetreten, habe auf beiden Bühnen Furore gemacht und zwar auf ersterer Bühne in magyarischer, auf letzterer in deutscher Sprache gesungen. In Pesth, hieß es, hatte er, nachdem er großen Beifall gefunden/ seine Forderungen an die Direction so in die Höhe gespannt, daß die Direction sich eher entschloß, ihn ziehen zu lassen, als seinem Verlangen nachzugeben. So kam er an das ständische Theater in Prag, wo er großen Beifall fand. aber da sich die Nachricht von der Schönheit seiner Stimme bald verbreitet hatte, nur ein Jahr in Thätigkeit blieb und alsbald (1853) für das k. k. Hof-Operntheater in Wien gewonnen wurde. Daselbst hatte man den Sänger für drei Jahre engagirt. Unter der Direction Cornet’s, am 12. Juni 1853, debutirte Steger neben der Titjens und neben Pischeck [317] als Arnold in Rossini’s „Tell“ mit glänzendem Erfolge. Den verlornen Sohn in Auber’s gleichnamiger Oper, eine der schwersten Gesangspartien, von welcher Sänger Ander das Geständniß machte, er singe lieber an zwei aufeinander folgenden Abenden den Propheten oder den Raoul in den „Hugenotten“, als nur einmal den „verlornen Sohn“, sang Steger mit Leichtigkeit, ohne die mindeste Anstrengung zu empfinden. Weitere Triumphe seiner Kunst feierte er in den Opern „Lucretia Borgia“, „Lucia“, „Hernani“, „Belisar“, „Cortez“, „Leonore“, die „Jüdin“, in welch letzterer namentlich sein Eleazar eine Leistung war, in der er von niemand übertroffen wurde. Als es sich nach Beendigung des dreijährigen Engagements um Erneuerung des Contractes handelte, kam es zwischen Sänger und Direction zu Differenzen, die mit Steger’s Nichtengagement endigten. Steger hatte nämlich die enorme Gage jährlicher 12.000 fl., dann dreimonatlichen Urlaub und Pensionsfähigkeit verlangt. Schon früher aber hatte er Mißhelligkeiten mit der Direction, als er während des Gastspiels der berühmten Maria Taglioni in der Oper „Robert der Teufel“ als Robert in der Balletscene mit agiren sollte und sich seiner Aufgabe in so unverständig geschmackloser Weise entledigte, daß er die Tänzerin, die Collegen, den Director und zuletzt das Publicum gegen sich hatte. Nachdem sein Vertrag mit der Hofopernbühne gelöst war, nahm S. kein festes Engagement mehr an und zog gewinnreiche Gastspiele vor, die er durch eine Reihe von Jahren an verschiedenen Bühnen gab; so wiederholt in Bukarest, im National-Theater in Pesth, Prag, auch wieder in Wien, dann in Stuttgart, Frankfurt, Leipzig, Hamburg und selbst auf kleineren Bühnen, wie Agram, Lemberg, Hermannstadt, Temesvár u. s. w. Im Jahre 1869 ging die Nachricht, der Sänger hätte sich von der Buhne gänzlich zurückgezogen, doch wurde dieselbe in einem Pesther Blatte widerrufen und dabei gemeldet, daß Steger am 17. October g. J. mit Frau und Tochter in Bordeaux sich eingeschifft und nach Lissabon gereist sei, um dort ein Gastspiel zu beginnen, für welches ihm während der Stagione vom 1. November 1869 bis Ende März 1870, 42.000 fl. in Gold ausbezahlt wurden. (!?) Ueber Steger’s Gesangskunst stimmen die Meinungen der deutschen Fachkritik überein. Während die Czartoryski’schen „Recensionen“, ein in der Musikwelt ihrer Unparteilichkeit und kritischen Strenge wegen in hohem Ansehen gestandenes Blatt, in Anbeginn seine fortschreitende künstlerische Ausbildung nicht genug zu rühmen wissen, können sie zuletzt doch nicht umhin, mit starkem Vorbehalt von seinen Leistungen zu sprechen, und zuletzt (1861) den Wunsch laut werden zu lassen, er möchte Wien mit seinen Gastspielen verschonen, denn was er vortrage, sei doch mehr ein Krähen und Krächzen und kein Singen, und was das Spiel betrifft, mehr ein Grimassiren als Charakterisiren. Nicht minder scharf gehen ihm Ed. Hanslick und Schelle zu Leibe, indem Ersterer die stereotype Seelenlosigkeit seines Spiels scharf charakterisirt, Letzterer aber gegen sein auch im Gesange widerliches Deutsch, wenn er z. B. als Arnold in „Tell“ sang: Uehr krühnee Mahahatten, ihr Perke, oder in der „Stummen von Portici“: Dich schüzt das Kastreecht mehr als dein [318] Schwiart“, auf das entschiedenste Einsprache erhebt. Hingegen bezeichnen ihn die slavischen Blätter geradezu als ein Gesangsphänomen, auf welches die Slaven stolz sein können. In Wahrheit besaß S. in seiner Glanzperiode ein mezza voce von seltener Schönheit, welches besonders in den höchsten Accorden B, Η, C wundervoll erklang in der Folge, als der Schmelz seiner Stimme schon stark abgeschwächt war, suchte er den Mangel des Metalls derselben durch Tremolo-Affecte zu verschleiern, wobei dieses Tremoliren nicht selten in ein schlotteriges Hin- und Herschwanken der Stimme umschlug. Die Glanzzeit seines Gesanges war, als er das erste Mal in Prag engagirt war und von dort einem Rufe an die Wiener Hofoper folgte, wo er drei Jahre wirkte und vielen Beifall fand, während er nach dieser Zeit auf seiner Gastspieljagd die Reinheit seiner Stimme einbüßte und die Schattenseiten seines Vortrages in Gesang und Spiel nur zu grell hervortraten. Steger hat sich um den Anfang der Fünfziger-Jahre in Wien mit einer Schülerin des Wiener Conservatoriums, welche früher auch eine Zeit lang der Bühne angehörte, verheirathet. Ueber seine weitere Thätigkeit nach dem letzten Gastspiel in Lissabon fehlen die Nachrichten.
Steger, Franz (Sänger, geb. zu Szent-Endre im Pesth-Piliser Comitate- Kaiser (Friedrich), Unter fünfzehn Theater-Directoren. Bunte Bilder aus der Wiener Bühnenwelt (Wien 1870, R. von Waldheim, 12°.) S. 147 [nennt ihn irrig Steger-Starsics statt Steger-Stazićs]. – Monatschrift für Theater und Musik. Herausgeber Joseph Klemm ([Fürst Czartoryski] (Wien, 4°.), IV. Jahrg. (1858), S. 103, 159, 173, 214, 473; VII. Jahrg. (1861), S. 346 [dieses in Musiksachen ebenso sachkundige als strenge Fachjournal beurtheilt den Sänger Steger im Anbeginne mit ungemein viel Wohlwollen, muß aber ein paar Jahre später den Verfall seiner Stimme bitter beklagen]. – Salon. Wochenschrift für Unterhaltung u. s. w. Herausg. von Joh. Nordmann (Wien, gr. 8°.), I. Jahrg. (1853), Bd. II, S. 409. – Waldstein (Max), Theatergeschichten (Wien, Pesth, Leipzig 1876, A. Hartleben, kl. 8°.) S. 165, 207–218. – Hamburger Theater-Chronik 1856, Nr. 88, im Feuilleton: „Zwei Künstler in Einem“. – Presse (Wiener polit. Blatt) 1858, Nr. 47, im Feuilleton: „Musik“. Von Ed. Hanslick. – Dieselbe 1865, Nr. 92, im Feuilleton über das Wiener Hoftheater von Schelle. – Seyfried (Ferdinand Ritter von), Rückschau in das Theaterleben Wiens seit den letzten fünfzig Jahren (Wien 1864, 8°.) S. 171: „Seltsame Wandlung der Stimme bei einem Sänger“. – Der Humorist (Wiener Unterhaltungsblatt, 4°.). Von M. G. Saphir. 1855, S. 1143: „An Franz Steger als Eleazar in der „Jüdin“ [ein Gedicht, beginnend: „Du rarer Vogel in dem Walde der Tenöre“ und weiter heißt es: „Und auch im Spiel, im Ausdruck und in Geste | Gab Dir der Genius glänzend heut das Beste“, womit Saphir der Wahrheit ins Gesicht schlägt, da eben in diesen drei Puncten Steger’s Leistung höchst mangelhaft war]. – Derselbe 1856, Nr. 295: „Die Steger-Frage“ [worin Saphir’s Steger-Enthusiasmus, der sich im Vorjahre noch dithyrambisch geberdete, bereits sehr abgekühlt erscheint]. – Narodne novine, d. i. National-Zeitung (Agram, Fol.) 1858, Nr. 107, im Feuilleton: „Stazic-Steger“. – Erinnerungen (Prager Unterhaltungsblatt, 4°.) 1857, November-Heft, S. 347: „Franz Steger“.
- Porträte. 1) Unterschrift: „Franz Steger | k. k. Hofopernsänger“. Kriehuber (lith.) 1854. Gedruckt bei J. Höfelich’s Witwe (Fol.). – 2) Unterschrift: „Franz Steger | k. k. Hofopernsänger“. Artist.-typ. Institut von Karl Bellmann in Prag (4°.), ohne Angabe des Lithographen.